und die Privathilfe sich in vergeblicher Arbeit sich gegen jene Schäden erschöpfen.

Der Trunk verödet das Gemüth, bringt die besseren Gefühle zum Schweigen, schwächt in hohem Grade die sittliche Willenskraft und legt die glänzendsten Gaben, die hoffnungsvollsten Kräfte lahm; er schädigt nach diesen Seiten heillos auch die Nachkommenschaft der ihm fröhnenden Menschen. Der Trunk ist der Todfeind des Fleißes, der Sparsamkeit, der Zuver­lässigkeit und damit jedes inneren und äußeren Vorwärtskommens, eine unver- siegliche Quelle von Unfällen, Elend und Ruin. Er verdoppelt die Zahl der Kranken und macht den Krankheitscharakter gefähr­licher ; er ist es, der mehr als irgend eine andere Einzelursache die Anstalten für Geistes- und Gcmüthskranke, Blödsinnige und Epileptische, die Gefängnisse und Zwangsarbeitshäuser, die Armen- und Waisenhäuser, ja auch die Kirchhöfe vor der Zeit füllt, und müßte uuaufgehalten in der Folge zur Entartung unserer Vvlks- kraft führen.

Einen so gefährlichen und mörderi­schen Feind des öffentlichen Wohles nach festem Plane mit geordneten Kräften und Mitteln ernstlich zu bekämpfen, können und dürfen wir, nachdem unser Volk nunmehr zu befestigter bundesstaatlicher Einheit ge­langt ist, um so weniger noch länger an­stehen lassen, als alle unsere gesitteten Nachbarvölker größtentheils schon seit Jahr­zehnten , einen guten Theil der für ge­meinnützige Thätigkeit verfügbaren Kräfte an den Kampf setzen. Ein Blick auf Schweden und Holland, England und Frankreich zeigt uns, daß dort, wo alle Volksfreunde einander die Hand reichen und der Staat seine Unterstützung dar­bietet, schon wesentliches zur Eindämmung des Uebels und zur Umstimmung der öffent­lichen Meinung nach dieser Seite hin ge­schehen ist. Und wer in unserem eigenen Lande es mit den leidenden und gesunke­nen Theilen der Nation zu thun hat Armenpfleger, Gefängnißbeamte, Seel­sorger und Aerzte, ja jeder Menschenfreund, der das Leben der armen vom Trünke ge­knechteten Menschen kennt, jede Frau, die einen Blick hat thun dürfen in die Woh­nungen der Angehörigen solcher Leute, unterstützt den Ruf nach Abwehr dieses Schadens aus voller bekümmerter Seele.

Als der erste Schritt auf der noth- wendig zu betretenden Bahn dieses Kampfes, als das Mittel aller Mittel, von dessen Anwendung die übrigen mehr oder minder abhangen , erscheint die Zusammenfassung der zu Thal und Opfer bereiten Lands­leute in eine große wirksam ausgcstattete und eingerichtete nationale Vereinigung. Unserem Bolksheerc gleich muß sich eine allgemeine Landwehr aus den Familien­vätern, ohne Unterschied der Lebensstellung, der politischen und religiösen Richtungen bilden, und Opfer zu bringen bereit sein zum Schutze der Wohlfahrt und Sitte unseres Volkes, zu gemeinsamem Kampfe wieder dey gemeinsamen Feind. An diesem vielgestaltigen Werke kann jeder irgendwie Mitarbeiten, und Niemandes Beitrag und Theilnahme wird so schwer und weit­aussehend ist es überflüssig erscheinen.

Ueber die weiteren unmittelbaren Mittel zum Zwecke muß die Selbstaufklärung der

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Nation durch diese neue und eigene Or­ganisation erst volle Klarheit bringen. Wir werden dafür sorgen, daß die an­scheinend erfolgreichsten der auswärtigen Unternehmungen gegen das Branutweiu- gift, so weit sie überhaupt auf unsere deutschen Verhältnisse anwendbar erschei­nen, genau ermittelt, und dann weiter sachverständig erwogen werde, was sich da­von auf unser Land übertragen läßt, sei cs Gesetz oder praktische Veranstaltung.

Beschränkung des verführerischen An­gebots von geistigen Getränken, Herstellung anderer Erholungsstätten mit harmloseren Getränken, Förderung aller Erziehungs­mittel für Jung und Alt, welche vom Trünke abziehen, das werden voraus­sichtlich die ersten ins Auge zu fassenden Ausgaben sein.

Eine seit Jahresfrist geschehene Um­frage, sowie eine Vorbesprechung von Männern der verschiedensten Stände und Richtungen aus allen Theilen Deutschlands zu Frankfurt a. M. am 8. Oktober v. I. hat den freudig ernsten Willen zu dieser Arbeit ergeben und dazu ermuthigt die Gründung eines

Deutschen Mereins

gegen den Mißbrauch geistiger Getränke

in Angriff zu nehmen.

Wem die Volkswohlsahrt am Herzen liegt und wer die oben bezeichneten Auf­gaben an seinem Theil lösen helfen möchte, der trete uns bei!

Die die Gesellschaft cndgiltig begrün­dende Versammlung soll

Donnerstag den 29. März in Kassel abgchalten werden. Jeder Gleichgesinnte ist dazu willkommen.

