ihn zu einer Ehrlosigkeit zu bewegen war nicht gelungen, und dies hatte nicht allein zur Folge gehabt, daß der Premierlientenanl ein für alle Mal aus dem Hause des Grasen und der Nähe seiner Tochter verbannt wurde; der Letztere, sowie der Priester beehrten ihn mit einem unversöhnlichen Haß und hatten nicht übel Lust, ihn für die Verachtung, mit der er ihren ersten Versuch, ihn in politische Verbindungen zu ziehen, abgcwiesen, grausam zu bestrafen.
„Nun, ehrwürdiger Herr, wie geht es in Frankreich? Haben Sic Nachrichten?" redete der Graf den Gast an, indem er ihn zu einem bequemen Sitz führte.
„Nachrichten allerdings, doch wie immer unbefriedigende. Aber Herr Graf, ich habe andere Nachrichten für Sic, die Ihnen das Herz herumdrehen werden", crwiedertc der Pater.
Der alte Herr, ein Mann mit scharf ausgeprägten Zügen, auf denen Härte und Stolz zu lesen waren, rückte unruhig auf seinem Sitz umher, indem er fragte: „Nun, welche Neuigkeiten haben Sie denn in Bereitschaft? Sprechen Sie frisch von der Leber weg!"
„Ich gehorche Ihrem Befehl! Der Herr Lieutenant Amsler besucht die junge Com- tesse regelmäßig an jedem Abend nach zehn Uhr und bleibt immer ein Stündchen bei ihr."
„Herr, Sie lügen!" schrie der Graf, indem er aufsprang und alle Achtung vor dem sonst so hochverehrten Geistlichen bei Seite setzte.
Dieser blieb ganz gleichmüthig auf seinem Platz, indem er ruhig crwiedertc: „So überzeugen Sie M) doch! Ich habe übrigens eine bessere Behandlung für meine Dienste erwartet!"
Im Nu war der Graf wie umgewandelt, er erinnerte sich, daß er des Paters bedürfe, und mit der den Polen so gut stehenden Höflichkeit, wenn sie Verbindlichkeiten zu erfüllen haben, bat er den Geistlichen um Verzeihung und entschuldigte seine Heftigkeit mit der schrecklichen Lage, in die ihn die Eröffnung von der Pflichtverletzung seiner Tächter versetzt habe.
Die junge Comtesse ist noch halb Kind", erwiederte der Pater, „sie hat sich von der hübschen Außenseite nnd den glatten Worten des Offiziers bethören laffen, ihrer Unschuld allein können wir es zuschreiben, daß sie dem Letztern Gelegenheit gegeben, sie wieder zu sehen. Aber den Herrn Lieutenant müssen Sie exemplarisch züchtigen, und ich biete Ihnen hierzu gern meine Hand."
„Ich kann das Unglaubliche noch immer nicht fassen: ein bürgerlicher Deutscher von der polnischen Comtesse Ros- lawska in später Abendstunde allein auf ihrem Zimmer empfangen zu werden, nein, es ist nicht möglich!" raste der Gras von Neuem in heftigen Zornesausbrüchen.
„Ueberzeugen Sie sich, Herr Graf! Doch ich bitte, Niemand aus ihrem Hause nach der Stadt zu lassen, damit der Lieutenant nicht gewarnt wird."
„Wie, Sie meinen?"
„Ich konnte nicht umhin, der jungen Gräfin vor der Thür eine Andeutung zu machen, daß ich um ihre Zusammenkünfte mit dem Herrn Lieutenant wisse; — sie
erschrak darüber so heftig, daß ich fürchtete, sie würde in die Kniee sinken. Doch bald erholte sic sich, und ich glaube sie wird dem Herrn Amsler Nachricht geben."
„Ha, es ist schrecklich! Doch dieser Lieutenant wird die Rache eines gekränkten Polen kennen lernen, sein nächster Schritt über meine Schwelle soll sein letzter sein!"
„Aber er könnte gewarnt werden!"
„Ich will dafür sorgen, daß es nicht geschieht."
„Ein Weib ist schlau, wenn es sich um den Preis ihrer Liebe handelt."
Der Graf klingelte, worauf ungesäumt ein Diener vor ihm erschien nnd nach seinem Befehl fragte.
„Du hast mir dafür zu stehen, daß Niemand, ich sage Dir Niemand, ans meinem Hanse heute die äußerste Thür- schwelle meines Gehöfts überschreitet. Geschieht cs dennoch, so kannst Du in der nächsten StundeDeinRcisebündclschnüren."
.(Fortsetzung folgt.)
Französische Erinnerungen ans dem Jahre 1870.
(Schluß.)
Wir drückten uns, ohne ein Wort zu sagen, die Hände und gingen neben einander her; als wir die Tmlerien durchschritten hatten, setzten wir uns unter den Kastanienbäumen nieder, die Füße auf den feuchten Boden gestützt, stillschweigend, ohne ein Wort finden zu können, um die Angst auszudrücken, von der unser Herz niedergedrückt war.
