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Der Enzthäler.

Anzeiger und Unlerhaltuiigsblall für das Cnzthal und dessen Umgegend.

Amtsblatt für7 öerr Kbernmtsbezivk Weirerrbüvg.

41. Jahrgang.

Nr. 69. Neuenbürg, Samstag den 5. Mai 1883.

Erscheint Pienftag, Donnerstag, Samstag L Sonntag. Preis in Neuenbürg Vierteljahr!. 1-44 lO^Z, monatlich 4o^Z; durch die Post bezogen im Bezirk vierteljährlich 1 -44 25 monatlich 45^; auswärts vierteljährlich 45^. Jnsertionspreis die Zeile oder deren Raum 10^t.

Amtliches.

Neuenbürg.

Das von der Amtsversammlung am 28. April d. I. beschlossene Statut für die Unterstützung armer Reisender im Ober- amtSbezirk Neuenbürg wird im Nachstehen­den mit folgendem Ansagen zur allge­meinen Kenntniß gebracht:

Da die Wahrnehmung gemacht worden ist, daß die Unterstützung der armen Rei­senden durch Naturalverpflegung im letzten Jahr von manchen Gemeinden in zu reichein Maße gewährt und in Folge dessen diese Einrichtung von den Reisenden vielfach mißbraucht wurde, wodurch für den Bezirk ein sehr großer Aufwand erwachsen ist, so werden die Gemeindebehörden hierdurch ausgefordert, fernerhin bei Gewährung der Naturalverpflegung die Bestimmungen des nachstehenden Statuts genau zu beobachten. Insbesondere wird die Erwartung ausge­sprochen, daß von den in Z 2 und 4 des Statuts zugelassenen Ausnahmen nur in dringenden Füllen Gebrauch gemacht wird. Zugleich wird daraus aufmerksam gemacht, daß die außerhalb der Stationen zu ge­lassene Verabreichung von Brodgaben keinesweges vorgeschrieben, sondern nur zugelassen ist und auch nicht zur Regel werden soll; vielmehr sind die Reisenden in der Regel nach der nächsten Ver- pflcgungsstation zu verweisen und nur dann wenn z. B. die Entfernung bis zu der nächsten Station eine größere oder anzu­nehmen ist, daß der Reisende die nächste Vcrpflegungsstation nicht mehr so recht­zeitig erreichen kann, um dort z. B. noch ein Mittagessen zu erhalten (vergl. § 3 des Statuts) so mag zum Weiterkommen eine Brodgabe verabreicht werden.

Die Gemeindebehörden werden dringend ermahnt, bei Bewilligung der Unterstützung an die Reisenden und besonders bei Abschluß der Verträge über deren Verpflegung nicht außer Acht zu lassen, daß Uebcrmaß in der Unterstützung schädlich wirkt. Der richtige Maßstab sür die den armen Rei­senden zu gewährende Unterstützung wird in dem Grundsatz zu finden sein, daß die armen Reisenden es nicht bester haben sollen, als die ansässigen Ortsarmen.

Die in 6 des Statuts erwähnten Formulare I. und II. werden den Orts­vorstehern in den nächsten Tagen zuge- sendet werden.

Die Ortspolizeibehörden - und be­sonders diejenigen in Gemeinden ohne Berpflegungsstation werden aufgefor­

dert, auf die Reisenden ein scharfes Augen­merk zu richten und die auf Bettel Be­troffenen fcstnchmcn und an das Oberamt zur Bestrafung cinliesern zu lassen.

Dasselbe ist der Landjägermannschaft des Bezirks cingeschärft worden.

Die Einwohnerschaft des Oberamtsbe­zirks wird ersucht, sich nicht durch unbe­gründetes Mitleid zur Abgabe von Almosen an fremde Personen bewegen zu lassen und dadurch die guten Zwecke der Natural- verpslegung zu schädigen und zu vereiteln.

Gegenwärtige Bekanntmachung und das nachstehende Statut sind in den Gemein­den auf ortsübliche Weise zur Kenntniß der Einwohnerschaft zu bringen.

Den 1. Mai 1883.

K. Oberamt.

Nestl e.

Oberamtsbczirk Neuenbürg.

