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und der 82jährige frühere Stabstrompeter Johann Kocher von Leonberg anwesend waren, den beiden war je ein Ulan als Ordonnanz beigcgeben und bei dem Neun­ziger hatte just der leibliche Enkel diesen Dienst zu versehen. Das Offizierkorps beschenkte den Wirkte, der die Schlachten bei Smolensk, Borodinv, Bautzen, Jüter­bog! w. mitgemacht, mit einer werthvollen Tabaksdose. In kameradschaftlichein Geiste hatten etwa 70 Grenadiere vom Königin Olga-Regiment den Dienst über­nommen, so daß das gesammte Regiment bis auf den letzten Mann unbeirrt von Geschäften sich des Tages freuen und seiner Bedeutung sich bewußt werden konnte. Diese willkommene Dienstleistung wurde von dem Regiment mit Dankbarkeit ange­nommen. Auch der Gans wurde gedacht, die 19 Jahre lang alsRcgimentsgans" ununterbrochen beim Regiment zubrachte und nun gelungen ausgcstopst als Merk­würdigkeit fvrtcxcstirt.

Stuttgart, 24. April. Gestern Abend war der Besuch der neuerrichteten elektrischen Abtheilung im Landes­gewerbemuseum dem allgemeinen Besuche zugänglich, wie an den nächstfolgenden 2 Donnerstagen und am nächsten Montag noch der Fall sein wird. In den Zwischen­tagen ist der Besuch abendlich nur gegen Einladungskarten ermöglicht. Der Andrang in der kurzen Frist von 8 bis 9'/2 Uhr war ein überaus zahlreicher; es mögen sich in dem ziemlich spärlich zugemessenen Raum 500 bis 600 Personen gedrängt haben. Es finden sich Techniker aller Art ein, um die bequeme Gelegenheit, den heutigen Stand der Elektrizität kennen zu lernen, zu benutzen.

Stuttgart. Der Nill' sche Thier­garten bietet den Besuchern mancherlei zur Unterhaltung und Belehrung und zieht die Einwohner hiesiger Stadt, wie den, der von auswärts nach Stuttgart kommt, mit Recht immer an. Der Besitzer ist nach Kräften bemüht, für den Garten werth- volle und interessante Thiere zu erwerben und hat für denselben, wie wir erfahren, erst in den letzten Tagen zwei afrikanische Strauße erhalten. Kindern ganz be­sonders wird durch Besuch des Nill'schen Thiergarten immer eine große Freude ge­macht.

Göppingen, 23. April. Gestern Nacht um 10 Uhr wurde der Postbote von Börtlingen, der unterwegs war, im Walde von einem mit einem Prügel bewaffneten Mann angefallen, zu Boden geschlagen und seiner Dienstuhr und Baar- schaft beraubt. Nachdem der Verwundete wieder zu sich gekommen war, schleppte er sich nach Rechberghausen zurück, von wo aus er nach B. geführt wurde. Die Verwundung ist keine gefährliche. Der junge Mann wollte morgen Hochzeit halten und war gestern bei der Familie seiner Braut in Schlath, um die letzten Verab­redungen zu diesem Zwecke zu treffen.

(S. M.)

Pfalzgrasenwciler, 21. April. Bei der l'/s Stunde von hier gelegenen Waldsägmühlc ereignete sich gestern Abend ein Unglück. In nächster Nähe derselben war über die Dauer eines Waldstraßen­baus durch das Zinsbachthal eine Bau­

hütte erstellt. In derselben arbeitete der Bauschmied. Etwa um 6 Uhr kam dessen Gehilfe mit einem größeren Quantum Pulver in die Hütte zurück und wurde vom Meister alsbald veranlaßt, beim Schmieden drauszuschlagen. Im nächsten Moment erfolgte ein dumpfer Knall und die ganze Hütte stand in Flammen. Kaum konnten die jämmerlich Verbrannten sich selbst und das Pferd des Bauunternehmers retten, das auch in der Hütte stand und gefährliche Brandwunden davontrug. Dem Meister geht es leidlich; der Junge da­gegen liegt lebensgefährlich verletzt in der nahen Sägmühle.

Calw. Nach dem C. W. ereignete sich im Bischof ein höchst bedauerlicher Unglücksfall, der durch Unvorsichtigkeit einer Frau herbeigeführt wurde. Dieselbe hatte einen Kübel mit sehr heißem Wasser neben die Hausthüre des Strickers Wanner gestellt und dasselbe für einen Augenblick verlassen. In dieser Zeit kam das 3'/-- jährigc Mädchen des Letzteren aus dem Hause und siel unglücklicherweise hinter­rücks in den Kübel. Das Kind war jämmerlich verbrüht und ist inzwischen ge­storben.

