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Ich bitte Sie um Gotteswillen, mein Herr, verrathen Sie mich nicht!"

Ich bin gekommen. Sie zu retten!" sagte ich.Sie haben keinen Augenblick zu verlieren; machen Sie sich aus dem Staube!"

Aber wohin?" rief Selters und zog die Uhr.Es ist erst neun, wo soll den Tag zubringen, ohne von der Alten entdeckt zu werden ? Mad. Pfeffer hat Augen wie ein Luchs!"

Das Klügste wäre. Sie eilen sogleich nach dem Bahnhöfe, und verstecken sich bis zur Ankunst des nächsten Postznges in einem Scparatzimmer. Der Zug muß Nachmittags vorüberkomme». So bald Sie zu Hause angekommen, eilen Sie in einen Blumenkeller, kaufen das größte Bouquet und fahren nach der Wohnung Ihrer Braut . . . ."

Und dann? dann?" fragte Selters, und in seinen Mienen leuchtete es fröhlich auf.

Dann ziehen Sie heftig an der Klingel und äußern gegen das Gesinde die höchste Verwunderung, Ihre Elisabeth nicht zu Hause zu treffen. Sie könmen sogar den Ton einigen Unwillens anichlagen. Je dreister, um so bester! zeigen Sie sich ge­kränkt, so werden Sie Mad. Pfeffer im- poniren; noch rath- und wirksamer wäre es, wenn Sie beiden Damen von ihren Geschäften auf dem Flachlands" etwas mit- bringen könnten. Schwiegermütter und Bräute freuen sich auch über die unbedeu tendsten Geschenke. Allerdings ist die Aus wähl hier etwas beschränkt und heute oben ein Sonntag; strengen Sie indessen Ihren Scharfsinn an! Sie sind nicht umsonst Agent!

Während dieser freundschaftlichen Er­mahnung hatte sich Selters langsam von den Chören entfernt, wir befanden uns schon auf dem Wege nach dem Bahnhose. Der Agent warf zwar noch einen sehnsüch­tigen Blick auf die Sängerichaaren, aber er sah wohl ein. hier könne seines Bleibens nicht länger sein.Was werden Sie nun aber Mad. Pfeffer sagen ?" fragte Selters und blickte mir äußerst zweifelhaft ins Auge", geben Sie vor, mich nicht gesunden zu haben, so bleibt sie keine Minute länger in N ... und betrifft mich vielleicht gar um drei Uhr auf dem Babuhofe!"

Seien Sie unbesorgt, Herr Selters," beruhigte ich ihn,ich thue nichts halb, es wird unschuldige Mittel geben, Ihre gestrenge Frau Schwiegermutter bis zum Abende hinzuhalten, aber nur unter dem Versprechen der Besterung leiste ich Ihnen Beistand. Das Lied und den Volksgesang in Ehren! wenn das Vermögen in Ihre Hände kommt, werden Sie ernstere Dinge zu thun haben!"

Meine kurze Standrede machte einen günstigen Eindruck; Selkers rückte sogar seinen Hut zurecht. Er glich nicht mehr dem schiefen Thurm von Pisa, so trennten wir uns. Gegen Mittag kehrte ich in die Stadt zurück. Ich wage nicht zu unter­suchen , ob in Folge der wiederholten Anwendung des mitgenommenen wenigen Medikaments, oder des ihr durch den ver­stockten Schwiegersohn verursachten Kum­mers ; genug Mad. Pfeffer befand sich in emem Zustande von moralischer Auflösung.

Jede der Damen saß an einem besonderen Fenster. Der Meinungsaustausch zwische Mutier und Tochter mochte unstatthafte Dimensionen angenommen haben; Elisabeth hatte geweint. Bei meiner Ankunft richtete sich Mad. Pfeffer aus; sielegte die heitere Miene meines guten Gewissens: ein dem Gott der Ehe wohlgefälliges Werk gethan zu haben, zu Gunsten ihres verderblichen Planes aus.Nun, ist er da? haben Sie ihn aufgesunden?" rief die Mama.

(Schluß folgt.)

<L i n d e r h o f.

Das berühmte neue Bergschloß König Ludwigs II. von Bayern, welches im Stil Ludwigs XIV., nicht fern dem reizende» Starnberger See erbaut ist, hat schon so viel von sich reden gemacht, daß eine Be schreibung dieses Wunderbaus dem Leser von Interests sein dürfte. Die nachstehende Schilderung ist derFrankfurter Zeitung" entnommen. Der Berichterstatter machte von München aus einen Ausflug nach dem Schlosse König Ludwigs und beschreibt denselben wie folgt: Wir verlosten München vom Centralbahndofe aus auf der Starn­berger Bahnlinie, welche uns dem reizenden Starnberger See entlang nach Weilbeim führt und gelangen nach Mnrnau. Dies ist ein hübscher Marktflecken.

