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Brautpaar seine Verwirrung zu bemerken schien, wodurch er sich in seiner Vermuth- ung, daß Beiden die Sprache, wenn auch nicht völlig, unbekannt sein müßte, bestätigt ward. Als er nun srogie: „Neander, willst Du die hier neben Dir knieende Feodora für Dein rechtmäßiges Eheweib ertennen?" da zweifelte er, ob der Bräutigam, der Sprache unkundig, anlworieu wurde; aber zu seinem Erstaune» sprach dieser laut, ja fast schreiend das Ja in einem furchtbar gellenden Tone, der duich die ganze Küche drang. Tiefe Seufzer, die allenihalven aus der Menge hervordrangen, begleiteten dieses enlsetzliche Ja und rin stilles Zucken, wie ein enlseniier Blitz, s-tzle die lodienbleichcn Zuge der Braut m vorübergehende Bewegung. Er wandte sich daraus, lauter redend, als wollte er sie aus dem Todesschlummer erwecken, an die Braut, indem er sagte: „Lllillst Du, F ooora, den neben Dir knieende» Neander für Deine» rechtmäßigen Ehegemahl erkenne», so antworte durch ei» vernehmliches Ja." Da, erwachte die entseelte Braut; ein tiefes, grauenhaftes Ent- letzen bewegte die erschlaffte» Wangen, die erblaßten Lippen bedien, ein schnell ver fliegendes Feuer blitzte aus den Augen, die Brust hob sich, ei» gewaltsamer Thrä- nenguß löschte die Gluth der Augen und das Ja ließ sich hören wie das Angstgeschrei einer Sterbenden, und schien in den unwillkürlichen Tönen des Schmerzes, die aus jeder Brust der Menge heroorbrachen, ein tiefes Echo zu finden. Die Braut sank der widrigen Allen in die Arme. Einige Minuten vergingen in furchtbarem Stillschweigen. Da sah der Prediger die leichenblasse Braut wie vorher in tiefer Belaubung knuen, und beendigte die Trauung. Der Braultgam erhob sich und führte die schwankende Braut nach ihrem vorigen Platze; die Alte und der riesenhafte Mann folgun. Die Begleiter des Predigers erschienen wieder, verbanden ihm die Augen, zogen lhn nicht ohne Mühe durch das Gedränge und nachdem sie ihn aus der Thüre gestoßen hatten, verriegelten sie diese inwendig und überli-ßen ihn sich >elber.
(Schluß folgt.)
Hute Antwort.
(Schluß.)
Weiter kam der geistliche Herr nicht in seinem Bekehrungseifer. Der Bauer hatte schon ein paar Mal seinen Dreispitz gerückt, und als der geistliche Herr an das verirrte Schaf kam, da rief der Bauer: „O ha!" Die Pferde glaubten, es gelte rhnen und hielten stille, der Bauer aber meinte den geistlichen Herrn. „O ha! Hochwürden," sagte er und gab seinem Dreispitz einen Klapps, daß er fester aus dem Kopse saß. „So weil sind wir noch nicht; und jetzt lassen Sie mich auch etwas sagen. Sie, Hochwürden, sind katholiich nnd ich bin evangelisch. Gut! Wenn Ihre Eltern evangelisch gewesen wären und meine katholisch, so wäre es vielleicht um gekehrt, und auch da hat der Zufall seine Hand im Spiele. Und nun meine ich so Sehen Sie, Hochwürden, dort die Tvürme der Stadt in der Morgensoime glänzen?
Dort hin, in die Stadt führen viele Wege, auf denen die Bauern ringsum ihre Frucht zu Markte bringen, gute und schlechte Wege, Landstraßen, Feldwege, ebene und bucklige, und ist sogar ein Prügelweg darunter.
Wenn ich aber mit meinem Waizen auf den Markt komme, so fragt mich kein Mensch, welchen Weg ich gemacht habe, und habe ich guten Waizen auf dem Prügelwege hergebracht, so gilt er sein Geld, und die taube Frucht kauft Niemand und wenn sie auf der schönsten Landstraße daher geführt worden wäre. Sehen Sie, Hochwürden, so meine ich, wird es der liebe Gott auch machen. Er wird uns nicht fragen, „woher des Wegs?", sondern er wird uns fragen, „was bringt Ihr?" Und wenn unser Gepäck in Ordnung ist, so wird uns allen, Katholiken, Protestanten und Juden, der Himmel offen stehen. Das ist so meine einfältige Meinung, Herr Pfarrer! Doch Sie wollen schon absteiaen? Wie Sie wünschen. Guten.Morgen, Hoch, würden!"
Der 'geistliche Herr wandelte wieder seine Straße und los in seinem Brevier und der Bauer führte seinen Waizen in die Stadt. Ec wird sein Geld gegolten haben.
