Der Vicar fuhr im vertraulichen Ton fort: „Meine gnädige Comtesse, ihre Befangenheit sagt mir, daß ich richtig geahnt habe. Nicht wahr, es ist ein beseligendes Gefühl, für ein Wesen sich mühen zu können, das Einem über Alles theuer und werth ist."
Clara blickte wieder ans, in ihren schönen, dunklen Augen blinkten zwei feuchte Tropfen, ihre lieblichen Wangen waren mit dem schönsten Carmin gefärbt, leise aber fest antwortete sie: „O, es ist des Himmels Seligkeit, dem Geliebten eine Freude bereiten zu können!"
Hätte diese Liebe, dies Vertrauen nicht einen Teufel rühren müssen? Vielleicht — einen Jesuiten rührt nichts!
Ueber das Gesicht des Bicars zog für einen kurzen Moment ein strenger Zug, aber sogleich war er wieder die gewinnendste Freundlichkeit, indem er sagte: „Des Himmels Seligkeit? Ei, gnädige Comtesse, das ist ein Jrrthum! Doch", fuhr er fort, „ich bin eigentlich erstaunt, von Ihnen zu hören, daß Sie das süßeste Gefühl der Liebe so gut kennen, Ihr Herr Vater würde sich jeden Augenblick verbürgen, daß Ihr Herz noch von jeder Leidenschaft frei sei."
(Fortsetzung folgt.)
Der Weisheitshändler.
(Mährchen- — Nach dem Englischen von A. R.)
(Fortsetzung.)
„Herr," sagte Radawan, „ich habe sechs Hundert Goldstücke. Nimm ein Hundert und verkaufe mir eine Regel."
Abu Kassim nahm das Geld und lehrte:
„Vermeide die Nebenwege."
Hierauf legte der furchtbare Aufseher ein zweites Hundert in seine Hand und empfing dafür den Spruch:
„Frage nur, was dich an geht."
Ein drittes Hundert endlich erkaufte die Vorschrift:
„Ueberlege, ehe du handelst."
„Nun," sprach Radawan, „habe ich die Hälfte meines Kapitals in Weisheit angelegt; das Uebrige will ich für meine Bedürfnisse aufbewahren."
Beim Abschied überreichte ihm Abu Kassim, statt eines hübschen Geschenkes, wie er. erwartet hatte, einen großen Laib Brod, den er am Tage seiner Ankunft in seinem Hause zum Abendmahl verzehren sollte. Radawan war darum nicht weniger dankbar für die viele Güte, die ihm sein Herr erwiesen hatte, küßte, als er von ihm schied, seine Hand und ging fröhlich seines Weges, stolz auf seine erworbene Weisheit und nach einer Gelegenheit verlangend, sie in Anwendung zu bringen. Er hielt es für das Beste, einen Theil der Reise zur See zu machen, schiffte sich daher in Jaffa ein und kam nach einer stürmischen Fahrt endlich wohlbehalten in Alexandrien an.
Nachdem er einen Tag ausgeruht hatte, beschloß er, sich gleich über Rosctta und den Nil hinauf — damals der gebräuchliche Weg — nach Kairo zu begeben. Einige Reisende jedoch riethen ihm sehr, mit ihnen zu Lande zu gehen, und bewiesen, daß er so die Reise schneller zurücklegen würde. Er war schon daran, einzuwilligen , als er sich der ersten Regel
erinnerte, die er gekauft hatte: „Vermeide die Nebenwege." Die Einladung ablehnend, verharrte er bei seinem ersten Plane und langte ohne Unfall eines Abends nach Schluß der Thore vor Kairo an. Als er sich eben weiter wendete, um ein Obdach für die Nacht zu suchen, begegnete er einem Manne in zerrissenen Kleidern. Er erkannte bald in ihm einen der Reisenden, die ihn bereden wollten, sic zu begleiten, und erfuhr, daß sie von Räubern überfallen wurden, die sie beraubt und mit Ausnahme dieses Einen alle klebrigen erschlagen hatten. Radawan aber kehrte sich stillschweigend nach Osten und sprach für sich: „Ich danke dir, o Prophet, dessen Name gepriesen sei, für die Weisheit, die du mir durch deinen Knecht Abu Kassim gespendet hast."
(Fortsetzung folgt.)
Witdöad in atter Zeit.
Ueber Wildbad und seine Heilquellen ist schon früher, mehr aber in neuer und neuester Zeit wissenschaftlich, nach balneo- logischer Theorie und Technik Treffliches, nach sachkundigen, geisteskrüftigen Beobachtungen Interessantes geschrieben worden.
Es dürste vielleicht manchem lieb sein, und im Vergleich des primitiven Einst mit dem monumentalen Jetzt einige Unterhaltung bereiten, etwas aus alter Zeit über Wildbad zu vernehmen, wozu die zu Anfang dieses Jahrhunderts nach gesammelten archivalischen Dokumenten und Chroniken verfaßte Kausler'sche Oberamtsbeschreibung Stoff bietet. — Wir lassen daraus folgen:
I.