Beitrittserklärungen nimmt jeder der Unterzeichneten entgegen, Beiträge (Jahres­beiträge von 2 aufwärts, sowie auch außerordentliche Zuwendungen) der vor­läufige Geschäftsführer A. L a m mers in Bremen?)

vr. Braun, Hofkaplan, vr. Bücheler, Rektor, Distel, Notar, Eduard Elben, Fischer, Stadtpfarrcr, Fischer, Fabri­kant. Stuttgart. Gmelin, Oberamts­richter, Reutlingen. Gutbrod, Kauf­mann, Stuttgart. vr. Jrivn, Arzt, Kemmler, Dekan, Nagold. Kern, Dekan, Sulz. vr. v. Koch, Obermedizinalrath, Stuttgart, vr. Koch, Direkt,, Zwiefalten, v. Lang, Prälat, Ulm. vr. v. Leins, Oberbaurath, A. Lossow, Stuttgart, vr. Neuffer, Lauffen. vr. Ramsler, Rektor, Tübingen. Stähle, Hosgürtlcr, Stuttgart. Warth, Direktor, Kornthal. Weber, Professor, .Tübingen.

*) Der Aufruf ist von einer ansehnlichen Zahl Natabilitäten Deutschlands unterzeichnet, von denen wir des Raumes wegen uns hier ans die Veröffentlichung der Unterzeichner aus Wiirttem- berg beschränken.,

Kronik.

Deutschland.

Berlin, 9. März. Der Kaiser hat für die im Westen und Osten der Ber­einigten Staaten durch die Ueberschwem- mung nothleidenden Deutschen 3000 ^ aus seiner Schatulle gespendet.

Berlin, 9. März.Das Militär­wochenblatt" veröffentlicht die Ernennung des Generals Bronsart von Schellendvrff zum Staats- und Kriegsminister.

DerVossischen Zeitung" geht vou General v. Albedyll die Mittheilung zu, die von ihr gebrachte Nachricht, er habe sein Entlaffungsgesuch eingereicht, entbehre jeglicher Begründung.

Eine Depesche des F. I. aus Baden- Baden meldete das schon seit mehreren Tagen erwartete und Sonntag Morgen cingctretene Ableben des greisen russischen Reichskanzlers Fürsten Gvrtschakoff.

Württemberg.

Stuttgart, 10. März. Gegenwärtig findet im Finanzministerium in Folge der Petition der württemb. Brauer wegen Herabsetzung der Malzsteuer eine Enquete statt, zu welcher heute eine Anzahl Brauer deS Landes hinzugezogen wurde. In den nächsten Tagen sollen die Umgeldskom­missäre in dieser Angelegenheit gleichfalls gehört werden. (W. Ldz.)

Eßlingen, 6. März. Die Erben der verstorbenen Fran Fabrikant Merkel hier haben derDiakonissenanstalt 20,000 und dem hiesigen Dicnstbotenkrankenhaus 10,000 als Stiftung zugewendct.

Die freiwillige Feuerwehr und insbe­sondere die Steigerabtheilung derselben, sowie die weibliche Bevölkerung von Lieben zell OA. Calw, welche sich bei dem Brandfall daselbst am 30. Januar durch muthvolle und aufopfernde Thätig­keit ausgezeichnet haben, werden vom Mini­sterium des Innern öffentlich belobt.

Neuenbürg, 11. März. Heute Nacht sind, namentlich wieder im obern Enzthal, stärkere Schnccfälle eingetreten bei mäßiger Kälte 23° R. unter Null. Die Bahnschlitten wurden theilweise in Thätigkeit gesetzt. Frostschäden bis jetzt nicht bemerklich, auch nicht wahrscheinlich, da die Saaten gedeckt und Bäume und Sträucher noch nicht so weit entwickelt sind, um Schaden zu nehmen; man ist eher geneigt, diese Witterung für der Vegetation günstig zu halten. Nur wegen etwaigen schnellen Schmelzens des Schnees ist man in Erinnerung an die Vorgänge vor Weihnachten nicht ganz ohne Besorgniß.

Aus der Handels- und Gewerbekammer in Calw vom 4. März 1883.

(Schluß.)

Thatsache ist es, daß diese Ausländer derzeit zahlreicher als früher erscheinen, in unserem Kammerbezirk sind es haupt­sächlich Rheinpfälzcr, welche zur Aus­nützung unserer Verhältnisse und unserer Steuergesetze den Hausirhandel möglichst rationell organisirt haben. Ein»Händler, der über beträchtliche Mittel verfügt und in seinem Dienst 67 im Handel ge­wandte Personen eingestellt hat, löst zu Anfang des Jahres für sich und für jede seiner Hilsspersonen einen Hausirgewerbe- schein, jedoch da ihm die Wahl frei steht, wo er dieß thun will vorsichtiger­weise in einer Gemeinde, die keinen Ge­meindeschaden hat, für jede einzelne Person wird das Bctricbs-Capital das jeden Tag wieder erneuert werden kann, auf 100 angegeben. Dafür hat er nun zu be­zahlen: Staatssteuer 3 ^ 2 L, Amts- schaden ca. 50 L, Gemeindcschaden 0. Dazu noch für einen Legitimationsschein etwa 2 zusammen ca. 5 50 pr.

Person. Hienach kann der Inhaber dieses