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des Volksfestes wär das Schauspiel des Ochienbralens am Spieße. An einem Kolos» salbraispieß, der von einer Dampfmaschine gedreht wurde, steckte der Ochse, mit Rieien- kiammern no a ferner befestigt. Von mehreren Feuerrösten brannten die Flam. men empor, ohne jedoch das Fleisch zu be­rühren, das dem Gebratenen entfließende Fett wurde in einer langen Blechrinne auigesangen und in hölzerne Kübel geleitet. Um 10 Uhr batte das Braten begonnen, um 4 Uhr verkündeten 3 Kanonenschüsse, das; der Ochse gar sei. Taufende waren während dieser Zeit gegen Entree ein- und ausgegangen und nun erwartete man ge- spannt das Resultat. Obwohl immer noch ein wenig roth, erschien das Fleisch doch weich und namentlich sehr saftig und fand riesigen Abgang.

Ihre Majestäten der deutsche Kaiser, König Karl und Königin Olga haben je eine größere Anzahl von Loosen der Aus steUungslotterie gekauft.

Stuttgart, 29. Sept. Seine Maj. der König ist beule Vormittag mit Exlra- zug um 8 Uhr 55 Min. nach Friedrichs Hafen zurückgekehrl.

Stuttgart. Nächsten Sonntag wird im kleinen Saale des oberen Museums der 4. süddeutsche Vegetananervereinstag stallfinde», und, wie wir hören, sind zu dem bei dieser Gelegenheil veranstalteten vegetarischen Essen auch Nichlmitglieder, welche sich iür diese Sache inleressiren, ein­geladen. Die vegelarianische Bewegung ist auch von Nichiparteigängern zum Mindesten als eine gesunde Reaktion gegen die so verderblich um sich greifende Genußsucht aller Stände begrüßt. (S. M.)

Vom Allgäu, 2l. Sept. Alljährlich am Malthäusfeierlag werden die Senn­hütten verlassen und die Heerde» wieder zur Ueberwinterung in die Thäler getrieben. Alt und Jung erfreuen sich dann immer, wenn die Sennen in Festgewand und in ausgelassenster Laune ihrer Heerde voran durch die Straßen ziehen und die munteren Thiere ihr trauliches Geläute durch Städte und Ortschaften erklingen lasten.

Neuenbürg, 30. Sept. Ein Besuch unserer Wein bauenden Orte bei gegen­wärtiger Herbstwitterung ist besonders lohnend und wohltbusnd. Wenn schon der allenthalben sichtlich reiche Odstsegen ein befriedigendes, dankbares Gefühl erweck!, so ergötzt sich der Besucher derWingerte" an dem prächtigen Stand derselben. Er vergißt gerne unfern alten über dem ver. heißungsvollen neuenNaturwein". Noch etliche Tage milde Sonnenstrahlen und er kann sich mit dem Wingerier der mit dem köstlichen Naß gefüllten Gefäffe erfreuen, denn nicht nur der Produzent, sondern auch der Consument findet Ersatz an demHeurigen." Elfterer für seine mühevolle Pflege und seine berechtigten Befürchtungen für den Weinstock, Letzterer für den seil Jahren da und dort vermißten Naturalem." Wir hören auch, daß der sonst so schädigende Mehlthau Heuer nicht bemerkt wurde. Ein materiell guter Herbst dürfte den wirthschaftlichen Verhältnissen gar mancher Familie wieder aushelfen.

Stuttgart, 20. Sept. (Kartoffel. Obst- und Krautmarki). Leonhardsplatz:

400 Säcke Kartoffeln a 2 ^ 70 bis 3 c/lL 20 L pr. Zentner. Wilbelmsplatz: 1500 Sacke Mostobst a 4 80 L

(5 ^ bis 5 -stL.30 pr. Ctr. Luiken.) Marktplatz: 3000 Stück Filderkraut ä 15 olL bis 22 -/lL pr. 100 St.

Sers heim, bei Vaihingen a. d. Ein, 22. Septor. Obstvorrath ca. 1000 Cir. Acpfel, meistens Lnike». Käufer erwuntchi.

Miszellen.

Der Raub Strafiburgs durch Ludwig XIV.

Zum 200 jäbrigen Gedenktage den 30. September 1881.

Die denkwürdige Flugschrift:Deutsch land in seiner tiefsten Erniedrigung," welche dem unglücklichen Buchhändler Palm den Tod brachte, bat der Zeit nach der un­glücklichen Schlacht bei Jena und Auerstädt bis zum Wiederausgang deutscher Freiheit ei» so unverlöschliches Siegel ausgedrückt, daß alle Schmach und Schande, welche je über das deutsche Volk hereingebrochen sind, eben in jener Zeit die denkbar höchste Steigerung erfahren zu haben scheinen. Blättern wir aber in den gegenwärtigen Tagen um 2 Jabrhunderle in dem Buche der Geschichte zurück, so tritt uns in der Thalfache, daß Straßburg, diewunder- schöne Stadt," mitten im Frieden am 30. September 1681 eine Beute des länder­gierigen Königs Ludwig XIV. weroen konnte und daß dieser Faust chlag ins Ge­sicht des deulichen Volkes von Kauer und Fürsten des deutschen Reicks ungcsühnl blieb, ein Ereign'ß entgegen, welches an Schmach und Schande in der deutschen Geschtchte kaum seinesgleichen bat. Heute, wo nach des Dichters Wahrspruch die Weltgeschichte sich wieder einmal als das Weltgerichte bewiesen, indem sie das Be­schämende jener nationalen Entwürdigung von uns genommen bat, möchte es sich wohl geziemen, die Erinnerung an jenen Tag anszufrischen und die Fragen nach der Uriache und dem Verlaus der obge meldeten Thalsache ;u beantworten.

