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„cs sind unser nun, ohne Euch und dem Vater Brünigs, neun rüstige Männer, das ist in einer so gut gelegenen und leicht zu verthcidigenden Doppelfarm eine halbe Armee!"
Als er in das Zimmer trat, sah er, daß sein Gefährte, der Indier, sich bewaffnet zum Weggehen anschickte, und daß die Frauen mit unverhohlener Angst auf dessen Anstalten blickten. Der Indier hatte stets mit ruhiger Würde dem Gespräche gelauscht; die Meisten hatten gedacht, er verstehe kein Wort von der in deutscher Sprache geführten Unterhaltung, so kalt und schweigsam hatte er auf seinem Platz gesessen.
„Wohin, Emantla?" fragte Buhl laut den Indier.
Der Atleth wendete sich nach ihm um, deutete mit einer amuthigen Handbewegung nach dem Walde, und sagte mit sanfter Stimme: „Willst du warten, bis die Onegas und Creeks um dieses Haus wie hungrige Wolfe heulen? Emantla geht, um im Walde nach ihnen zu sehen. Er wird da sein, wenn Gefahr droht!"
Damit schritt er geräuschlos hinaus, bog außen um das Haus und verschwand wie ein Gespenst hinter den Scheunen.
„Seid unbesorgt!" sprach Buhl. „Keiner von uns hat so viele Erfahrung, als dieser Indier. Die Schärfe seiner Sinne grenzt an das Wunderbare, und seine Entschlossenheit ist eben so groß, als seine Schlauheit und Treue. Ich könnte euch gar viele Beispiele erzählen, wie er mich und sich durch kluge Benützung ganz unscheinbarer Hülfsmittel aus dem offenen Rachen des Todes gerissen hat. Doch, ihr werdet es erfahren. Ihr werdet ihn selbst kennen lernen, denn wir werden nicht von euch weichen, bis die Gefahr vorüber ist. Um unfern Unterhalt macht euch keine Sorgen; wir bringen wohl mehr heim, als wir und ihr brauchen, und sind an einfache Kost gewöhnt."
„Schweigt doch!" unterbrach der alte Brünigs den redseligen Jäger, „schweigt und kränkt uns nicht!"
Es wurden nun Anstalten getroffen, um dem Feinde stand halten zu können, wenn er zu einem UebcrfaU herankommen sollte. Die Kinder und die Großmutter wurden in ein warmes Gemach in der Mitte der Gehöfte gebracht, und erhielten den Rath, sich bei einbrechender Nacht unbesorgt zur Ruhe zu begeben. In den Häusern, Stallungen und Scheunen wurden alle Läden fest geschlossen, alle Thore verrammelt, und auf allen Böden wurden Gefäße mit Wasser ausgestellt, um jeden Funken, falls die Angreifer es versuchen sollten, die Gehöfte in Flammen zu setzen, sogleich ersticken zu können. Laternen wurden auf den finstern Boden bei Einbruch der Dunkelheit bereit gehalten und überall Raum gemacht für die Bertheidiger, alles Brennbare in die entferntesten Orte gebracht. Die beiden Alten und die jungen Frauen sollten aussehen, ob sie nirgends zu löschen finden würden, sich aber keiner Gefahr aussetzen. Im Hause hielt Karl die Wache; an jedem Bodenladen der Stallungen stand einer der Knechte; Buhl dagegen postirte sich auf der Scheune, um den gefährlicheren Theil des Terrains,
die auf der Anhöhe hinter den Farmen beginnenden Wälder zu beobachten, denn daselbst war zu befürchten, daß die erwarteten Feinde sich zum Ueberfalle sammeln möchten. Die übrigen Leute mußten im Hause bleiben, und die Hälfte von ihnen sollte stets dem Orte zueilen, wohin man sie rufen würde. So wurde die Nacht erwartet; sie war dunkel; ein mit dichten Wolken verhüllter Himmel breitete bald fchwarzeSchattenüberdieschncebedeckteErdc.
Buhl hatte Allen die tiefste Stille anbefohlen; selbst der Hund war im Stalle versteckt; der Jäger behauptete, er wäre eher schädlich, als von Nutzen. Aengstlich verfloß den Bedrohten eine Stunde der Nacht nach der andern. Mitternacht war längst vorüber, da begann es heftig zu schneien, der Mvndstrahl fand seinen Weg durch die sich entleerenden Gewölke und warf ein bläuliches Dämmerlicht auf die beeisete Flur. Plötzlich erschien die mächtige Gestalt des Indiers auf der Anhöhe; er gab ein Zeichen, das Geschrei der Krähe, und wurde sofort zur Hinterpforte der Scheunen von dem Jäger eingelassen.
„Nun, wie sieht's aus, Emantla? Wagen sich die scheuen Hunde von Creeks und die furchtsamen Onegas bis hieher?"
„Sie streifen einzeln durch die Gebüsche; ihre Zähne klappern vor Frost; sic jammern nach den warmen Wigwams und können ihrer Weiber nicht vergessen!" sagte der Indier.
