Samoa-Vorlage mit 16 Stimmen Majorität ist für ihn ein nicht unbedeuten­der Schachzug, ver zu verhindern gewesen wäre. Diejenigen, welche sich von unlautern Motiven haben leiten lassen, scheinen nicht zn wissen, wie jämmerlich es ist, gewisser­maßen aus persönlichem Rachegefühl gegen eine Vorlage zu stimmen, von deren Nütz lichtest und Nothwendigkeit man sonst über­zeugt ist. Es hat den Anschein, als ob der Reichslag nicht mehr an den Ernst und die Wichtigkeit von Regierungsvorlagen glauben wolle, wenn Bismarck sich nicht persönlich für dieselben einlegt, und als ob der Reichstag die persönliche Theilnahme des Reichskanzlers verlange, wenn ein Ge­setz genehmigt werden soll. Ueber die Ab­lehnung der Samoa-Vorlage soll Bismarck sehr ungehalten sein, vornehmlich auf das Zentrum, das weder Gründe gegen die Vorlage namhaft machte, noch überhaupt welche hatte. In dieser Session, die nu» wohl vor Pfingsten schließen wird, ist nichts besseres mehr zu erwarten. Die Süds. Pu sagt über die Samoa - Abstimmung : Der Reichstag hat sich in jenem Beschlüsse nicht ganz auf der Höhe seiner Aufgabe gezeigt; die Stimmen der nationalliberalen Presse lassen keinen Zweifel, daß die Mei­nung der Wähler Himer der für die Vor­lage eingetretenen nationalliberalen Min­derheit von 21 Stimmen steht. Würde die Vorlage nochmals eingebracht werden, ihre Annahme wäre wohl unzweifelhaft. Eine besonders eingreifende Rolle hat bei diesem Anlaß Nürnberger gespielt; trotz formeller Beredtsamkeil keine sehr glückliche. Trefflich sprach auf nationalliberaler Seite r>.Bimsen, sonst einMann des linken Flügels und ein entschiedener Gegner der neuen Zollpolitik wie des Reiskanzlers überhaupt, für die Vorlage; jener Mann hat eben lransozednische Länder gesehen, was für die Beurllieilung jener Vorlage etwas mehr bedeutet, als die von Bamberger in Pariser und Londoner Bankhäusern gemachten Stu­dien. Sogar ausländische Stimmen haben sich erhoben, um ihrer Verwunderung über diese Abstimmung des Reichstags Ausdruck zu gebe». Die N. Zürcher Ztg. sagt: Mit der Ablehnung der Samoa-Vorlage im deutschen Reichstage am 27. d. M. hat medcr einmal die Krähwinkelei, welche sich »icht zu hohen und großen Ideen empor- zuschwingen vermag, einen entschiedenen Sieg mochten. Es ist das reinste Partei- interesse, welches den Ansschlag gab, in- dtM gerade die dem Reichskanzler abge­neigten Parteien des Zentrums und des Fortschritts nebst dem jüngst mit ihm zer­fallenen Theile der Nationalliberaten die Vorlage zu Falle gebracht haben. Die günstige Gelegenheit für Deutschland, gleich den andern Mächten nach und nach zu einem kolonialen Einfluß zu gelangen und dadurch erst ihnen ebenbürtig zu werden, ist nun wohl für immer verpaßt!"

Die Seitens des Berliner und Wiener Hofes erfolgte Entsendung der Generale Treskow und Ramberg nach St. Peters­burg, um den Zaren zu seinem Geburts- kag zu beglückwünschen, war kein bloßer Akt der Courloffie. Vielmehr soll es sich dabei um die Verwirklichung eines Ge­dankens des deutschen Reichskanzlers han­deln, des Gedankens nämlich, eine Re-

konstrnirung des zur Zeit des Drei-Kaiser- Bündnisses bestandenen Einvernehmens zwischen den drei Ostmächten zu Stande zu bringen. Fürst v. Bismarck wurde hiezu durch den englischen Miuisterwechsel veranlaßt.

Berlin. Ein Vergistungssall, der in weitern Kreisen rege Thestnahme erregt, ereignete sich vor einigen Tagen in der Familie eines höheren Beamten. Die Frau desselben litt seil längerer Zeit an einem Halsübel und war ihr von vem behandeln­den Arzte unter anderer Medizin auch eine konzentrirte Lösung von chlorsaurem Kuli mm Gurgeln verschrieben worden. I» der Nacht vom 24. zum 25. wollte die Kranke Medizin einnehmen, ergriff aber anstatt letzterer die Kalilösung und Irank dieselbe. Die Verwandten fanden am andern Morgen die Bedanernswerthe sich vor Schmerzen krümmend im Bett liegen und ließen dieselbe sofort nach dem Elisabeth- Krankenhaus bringen. Trotz allen ange- wandlen Gegengifts verstarb die Verun­glückte am 27. v. M. Morgens unter un­säglichen Schmerzen.

Köln, 30. April. DieK. Ztg." schreibt: Einen Beweis daiür, daß die Verhältnisse sich wieder zu bessern ansangen, liefert gegenwärtig die Baulhätigkeit. Die­selbe hat seit Beginn der diesmaligen Bau« Periode einen erfreulichen Aufschwung ge­nommen.

