Kronik.

Deutschland.

Nürnberg, 12. Jan. Dem ger­manischen Nationalmuseum ist vom Könige von Württemberg ein Jahresbeitrag von 400 Mark bewilligt worden.

Germersheim, 11. Jan. Im Amts­bezirke Germersheim sind in der Gemeinde Pfortz 12 Häuser mit Stallungen und 4 weitere Nebengebäude eingestürzt, drei müssen unbedingt eingelegt werden, bei wie vielen der weiter noch beschädigten 5060 Häuser dies nothwendig werden wird, läßt sich vorerst nicht mit Sicherheit angeben. In Neu bürg liegen 4050 Häuser theils in Trümmern, theils sind sie mehr oder minder beschädigt, ebenso 12 bis 15 Scheunen. Von den Ortschaften Neuburg und Pfortz waren überhaupt alle Gebäude bis auf etwa 6 unter Wasser gesetzt, manchmal bis an den Dachfirst. In Wörth sind 4 Wohngebäude und 2 Scheuern gänzlich zerstört, etwa 25 Wvhn- und Nebengebäude beschädigt. In S v n- der heim sind zwei Häuser eingestürzt. Die Gemeinden Leimersheim und Neupfortz standen ebenfalls fast ganz unter Wasser und sind daselbst viele Ge­bäude dem sicheren Ruine ausgesetzt. Die Zahl der hiernach Obdachlosen beläuft sich auf mehrere Tausende. Die Unter­haltung der durch die schwere Heimsuchung Verarmten fordert große Summen.

Aus Worms wird gemeldet, daß eine Güterhalle zusammengestürzt ist und mehrere Tausend Säcke Getreide ins Hoch­wasser gerathen seien.

Aus dem Gebiet der Weschnitz, die unterhalb Worms in den Rhein mündet, schreibt man derFrkf. Ztg.": An manchen Orten, wie in Biblis wohnen die Leute in den oberen Stockwerken und selbst auf dem Dachboden, wo auch das Bieh viel­fach untergebracht ist, weil das Wasser so plötzlich kam, daß das Vieh nicht mehr fort­geschafft werden konnte. An Lebensmitteln war oft absoluter Mangel, so daß die Leute genöthigt waren, die Schweine zu schlachten und nur von Fleisch leben. Eine der größten Plagen für die Zurückgebliebenen ist der Mangel an Trinkwasser für Mensch und Vieh, das oft stundenweit mit Kähnen geholt werden muß. Die Beerdigungen haben natürlich auch aufgehört, in Biblis sollen gegenwärtig vier Leichen an Ketten am Kirchhof im Wasser schwimmend der Einsargung harren.

Freiburg i. Br., 10. Januar. Vor einigen Tagen wurde auf dem benachbarten Bopkopf die Leiche des sächsischen Militär­arztes Kaliefe aufgesunden. Den dabei erhobenen Umständen nach dachte man zu­erst an einen Selbstmord oder einen Un­glücksfall. Nähere Untersuchung hat aber jetzt auf die Annahme geführt, daß Kaliefe auf gcwaltthätige Weise um's Leben ge­kommen ist.

Der junge Mann, der sich am Freitag, den 5. d. M. in einem Mannheimer Hotel erschossen hat, ist ein 20jähriger Kaufmann von Wachbach, OA. Mergentheim, der bis September in einem Heilbronner en-gros- Geschäft in Kondition stand.

In Leeheim , gegenüber Oppenheim, stehen 260 Häusern 220 bis in den ersten Stock im Wasser und sind dem Einsturz

nahe. Sämmtliche Kinder und Frauen sind in den benachbarten Orten unterge­bracht. Auf einem freien Hügel neben dem Friedhof steht das Bich in unge­nügenden Nvthställen und es fehlt an Futter und Streu. In der Kirche und Schule liegen die Menschen auf Stroh, Kranke und Gesunde untereinander. Es niangelt an Allem, und wenn auch durch Liebesgaben der augenblicklichen Noth in Etwas abgehvlfen wird, so wird sie doch rauh und schrecklicher wiederkchren, weil alle Werthe verloren sind und kein Ver­dienst zu finden ist.

H eid es a h rt bei Heidesheim (Bingen) stand, wie vvn dort berichtet wird, noch am 7. Januar bis zum zweiten Stocke der Häuser unter Wasser. Ein Haus nach dem andern, eine Scheune nach der an­dern stürzt zusammen oder neigt sich zum Sturze. Ohne nachhaltige Hilfe kann der ohnedies arme und jetzt von allen Mitteln entblößte Ort sich nicht mehr erholen.

Hofheim (bei Bürstadt), im Jan. Der Jammer war entsetzlich. Welch' ein Sylvester! Kopf an Kopf stehen Menschen und Vieh in der Kirche zusammen, sogar zwischen die Orgel drängen sich die Leute. Eine Frau kam in der Kirche mit Zwillingen nieder. Häuser und Scheunen sind schon viele eingestürzt und auch schon viel Vieh ist umgekommen. Viele, die mit ihrem Vieh die Flucht ergriffen, kamen zurück, da sie plötzlich vom Wasser eingeschlossen waren. Viele Leute Hausen schon zwei Nächte im Freien mit ihrem Vieh auf dem einzig trocken gebliebenen Platz an der Ecke der Straße nach der Station. Auf Pritschen und Nachen fahren die Leute nach den Ställen, theils tragen die Männer die Frauen dahin, um das Füttern und Melken zu ermöglichen.

