632
vermag, ihre Säualinge nicht mehr nähre» können, so daß Eines oder Vas Andere erstirbt wird man gar nicht glauben wollen, und doch, mährend ich schreibe, präfinttn sich eben eine solche Mnlttr, die das Be gräbniß ihres Kindes anmeldel und bitter lich vor mir weint. Ach, wie viele Schul kinder gehen barfuß, halbnackt, in wmttr. lichem Frostwetter nüchtern in die Schul, um die Elter» vor den Schulnraie» zu be wahre» ! Wir befinden u»s also in wirtlich bitterer Noch!" Der Propst Bolik ertläri sich dann zur Annahme von Liebesgaben sur die Nolhleidende» bereit. (S. M.)
Den Weverdistrikten des sächsische» Erzgebirges steht ein harter Wimer bevor. Die Löhne sind durchweg auf den niedrigsten Stand herunlergedrücki; im Mnliener Distrikt herrscht völlige Arbeitslosigkeit und ein großer Noihstand, ähnlich wie in Oberschlcfien, ist schon jetzt herein, getreten. — Das Werdauer Wochenbl. ent hält folgende erschütternde Zeilen: „In Mülseil Lt. Jakob ist am 11. d. der Weber Fr. Klitsch in seiner Wohnung verhungert. Man schreibt von dort, daß er zu denen gehörte, welche sich noch scheuen, bas Brod vor den Thuren zu suchen. Es sind, wie sich nunmehr durch Anssage seines hinler- lassenen 12 jährigen Knaben herausst, Ut, oft Tage vergangen, ohne daß er sich den Hunger stillen konnte."
D ü s s e l dors, 24 Nov. Die „Düsseld. Zig." erzählt: Genern erschien aus dem Meldeamts ein H.rr, der sich als Frhr. v. F. verstellte und fragte, ob seine Gemahlin hier angemeldet sei, dieselbe habe ihn vor 14 Tagen verlassen. Eine Freifrau v. F, war nicht angemeldet, woraus der Herr weiter fragte, ob sich eine Magd inner einem von ihm vezeichnelen Namen angemeldet habe? Dies konnte der Bor stehcr des Meldeamts bejahen: ein Mädchen dieses Namens diente der einem Möbe'» Händler seit 10 Tagen. Der Herr begab sich dorthin, fragte nach dem Dienstmädchen und bemerkte dem Möbelhändler, er sei Freiherr o, F. und die Dienstmagd sei seine Frau. Der Möbelhäudler ließ daS angeb liche Dienstmädchen ungern ziehen, weil er eiu so braves me gehabt hatte. Um die Sache ouszuklären. begaben sich alle'drei zur Polizei, und hier ergab sich, daß das Dienstmädchen in der That die Frenrau v. F. war, w-lche bei ihrem jetzigen G,' mahl früher gedient hatte, von demselben geebellcht morden und in letzter Zeit wegen schlechter B-Haublung geflohen war.
Auch die „Karlsr. Nachr." widmen dem kür lich emgegangenen „Bad. Generalanzeiger" eine» Nachrui, der auch für andere Orte von Interesse sein dürste, weil sich die darin gerütten Schwindelzustände da und dort ebensalls voisinden. Er lautet: „Ter „Generalanzeiger" halte sich der Karlsruher Einwobuerschast gegenüber im Adrlßi Uche ein, Auflage von nicht weniger als 7000 Ex, mviaren beigelegt, die allem Aiisch >ne nach bis aus einen kleinen Bruch« theil lediglich in der Phantasie des Ver lege-s exstlut hat; durch solchen Auslagen schwindet in Folio wird aber das inserirende Publ m i» schamlosester Wette geradezu irregclu. rt und zum Glaube» verleite!, daß
die auiaegebeiien^Jusrrale weiteste Verblei
tung finden, was thatsächlich keineswegs der Fall ist. Anderutheils werden dagegen längst bestehende Blätter, wen» sie neben olchen Lngenzisfirn wahrheitsgemäß ihre jederzeit nachweisbare wirkliche Au'lage- anzabl kundgeben, nicht selten irrigerweise als unwirksamere Jnseralivnsoruane ange >ehen und zum eigenen Schaden des Pnb likums den neu enlstandenen Blättern mit rbichleter hoher Auflage hinlangesetzl."
Württemberg.
Stuttgart, 26. Ott. Wie wir aus .uveilässiger Qu.lle erfahren, hal Herr Hotelbesitzer Silber das Gebäude der Volks bank, Dorotbeenflraße Nr. 6, um de» P> eis von 115,000 „sL gestern gekauft in der Ansicht, sei» Hotel zu vergrößern und j,u Parterre ein feines Casee- und Bierlokal zu errichten. (N. T )
Heilbronn, 28. Nov. Vor-
niillag 11 Ul r bat sich ei» Ochse, nachdem im hiesigen Schiachlhanie die Schlachtmaske angelegt war, nach dem ersten Schlag des Metzgeibnricheu, losgerissen, durch wach das Lchlachlhansgitter, stürmte gegen das gegenüber stehende Poflgebäude und brach sich an der dortige» Mauer ein Hör» ab. Von da rannie der witthende Ochse dem Neckar zn, während die auf der Straße befindlichen Personen natürlich die Flucht vor d-in wuihenden Thiere ergriffen. An dem eisernen Ncckarufer-Gelonder m der Nähe der Brücke angekoinmen, stürzte sich der Ochse, nach dein er einen Toni des Geländers im einen Draht gebogen halte, hinab und fiel gerade in ein dort lagerndes Kohleuschiff. Im Kielranme dieses Schiffs brach das Thier endlich zusammen und die Nacheilen den Metzgerl'urichen lödteten es alsdann vollends daselbst. ES scheint. daß der liit der Schlachtmaske in diesem Falle nicht tief genug eingeichlagen worden war.
