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raubten Lande seinen Grenzen sogleich wieder einzuvcrleiben. Wahrlich nur in sehr wenigen Fällen hat die Weltgeschichte sich dem Geschlecht der Lebenden so vollendet als das Weltgericht offenbart!

Seitdem sind mehr als zehn Jahre ver­flossen. Deutschland ist ein geordnetes Staatswesen geworden. Ein nach allge­meinem Stimmrecht erwäh ltes Parlament leitet in Gemeinschaft mit einem Staatcn- hause die Geschicke des Reiches, welches bisher von äußeren Erschütterungen glück­lich verschont geblieben ist. Die Couftiete, ohne die nun einmal das alte europäische Concert nicht mehr bestehen kann, haben sich zeitweise vom Centrum auf die Peri­pherie verpflanzt. Ein neuer blutiger Anlauf der Russen gegen die türkische Macht hat die Verhältnisse Eurvpa's in, wie es scheint, verhängnißv oller Weise um- aestaltet. Dieser Kriegszng hat auch die Beziehungen Deutschlands zum russischen Reiche geklärt und, daß es nur gleich ge­sagt sei, der deutschen VolkSauschauung besser angcpaßt. Das Verhältnis; Deutsch­lands zu Rußland war von jeher ein dunkler Punkt, schon seit jener Convention von 1863, die als eine übertriebene Rück­sicht aus die russischen Interessen erschien. Rußland zeigte in den beiden für Preußen entscheidenden Kriegen eine entschieden freundliche Haltung. Wie das aber näher zusammcnhing, wußte Niemand, weiß man bis auf den heutigen Tag noch nicht genau. Daß der russische Czar ans Liebe zu Deutsch­land allein die Feinde Deutschlands uieder- halte, mochte Niemand glauben; erst der letzte Türkcnkrieg hat über seine Motive den Schleier gelüftet. Bis dahin sprach man in gcheimnißvoller Weise von Pflichten der Dankbarkeit, von einem intimen Freund- schastsbundc der Monarchen: und man war in Deutschland rücksichtsvoll genug, die dem Volke tief eingewurzelte Ab­neigung gegen das Russenthum nicht in dem Maße zum Ausdruck zu bringen, wie man es sonst wohl gekonnt und gewollt hätte. Aber das Ganze blieb ein dunkler Punkt und nur das allgemeine Vertrauen zu der erprobten Hand, die unsere äußeren Geschicke leitet, schwächte die Opposition zu jener Zeit, wo russische Grenzbeamte strastos auf preußischem Gebiet Verhaftungen Vornahmen, wo der russische Staat sich aller Freundschaft zum Trotz immer her­metischer gegen den deutschen Handel ab­schloß. Die letzten Monate haben, wie gesagt, einige Klarheit geschafft. Mau weiß jetzt, daß die Ansprüche russischer Politik seit dem Frieden von Frankfurt wie ein Alp auf Deutschland gelastet haben, daß nach russischer Anschauung Deutsch­land nur so lange zu bestehen hat, als es Rußland beliebt, sich nicht mit Deutsch­lands Feinden zu verbinden, daß Deutsch­land deshalb zugemuthet war, die russischen Forderungen nach dem Ende des Türken­krieges auf dem Congrcß gegen Europa zu vertreten und daß, als die kecken An­sprüche mitFeitigkeit zurückgewiesen wurden, Rußland geglaubt hat, erfolgreich mit seiner Ungnade drohen zu können.

> Das Bündniß mit Oesterreich war Bis­marcks Anttvvrt.

Mit einem Schlage hat er Deutschland durch dieses Bündniß von der russischen

Landplage befreit und die Geschichtsschreib­ung kommender Jahrhunderte wird diesen Schachzug als ein Meisterwerk ersten Ranges verzeichnen. Nicht etwa, weil cS überhaupt ein Bündniß ist: schon oft hat man es auf diplomatischen Wege voll­bracht, künstliche Combinationen herzu- stellen, welche zeitweise als Auskunfts­mittel dienten, wenn ihnen auch auf die Dauer die bessere Erkenntnis; der wahren Interessen hindernd entgegentrat. Das Meisterhafte an diesem Bündniß ist, daß es den wahren und höchsten Interessen beider verbündeten Staaten wirklich ent­spricht. Jenes Oesterreich, welches noch 1866 um die deutsche Hegemonie kämpfen zu müssen glaubte, besteht nicht mehr. Was ist die eingebildete deutsche Hegemonie gegen die Gefahr, im Süden und Süd­osten vom Slavcnthum erdrückt zu werden. Der Schwerpunkt Oesterreichs liegt heute an seiner Südgränze: das ist die Stelle, von der ans diesem Staate wirkliche Ge­fahr droht. Ein Rückzug aus Bosnien könnte für Oesterreich, dieses trotz aller Erschütterungen noch macht- und kraftvolle Reich, der Anfang des Endes werden. Der österreichischen Politik diesen Gesichts­punkt lebendig zu machen, auf diese An­schauungen hin mit Oesterreich zu paktircn, um sich so verbündet den gemeinsamen Feind vom Leibe zu halten, das ist das neueste Werk des deutschen Kanzlers.

