des chinessischcn Gesandten lief heute ein für chileirische Rechnung auf dem Werft Vulcan" erbaute Panzcrkvrvette glücklich vom Stapel. Der chinesische Gesandte vollzog die Taufe in chinesischer Sprache. Das Schiff erhielt den NamenTing- Iu-Nan"

In Coburg explodirte letzter Tage während des Conccrts der Stadtkapellc eine Petroleumlampe auf einem Kron­leuchter und daS brennende Oel spitzte in dem dicht gefüllten Lokale weit umher. Zwar wurden die emporlodernden Flam­men bald durch Aufschütten von Sand und Asche gelöscht, trotzdem ließen sich die im Gedanken an die Wiener Katastrophe vom Schreck ergriffenen Menschenmasscn nicht mehr halten. Ein Glück war es, daß der Saal zu ebener Erde liegt und die Fensten nicht allzu hoch von dieser sich befinden. Die Blassen drängten unter dem Ruse:Feuer! Feuer!" den Aus­gängen zu, es gab eine Stauung, die allgemeinen Schrecken verbreitete; in Folge dessen stürmten die Menschen aus die Fenster zu, im nächsten Momente lagen diese in Trümmern, und das Publikum sprang hindurch ans das Dach der an­grenzenden Kegelbahn.

Pforzheim, 30. Dez. Am Abend des Neujahrstagcs kehrt die alljährliche Abendunterhaltung des Gartenbauvereins wieder. Dieser bei den Vereinsmitgliedern sehr beliebte Anlaß soll diesmal Gelegen­heit zu besonders schöner gärtnerischer Dekoration der Säle im schwarzen Adler geben, vorausgesetzt, daß die Witterung den Transport besserer Pflanzen gestattet.

(Pi- BO

Württemberg.

Stuttgart, 29. Dez. Die Frequenz über die Weihnachtsfeiertage hat sich ins­besondere am Dienstag geltend gemacht. An diesem Feiertage war sehr zahlreicher Besuch, insbesondere wohlhabender Land­leute hier. Bei Nill war der Besuch übermäßig stark; Hunderte wollen noch die Fcucrländer sehen. Die Menagerie Kaufmann hatte einen so lebhaften Besuch, daß die Eingänge zeitweilig, geschloffen werden mußten.

Cannstatt, 28. Dez. Eine schöne Weihnachtsbescheerung erhielt ein würt- tcmbergischcr Forstbeamter von seinem in Amerika befindlichen Sohne. Dieser kaufte in Cannstatt ein dreistöckiges Wohnhaus mit Garten in der Königsstraße um 63,000 06 und schenkte es seinen Eltern, um ihnen einen sorgenlosen Lebensabend zu bereiten. ^N. T.)

Untertürkheim, 27. Dezbr. Der hiesige Bürger Karl Englert gönnte sich heute den Hochgenuß, im offenen Neckar ein Bad zu nehmen. Seit Jahren schon ist man es von Englert gewohnt, ihn im Winter die Eisdecke einschlagen zu sehen, um baden zu können.

Eßlingen, 28. Dez. Bei dem heute im StaatSwald Habcrtsreis im Revier Denkendorf abgehaltenen Holzverkanf wur­den für 2 Rm. buchene Scheiter 2022 für buchene Prügel 18 06 bezahlt. Der Gcsammtcrlös ergab 10 Proz. über den Nevierpreis.

Wildbad. Am Stephanstag hielt der hiesige Liederkranz seine Weihnachts- Produktion im Hotel Frey dahier und

! können wir dieselbe in jeder Beziehung ! als gelungen bezeichnen. Die Gemcinde- ^ rath- und Bürgerausschuß - Ergünzungs- j Wahlen sind nunmehr hier beendet und so ziemlich zu Jedermanns Zufriedenheit ausgefallen ohne besondere stürmische Wahlkämpfe Hervorgerufenhaben; besonders die Wahl des Bürgerausschußobmanns Herrn Fr. Rometsch, Kaufmann und Be- zirksfcuerlvsch-Jnspektor wird freudig be­grüßt. Bei der gegenwärtig kalten und trockenen Witterung ist unfern Herren Hoteliers Gelegenheit geboten ihren Be­darf an Eis einznbringen und bildet das­selbe auch gegenwärtig für Fuhrwerke und Taglöhner die Hauptbeschäftigung. Auf den Neujahrstag ladet der Bürgerverein zu einer Abendnnterhaltung ein und ver­spricht die Betheiligung bei den Leistungen des Vereins eine zahlreiche zu werden.

Neuenbürg, 31. Dez. Die Brau­herrn haben die letzten für die Eisernte günstigen Tage benützt und theils aus ihren Eisseen, theils von auswärts die Eisfuhren begonnen.

O e st e r r e i ch.