WrksstM

für

die Unterstützung armer Reisender im Oberamtsbezirk Neuenbürg.

Zur Regelung der den armen Reisen­den innerhalb des Oberamtsbczirk Neuen­bürg zu gewährenden Unterstützung wird nachstehendes Statut festgcstellt.

8 1 -

Unterstützung an arme Reisende wird nur durch Naturalgaben: Frühstück,Mittag­essen, Abendessen und Brodgabe, sowie durch Anweisung freien Nachtquartiers gewährt.

8 2 .

Frühstück, Mittagessen und Abendessen, sowie Nachtquartier wird nur in folgen­den Stationen gewährt.

Wildbad (nur vom 1. Oktober bis 31. März), Calmbach (nur vom I. April bis 30. September), Neuenbürg, Herrenalb (nur vom 1. Oktober bis 31. März), Dobel (nur vom 1. April bis 30. Sep­tember), Schwann, Schömberg und Engelsbrand.

In den übrigen Gemeinden des Be­zirks dürfen in der Regel nur Anweisungen auf Brod bewilligt werden. Uebrigcns kommt es den Ortsvorstehern bezw. dem Kartenabgeber zu, in einzelnen Fällen in Berücksichtigung der besonderen Umstünde Ausnahmen zuzulassen und die in der Regel nur ans den Stationen zu gewährenden Unterstützungen und Nachtquartier zu be­willigen.

8 3.

Mittagessen wird in den Stationen nur in der Zeit zwischen 11 und 120- Uhr Mittags verabreicht.

Abendessen wird erst von Abends 6 Uhr an in der Zeit vom 15. November bis 1. Februar von Abends 5 Uhr an ab­gegeben.

Frühstück darf vom 1. April bis 30. September nach 8 Uhr, vom 1. Oktober bis 31. März nach 9 Uhr Morgens nicht mehr verabfolgt werden.

Mit der Anweisung auf Nachtquartier darf uur warmes Abendessen und Morgens eine Brodgabe gewährt werden.

8 4.

Zwischen den in H 3 bestimmten Tages­stunden dürfen in allen Gemeinden auch in den Stationen nur Brod- gabcn abgegeben werden.

Soweit besondere Umstände im ein­zelnen Fall eine Abweichung von dieser Regel angczeigt erscheinen lassen, bleibt die Entscheidung dem pflichtmäßigen Er­messen des betreffenden Ortsvorstehers bezw. Kartenabgebers Vorbehalten.

8 5.

Als Naturalverpflcgung wird verab­reicht und zwar:

Frühstück: 1 Liter gute Suppe Mittag­essen: 1 Liter gute Suppe mit Kar­toffeln oder Brod oder 1 Liter Ge­müse mit Kartoffeln oder Brod Abendessen: 1 Liter gute Suppe mit Kar­toffeln oder Brod Brodgaben zu 6

Jeder Gemeinde beziehungsweise Sta­tion bleibt es überlassen, wegen Verab­folgung der Naturalverpflegung mit geeig­neten Personen nach den örtlichen Verhält­nissen und Preisen Verträge abzuschlicßen.

Beim Abschluß dieser Verträge ist mit möglichster Sparsamkeit und Vorsicht vor­zugehen, die Verpflegung darf aber aus Sparsamkcitsrückstchten nicht ungenügend oder gering bemessen werden.

Die Brodgaben sind womöglich nicht bei Wirthen, sondern bei Bäckern, welche keine Wirthschaft führen, anzuweisen.

In den Verträgen sind Konventional­strafen wegen Nichteinhaltung der Ver­tragsbestimmungen, insbesondere für den Fall der Abgabe anderer Genußmittel u. s. w. als derjenigen, auf welche die Anweisungskartcn lauten, zu vereinbaren.

Von dem Abschluß solcher Verträge ist dem Oberamt Anzeige zu machen.

8 6 .

Die Kosten der Naturalverpflegung einschließlich des Nachtquartiers und der Belohnung der Kartenabgeber werden den Gemeinden von der Amtspflege ersetzt.

Die Belohnung der Kartenabgeber wird auf 2 Pfennig für jede Karte festgesetzt.

In jeder Gemeinde sind über die abge­gebenen Anweisungen auf Naturalver-