Bon der Bottwar, 8. Jan. In Oberstenfeld verunglückte dieser Tage ein junger Müller, welcher erst vor einem Vierteljahr Hochzeit gehabt hatte. Während das Mühlwerk im Gang war, zersprang einer der Mühlsteine in drei Stücke. Eines derselben traf den Mann so unglücklich, daß ihm beide Beine abgebrochen und die Brust eingcstoßen wurde. Der Verunglückte lebt zwar noch, für sein Aufkommen ist jedoch keine Hoffnung vorhanden.

Württemberg.

Telegramm.

Stuttgart, 15. Jan., 10 Uhr 6 Min. Vormittags. Petersburg. In Berditscheff brannte in der Nacht zum Sonntag ein Circus nieder, wobei 300 Menschen umgekommen sind.

Bekanntmachung der Centralleitung des Wohlthätigkeitsvcreins, betr. die Veran­staltung von Sammlungen für die durch die jüngsten Ueberschwemmungen heimge­suchten Gegenden in Her Rheinpfalz, in Hessen und^Badcu.

Noch ist die Sammlung für die armen Hagelbeichüdigten unseres Landes nicht ge­schlossen, so ruft das furchtbare Elend, das durch die letzten Ueberschwemmungen über die Bevölkerungen der Rheingegenden her- eingcbrochen ist, jedes fühlende Herz zu werkthätiger Barmherzigkeit auf.

Ihre Majestät die Königin, unsere erhabene Protektorin, haben im

Hinblick auf solche außerordentliche Noth- lage die Centralleitung des Wohlthätigkeits- Vereins veranlaßt, in ihrer Beziehung zu dem deutschen vaterländischen Frauenverein den so schwer heimgesuchten Gebieten in der Rheinpfalz, in Hessen und Baden in möglichst umfassender Weise zu Hilfe zu kommen. Gleichzeitig haben Ihre Majestät uns zu diesem Zweck die Summe von fünftausend Mark zuzuwcisen geruht.

Indem wir dies mit dem Ausdruck des tiefsten Dankes bekannt machen, erklären wir uns bereit, für jene Nvthleideuden in den Nachbarländern freiwillige Beiträge anzunehmcn, um solche nach den etwaigen speziellen Bestimmungen der Geber oder nach Verhältniß des nvch zu ermittelnden Bedürfniff'es an die betreffenden Hilfs- komite's zur entsprechenden Verwendung zu befördern.

Hiebei würden wir, nachdem durch die sonst veranstalteten Sammlungen der dringendsten augenblicklichen Noth begegnet ist, unser Augenmerk auf die Beihilfe für Beseitigung der nvch größeren Ucbclstände richten, welche sich erst Herausstellen wer­den, nachdem die Fluthen sich verlaufen haben.

Die Beiträge wollen unter der Be­zeichnungLiebesgaben für die Ueber- schwemmten in den Rheingegcnden" an unser Kassenamt cingesendet werden.

Stuttgart, den 11. Januar 1883.

Köstli n.

Die Anmeldungen für die diesjährige Aufnahmeprüfung in das höhere Leh r erinn en s emi n a r sind spätestens bis znm 1. Februar bei dem Rektorat des Katharincnstifts in Stuttgart einzureichen.

Stuttgart, 13. Jan. (4 Sitzung der Kammer der Abgeordneten. Vor­mittags 10 Uhr.) Wahl einer Finanz- kommisfion von 15 Mitgliedern. Ge­wühlt werden: Prälat v. Georgii 86, Präs. v. Hofacker 86, Frhr. v. Gült- lingen 86, Ramm 86, v. Wolfs 86, Zipperlen 86, Beuttcr 85, Lenz 85, Leibbrand 85, Egelhaaf 85, Frhr. W. v. König 84, Haug 84, Harten­stein 83, Ebner 83, Schwarz 82.

Rottweil, 10. Januar. Ein Ein­wohner übersandte auf'S Neujahr dem Ge- meinderathc 600 v/6, damit sich die Mit­glieder einen vergnügten Tag machen; selbstverständlich wurden .diese zurückge­geben, dagegen dem Pvlizeipersonal ge­stattet, die jedem von dem Geber über­reichten 10 ^ anzunehmen.

Ausland.

Zur Lage des ungarischen W e i n g esch äf t es schreibt unser Buda- pester Correspvndent: Im ungarischen Weingeschäft herrscht totale Geschäftslvsig- keit und könnte man heute Rvthweine mit fl. 8, weiße Weine letzter Feschnng mit fl, 7 per Hectoliter ab Station Mohacs kaufen. Von den Weinen aus dem Jahre 1879 haben sich die Borräthe etwas ge­lichtet und kostet von diesem Jahr Weiß­wein fl. 14, Rvthwein fl. 16. (F. I.)

Ein fürchterliches Drama spielte sich vor einigen Tagen in einem Pachthofe unweit Little Rideau in Ontario ab. Fre- derick Mann, welcher jüngst aus England angekommen und daselbst Beschäftigung erhielt, wurde plötzlich irrsinnig. Am Dienstag Morgen griff er Emma Cook,