Graz, 27. Dez. Der WienerPresse" wird von hier gemeldet: Heute Morgens wurde eine Novize der Töchter der Christ­lichen Liebe in durchnäßtem, halb bewußt­losem Zustande zur Polizei gebracht. Sie heißt Magdalena Dnbowsky, ist aus Graz, wurde von der Mutter zum Eintritte ins Kloster gezwungen und hat bereits zwei Fluchtversuche gemacht. Trotz strenger Bewachung gelang es ihr heute, abermals zu entkommen. Da sich ihr kein anderer Weg bot, stürzte sic sich in den vorbci- fließenden Mühlgang. Der Fall verur­sachte in der Bevölkerung große Auf­regung. Vormittags erschien die Kloster- vorstehcrin bei der Polizei und verlangte die Anssolgnng der Novize, was ver­weigert wurde. Die vor der Polizei an­gesammelte Menge brach beim Erscheinen der Klostervorftchcrin in Verwünschun­gen aus.

Miszellen.

Kern und Schate.

Rovellete von Karl Müller.

Ibr, der nicht auf Schein geseh'n. Wählt so recht und trefft so schön, Weil Erch dieses Glück gescheb'n Wollt nicht nach andern, qeb'n.

Sh akspcare, Kausm. v. Venedig.

1 .

Es war um die Mittagsstunde und die Königsstraße, der Corso der Residenz, mit eleganten Herren und Damen angefüllt, welche hier auf und ab wandelten, in Er­wartung der Wachtparade, die gewöhnlich von den belebenden Klängen einer zahl­reichen Militärbande begleitet ward. Die Damen gingen im milden, warmen Son­nenschein des schönen Frühlingstages ent­weder ab und zu, um ihre Sommerroben und Svmmerhüte zu zeigen oder einzu- kansen, oder blieben wohl gelegentlich auch vor den Schaufenstern der Läden stehen, die hier in dieser Straße zu den prunk- haftestcn und elegantesten der Stadt ge­hörten. Einen besonder«: Anziehungspunkt für Schaulustige aller Aller, Geschlechter , und Stände aber bildeten die hohen breiten ^ > Fenster der Verdi'schen Kunsthandlung, an

der Ecke des Neumarktes. Hier war eine Anzahl der schönsten, neuen englischen Kupferstiche ausgestellt, welche der Eigen- thümer vor Kurzem von der Leipziger Messe mitgebracht haben mochte und unter diesen fesselte besonders ein großes meister­haft gestochenes Blatt nach dem Gemälde eines der ersten englischen Genremaler, welches die Unterschrift trug:Lady Mary Wortley Montague und Alexander Pope." Es stellt die Scene dar, wo die in allen Reizen der Jugend, Schönheit und des Reichthums prangende kokette Lady Monta­gue den armen verkrüppelten Pope mit lautem Hvhnlachen abwcist, als er ihr seine stille Neigung zu gestehen wagt. Es war eine genialeZeichnuug und An­ordnung, tadellos in Gruppirung, äußerst wirksam durch den Contraft der beiden Hauptfiguren, der hochgewachsencn, stolzen, strahlend schönen Lady und des kleinen, buckeligen, krummbeinigen Dichters mit dem gleichwohl so bedeutsamen, genialen Ge­sichte; der Effekt war kein unatürlicher/ gesuchter, sondern hielt sich ganz inner­halb der Grenzen des Harmonischen und und wirklich Schönen. Das Häßliche in Pope's Erscheinung war geadelt, wie in dem Ausdruck der Schadenfreude und des kalten, muthwilligen Spotts der jungen Dame. Die übrige Staffage und die Atours waren sorgfältig behandelt, aber immerhin als minder bedeutende Neben­dinge und die überaus gelungene Vcr- theilung von Licht und Schatten erhöhte durch eine ergreifend wirksame Stimmung den Gcsammteffckt auf merkwürdige Weise.

Der Kupferstich war eines jener Kunst­werke, die durch die augenfällige Gewalt ihrer Naturwahrhcit den Laien frapiren und den Kunstkenner befriedigen und so­mit allgemein ansprechen. Kein Wunder daher, daß das Fenster, hinter welchem das Kunstblatt hing, den ganzen Tag von neugierigen und bewundernden Beschauern umlagert war und namentlich in dieser Stunde sich eines großen Zulaufs von Seiten der eleganten und schönen Welt erfreute. Unter einer Gruppe von solchen, die sich so eben hcrzudrängtcn, war auch ein noch junger Mann zu bemerken, der an einem Krnckenstock mühsam ging und hinkte. Er war nicht groß, von schwächlichem Körperbau, mit dünnen ge­krümmten Beinen und verunstalteten Klump­füßen und durch den Gebrauch des Krücken­stocks stand die rechte Schulter bei ihm merklich höher als die linke. Sein Ge­sicht war ziemlich regelmäßig, aber doppelt entstellt durch Pockennarben und ein bren- nendrothcs sogenanntes Feuermal, das sich vom linken Nasenflügel bis unter das Auge hinzvg und seine halbe Wange be­deckte und durch die Blässe seines hageren Gesichts noch mehr hervorgehvben wurde. Allein eine hohe, freie Stirn, ein dunkles, blitzendes Augenpaar voll Geist und Leben und ein freundlicher, milder Zug um den Mund machten für denjenigen, welcher dieses Gesicht näher betrachtete, die sonstigen Nachtheile desselben einigermaßen wieder gut und zeigten von einem schaffen Ver­stände und lebhaften Geiste, dcn ein herz­liches Wohlwollen mit einer gewissen Energie des Charakters paarte. Leine Kleidung war sehr einfach und bescheiden, allein seiner ganzen Erscheinung war das