(W. L.)
Langenarqen, 25. Nov. Vor einigen Tage» flüchtete nach dem Oberschw. Anz. ein angeschoss ner Nehbock in der Nähe des Orts in den See um Kühlung zu suchen gegen den durch die Schußwunde verursachten brennenden Schmerz. Auf Benachrichtigung mar ein hiesiger Nimrod so- iorl zur Stelle und gab dem Thier, das bis gegen die Brust im Wasser hin und her schwamm, den Tod durch einen wohl gezielten Schuß in den Kopf. Auf Zurede» entschloß sich ein Bube, das Kapttalthier aus dem Wasser zu bugsiren, was >n Natur uniiorm geschah. Beim Ankleiden und beim Einstreichen des in dieser Jahreszeit wohl verdienten Trinkgelds mei.ste der Jnngej: „izt ist'» Wasser bigott ansange kalt."
(W. L.)
Herren alb, 30. Nov. Ein bedauerlicher Fall hal uns heute aufgeregt and vielseitige Theilnahme beansprucht. Der seit 1. September hier fungirende Äpolhekeverwalter K. ein hoffnungsvoller junger Mann, der einzige Sohn hochbe- iagler Ellern, hat sich heute Nacht miltttst Kues Revolverschusses entleibt. Derselbe verweilte gestern Abend noch längere Zeit ohne auffälliges Benehmen ganz heiter im Kreise von Bekannten, welche erst heute früh durch einen von ihm an sie gelangte» Brief auf die entsetzliche in seinem Zimmer vollzogene That animerksam gemacht wurden.
An die bedaucrnswerthen sehr achlbaren Eltern und an den Prinzipal waren ebenfalls am Abend zuvor veriaßte Biiefe vorhanden. Ueber die Motive hat man blos unsichere Bermulhungeii.
Neuenbürg, 1. Dez. Neun Jahre seit jenen Tagen, die dem deutschen Heere Kälten verhängnißvoll werden können, sind vorüber; dem Württemberger leben sie in schmerzlicher aber patriotisch erhebender Er- innerung fort. „Furchtlos und ireu" standen die Württeinberaischen Truppe» und wehrten dem Feind den geplanten Durchbruch so beldenmütbig, daß die Leistungen am 30 November und 2 Dezember mit zu den höchsten des Krieges von 1870 bis 71 gezählt werden dürfe». — Dieter Erinnerung auch eine» äußeren festlichen Ausdruck zu g-ben, hatte der Kriegerverein wie bisher gestern wieder Veranstaltung getroffen: Morgens in feierlichem Zug zum Gottesdienst; Avenos durch eme uesellige Unterhaltung, bei wKcd> r ein Rückblick aus jene gewaltigen Ereignisse gegeben wurde, der in einem Trinksprnch auf den Helden« kaiser Wilhelm gipfelte; ihm folgt ein solcher ans S. M. nnsern König Karl, den reichstreueil Biindesiürsteu. Vorgelragen wurde »och eine die Ereignisse lebend'g schildernde Poesie und hieraus dem Gedächiniß der Gefallenen ein stilles Glas geweiht. — Möchte mit solchen Gedenktage» dem neuen deutschen Reich die alte Treue seiner Stämme wach erhallen bleiben!
O e st e r r e i ch.
Der Noihstand in Schlesien droht sich auch ans den östlichen Tbeil von Ocster- reichisch Schlesien in Folqe des Mißraihens von Kraut und Kartoffeln zu erstrecken. Der Bewohner der Beskiden, der sogenannte Gorate, ist bis höchstens Januar mit Mund« vorräihen d. h. mit Kraut und Kartoffeln versehen, und dies wll bei der Armnth dieser Leute so viel beißen. als er hat buchstäblich nichts zu essen. In Würdigung dieser Verhältnisse bat der Erzherzog Al« brecht, Herzog von Teiche», den Beleb! an seine Kammer ergehen lasten, daß in iämmt- lichen erzherzoglichen Brennereien die Er- zeuguna von Spiritus und Branntwein eingestellt werde, damit die Rohmaterialien (Kartoffeln) nicht entzogen werden.
Schweiz.
Bern, 24. Nov. Aus dem Kanton Tessin wird ein gewaltiger Schneefäll gemeldet. Post, Telegraph, Tampischiffoer- kehr sind unterbrochen. Tausende von Bäumen und Weinstöcken durch Schneemassen erdrückt. — Im Gadmenthale wurden tiinf Menschen von einer Lawine verschütte!; drei wurden gerettet, enur blieb lovt und einer ist »och nicht anigefunden.
Goldkurs der Staatskaffrnvrrwaltung
vom 23. November 1879. 20-Frmikenstücke . . . 16 10
Redaktion, Truck und Verlag von Hak Meeh cn Reuenburg.
Für den Monat Dezember nehmen sämmtliche Poststellen, im Bezirk auch durch die Postboten, Bestellungen auf
den Enzthat er
zu P des Quartalpreises an.