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mern für Handelssache« errichtet werden, besetzt durch einen rechtsgelehrten und zwei kaufmännische Richter. Die Errichtung der­selben ist der Landesjustizbehörde anheim­gegeben, wenn ein Bedürfniß hiezu vorliegt, über welch' letztere Frage die K. Zentral, stelle eine Aeußerung abverlongt hat. Die hiesige Kammer ist schon im Jahr 1875 für die Beibehaltung der Handelsgerichte als im Interesse des Handelsstandes gelegen eingetreten und gab auch diesesmal ihre Aeußerung dahin ab, daß sie die Errich­tung vo» Kammern in Handelssachen bei jedem Landgericht für ein Bedürfniß er achte, denn wenn die Entscheidung von Handelsrechtsstreitigkeiten durch Kammern für Handelssachen im Interesse des Han- delsstandes gelegen ist, so ist die Errichtung solcher Kammern ohne Rücksicht auf die Zahl der auffallenden Prozeße überall ein Bedürfniß. Hat man einmal in ganz Deutschland ein gleiches Recht, so sollte man auch durchaus gleichartige richterliche Institutionen haben.

S t u t t g a r t, 28. April. Man schreibt derFrkf. Ztg." : Im Lause des nächsten MonaiS werbe» die Originalstücke der neue­sten 4'/, pCt. (1879.r) Würltemberger fertiggestellt und soll dann alsbald die Hinausgabe derselben gegen die bis jetzt umlaufenden JnterimSscheine erfolgen.

Stuttgart. 29. April. Die Ge- sammtzahl der zu Markt gebrachten Pferde (inkl. 425 Stück in Privatstallungen) be­ziffert sich nunmehr auf 1800 Stück. Der Verkauf geht nicht sehr lebhaft, doch sind dis jetzt 160 Verkäufe (von 1501400 -M) amtlich augezeigt. Es kommt vielleicht kaum der 3. Theil der wirklich abgeschlossenen Käufe zur Kenntniß der Marktbehörde, da, wie bekannt, eine Anzeigepflicht nicht be­steht. Die meisten Käufe werden eben aus Grund der Garantie abgeschlossen, welche das Gesetz bietet. Die Preise sind im Allgemeinen ziemlich hoch. Außer den ge­wöhnlichen Naff.-n, die jedes Jahr zu Markt gebracht werden, ist Heuer eine Anzahl russischer Pferde zu verzeichnen.

Heitbronn,2Z. April. Vergangene Nacht ist bei dem badischen Dorfe Has- mersheim der Schleppdampfer Nr. 2, wel­cher von Heilbronn nach Heidelberg fahren wollte und bei Hasmersheim übernachtete, gesunken. Die auf dem Schlepper über­nachtende Mannschaft konnte nur mit Notb das Leben retten. Die Ursache des Un­glücks ist noch nicht bekannt.

Heilbronn, 28. April. Der bei Haßmersheim gesunkene Kettendampfer Nr. 2 wurde gestern Mittag glücklich gehoben und ist ein Schaden weder am Schiffskörper noch an der Maschine zu beklagen.

Oberndorf, 21. April. Gestern kam, wie derR. V." berichtet, ein Knabe aus Winzeln mit einem Korbe auf den hiesigen Bahnhof, um ein neugeborenes Kind abzuholen, das seine Base, welche eine Woche zuvor in der Klinik zu Tübingen geboren hatte, mitbringen sollte. Die Wöchnerin kam jedoch mit dem Zuge nicht an und wollte der Knabe sich wiederheim­begeben. Da sah er auf dem Perron des Bahnhofs eine Frau, die ein Kind in einem Tragkisseu hatte, trat auf sie zu und fragte sie, ob dieses etwa das Kind sei, das nach

Winzeln kommen solle. Dir Frau bejahte sofort die Frage, legte das Kind in den Korb des Knaben und erbot sich, dasselbe och ein Stück weit zu tragen. Inzwischen gesellte sich zu den beiden ein Herr, der sich sodann nach kurzer Zeit mit der Fra» entfernte. Der Knabe trug sein Kindlein im Korde weiter und setzte es, auf der Höhe angekommen, bei einer Person aus Winzeln ab ; wie er aber nach Hause kam, weigerten sich die Seinigen, das Kind, das ihnen völlig unbekannt war, anzuuehmen und es ist inzwischen über die Frau, von welcher der Knabe das Kind erhielt, nichts mehr bekannt geworden.

Von der oberen Nagold, 24. April. Die Amtsversammlung in Nagold hat am 19. April neben anderen Beschlüssen auch den einer Kapitalaufnabme zu Straßen bauten gefaßt, wodurch mehrere Gemeinden des Oberamts nicht nur zu verbesserte» Verkehrswegen gelangen, sondern auch dem mittellosen Arbeiterstand erwünschter Ver dienst zugewendet wird.

Weit die Stadt, 26. April. Als gestern Mittag der Sägerknecht und der Müllerknecht aus der bei Merklingen ge legenen Säg- und Mahlmühle Niemenmühle genannt, die Stellsalle aufziehe» wollten, bemerkten sie im Wasser gerade ob derselbe" einen tobten menschlichen Körper. Nach Ablassen des Wassers stellle sich derselbe als die Leiche des Bauers Georg Wochele von Merklingen heraus. Heute fand die Legalinspektion statt.