„Aber weßhalb kommen sie nicht? Meine Büchse ist seit Einbruch der Nacht in Bereitschaft, sic freundlich zu begrüßen!" rief der Jäger und klopfte spöttisch an das lange Rohr seiner Doppelflinte.
„Der Mond, ihr Freund, hat sie ver- rathen. Sie haben ihn angebetet, sein Licht zu verhüllen; aber siehe, er spottet ihrer!"
„Glaubst du, sie werden hier Vorüberstreifen, ohne zu belästigen?"
„Weißt du, was der hungrige Fuchs thut, wenn er die Lockspeise im Fangeisen wittert?"
„Ja, ein Indier kennt die Tücken seiner Nation!" flüsterte Buhl vor sich hin. „Wohl, Emantla, der Fuchs geht so lange um den Köder, bis er endlich doch anbeißt. Also werden wir vielleicht doch Besuch bekommen? hm!"
Es entstand eine lange Pause; da hörte man fern im Walde das Geschrei einer Eule.
„Hugh!" flüsterte der Indier, und seine Gestalt richtete sich empor.
(Fortsetzung folgt.)
nicht reichte, auf dem Kirchhofe reihenweis niedergelegt wurden; wie nach einigen Tagen dns Begrübniß der Verunglückten — es waren ihrer einige vierzig an der Zahl — auf dem Strandkirchhofe stattfand und wie bei der daraus folgenden Todtenfeier aus der Mitte der Tiefgebeugten leise und zitternd der Gesang: „Jesus meine Zuversicht" zum Himmel aufstieg.-
Der Schiffbruch der „Johanna", wenn schon von besonders schrecklichen und traurigen Umständen begleitet, stand leider nicht vereinzelnd da, sondern bildete nur ein Glied in der Kette von Unglücksfüllen, die Jahr um Jahr sich an den deutschen Küsten ereigneten. Denn unsere über achtzig Meilen lange, dicht von Watten und Sandbänken umlagerte Nordseeküste, sowie die mehr als zweihundert Meilen langen, an Riffen und Vorsprüngen überreichen Gestade der Ostsee begrenzen, wie der erste Jahresbericht der Rettungsgesellschaft hervorhebt, ein Küstengewässer, welches zu den gefährlichsten gehört, die von einem belebten Schifffahrtsverkehr je berührt werden. Nach diesem Ausweise scheiterten längs dieser Strecke im Durchschnitt alljährlich etwa 150 deutsche und fremde Schiffe und ungefähr dreihundert bis fünfhundert Menschenleben gingen verloren ! Angesichts solcher Thatsachen mußte denn wohl endlich die Frage laut werden, ob nicht zur Verminderung dieser zahlreichen Unglücksfälle etwas geschehen könne und müsse. Für eine größere Sicherheit der Schifffahrt zu sorgen durch Errichtung von Leuchtthürmen, Baaken und anderen Seezeichen, durch „Betonnung" der Küstengewässer re. re. lag natürlich den Regierungen der Uferstaaten ob, und bekanntlich ist auch nach dieser Richtung hin, namentlich aber seit 1870, wo „das Reich" die Sache in die Hand nahm, außerordentlich viel geschehen. Die Rettungchache aber konnte nicht in gleicher Weise durch staatliche Anordnung ins Leben gerufen und gefördert werden; für sie war die freudige und freiwillige Theilnahme des ganzen Volkes Grundbedingung. (Fortsetzung folgt.)
Ein belesener Schüler. Lehrer in der Geschichtsstunde: „Kannst Du mir sagen, wer und was Geßler war?" Schüler: „Er war ein Landvogt und Lebensversicherungsagent." Lehrer: „Warum nicht gar! Wer hat Dir das gesagt?" Schüler: „He, im „Wilhelm Teil" von Schiller ruft Tell dem Landvogt zu: „Wohlan denn, Herr, da Ihr mich meines Lebens habt versichert . .
Die Deutsche Kesessschast zur Weitung Schiffbrüchiger.
(Fortsetzung.)
Zu weit würde cs führen, wollten wir der ferneren Schilderung des wackern Predigers folgen; aber es ist fast unmöglich, sich der Thränen zu enthalten, wenn, man seinen Bericht liest, wie, nachdem mau-s bei fallendem Wasser sich dem Schiffe hatte nähern und die Ueberlebenden ans Land holen können, Eltern in herzzerreißendem Jammer ihre Kinder, Kinder ihre Eltern suchten und sie unter den Todten fanden; wie die Leichen nun in der kleinen alten Dorfkirche und, da hier der Platz
(Anzüglich.) Metzgermeistcr (in einer kleinen Universitätsstadt): „Wenn nur die langen Herbstferien nicht wären. Wenn die Herren Professoren fort sind, das macht für mich gleich um ein paar lOchsen weniger. (Fl. Bl.)
Zennereinhübsch es Mädchen sieht, ruft der Franzose: „Diablo!", der Deutsche: „Göttlich!" Wenn aber das Mädchen häßlich ist, so sagt der Franzose: „Non Dieu!" und der Deutsche: „Pfui- Teufel!"
Auflösung des Mthsels in Nr. 178.
Mark. — Kram.
Redaktion, Druck und Berlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.