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gießer, Maurer, Steinmetzen und Zimmer­leute, welche an der Aufrichtung theilge- nommen. Um halb zwölf Uhr erfolgte die Ankunft des Kaisers mit Extrazug. Von allen Seiten krachten die Böller, die Glocken läuteten, die Menschenmenge rief begeistert Hurrah und wurde nicht müde, den geliebten Herrscher auf seinem ganzen Wege mit lautem Jubel zu begrüßen. Mit dem Kaiser waren die Fürsten er­schienen.

Im Momente, da der kaiserliche Wagen­zug (über 120 Equipagen) den Waldsaum erreichte, erscholl eine Fanfare, bald nach­her, beim Aussteigen, eine zweite, fast er­stickt von dem brausenden Jubel der Menge. Vor dem Denkmal war die glänzendste Gesellschaft versammelt. Nachdem die allerhöchsten, höchsten und hohen Herr­schaften in dem großen Zelte Platz ge­nommen und die Vorstellung des Comites beendet war, begrüßte eine Deputation von Mainzer Damen und Herren die kaiserlichen Herrschaften. Ein Kanonen­schuß verkündete die bevorstehende Ent­hüllung und in allen Orten des Rhein­gaues begann Glockcngeläute. Die Musik­korps intonirtenNun danket alle Gott!" Nach Beendigung des Choralcs hielt der Vorsitzende des Fest-Comitös, Staats­minister und Oberpräsident Graf Botho zu Eulenburg die Festrede.

Daraus hielt Landesdirektor Sartorius eine Ansprache an den Kaiser nachstehen­den Inhalts:

Als Ew. Majestät vor sechs Jahren diesen Platz verließen, riefen alle: Auf Wiedersehen, und heute rufen alle: Will­kommen. Das Denkmal steht vollendet und verwirklicht ist worden, was Ew. Majestät bei der Grundsteinlegung als Sinn und Bedeutung des Ganzen erklärten: Den Gefallenen widmen wir die Palmen, Kränze den Lebenden und den künftigen Geschlechtern zeigt Germania das hochzu­haltende Kleinod: Des Reiches Krone. Wir übergeben das Denkmal dem deutschen Reiche und bitten Ew. Majestät, dieses Zeichen der Dankbarkeit des deutschen Volkes in Schutz nehmen zu wollen und zu gestatten, daß die Enthüllungsfeier be­ginne.

In der Rede des Kaisers am Niederwald- Denkmal lEnzth. Nr. 154 ) hat sich ein störender Druck- bez. Telegraphenfehler eingeschlichen. Der Eingang der kaiserlichen Worte soll lauten:

Wenn die Vorsehung ihren Willen zu

mächtigen Ereignissen auf Erden kund­geben will . . . ."

und nichtauf Festen", wie leider gedruckt stand.

(Schluß folgt.)

Aas Hlalionak-Aenkmac auf dem Hliederivald.

(Fortsetzung)

Wir reihen hier aus einer historisch­biographischen Betrachtung des Franks. Journals noch folgendes an:

Der deutsch-nationale Gedanke, seit den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 von der akademischen Jugend getragen, aber von den Regierungen als staatsgefährlich verfolgt und unterdrückt, brach sich aufs Neue Bahn, als mit der Thronbesteigung des Königs Friedrich Wilhelm IV. von Preußen eine neue politische Aera eintrat. Gewaltig zündend wirkten die begeisterten patriotischen Reden des Königs bei den

großen Huldigungsfesten; die Amnestie für alle seither ihrer Freiheit beraubt ge­wesenen Anhänger der nationalen Idee kam hinzu und großen Einfluß hatte be­sonders die vom König ausgehende be­deutende Milderung der strengen Preßge- setze. Die damit der öffentlichen Meinung eingeräumte größere Freiheit brach sich namentlich eine breite Bahn, als schon wenige Wochen nach Eintritt der neuen Regierung der Nachbarstaat Frankreich unter Louis Philipp und dem Ministerium Thiers die deutschen Grenzen mit Krieg bedrohte. Der rheinische Dichter Nikolaus Becker schrieb schon im Herbst 1840, kaum drei Monate nach dem preußischen Thron­wechsel, jenes Lied, welches als Protest gegen eine französische Invasion dem deutsch- nationalen Gedanken schwungvollen Aus­druck verlieh:

Sie sollen ihn nicht haben,

Den freien deutschen Rhein,

Bis seine Fluth begraben Den letzten Mann's Gebein und es wurde dies Lied ein National- Gesang im ganzen Vaterlande.

Neben den Becker'schen Tyrtäus-Versen erkoren sich alsbald die nach einem ueu- cingeführten Bereinsgesetze überall auf­tauchenden Männergesang - Corporationen und Liedertafeln das Arndt'sche Gedicht Was ist des Deutschen Vaterland" zum Chorgesange und es wurde eine Strophe dieses Liedes, welches von der Censur unterdrückt gewesen, jetzt wieder hergestellt, weil sie der herrschenden Stimmung be­sonderen Ausdruck gab. Sie bezog sich auf die von Arndt beim Frieden von 1815 vergebens beanspruchte Rückgewinnung des Elsaß, des Landes Was der Fürsten Trug zerklaubt Vom Kaiser und vom Reich geraubt.

