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seinem Kellerbau selbst hilfreiche Hand anlegte, indem er Steine hinabwarf, traf hierbei einen Maurer derart auf den Hin­terkopf, daß dieser albald bewußtlos nieder­stürzte und gestern seinen Geist aufgab. Ausland.

Marseille, 27. April. lieber 700 Pilger, unter welchen 400 Priester, die übrigen meist Frauen, sind gestern hier angekommcn; sie sind auf dem Wege nach Jerusalem, mit Zelten versehen zum Lagern auf den Ebenen Syriens. Bon Mitternacht an wurden Messen gelesen in der Kirche Notre Dame de la Garde, wo der Bischof Kreuze und Banner der Pilger segnete. Am Mittag fuhren die Pilger auf zwei DampfernPicardie" und Guadeloupe" ab. (Frkf. Ztg.)

Ein Schrei der Entrüstung erhebt sich durch die ganze civilisirte Welt über den erneuten Ausbruch der Gewalt- n. Schand- thatcn gegen die Juden in Rußland. Am Donnerstag bildeten die in Balta verübten Barbareien den Gegenstand einer Interpellation im englischen Nnterhause und fast zur selben Stunde wurde im Weißen Hause zu Washington Präsident Arthur um seine Vermittlung bei der russischen Regierung angegangen.

Aus Wiskonsin wird derJll. Staats- Ztg." geschrieben: Daß Wiskonsin der deutscheste Staat Amerika's ist, ist allbe­kannt. Nichtsdestoweniger ist es über­raschend, wenn man auf einen Ort stößt, in dem nur Deutsche wohnen. Ein sol­cher ist das 500 Einwohner zählende Dorf Kevaskum.

Miszellen.

Lin Glückskind.')

Ich studirtc Philologie. Nachdem ich den Doktor gemacht hatte, hieß es: was nun? Eine Stelle an einem Gymnasium war nicht offen, nicht einmal als Hülfs- lehrer konnte ich Unterkommen; ich tröstete mich leicht darüber; denn es sagte mir wohl zu, das Joch der Schule noch nicht auf mich zu nehmen und mich erst ein wenig in der Welt zu versuchen. Ver­mögen besaß ich aber nicht; ein liebens­würdiger Oheim, Rcgierungsrath Richter, hatte meine Studienkosten bestritten und ich wollte ihm nicht weiter zur Last fallen. Ich sah mich also nach einer Hauslehrer­stelle um. Nicht lange, so fand sich eine solche auf einem Gute in Thüringen. Eine bessere konnte ich nicht wünschen. Denn außer einem sehr beträchtlichen Ge­halt wurde mir eine sehr anständige Stel­lung zugesichert: ich sollte nur zwei Söhne des Gutsherrn von elf und zwölf Jahren unterrichten, eine Tochter von fünfzehn Jahren sollte an den Unterrichtsfächern theilnehmen, die sich mit für sie passen würden: neuere Sprachen, Geschichte, Geo­graphie, Mathematik, Physik, Religion; in allen Stücken, hieß es, werde ich als zur Familie gehörig betrachtet werden. Schnell griff ich zu und nahm an. Ich reiste von Breslau, meiner Vaterstadt, die noch so viel an ihre polnisch-czcchische Vergangenheit erinnert, nach dem freund­lichen Thüringen ab, das so ganz die

*) AusNach fünfzehn Jahren" von Adolph

Ewald.

j deutsche Farbe trägt. Am Bahnhofe in E. erwartete mich die stolze Carrosse meines zukünftigen Herrn und ich stellte mir ihn als einen mächtigen Gebieter vor, da ich, sein bloßer Hauslehrer, in dieser Equipage mit Kutscher und Bedienten in Livrve abgeholt wurde. Ich dachte bei mir: Wie wirst du unbedeutende Person dich in solcher Gesellschaft bewegen? und cs wäre mir fast bange geworden, wenn ich nicht von meiner Studienzeit her noch die gehörige Portion Leichtsinn besessen und mit aus den Weg genommen und wenn mich nicht die Gegend, durch die ich im offenen Wagen dahin fuhr, wie eine freundliche Hcimath angesprochen hätte.

Ein paar Stunden ging es durch frische Getrcidcfluren, kleine Waldstrecken, an wohlhabend aussehenden Dörfern hin, bis sich der Bediente nach mir umkehrtc und auf eine Anzahl Gebäude in der Ferne hinweisend, bemerkte, das sei Lindcn- berg. Da sank mir das eben noch so wohlgemuthe und selbstgefällig-eitle Herz ein wenig in die Kniekehle, denn es zeigte sich mir bei näherer Betrachtung ein förm­liches Schloß, das auf einer Anhöhe in einem Kreise prächtiger Linden stand, die stattliche Front mit Thürmchcn und Zin­nen in den Himmel und weitläufige Flügel wie mächtige Arme zu beiden Seiten aus- strecktc, dahinter ein Wald von Buchen und Tannen, nicht weit davon etwas tiefer ein großes Gehöfte mit Wirthschaftshäusern und einer Mühle. Einen Moment also war ich bei diesem Anblick überrascht und verblüfft, dann aber dachte ich: da muß sichs prächtig leben!

