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Daseins. Wir waren zu glücklich, oder vielmehr, ich war zu glücklich; denn Esther empfand immer und immer ein Gefühl der Bangigkeit, derAengstlichkeit, das ich frü­her nicht begreife» kannte: es drängte sich zwischen »ns ein gespensterhafter Schatten, den nur ihr Auge erblickte. Ich sah sie bisweilen mitten in der Nacht anfspringen von ihrem Lager, hörte sie stöhnen, und wenn ich nach dem Grunde ihrer Exaltation fragte, hatte sie immer dieselbe Antwort: Es ist nichts, lieber Freund, wahrhaftig nichts", dann küßte sie mir die Stirn und beruhigt schlief sie wieder ein. Und ich war so kurzsichtig, wie man eS eben nur im Glück ist: ich merkte nichts. Die Leute ans der Straße raunten sich schon zu: Was sieht die arme junge Frau elend und mager aus", ich merkte nichts; sic welkte in meinen Armen dahin wie eine gebrochene Blume, und erst als der Tod ihr Herz schon angefressen hatte, gingen mir Blinden die Augen auf; da sah ich das blühende, schöne Weib gebrochen, zer­malmt. Der Arzt, den ich Herbeigerusen hatte, schüttelte nachdenklich den Kops und sagte mir, als er mich verließ:Es ist zu spät. Sie ist unheilbar." Esther wollte den Arzt kaum empfangen.Ich brauche keinen Arzt", sagte sic,ich brauche einen Beichtvater", und als ich ihr da zu Füßen sank und sic beschwor, mir Alles Zusagen, was sic bedrückte, da nahm sie meine Hand zwischen ihre weißen, durchsichtigen, abgc- magerten Händchen, die schon die unheim­liche Farbe des Todes hatten. Sie rich­tete sich auf, stützte sich ans meinen Arm und bat mich, sie zu ihrem Schreibtisch zu führen. Sie öffnete denselben und nahm aus einem verschlossenen Fach die beifol­genden Blätter, die sic mir stumm in die Hand drückte, während die Thrünen über ihre Wangen liefen. Während ich sic auf ihren Sessel zurückführte, sagte sie zu mir: Ich fühle, es geht mit mir zu Ende; ver- gieb mir und habe Dank für Alles, was Du gethan hast. Du hast mich so glück­lich gemacht, wie ich cs sein konnte. Ans den Blättern, die ich Dir gegeben habe, wirst Du erfahren, was ich nicht mehr zu sagen vermag. Diese Blätter soll Herr von Klattau erhalten; suche ihn auf, und aus welchem Winkel des Erdbodens Du ihn auch finden magst, übergieb sie ihm. Ich schuld» ihm die Wahrheit; denn ich bin die Mörderin seiner Frau." Die letz- , teren Worte sprach sie so leise, daß sie kaum »och vernehmbar waren. Mir starrte das Blut in den Adern. Ich war nicht im Stande, ein Wort zu sagen.Ver- giebst Du mir?" hauchte Esther, indem sie mich mit ihren wundervollen Augen ansah. Ich konnte nicht antworten, ich nickte mit dem Kopse. Da schwebte ein dankbares Lächeln um ihren Mund, ein letzter tiefer Athem- zug und sie war todt. Das Lächeln verklärte das Antlitz der Todten, und lächelnd ist sie begraben worden. Lebe wohl, theurer Freund! Dein

Hocker."

Hannchen hatte -sich die Thränen ge­trocknet, die ihr, während Reinhard las, langsam und unaufhaltsam über die Wan­gen liefen.Lies nur weiter", bat sie, und Reinhard las die Einlage, die von Esthers energischer Hand geschrieben war.

Ich muß Ihnen die Wahrheit sagen, j Enrt, es läßt mir keine Ruhe. Sie haben meine Briefe, in denen ich Sie um Ver­zeihung bat, nicht beantwortet. Sie haben Recht gethan. Ich bin die Mörderin Ihrer Frau. Ich habe sie nie geliebt,, meine Freundschaft war erlogen. Aber Sie, Cnrt, habe ich geliebt, so wahr mir Gott helfe. Und diele unselige Liebe hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Ich habe nicht einmal die Entschuldigung für mich, in einem Augenblicke des Zornes und der ersten Aufwallung das Verbrechen be­gangen zu haben: ich habe eS sorgsam iiberlegt und mit entsetzlicher Vorsicht ruhig zu Ende geführt. Ich war wahn­sinnig, sonst kann ich eS nicht begreifen. Ich wußte, Cnrt, daß Sie mich liebten, und daß Ihnen Ihre Frau nicht genügte, und ich wußte, daß ich daS Weib war, welches Sic verstand, welches Sie beglücken konnte. Dieses Bewußtsein, sowie die Wahrnehmung, daß Sie sich, Dank der verwünschten Gewohnheit, dennoch allmäh­lich mir entfremdeten, daß Sic aus reiner Trägheit des Herzens Ihr Weib zu lieben anfingen, hat mich zu der unseligen That getrieben. Fragen Sie nicht nach den näheren Motiven, ich weiß sic selbst nicht! ich fühlte nur, daß Helene uns im Wege stand, und daß sie aus dem Wege geräumt werden mußte. Und ich that es. Sie wissen, Helene schenkte mir blindes Ver­trauen, sie hielt mich für ihre beste Freun­din. Sie sagte mir Alles, sie klagte über Ihre Flatterhaftigkeit, sie erbat meinen Rath, und ich dankte ihr für ihr Ver­trauen damit, daß ich sie tödtete. Hören Sic mich an, Cnrt, ich will keine Redens­arten machen, Sie sollen die Wahrheit kurz vernehmen, wie sie ist.