(Fortsetzung folgt.)

Der Schah des Keizigen.

zFortsctzung.)

Der junge Mann zögerte einen Mo­ment, gewann aber bald die Herrschaft über sich; er warf einen Blick der tiefsten Verachtung auf seine gemeinen Angreifer und folgte dem Mädchen. Erst nachdem sie die Thür zu der Wohnung des Dok­tors erreicht hatten, machten sie Halt. Rosa faltete ihre Hände, erhob dieselben bittend gegen Fournier und sagte mit vor Weinen erstickter Stimme:

Ach, mein lieber Herr, was haben Sie nicht um meinetwillen erduldet!" Verzeihen Sie mir und lassen Sie mich Ihnen danken für Ihre große Güte. Ein armes Mädchen wie ich vermag geleistete Dienste nicht anders zu lohnen; aber seien Sie versichert, daß ich Ihren Edelmuth, so lange ich lebe, nicht vergessen werde."

Aber was soll jetzt aus Ihnen werden, Rosa?" fragte der junge Mann.

Ach Gott, das weiß ich selbst noch nicht," entgegncte sie."Ich bin heute so voll Trauer, das; ich für nichts einen Sinn habe. Wenn man mich nur bis morgen allein läßt, so finde ich vielleicht Kraft, mir einen Lebcnsplan auszudenken. Die Frau des Nachbars Strumpfwirker wird mir wohl Herberge geben für die Nacht, und morgen lebt ja auch ein Gott, der die Waisen nicht verläßt."

Fournier drückte ihr schweigend die Hand. Sie sagte ihm mit trauriger Stimme Adieu und verließ den Hof.

Als der junge Alaun in seinem Zim­mer anlangtc, wollte ihm das Herz fast bersten vor Unwillen. Er ging mit stür­mischen Schritten auf und ab und fragte sich wiederholt, ob sich denn nichts thun

lasse, um dem von aller Welt verlassenen unglücklichen Mädchen einen Beistand zu leisten. Wenn von Vater Duret wirklich ein Testament himerlassen worden war, so mußten Leblanc und die Tricvts cs unterschlagen haben; aber wie ließ sich dies beweisen? Oder war vielleicht das Aktenstück den Nachforschungen dieser schlechten Personen entgangen: denn die Worte des Sterbenden schienen anzudeu- teu, daß er cs versteckt habe. Freute er sich nicht des Gedankens, daß für Rosa gesorgt sei? Auch sollte man nachsucheu leider nahmen damit seine Enthüllun­gen ein Ende, da ihm der Tod das Wort abschnitt.

Voll Traurigkeit und Sorge versenkte sich der junge Mann in ein Meer von Muthmaßungen. Es wurde dunkel, und er sah von seinem Fenster aus, wie das Tricot'sche Ehepaar und ihr Rechtsfreund, welche die Papiere und die werthvollsten Gegenstände bereits an sich genommen hatten, sich aus dem Trauerhause ent­fernten. Dann lies; er seine Blicke über den vernachlässigten Hof und über den mit Disteln und Unkraut überwachsenen Garten schweifen. Da fiel ihm mit einem- mal der am äußersten Ende stehende Brun­nen vor der noch mit einem Pfeiler ver­sehenen baufälligen Mauer in's Auge. Dieser Anblick rief ihm die letzten Worte deS Sterbenden wieder in's Gedächtnis;: Im Garten hinter dem Brun» nen der obere Theil des Pfei­lers." Ein neues Licht ging ihm auf. Dort mußte daö Geheimnis; des Tobten verborgen liegen.

Von einem plötzlichen Vertrauen be­seelt, das aus einer höheren Eingebung zu quellen schien, ging der junge Alaun hurtig die Treppe seiner kleinen Wohnung hinab, eilte über den Hof, öffnete mit einiger Mühe die Gartenthür und gelangte endlich zu dem Brunnen.

(Fortsetzung folgt.)

Kücbenkcrtendew über Wild u. Fische.

Februar.

Empfehlenswert? und daher gesetzlich erlaubt:

Schwarzwild, Auerhahn, Birkhahn, Wild­enten, Krammetsvögcl. Hecht, Aal, Kar­pfen, Barben, Salm, Seefische.

Ungesund oder unzeitgemäß und deßhalb verboten:

Hirsch- und Rehwildpret, Hasen, Reb­hühner. Forellen, Krebse. (St.-A.)

Für die Monate Februar u. März nehmen sämmtliche Post­stellen, unmittelbar oder durch die Postboten

Mstell'ungen auf den Lnzthäler

zu 2 z des Quartalpreises an.

Goldkurs der StnatSkosscnvrrwaltung

vom 1. Februar 1882.

20-Frankenstücke . . . 16 c/lL 14

Frankfurter Course vom 31. Jan. 1881. Gcldsvrten.

20-Frankenstücke.16 19- 26

Englische Souvereigns .... 20 3166

Ruß. Imperiales. 16 68 72

Dukaten. 9 5863

Dollars in Gold.4 16 -20

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.