Dem alten, wackeren Patrioten, welcher zuerst den nationalen Gedanken geweckt hatte, dafür aber Verfolgung und Amts­entsetzung erleiden mußte, wendete sich jetzt als der neue König ihn ehrenvoll restituirte, die allgemeinste Theilnahme zu. Wir haben im Jahre 1841 einer Huldigung der akademischen Jugend in Bonn beige­wohnt, welche der damals 72jührige Pro­fessor den schönsten Tag seines Lebens nannte.

Im folgenden Jahre wurde die Be­geisterung für die nationale Idee wiederum lebhaft angeregt, als Friedrich Wilhelm IV. den Grundstein zum Fortbau des Kölner Domes legte. In seiner Proklamation hatte der König den Ausbau des vor sechshundert Jahren begonnenen Gottes­hauses als eine Pflicht für Gesammt- deutschland bezeichnet, hatte den Kölner Dom das Symbol der deutschen Einheit genannt und es waren beim Feste der Grundsteinlegung Vertreter aller deutschen Regierungen erschienen. Bei dem alle Gäste des Königs vereinenden Festmahl im alten Kaufhause Gürzenich brachte dann der fürstliche Vertreter Oesterreichs, Erz­herzog Johann den Trinkspruch aus:

Kein Oesterreich kein Preußen mehr, Ein einig Deutschland hoch und hehr!

(Schluß folgt.)

Pforzheim. Der Gartenbau- Verein hält am Dienstag 2. Oktober im Pfälzer Hof eine kleine Pflanzen-, Obst­

und Gemüseausstellung, die Mittags 3 Uhr eröffnet wird. Abends 8 Uhr schließt sich daran ein Bortrag über Obstkultur.

Aus dem badischen Oberlande, 24. Septbr. Der Stand der Reben ist vortrefflich; doch bedarf es noch anhaltend guter Witterung, soll das Gewächs ein vorzügliches werden. Wie man hört, soll mit der Weinlese schon im Laufe dieser Woche begonnen werden; diesseits dürfte die Lese erst in 14 Tagen bis 3 Wochen ihren Anfang nehmen. (St.-Anz.)

Württemberg.

(2.0.8t.) Stuttgart, 28. Sept. Das lange schon besprochene Cannstatter Volksfest ist endlich da, Jupiter pluvius schien zwar einen Strich durch das Ganze machen zu wollen, denn er zeigte den ganzen Tag über ein höchst verdrießliche Gesicht und sendete mehrmals bald leichtere, bald stärkere Regenschauer auf uns hernieder. Die große Budenstadt auf dem Wasen zeigt auch diesmal wieder die altgewohnte Physog- nomie, nur amKreis" sieht es bedeutend anders aus, denn es fehlt Heuer die große Tribüne mit der Festsäule, das königliche Zelt und die Ehrenpforte, auch die Sitz­plätze sind uur zu einem kleinen Theile aufgeschlagen. Schade daß dem Feste diese hier aufgeführten Objekte fehlen, so sagte heute jeder, der den Rennplatz besichtigte, doch die Schwaben feiern einmal trotz alledem ihr Volksfest, das so fest einge­wurzelt ist, daß sie schwerlich davon lassen werden. Heute Mittag fanden die ersten Rennen statt, die einen sehr spärlichen Besuch zeigten, eröffnet wurden dieselben durch das Bauern-Rennen, das diesmal in Kostümen geritten wurde und dadurch ein farbenreiches Bild bot, einer der länd­lichen Reiter stürzte wenige Schritte vor dem Ziele doch nahmen weder Pferd noch Reiter Schaden. Nun folgte das Eröff­nungsrennen, zu welchem 6 Pferde ange­meldet waren, von denen jedoch nur zwei, nämlich der FuchswallachNeffus" des Lieutenant Krauste und die Stutedie Muschel" des Gutsbesitzers Heilmair liefen. Elftere siegte und trug dadurch ihrem Be­sitzer 400 -FL ein. Um den Preis von Berg (700 -FL) bewarben sich ebenfalls nur zwei Pferde, der BraunwallachLast Born" des Hrn. v. Arenstorff und der schwzbr. Wallach des Licut. v. Gayl, welch letzterer siegte. Interessant war das nun folgende Versuchs-Hürden-Rennen (Preis 400 -1L) wobei von 7 gemeldeten Pferden 3 liefen. Sieger wurde der prächtige Fuchshengst Courmacher"- des Hrn. v. Arenstorff gegen dieElse" des Hrn. O. Oelschläger und denBravo" des Lieut. Keßler. Den Schluß bildete das Rennen um den Preis von Berg (1000 -FL) zu welchem 17 Mel­dungen erfolgt waren, leider liefen nur die Jessica des Hrn. Oelschläger und der Sexton" des Lieut. Lang. Der Reiter des elfteren Pferdes (der Besitzer) ritt zu spät ab, so daß sein Gegner schon einen Vorsprung von 23 Pferdelängen ge­wonnen hatte, trotzdem holte er letzteren nicht nur ein, sondern überholte nach heißem Kampf wieder um ein bedeutendes. Nun ver­liefen sich die Zuschauer in die Budenstadt, wo inzwischen das rechte Volksfesttreiben begonnen hatte, das bis in die Nacht hinein dauerte und nichts von seinem altbekannten