(Fortsetzung'.folgt.)

Die Sparkassen.

Kurze Uebersicht über Geschichte und Zweck der Sparkassen.

(Eingesendet.)

Die Sparkasse ist ein Institut der prä­ventiven oder vorbeugenden Armenpolizei. Man versteht unter Sparkassen Anstalten, welche kleine Geldsummen zu verzinslicher Anlegung enkgcgcnnehmen, den Einlegern verzinsen und zur Verfügung halten. Sie entstanden erst zu Ende des vorigen Jahr­hunderts und verdanken ihre Entstehung den Bestrebungen welche um genannte Zeit insbesondere im Norden Deutschlands auf eine Rcformirnng des Armcnwesens abzieltcn. Die erste Sparkasse wurde im Jahre 1765 in Brannschweig unter der Bezeichnungherzogliche Leihkasse" errich­tet, welche denn auch als die erste Spar­kasse in Europa wird betrachtet werden müssen. Der Vorgang der Herzog!. Re­gierung in Brannschweig fand ^ Nach­ahmung zuvörderst in mehreren nordd. Städten und in der Schweiz, verpflanzte sich aber noch vor Ablauf des 18. Jahrh. auch nach England; doch ist erst nach denn Jahre 1815 eine allgemeine Verbreitung der Sparkassen zu constatircn. In der Folge entstanden dann auch in Frankreich «Paris 1818), Oesterreich, Holland, Schwe­den, Italien, Sparkassen. In den dent- schen Staaten, Oesterreich und Frankreich nahmen vorzüglich die communalen Ver­

bände (Städte, Bezirks- oder Provinzial- Berbünde) die Gründung von Sparkassen in die Hand, indem sic dieselben als Ge­meindliche oder Bezirks- rc. Institute ein- richtcten, und indem sie die finanzielle Garantie für sich übernahmen und über ihre Verwaltung Controle ausübten. Schon bald beschäftigt sich die Gesetzgebung mit dem Sparkassen-Wescn, durch Erlass­ung vvn Vorschriften über die Errichtung und Verwaltung der Sparkassen und Un­terstellung derselben unter die staatliche Aufsicht. Die Initiative ergriff die fran­zösische Regierung durch Gesetze vom 17. August 1822 und 5. Juni 1835, ihr folgte der Preußische Staat durch ein Gesetz vom 12. Dez. 1838. Das Jahr 1861 brachte dem Sparkassen-Wcsen einen neuen Auf­schwung durch die von Gladstone in Eng­land durchgeführtc Gründung von Post­sparkassen. D. h. eine vom Staat unternommene Sparkasse, als deren Be­amte nicht besondere Beamte, sondern die sümmtlichen Post-Bureaus des Landes fungircn. Das Beispiel Englands hat in neuester Zeit vielfach Nachahmung gefun­den, so in Belgien 1870, in Italien 1875. Holland 1880, Frankreich 1880. In Deutschland dagegen ist es zur Centrali- sativn der Sparkassen in der Hand des Reichs noch nicht gekommen, was wohl damit erklärt werden muß, daß das Be­dürfnis; hiezu bei der großen Verbreitung und segensreichen Wirksamkeit der commu­nalen Sparkassen ein weniger dringen­des ist.

(Fortsetzung folgt.)

(Die eßbaren Pilze ein gutes Hühnerfutter.s In einzelnen Gegen­den des Regierungsbezirks Wiesbaden legen die Hühner besonders große Eier, die oft bis 160 8 wiegen und vielfach doppelte Dotter haben. Um solche Eier im Win­ter sowohl als im Sommer zu erzielen, sammeln die Kinde der Bauern im Walhe die nicht giftigen Pilze, trocknen und zer­reiben sie zu einem Pulver. Hierzu kom­men noch die Schalen der Leinsamenknotcn und Kleien; Beides wird mit Wasser zu einem Brei angerührt; dem man die an­derthalbfache Menge gepulverterSchwümme znsetzt und noch das gleiche Gewicht ge­stoßene Eicheln hinzugefügt. Alles zu­sammen wird zu einem Teige geknetet, von dem man jedem Huhn täglich einige Stücke in Erbsengrößc giebt. Die aufge­wandte Mühe wird durch die schönen großen Eier reichlich gelohnt, wenn man sie selbst verbraucht oder vernünftige Leute findet, die sie auch nach Gewicht bezahlen.

Die KK. Inserenten

sind grdete», Anzeigen je vor dem Tage, on dem sic erscheinen sollen, gef. auszugcbc»; insbesondere sind Anzeigen für die Sonntags - Numer je Freitag Nachmittags einzureichen.

Frankfurter Course vom 9-Septbr. 1882.

Geldsorteu.

20-Frankenstücke.16 24 28

Englische Souvereigns .... 20 37 42

Ruß. Imperiales. 10 72 77

Dukaten.9 üv 64

Dollars iu Gold.4 16 20

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Reuenbürg.