Kronik.

Deutschland.

Berlin, 16. Nov. Der Großfürst- Thronfolger von Rnßlniid und Gemahlin sind heute Vorniittag 9'/« Ubr hier einge troffen, aus dem Bahnbofe vom Bolschajter v. Oukril, dem Sladltommandanle» und Polizei-Präsidenten empfaiigen morden und im königliche» Wagen nach dem russischen Boischafls Hot-l gefahren. Der Großfürst Halle jede» offiziellen Empsang verdeten und cmpsänut auch die zum Ehrendienst befohlenen Personen erst im Bol'chafls- Hotel. Der Großfürst-Thronfolger und Gemahlin erbieUen gegen 12 Uhr den Le such des Kaisers, der hier anwesende» Prinzen und Prinzessinnen des königlichen Hauses und des Prinzen August von Würt­temberg. Das großfürstliche Paar stallele hieramf dem Kaiser und den anderen hoben Herrschaften seine Kegenbeiuche ab. Um 5 Uhr saiid bei dem Kaiser Diner statt, an welchem die Prinzen und Prinzessinnen des königlichen Hauses, das Großlürste». paar mit Gesuche, der russische Boischatter, der dänische Gesandte, der Vizepräsident des Staaisministeriums, Graf Stolberg. und der Botschafter in Petersburg von Schweinitz lheilnahmen.

Die Bemühungen der Evangeli­schen Allianz, den unterdrückten Pro­testanten in Oesterreich die ihnen versagte Religionsfreiheit zu sichern, scheinen nicht erfolglos bleiben zu sollen. Am 6. Nov. wurde, wie dieDlsch. Ztg." meldet, eine Abordnung der evangelischen Allianz von dem Kaiser empfangen und sie erhielt die tröstliche Versicherung, daß der Kaiser dieser Angelegenheit seine Aufmerksamkeit zuwen­den werde. Bereits sei ein Erlaß für Böhmen abgegangen, in welchem der Be­schwerde der Protestanten statt^egeben ist.

Pforzheim, 16. Nov. Die Er­hebung eines Oktrois in hiesiger Stadt bat die Genehmigung der Großh. Negie­rung erhallen, jedoch mit der Abänderung, daß die Steuer für cingeführles Brod nur 1,5 stall 2 Pfennig beträgt, und daß die Erhebungsdauer aus 6 Jahre festgesetzt ist. Die von Seile des hiesigen Kunstge. werbeoereins beabsichtigte Ausstellung von Pforzheimer Gold, und Silberwaaren ist ihrer Verwirklichung nahe. Dieselbe wird sehr hübsche und stylvolle Arbeiten enthalten, welche die Leistungsfähigkeit des hiesigen Platzes in ganz besonderem Grade darlhun werden. Herr August Benckiser, Maschinenfabrikant dahier, hat der Gemeinde Brötzingen ein in der Gemarkung dieses Ortes befindliches Zstöckiges Gebäude samml Hoi und Garten mit der Bedingung zum Geschenke gemacht, daß dasselbe zu Schul­zwecken verwendet werde. Derselbe Hai überdies noch zugesagt, daß er nach vollen­deter Einrichtung und Einweihung des neuen Schulhauses der Gemeinde die Summe von 5000 ^ als Beitrag zu den Einrichtungs­kosten verabfolgen werde. Die werihvolle Schenkung ist selbstverständlich von der ge nannten Gemeinde mit innigster Dankesbe­zeugung angenommen worden. (S. M.)

Geisenheim, 15. Nov. (Seltenes Zusammentreffen). Vor 8 Tagen wurde hier das Ehepaar Johann Ober und Mag­dalena, ged. Mebreuer, zur Erde bestattet.

Ist es nun schon selten, daß Mann und Frau am nämlichen Tage begraben werden, so ist doch der hiesige Fall noch darum besonders merkwürdig, weil, wie das M. I. mittheilt, die beiden Eheleute auch am nämlichen Tage, 7. Oktober 1809 geboren waren, an einem und demselben Tage, ohne di» Opfer einer ansteckende» Krankheit zu werden, erkrankten und endlich nur wenige Stunden nacheinander dahinstarben.

Württemberg.

Bekanntmachung, betreffend die Errich­tung eines Postamts aus der Eiscnbahu- stelion Birkcufrld, OA Neuenbürg

Am 1. Dezember d. I. tritt zufolge Höchster Entschließung Seiner Majestät oes Königs vom 7. d. M. ans der Eisenbahnstation Birkenfeld, Oberamtsbe­zirks Neuenbürg, ein Postamt in Wirksam­keit, welches die BezeichnungBirkenseld ,:i Württemberg" führt und welches seine Verbindung mit de» übrigen Posta,istallen des Landes durch die Züge der Enzthal- bahn erhält.

Der Bestellbezirk des neu errichteten Postamts besteht ans dem Pfarrdorf Birken seld mit Mahlmühle und Ziegelhülle.

Die Taxe von 5 Pf. für den frankirten Brief kommt zur Anwendung zwischen Birkenseld in Württemberg einerseits und Calmbach, Enzberg, Enzklösterle, Herrenalb, Höfen, Liebenzell, Loffenau, Neuenbüra, Unterreichenbach und Wildbad andererseits.

Stuttgart, den 13. Nov. 1879.

K. Postdireklion.

H o f a ck e r.