Neuenbürg, 25. April. Bei der gestrigen Aufnahmeprüfung für die Latein- und Realschule wurden sämmtl. geprüfte Schüler und zwar 6 in die Latein- und 4 in die Realschule ausgenommen. Beide Schulen zählen nun je 21 Schüler.

Neuenbürg. Im Bahnhof der Station Rothenbach hatte am Samstag Nacht ein Passagier die Erdöllampe des Wartzimmers aus Unvorsichtigkeit mit seinem Stocke heruntcrgeschlagen, worauf das Erdöl sich entzündete und der Fuß­boden, übrigens nur unbedeutend beschädigt wurde.

Ausland.

Marseille, 22. April. Am Sonn­tag Abend flog in St. Chamas ein 3000 Kilo enthaltendes Pulvermagazin in die Luft. Die durch die Explosion herbeige- sührte Feuersbrunst legte 7 große Neben­gebäude in Asche, es gelang nur mit großer Anstrengung die Explosion eines zweiten Pulvermagazins, welches die ganze Stadt gefährdet hätte, zu verhüten. Ein Mann wurde getödtet.

Vor kurzem erkrankte eines der Lieb- lingspferde des Sultans; die türkischen Thierärzte gaben das Thier auf. Da be­rief man den deutschen Thierarzt der Omnibusgesellschaft, Walenta; dieser voll­zog im Beisein des Sultans eine Operation und rettete das kranke Roß. Er wurde sofort zum Oberthierarzt der kaiserlichen Ställe ernannt.

Die Verhandlungen im Polizeigerichte in Bow-Street gegen die des Landes- verrathcs angeklagten Theilnehmer an der Dhnamitverschwörung haben die Behaup­tung, daß in Amerika eine Verschwörer­bande bestehe, welche behufs Erlangung der Unabhängigkeit Irlands die Zerstörung der öffentlichen Gebäude in England zum Zweck habe, vollauf bestätigt.

New-Dort, 24. April. Im Staate Mississippi richtete ein heftiger Wir­belst u rm großen Schaden an. Die kleine

Stadt Bauregard ist vollständig zerstört, dreiundzwanzig Personen sind getödtet, neunzig verletzt. InWesso n sind siebeii- undzwanzig Häuser nicdergeriffen, dreizehn Personen getödtet, sechzig verwundet wor­den. Auch an mehreren anderen Orte» sind große Schäden angcrichtet. (St.Anz.)

Mizellen.

Eine Krise Schnupftabak.

Von einem Deutschen in Irland erzählt.

(Fortsetzung.)

Während dieser ganzen Zeit hielt er das Pistol fortwährend auf mich gerichtet und ich hatte meine Gedanken gesammelt, so daß ich jetzt ganz ruhig und kaltblütig war.

»Ihr wollt das Packet haben, wie?" sagte ich, indem ich mich ein wenig seit­wärts bewegte.

Ja", sagte er.Wenn ich noch ein­mal sprechen muß, so geschieht es durch dieses Pistol."

Nun, da habt Ihr es!" rief ich und schleuderte ihm den großen, spitzigen Stein mit aller meiner Kraft ins Gesicht.

Der Räuber stieß einen lauten Schrei aus. Das Pistol fiel ihm aus der Hand und ging, so wie es auf den Boden auf­schlug, los. Sofort aber stürzte er sich auf mich.

Er war ein starker, kräftiger Mann, ein Riese im Vergleich zu mir. Mich aber beseelte der hartnäckige Muth der Verweiflung. Leben, Freunde, Heimath Alles war vergessen und ich wäre lieber hundertmal gestorben, als daß ich nach­gegeben hätte.

Gebt das Geld her!" kreischte der Mensch mit heiserer Stimme.

Nimmermehr!" rief ich.

Er umschlang mich mit seinen Armen. Wir rangen eine Weile und stürzten dann zur Erde nieder und zwar so, daß er obenauf kam. Seine rechte Hand war jedoch infolge des Schlags, welchen ich ihm versetzt, machtlos und er konnte blos von seiner linken Gebrauch machen.

Der Kampf war ein furchtbarer. Immer und immer wieder schlug ich meinen Geg­ner mit dem Steine auf den Kopf, end­lich aber entwand er mir diese Waffe, ließ sie jedoch bald darauf fallen und sie rollte soweit hinweg, daß wir Beide sie nicht wieder erreichen konnten.

Nun packte er mich an der Kehle und matt und von dem Kampfe gänzlich er­schöpft, war ich vollständig in seiner Ge­walt.

(Schluß folgt.)

Marrade (3silbig).

1 . 2 .

Ein Name von gar gutem Klang,

Ihn führten viel Männer von hohem Rang,

3.

In alten Zeiten man zahlreich mich sah, Jetzt steh' ich sehr oft als Ruine nur da.

Willst Du nun zwischen beiden Worten Dir eine kleine Brücke bauen,

So bin ich rasch zur Stadt geworden: Du findest mich in Schwabens Gauen.

R. V.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.