Aalen, 28. April. In Wafferal- fingen werden seil einigen Tagen, nachdem vie hiezu nothmendigen Einrichtungen be­endigt sind, die für den eisernen Oberbau der Eisenbahn als Ersatz für die eichenen und tannenen Schwellen (etterne Lang­schwellen nach dem System Hilf) nothwen- digen Bestandtheile, wie wir hören in durch­aus befriedigender Weise fabnzirt, wodurch der Betrieb eine» höchst erfreulichen Auf­schwung zu nehmen verspricht.

Wildbad, 29. April. Als Weltbad ist Wildbad an hohe Besuche gewöhnt, und wiegt sich beim Herannahen der Saison gerne in Hoffnung dieses oder jenes Kuran­den von Distinktion; was Wunder, wenn ein richtiger Wildbader einmal seinen Traum in superlative Wirklichkeit treten läßt, wie es jüngst geschehen und zur Abwechslung Allerhöchsten Besuch erwartet, nämlich den geliebten Landesherrn selbst. Welch' er­höhte Freude und Begeisterung, Leben, Bewegung und Berathung, um in würdigstem Empfang die loyalen Gesinnungen zu offen­baren; kurz es ist, als ob ein elektrischer Funke einen Ameisenbau berührt hätte. Aber siehe da, wies einem just passiren kann; die Sache löst sich auf als holder Traum. Irgend ein Telegramm spricht von einem König" der da kommt. Nun Könige gibt es viele, nicht aber viele Majestäten und so macht ein drolliges Mißverständniß oder die geschäftige Fama eine Majestät dazu. Nicht Hr. Frankel allein kann sich täu­schen, auch ein guter Wildbader mag Ueber- raschungen begegnen, und so haben wir heutegetäuschte Königsnähe" aäröldren- <lum zu nehmen. Indessen was der Mensch hofft, glaubt er gerne und was nicht ist, kann ja noch werden. So ein

kleines Exercitium hat dann jedenfalls auch sein Gutes.

Neuenbürg, 29. April. Es bietet einen besondern Reiz, die erwachte Natur in den lieblichen Thälern des EnzthaleS zu belauschen und gegenwärtig u. A. von hier ab an dem angelegten Blütenkleide der Kirfchenbäume des untern Amtes vor- überzuschwetfen, und so möckten wir nicht unterlassen, große und kleine Touristen z. B. auf die Route Arnbach, Ottenhausen, Nie­belsbach, Grafen- und Obernhausen oder umgekehrt, aufmerksam zu mache». Hat man von hier ob die nicht allzubeschwcr- liche, auf verschiedenen Passagen zu errei­chende Steigung überwunden, bieten sich den Blicken vor- oder rückwärts lohnende Landscha'tsbilder mit abwechselndem Pano- cama. Aus denn, ihr Städter von nah und fern, erfreuet, genießet und erlabt euch an dem köstlichen Blütenduft. Wir wollen kosten, die Sonne werde doch bald den Wolkenschleier dauernd durchbrechen. Ausland.

In Liverpol sind 1000 aus Genua angekommcne Säcke mit Reismehl konfiszirl worden, da dasselbe sich zum größten Theile als pulverisirtcr Marmor erwies.

Miszellen.

^Kurzgebuuden.j DasBerl. Tgbl." schreibt aus Berlin: Es ist eine hinreichend molioirte Anordnung der Schulbehörden, daß di« den Schülern erlheilten Zensuren von dem Vater des Empfängers zu unter­schreiben und dem Lebrer wieder vorzu- legen sind. Dies geschah auch in den Berliner Gemeindeschulen. Die meisten der qu. Zeugnisse tragen die einfache Unter­schrift, einige sindmit Vergnügen gelesen", von anderen istKenntniß genommen". Wir überlassen »»fern Lesern die kühnsten Schlüsse auf Vater, Schüler und Zensur, wenn wir mittheilen, daß eine der letzteren in kräftigen Zügen die Worte enthielt:Berlin den 30. März 1879. August H . . . . Gelejen und gewichst."

Interessante Reminiscenz:

Schill und Napoleon. Der Major v. Schill hatte vor der Belagerung von Colberg von de» Franzosen vier schöne Pferde erbeutet, die für den Kaiser Napoleon bestimmt waren. Napoleon bot ihm schrift­lich pro Pferd 1000 Thaler Vergnügung, adressirte aber:Au den Rauberhauplmann Schill !" Der wackere Major antwortete:

Mein Herr Bruder!

Daß ich Ihnen 4 Pierde genommen, macht mir um so mehr Vergnügen, da ich aus Ihrem Briefe ersehe, daß Sie einen hohen Werth darauf setzen. Gegen die an­geborenen 4000 Thaler kann ich sie nicht zurückgeben. Wollen Sie aber die vier Pferde, welche Sie vom Brandenburger Thor in Berlin weggestohlen haben, zurück­geben, so stehen die Ihrigen unentgeltlich zu Diensten. Schill.

Juni nehmen sämmtliche Poststellen, im Bezirk auch durch die Postboten, Bestellungen auf

den Enzthaier

zu des Quartalpreises an.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh, Neuenbürg.