Die Heilquellen.
Die vorzüglichsten Heilquellen nicht nur hier, sondern im ganzen Königreich Wirtemberg, sind die warmen Quellen im Wildbad, die bei Leidenden vieler Art Wunder bewirken. Wenn auch ihre mineralische Bestandtheile auf keinen außerordentlichen Gehalt Hinweisen, so scheint ihre heilsame, der menschlichen Natur vollkommen angemessene, Wärme desto wirksamer. Wir wissen nicht, wann sie entdeckt wurden: Zeitler erzählt zwar in seiner Geschichte des Schwabenlandes, der römische Kaiser Caracalla habe das Bad 212 erbaut: er sagt uns aber nicht, woher er diese Nachricht nahm.*) Sattler führt in seiner topographischen Geschichte Wirtem- bergs die noch jetzt gewöhnliche Volkssage an, daß das Bad durch ein wühlendes wildes Schwein entdeckt worden seie, und man hat im Jahr 1810 dieser Sage durch einen gegossenen eisernen Ofen, der sich im Bad befindet, ein Denkmal gestiftet, auf dem ein auf 3 Füßen stehendes wildes Schwein eingegraben ist, das einen hintern Fuß verwundet in die Höhe hebt und im Wasser und Morast wühlet. Eine Jnn- schrift von lateinischen Versen vom Jahr 1529 ist auf diesem Ofen aufbewahrt. Sie heißt:
Lalnea 8aera voeant ea1icki8 manantia
V6NI8
8unt qoniam 8uinini wunera 8ancta vei.
*) Die ersten geschriebenen Urkunden von Wildbad sollen aus 1345 datiren-
llltilo quicquick erat 8acrum venerancla vetu8ta8
vioebat tllermi8 8eck nilül uiteriu8.
Xnno ä Ollrmti nat. NVXXIX meiwiri Xoveinbri8 ckie XXIX.
Der Name des Bades und der Stadt erscheint das erstemal im Jahr 1367, wo Graf Eberhard von Wirtemberg und sein Sohn Ulrich von dem Grafen Wolf von Eberstein und dem Ritter Wolf von Wunnenstein hier überfallen wurden und sich kaum von der Gefangenschaft durch die Hilfe eines Hirten retteten, der sie auf einem unbekannten Weg nach Zavel- stein führte.
(Forts etzung folgt.)
Ein Dialog auf See. Zwei Schiffe begegnen sich in der Nordsee auf Hörweite und reden sich durchs Sprachrohr folgendermaßen an: „Wo kommst Du her?" „Bon Hüll." „Wat hest Du loden?" „Wull!" „Wie is de Fracht?" „Bull!" „Wie heit dat Schipp?" „John Bull!" „Und de Kaptein?" „Krull." Da schreit der Fragesteller wüthend zurück: „Mensch, Du bist will dull!"
Zum Vertreiben der Fliegen (Wiederholt.) Es dürfte für weitere Kreise interessant sein, ein Mittel zur Vertreibung der so lästigen Fliegen zu erfahren, das sich bewährt hat. Das auf unseren Wiesen vorkommende keckieularm palu8tri8 mit seinen eigenthümlich geformten, schön rosenrothen Blumen, zumeist Läusekraut genannt, wird in der Blüthezeit abgekocht, so daß ein brauner Thee entsteht, mit welchem die Stellen im Zimmer, Stalle, Küche oder wo sonst die Fliegen lustig sind, angestrichen werden, wonach keine Fliege mehr naht. In Italien wendet man hierzu das Lorbeeröl an. So bestreichen die Kutscher und Fuhrleute das Riemenzeug der Pferde mit Lorbeeröl und ihre Thiere sind gegen alle die stechenden Bremsen, Wespen rc. geschützt; die Fleischhauer mischen Lorbeeröl in den Anstrich der Thüren und Fenster, selbst in die Tünche der Wände oder die Farbe der Eisenstäbe, und der Laden mag noch so reich mit Fleisch ausgestattet sein, es wird sich keine Fliege mehr nahen. — An weiteren Mitteln wurden schon früher u. A. empfohlen: Kürbisblätter (Absud), Fisch- thran, Karbolsäure (Verdünnung), Hirsch- hvrnöl, Anisöl, Schafgarbenblüte (Abreibungen damit).
Die Ehe ist ein Krieg, daher heißen die Männer, die heirathen wollen: „Werber".
Auflösung des Räthsels in Nr. 103.
Grasmücke.
Kücherrkatender über Wild u. Fische, Juli.
Hmpfeykeusmerth
und daher gesetzlich erlaubt: Hirsch-Wildpret. Reh-Wildpret vom Bock. Wildenten vom 15. Juli an. Salm. Roth- fisch. Forellen. Aeschen. Aal. Barben. Hecht.
Karpfen. Barsche. Krebse.
Angesund oder unzeitgemäß und deßhalb verboten:
Wildpret von Hirschkühen und Rehgaisen. Hasen. Rebhühner. Wachteln. Karpfen.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.