Einer von uns sagte: „Wir wollen sehen gehen, vielleicht liegt eine gute Nachricht vor." Dies erweckte uns aus unserer Erstarrung und wir betrachteten längs der Rue Castiglione die Areadenpfeiler, an denen man die Depeschen ans dem Generalquartier anheftete, indem wir zwanzig Mal dieselben Annoncen lasen und stets die „gute Nachricht" suchten. Ach, die gute Nachricht, sie blieb so lange ans, daß sie noch nicht eingetroffen ist. Am 4. September befand ich mich auf der Redaktion des „Journal des Debats" ; diesmal war es wirklich zu Ende; die Revolution reichte der Invasion die Hand und vervollständigte deren Werk. Die Mehrzahl Derjenigen, welche sich im Redaktionsbureau befanden, waren niedergeschlagen. Es trat Jemand ein und bemerkte: „Gleichviel, wir sind nun von den Bvnapartes befreit!" Jawohl, von den Bonapartes befreit, aber auch von Elsaß, von Lothringen, befreit von fünf Milliarden, von zahlreichen Monumenten in Paris, die man verbrannt hat und von einigen wackeren Männern, die massakrirt worden sind. Als ich in mein Quartier zurückkehrte, bemerkte ich an der Ecke der Rue Dauphin und von der Rue Saiut- Honvro einen Schuhmacher, der zu einem anderen Schuhmacher sagte: „Fürwahr, heute Abend will ich illuminiren. „Ich hatte das Gefühl der Trauer nnd rief jenem zu: „So lange noch Preußen in Frankreich sind, bewahrt Eure Lampions unter Schloß und Riegel." Er erwiderte mir: „Bürger, dieser große innere Sieg wird sie zwingen, wieder über die Grenze zu gehen." Ich setzte mich auf eine der Stufen der Kirche Saint-Roche und fing
an zu weinen. Graf de Montrvn sagte einmal: „Das Strafbarste auf der Welt ist die Dummheit." Frankreich glich Denjenigen, welche, vom Blitze getroffen, den Anschein des Lebens bewahren und in Staub zerfallen, sobald man sie berührt.
Bei dem ersten Anstoß war es zusammengebrochen. „Eine französische Armee, die kapitnlirt, ein Kaiser, der sich gefangen nehmen läßt; Alles stürzt zugleich", schrieb Märimöe.
Handwerksbursche (bettelt an einem Sonntag Vormittag in einem Wirths- hause): Meine hochverehrtesten Herren, dürfte ich ihnen wohl gnädigst um eine kleine Gabe bitten, ich habe —"
Gast (unterbricht ihn): „Scher' er sich auf der Stelle 'naus, Kerl, sonst werd' ich Ihm Beine machen! Was fällt Ihm ein, hier an einem Sonntag Vormittag und noch dazu während der Kirchzeit zn betteln?"
Handwerksbursche: „Na, nehmen Se's nicht »»gütig, meine Herren, daß ich Sic in Ihrer Andacht gestört habe!" ^
Gegen Hühneraugen. Eines der sichersten Mittel soll folgendes sein: Man weicht etwas weiches Weißbrod in starken Essig, bis es hinlänglich durchzogen ist und bindet davon des Nachts vor dem Niederlagen etwas als Uebcrschlag vor den Leichdorn. Am andern Morgen wird der Schmerz vorüber sein und inan wird in den meisten Füllen das Hühnerauge herausschälen können, wo nicht, muß das Verfahren wiederholt werden. Natürlich läßt sich dasselbe auch unter Tags anwenden.
Das Abstumpfen der Nähnadeln auf steifappretirten Zeugen zu verhüten, bestreicht man die Linien der Nähte auf der linken Seite mit trockener Seife, so sticht jede Nadel leicht hindurch.
K H cr r: cr d e.
Willst an der beiden Letzten Duft die Nase du ergötzen —
Sieh' zu, daß an der Ersten nicht sie möge sich verletzen.
Das Ganze lebt im Märchenreich, ein tiefverzaubert Wesen,
Von dem in deiner Kindheit Zeit du sicher schon gelesen.
Frankfurter Coursr vom 2l. Juni 1883.
Geldsorten. I
2 ü-Frankenstücke. 16 22 26
Englische Souvereigns .... 20 41 16
Ruß. Imperiales . .... 16 77 82
Dukaten.9 68
Dollars in Gold. 4 19 22
Knldkurs der StaatSkafsenvrrwaltung
vom 23. Juni 1883. 20-Frankc»stücke . . . 16 ^ 18 ^
Die Leser in den Landorten ohne Postanstalt werden darauf aufmerksam gemacht, daß es nicht unumgänglich nothwendig ist, zur Erneuerung ihrer Z ei t u n g s b est e ll u n g en sich persönlich oder schriftlich an die Postanstalt ihres Bezirks zu wenden; es genügt auch, wenn sie dem ihren Ort berührenden Postboten den vorauszuzahlenden Betrag übergeben.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.