Der westfälische Friede war endlich nach Besiegung der damals üblichen steifen Förmlichkeiten und trotz der Ränke des allmächtigen französischen Kardinals Maza- rin abgeschlossen worden. Halte der un glückliche 30jahrige Krieg das Mark des deutschen Reiches säst ausgezehrt, so stipu- lirte dieser Fliedensschluß auch in aller Form die Ohnmacht des deutschen Reiches. Waren im Mittelalter alle wichtigen Ent­scheidungen für Europa von Deutschland ausgegongkn, so wurde von jetzt an jede europäische Bewegung auf Deutschlands- Boden ausgkkümpit und auf seine Kosten vertragen. Das Reich war ein Spott der Völker, ja der Deutschen selbst, geworden; weder zum Angriff, noch zur Vertheidigung geschickt, alterschwach und krankend, ging es dem Grabe zu. (Fortsetzung folgt.)

Ms der Wachtstuöe.

(Von Mar Wenzel.)

(Fortsetzung.)

Ja, es ist ein eigener Reiz, in jenem nur halbhell beleuchteten, von blauem TabakSgewölk durchzogenen Zimmer dem lustigen Leben und Treiben zuzuschauen.

den Erzählungen des alten Sergeanten zu lauschen, der seiner Hörer Leichtgläubigkeit oft auf gar zu starke Probe stellt. Da sitzt ein junger Rekrut, der eben seine zweite Wache thnt, den Helm aus dein Kopse, ängstlich dem Herausruten lauschend, er studir! in der Wachlinstruktion, um sich vor dem Aufziehen aus Posten nochmals seiner Pflichte» zu vergewissern. Daneben ein bnbjckpr Junge, die Feder in der geübten Hand, in großer Lapidarschrist seiner alten Mutter oder jungen Braut Nachrichten gebend, die, wenn man seinem still lächelnden Gesichte Glauben schenken darf, reckst freudiger Art sind. Dort jener bärtige Tambour, der, die Pfeife im Munde mit schlauem Blicke die schmutzigen Karlen dem Nachbar, den er eben matichi ge­macht, zum Abheben hinreichl. Sie spielen das edle Schafskopssspiel. Doch ich will dich, geneigter Leser, nicht zu lange mit der Beschreibung jener anziehenden Scenen aushallen, weiche eine geübtere Feder als die meine, die des verehrten Hosralhs und Bombardiers a. D. Hackländer, so reizend skizzirt hat; wir öffnen leise die, diesem eben geschilderten Gemach gegenüberliegende Thür und trelen unsichtbar in die Osfizier- stube.

Wie behaglich strömt uns die warme Atmosphäre des Zimmers entgegen. Dünkte Vorhänge und Portieren schließen die kalte, unfreundliche Lusl draußen ad, während der große braune Kachelofen, in welchem trotz der noch durchaus nicht winterlichen Jahreszeit ein tüchtiges Feuer knistert, sich vor innerem Behagen reckt und deht. Es ist ein ziemlich geräumiges Zimmer, einfach, wie es der Zweck erheischt, mödtirt. Vor Allem fällt uns der große, lederbezogene Lehnstuhl, dessen weitgeöffnete Arme zu be­haglicher Ruhe zu winken scheinen, in's Auge. Vor dem ebenfalls leoerbezogenen Sopha steht ein solider runder Tisch, über welchem die von einem grünen Schirm Haid bedeckte Gasflamme ein mohllhuendes Licht in dem Gemache verdienet. Ei» großer Kleiderschrauk, dessen eine Hälfte wie das Klapper» des vor demselben stehen­de» Soldaten verräch, auch zum Aufbe- wahren von Geschirr dient, ein Schlüssel- breit voller Schlüssel, mit beschriebenen hölzernen Tatelchen bezeichnet, eine Kom­mode, darüber ein Spiegel, ein kleines Tischchen am Fenster, aut welchem »eben der großen Wachtinstruklion noch mehrere blaue Hesichen liegen, mehrere Rohrstuhle vollenden das praktische Ameublement. An der Wand hängen an dort angebrachten Haken verschiedene Paletots und Ossizier­mützen, auch ein Civilhut.

(Fortsetzung folgt.)

Aufträge für denEnsihäler" vermitteln', in Wikdvad: Hr. tz. Schobert; in Pforzheim: Hr. tzlto HUeckcr; in Stuttgart und Kranksurt a. W.e

HH. Kaascnstein L Fvgkcr;

Hr. Rudolf Waffe.

WltterungSvorhersagen

der meteorologischen tzentralstatio« Stuttgart für 29. September.

Zunächst regnerisch, dann allmählige Aus- heiierung.

für 30. September: heiter nno trocken, stellenw. neblig.

Meist

Redaktion, Druck und Verlag von Jaks Meeh in Neuenbürg.