Stuttgart, 18. Nov. Heute Vor­mittag Punkt 11 Uhr 27 Minuten fuhr ver Extrazug, welcher die spanische Königs- braut Christine von Oesterreich mit ihrer Erzherzogin Mutter und Gefolge ihrer Be stimmung eillgegenbringt, in die rechtssei­tige Bahnhoshalle ein, welche für das Publikum abqesperrt war. Der Perron war mit grünen Teppichen belegt, im Kgl. Wartesalon war das Diner bereitet. Er wartet wurden sie von Sr. Maj. dem Könige, den Prinzen Wilhelm und W eimar, der Herzogin Vera und Prinzessin Weimar. Der König begrüßte die Erzherzogin Braut, eine hohe, feine Gestalt mit lieblichem, jugendlich frischem Gesicht auss Freundlichste und geleitete sie am Arm in den Salon, wo das Diner eingenommen wurde. Der Abschied der Herrschaften war ein herzlicher.

Stuttgart, 14. Nov. In der heute zur Ausgabe gelangten Nummer 22 des Amtsblatts des König!. Ministeriums des Inner» wird die den Fabrikinspektoren ertbeilte Diensiinsirnktion veröffentiicbt. Die­selbe gibt in den KK. I5 die Bestimmungen über den Wirkungskreis der Fadrikinspek. loren, in den KK. 610 die Bestimmungen über das Verhätiniß derselben zu den Staats- und Gemeindebehörden, in den

ll18 Bestimmungen über die Hand­habung der Aufsicht über die Fabriken und in den weiteren HK. 19 26 namentlich solche über die Rechte und Pflichten der Fabrikinspektoren gegenüber den Besitzern und Leitern gewerblicher Anlagen.

Stuttgart, 18. Nov. Auf den Fürstlich Anhalt. Dessau'schen Jagden wurden dieser Tage unter anderem auch 60 Stück Schwarzwild geschossen, wovon eine große

Partie hierher kam und bei Sitzler an der Markthalle ausgehauen wird. In der Markthalle war heute viel Rehwild ange­boren. Keine Kahlköpfe, keine Perrücken und keine falschen Zöpie mehr! Nach einem in der Königsstraße ausgestellten Tableau erzeugt, wie ans den darin enthaltenen Photographien ersichtlich ist, die von William Lasso» erfundene HaaNinktur nach fünf- bis elimonatlichem Gebrauche, - in über­raschender Weise unfehlbar ganz schöne neue Haare in üppigster Fülle. Da be­kommen die Friseure, wen» die Tinkiur nicht in das Geniel des Humbuas gebürt, eine gewaltige Konkurrenz. Wie wär's, wenn vorläufig ein Mondscheinhaupt den Versuch machte, damit die andern nicht nnnölhigreinsallen?" (W. L)

Stuttgart, 17. Nov. Letzten Freilag wurde aus der kalb. Marienkirche von einem bis jetzt leider unentdeckien ruchlosen Individuum eine prächtige Decke der Komunikantenl'ank gestohlen. Sie war ein Geschenk der Tochter des KirchenrathS- direktors, Präsidenten v. Schmid; an den kunstvollen Stickereien halte die junge Spen- verin volle zwei Jahre gearbeitet. Es wäre iehr zu wünschen, daß der goltvergessine Dieb, der seinen Raub weder benützen noch verkaufen kann, entdeckt und exemplarisch bestraft würde. Während der Einweihungs- teierlichkeiten wurde einem Pfarrer aus Oberschmaben eine goldene Dose im Werthe von 200 Mark aus der Ueberzieherlasche heraus, wahrend der Firmung am Donner­stag einem hiesigen Beamten ein neuer sei- bener Schirm gestohlen.. (W. Ldz.)

Markgröningen, 16. Nov. Ein schreckliches Unglück trug sich am Freitag Abend hier zu. Aus einem Thurm der Stadlkirche hat nn Hochwächler seine Woh­nung. Der Frau desselben hatte der Wind ein zum Trocknen ausgehängtes Hemd auf das Kirchendach entführt. Sie juchte es wieder zu erlangen, indem sie durch eine Fensteröffnung auf das Dach. resp. in eine Dachrinne hinausstieg. Dort glitt sie aus, stürzte am Dach auf derörblichen Seite der Kirche hinab und von dort aus de» gepflasterten Kirchpiatz. - Sie wurde sofort in ihre Wohnung zurückgebracht, kannte dort auch noch über das ihr zugestoßene Unglück Bericht erstatten, starb aber dann ungefähr 2 Stunden nach ihrem Fall.

. ^ (S. M.)

Ulm, 13. Nov. Die Gesellschaiten in der Friedrichs«» haben im abgelauienen Sommer im ganzen 70300 Liter Bier ver­tilgt. Hiebei steht dieHundskomöoie" mit 32600 Liter obenan.

Aalen, 16. Nov. Der Besitzer des Kcllerhaiises" in der Nähe der Goldshöfe kam gestern Abend von der Jagd beim. Als er sein Gewebr abnahm, entlud sich die Ladung beider geladenen Läufe auf eine dis jetzt unbekannte Weise. Leider hatte der unglückliche Jagdliebhaber seine rechte Hand vorn am Gewehr, als dasselbe losging, und diese wurde ihm daher total zerschossen, so daß sie ihm abgenommen werden mußte. (N, T.)

Neuenbürg, 18. Nov. Wie leicht und jäh bei Fuhrwerken ein Unglück cin>- treten kann, zeigt ein solches, das letzten Samstag eine Familie in Schwann >n tiefes Leid versetzt hat. Der 22jährige