Hr. Professor jE. Paulus bespricht im Staats-Anz. die Restaurationen zu Hirsau. Alpirsbach und Lorch, welche drei ehemalige Benediktinerklöster unseres Landes in letzter Zeit durch die Fürsorge der K. Staatsregierung Wiederherstellungen erfuhren, die das ihnen schon früher von jedem ein heimischen Kunstfreund gezollte Interesse in hohem Grade steigern mußten und deren auch bereits außerhalb unseres engeren Vaterlandes mit Anerkennung gedacht wird. — Wir entnehmen daraus dem Abschnitt über
Hirsau:
Bekanntlich beschaut die „Ulme zu Hirsau" schon gar lange mannshoch ausge- häuilen Schutt, worin sich nach und nach Obstdaumgärlen angesiedelt hatten und die schwer mitgenommenen Trümmer beinahe verdeckten. Unter Leitung und aus Kosten des Landeskonservaloriiims wurden in den letzten Jahren der Kreuzgang, einst der größte in Württemberg, vollständig wieder bloß gelegt, sowie der Rumpf des zweiten Treppenthurmes. Reste der zwischen beiden bestandenen Vorhalle und die gleichfalls verschüttet gewesene West- und Südwand der einst so großartigen Klosterkirche. Schritt haltend mit den Ausgrabungen wurden dann die noch immer ansehnlichen Trümmer auf Kosten der K. Finanzverwaltung wieder in Stand gesetzt, zugleich aus den malerischen Ruinen prächtige Wandelgänge, die dem als Kurort rasch beliebt gewordenen Hirsau neue Anziehungskraft verleihen, her, gestellt, und wie wirken jetzt an einem schönen Sommertag diese weit ausgedehnten Ruinen mit ihren reinen, durch überall hereinhängendes und hoch emporschiebendes Baumwerk noch gehobenen Kunstformen! Ader man gewann auch wichtige Ausschlüsse für die Kunstgcschichle. Es zeigte sich unter Anderem, daß beide Thürme einst, durch einen offenen Vorhof getrennt, frei vor der Westfront der Klosterkirche standen
und unter sich durch eine hohe, von drei Kreuzgewölben überspannte Pfeilerhalle verbunden waren. Die starken Pfeiler dieser luftigen Halle halten (,m Grundriß) die Form eines griechischen Kreuzes und die vorderen wirksame Dreivierlelsfäulen in den Ecken; Reste dieser im besten romanischen Stil aufgeführten Pfeiler wurden an ihrem ursprünglichen Standort noch gefunden, dazu einige schon profilirle Bogensteine. Aber auch von der so gründlich zerstörten Kirche, der imposanten frH- romanlischen Säulenbasiiika, wollte es d°i Glück, daß im letzten Jahre noch das Bruchstück eines der Würfelknäufe der kolos. salen Säulen, die das Hochlchiff trugen, ausqegraben wurde, vas die größte Aehn- lichkeit mit den Kapitelle» der Säulen in der Alpirsbacher Klosterkirche hat. Dann aber fanden sich im Kreuzgang sehr viele und zum Theil sehr schöne, mit Heiligenbildern oder reichstem Laubwerk skulpirts spätgolhische Schlußsteine, darunier im Nordflügel auch zwei mit Meisterschilden, von Engelchen gehalten. Einer dieser Meisterschilde gehört dem berühmte» Bau. meister Peter von Kable»,. dem Erbauer der Blanbeurer Klosterkirche, der andere dem Meister der Kirche zu Gerlingen, Ober- amts Leonberg. — Was von strenger früh- romanischer Kunst in Hirsau unwiderbringlich verloren ging, die Säulenbasilika, das hat sich in der nur einige Jahre jüngeren Klosterkirche zu Alpirsbach (eingeweiht im Jahre 1098) fast unversehrt erhalte».
(Schutz gegen Ameisen.) Karbolsäure, selbst i» 100 faltiger Verdünnung, wird mit Erfolg gegen manche Insekten. Erdflöhe, Blattläuse und namentlich die Ameisen angewendet, indem die Blätter mit dieser Lösung besprengt werden. Bäume werden dadurch gegen Ameisen geschützt, daß mit obiger Lösung getränkte Walte um den Stamm gebunden wird. Die Anfeuchtung mit Karbolsäure ist nach Bedarf zu wiederholen.
sEine Bekanntschaft an der Tadle d'hote.) Ein dicker Vollblut-Ungar saß an der Table d'hole eines großen Badeortes einem einfach gekleideten ältlichen Herrn gegenüber, den er für einen Professor hielt, und hätte gern ein Gespräch mit ihm angeknüpst. „Sehr schönes Wetter hier," begann er, „beinahe wie zu Haus in Ungarn. . . . Ich bin Terebessy Arpad" .... und mit stolzem Selbstbewnßtsein fügte er hinzu: „Vizeg'span im Awaer Komilal. Mit wem Hab' ich die Ehre?" „Ich bin König Johann von Sachsen." erwiderte bescheiden lächelnd der Gefragte: „Ah!" rief der Ungar aus und drehte unter beifälligem Kopfnicken seinen Schnurrbart, „auch eine schöne Anstellung!"
sBierundzwanzig Mormonen Missionäre) sind am vergangenen Dienstag mit dem Dampfer „Abyssinia" nach Europa abge- segelt, um dort an allen Ecken und Enden für die Lehren der Salzsee Heiligen Pro- seihten zu machen.
GoldkurS der StaatSkasscnvcrwaltung
vom 8. November l88l. 20-Frankenstücke . . . 16 12 L
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.
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