Karlsruhe, 30. April. Sicherem Vernehmen nach werden am Sonntag den 9. Mai bei günstiger Witterung zwei Ver­gnügungszüge hierher abgelassen werden, der eine von Mannheim und der andere von Pforzheim. Die Ankunft dieser Züge, welche nur Wagen 3. Klasse.führen, soll gegen 2 Uhr Mittags und die Rückfahrt gegen 9 Uhr Abends erfolgen. Der Preis eines Billels für die Hin- und Rückfahrt würde betragen: Mannheim-Karlsruhe 1 und Pforzheim-Karlsruhe 60 ^ Aus diesen Tag ist beabsichtigt, in unserm herrlichen Stadtgarten, welcher gegenwärtig im schön sten Grün prangt, ein Gartenfest zu ver­anstalten.

Württemberg.

Mit höchster Genehmigung Seiner Majestät des Königs vom 5. Sep­tember 1879 und vom 17. April 1880 wird die Strecke MurrhardtGaildorf der Murrbahn am 15. Mai für den Personen-, Gepäck-, Equipagen-, Vieh- und Güterver­kehr eröffnet und es werden von dem genann­ten Tage an bei den an dieser Bahnlinie liegenden Orten Fichlenberg und Fornsbach vereinigte Eisenbahnstationen, Postämter und Pelegraphenstationen, letztere mit vollem Tagesdienst, eingerichtet, wogegen die seit­her in diesen beiden Orten bestandenen Postagentnren au'gehoben worden.

S t n t t g a r t, 30. April. Vom Pferde markt. Die Zufuhr an Pferden betrug 1600 Stück, annähernd so viel wie im Vorjahr. Ter zweite Tag brachte schon von der Frühe an reges Leben. Gegen 300 Pierde wurden als umgesetzt protokol- lirt. Die Zahl der ohne offizielle Kaufs« urkunden gehandelte» Pferde mag etwa 500 betragen. Der Geiammtumsatz des diesjährigen Pferdemarkts mag sich auf die Summe von 550,000 beziffern. Höchster Preis 3000 -M, niedrigster 92 «M, Wagen­

pferde pro Paar 10002200 Russische Pferde waren Heuer weniger vertreten, auch weniger begehrt. Die Reitpferde waren ungarischen, arabischen und englischen Schlags; Wagenpferde: Norddeutsche, Bel­gier , Normänner; Wagenpferde schweren Schlags: Meklenburger, Luxemburger,

Salzburger, Nothlhaler, Pinlschgauer, Kärnlhner und Ammänner; sodann unsere Land-Race mit ihren verschiedenen Kreuz­ungen.

Stuttgart, 1. Mai. Der heutige Wochenmarki war i» außerordentlicher Weise srequenlirt unv reichte der Raum kaum aus zur vollen Entfaltung desselben. Salat, Prachtspargeln, große Nettige waren in Massen vorhanden. Von jungen Gemüsen notiren wir namentlich: Kartoffeln per Pfund 35 L, Kohlrabi pro Stück 2050^, Gurken 60 bis 1 50 L; grüne

Erbsen per P>und 3040 Blumenkohl

2050 L per Kopf, 100 grüne Bohnen 2 c^L Von Pilzarten sahen wir sehr schöne Morcheln. Auch Kirschen aus Italien waren auf dem Markte, Stück 1 L und Pfund 1.50. Außerdem schöne Theerofen zu 30 L und Nelken. Obst noch immer in großer Menge zu sehr billigen! Preise. (W. L.)

An sämmtlichen Schulanstalten Stutt­garts werden die noch vorhandenen tannenen Fußböden nach und nach durch eichene, die sich in mehrfacher Hinsicht als besser be­währt haben, ersetzt.

Die Württ. Landesztg. schreibt: Vom Lande, 29. April. Die in letzter Zeit vielfach veröffentlichten Mittheilungen von Brandsällen lenken die Aufmerksamkeit viel­fach aus die Entschädigungen, die den Be­schädigten ausbezahlt werden, und es wird vielfach die Bereitwilligkeit, mit der die Versicherungsgesellschaften die Versicherten in möglichst großen Summen entschädigen, um einander Konkurrenz zu machen, als Ursache weiterer Brandsälle bezeichnet. Die Beurkundung der Gemeiilderälhe, daß die Versicherten die versicherten Gegenstände in dem versicherten Werlhe besitzen, beruht nicht immer auf genauer Information von der Existenz derselben, und die Untersuchung bei Brandsällen nach dem Brandstifter sind so schwierig, daß selten ein Resultat erzielt wird, und deßhalb verlocken die noblen Aus­zahlungen der Entschädigungen, die auf Kosten anderer Versicherten bloß der Kon­kurrenz halber in möglichst hohen Summen vor sich gehen, manche herabgekommene Exi­stenz, diese durch eine Brandstiftung in ein besseres Stadium zu bringen. Die Ver­sicherungsgesellschaften dürften daher in ihrem und der Versicherten Interesse wohl daran thun, aus andere als in benannter Weise Konkurrenz zu machen.

In Jlshofen wird ein neues Schul­haus geraut und beträgt der Voranschlag rund 68,000 c-U Bei Submissionsausschrei- bung erfolgten Abgedote von 6- 38 Prozent

Neuenbnr g, 2. Mai. Durch einen sachkundigen Obstbaumzüchter in Obern- Hausen sind uns, eben aus der Blüthe entwickelte, bis zu mehr als Erbsengröße vorgeschrittene Knausbirnchen zugekommen. Dieselben sind ganz gesunden, normalen Anseht ns und waren von der besonders erfreulichen Mittbeilung begleilet, daß die beängstigende Witterung der letzten Tage den meist üppig stehenden Obstbänmen noch