Langsam fuhr der Wagen am Ufer eines Flüßchens bergauf, am Bache hin wand sich der Weg durch parkühnliche Anlagen mit herrlichen Bäumen und Baumgruppen, an Wiesen und Teichen mit durchsichtig-hellem Wasser und mit silbernen Schwänen und anderem Geflügel vorbei; die Abendsonne lag darauf und glitzerte über den welligen Spiegel und durch die Kronen der Bäume, die durch einen leisen Lustzug bewegt wurden: über mir zogen leichte Wölkchen am blauen Himmel; die warme Luft ward vom Ge­ruch des Nadelholzes gewürzt. Dadurch­drang mich ein Behagen, das sogar meine unverwüstliche Munterkeit in stille Träu­merei verwandelte. Ich dachte nicht mehr mit irgend einer Sorge an die Zukunft, ich machte mir keinerlei Plan, cs war mir, als müßte sich Alles von selbst finden, als müßte ich hier warm werden; ich kam mir vor wie im Abraham's Schooß. Mir ist es stets so gegangen, daß der erste Eindruck eines Menschen, der erste An­blick einer Gegend unauslöschlich blieb und Sympathie oder Antipathie für immer bestimmte und ich wüßte nicht, daß mich dieser erste Eindruck irrcgcführt hätte.

Ich kutschirte denn so langsam durch die schönen Anlagen dahin, betrachtete mich als Prinzen von Arkadien und ließ mir's wohl sein. Unwillkürlich begann ich vor mich hinzusummcn:Hier sitz' ich auf Rasen, mit Veilchen bekränzt"; aus dem Summen wurde nach und nach ein vollständiges Singen. Ein paar Verse aus der Mitte des Liedes ließ ich weg; aber den letzten jubelte ich recht aus voller Brust hinaus:

Drum will ich auch trinken,

Sa kann es noch geht,

Bekränzt mich mit Rosen Und gebt mir ein Mädchen,

Die's Kliffen versteht!

Und gebt mir ein Mädchen, die's Küssen versteht! wiederholte ich eben, ohne auf den Weg zu achte», als der Wagen plötzlich anhiclt und ich am Schlage eine kleine Gesellschaft erblickte, einen hochgcwachsenen Mann mit offenen Zügen und frischem Ge­sichtein einem Jagdrock, ein paar blondlockige Buben und zwei junge Damen. Alsbald ahnte mir, wen ich vor mir haben möchte und ich meinte im Stillen: Nun, da hast du dich recht geschickt cingeftihrt als Seiner Gnaden Hauslehrer, indessen umbringen wird er dich darum nicht! Aber ich hatte kaum Zeit zu diesem Gedanken, so rief mich der Mann herzlich an:

So ist's recht, Herr Doktor, so lustig muß man in eine neue Hcimath einziehen!"

(Fortsetzung folgt.)

Iriedrich Irööet.

(Fortsetzung 1

Die Folge davon war, daß er in den nächsten Svmmerfericn auf vierzehn Tage zu Pestalozzi nach Werdum ging und da­selbst die Art und Weise des großen Schweizers aufmerksam beobachtete. Er wurde von Pestalozzi mit aller Freund­lichkeit ausgenommen. Als er denselben wieder verließ, beschloß er, noch ein zweites Mal zu ihm zurückzukehrcn. In seiner Wirksamkeit als Lehrer gefiel es ihm so wohl wie dem Fisch im Wasser, wie dem Vogel in der Luft. Durch seine und seiner Schüler Leistungen erwarb er sich die höchste Zufriedenheit seiner Vorgesetzten und der Eltern. Nebenher ertheilte er auch den drei Söhnen eines Herrn v. Holzhausen Privatunterricht. Später wurde er alleiniger Erzieher dieser Knaben und ging mit ihnen wieder zu Pestalozzi, in­dem er die Stelle an der Mustcrschule aufgab. Zwei Jahre, bis 1810, blieben sie daselbst und Fröbel lernte während dieser Zeit alle die Vorzüge der Pcsta- lozzrschen Unterrichtsweise kennen; er fand indeß auch heraus, daß diese noch der Bervollkommung bedürften.

Nachdem er seine Zöglinge in's elter­liche Haus nach Frankfurt zurückgcführt hatte, blieb er bei denselben noch bis zum Juli des folgenden Jahres. Sodann ging er nach Güttingen und trieb Sprachstudien. Dort traf ihn aus der Hcimath die Todes­nachricht einer geliebten Taute, der Schwe­ster seiner rechten Mutter und des Stadtilmer Oheims. Wieder wurden ihm durch den Nachlaß derselben einige Mittel zuThcil,um seine Studien fortzusetzen. Er that dies in Berlin, wohin er im Oktober 1812 ging. Zur Sicherung seines Unterhaltes gab er noch Unterricht in einer Privatschule.

Da erschien das verhängnißvvlle Jahr 1813. Alles griff zu den Waffen, um Napoleon, den Bedrücker des Vaterlandes, von deutscher Erde zu vertreiben. Fröbel, obgleich kein Jüngling mehr er war bereits 31 Jahre alt und von schwäch­licher Körperbcschaffenheit, eilte zu der Fahne und trat unter Führung von Lud­wig Jahn, dem Begründer des deutschen > Turnwesens und in Begleitung noch