Die Straße zieht sich nun durch ein ziemlich großes Moor im Loisachthale aus­wärts, das bald von hohen Bergen eingeengt wird. Im Hintergründe des Thaies zeigt sich das Wettersteingebirge, links Heim- garlen, Kisten und Grottenkopf, rechts das Ettaler Mand!, eine aus dem Oberammcr- gauer Gebirge ansragende Felsempitze. An teilen Felsenwänden vorbei gelangen wir, begleitet von der schnell dabineilenden Loisach nach Oberau. Hier verlassen wir das Loisachthal und wandern auf der steil ansteigenden Straße nach Ettal

Haben wir den höchsten Punkt dieser Straße erreicht, so liegt vor uns mitten in grünen Wiesen am Fuße des Ettaler Mandls das Dorf Ettal. Die Straße senkt sich in das Ammerthal hinab. Wir lassen Oberammergau rechts liegen und wandern im Thale auswärts gegen Graswang zu.

Der Weg wird immer einsamer, da die Gegend wenig bewohnt ist. Hinter dem nur aus wenigen Häusern bestehenden Dorfe Graswang sehen mir uns links und rechts von bewaldeten Bergen eingeschloffen, aus denen einzelne Dolomite gespensterhast her­vorragen. Mir sehen weit und breit keine menschliche Wohnung mehr, die Gegend wird immer waldiger und die Stille nur hier und da von dem Gekrächze eines Raub­vogels unterbrochen. Umsonst sehen wir uns nach dem noch Vr Stunde entfernten Schlosse Linderhof um, es ist hiervon keine Spur zu entdecken.

Die Straße zieht sich im Thale fort durch jungen Föhrenwald. Wir überschrei­ten ein wildes Flußbett, dessen Gewässer einen großen Theil der Thalebene mit Geröll überdeckt hat, und gelangen in einen etwas löheren Föhrenwald, der uns hier und da einen Blick nach den noch im Sonnenschein 'chimmernden Felsspitzen der uns umgeben de» Berge vergönnt. Bei eintretender Fin

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sterniß erreichen wir in einer Lichtung des Waldes das Försterhaus.

(Fortsetzung folgt.)

Ein Mittel gegen die Blutlaus.

Von Hr. vr. E. Schaal, Chemiker in Stuttgart.

In einem Garten in Stuttgart zeigte sich seit mehreren Jahren die Blutlaus an einem Apfel-Spalierbaum. Die bisher dagegen angewendeten sehr zenraubende,, Mittel, wie: Abbürsten mit Kalkmilch, so­wie auch mit Petroleum hatten wenig ge­fruchtet und Letzteres im Gegentheil noch dem Baume geschadet. Es wurde deßhalb im vorigen Späijahr der Baum, dessen Äeste an der unteren Seile tief eingefrestene testen zeigten und der ein Aussehen hatte, als ob er mit Baumwolle überzogen wäre, zunächst einmal mit 40 Liter einer zwei­prozentigen Lösung von kalcinirter Soda ans einer Handspritze abgespritzt. Der Erfolg war sofort augenscheinlich: denn die Laus, welche sonst zerrieben rolh aussieht, war nun blau. Unvollkommen war a» dem Verfahren jedoch noch, daß sich die Zweige wegen des wach-artigen Ueberzugs der Rinde nur unvollständig benetzen ließe»; dieser Mißstand war aber sofort beseitigt, als das Wasser durch ausgebrauchte Seifen­brühe ersetzt wurde.

Die Seifenbrühe war frei von Soda und Pottasche und enthielt blos Proz. freies Alkali. Es wurde deshalb noch I Prozent kalcinirte Soda zugesetzt und der Baum nochmals von allen Seiten abge- pritzt. Einzelne nicht direkt getroffene Stellen wurden schließlich, als einige Tage später Negenwetter erntrat, durch das Ab- Ueßei, und Ausbreilen der klebrigen Lauge »och vollständig gereinigt.

Der Baum hat durchaus keinen Schaden gelitten; im Gegentheil sind die Knospen schön eiuwickell und die wunden Stelle» sind vernarbt. Wo keine kalcinirte Soda u haben ist, nehme man statt dieser das 2'/s lache an krystallrsirter Soda.

Gegen sonstige Blattläuse Hali Abspritzen mit einer 1 2 prozentiaen Lösung von chwefelleber. Der Vorsicht halber ver- uche man das Mittel bei zarten Pflanze» rst an einigen Blättern. Bei Topfpflanzen achte man darauf, daß die Lange nicht auf die Erde fällt. Man bedecke die Erde mit einem Lappen oder lege die Pflanze um.

(W. Wochenbl. f. Landw.)

Einen sehr primitiven G c- . ichtsbos hat Coleman Counly im Staate Texas. Der Richter sitzt auf einem Fasse, der Ankläger, die Geschworenen und Verlheidiger im Grase. Da ein Gesängniß nicht vorhanden ist, so werden blos Geld- und Peitschenstrasen dekretirt und, da von Appellation keine Rede ist, sofort exekutirt.

Frankfurter Course vom 20. Mai 1879.

Geldsorten. --L 80-Frankenstücke . .

Englische Souvereigns

Ruß. Imperiales Holland. 10 fl.-Stück Dukaten .... Dollars in Gold . ,

16 20-24

20 3540 16 71-76

545S 21-24

GoldkurS der Staatekastcnverwaltung vom 15. Mai 1879. 20-Frankenstücke . . 16 cM 18

Redaktion, Druck und Bering von Jak. M e e h in Neuenbürg.