äs 11«. Amts-

und Anzeigeökatl für den Bezirk Kal'w. 74. Jahrgang.

«erschein« Dienstags, Donnerstags nnd Samstag». Dt« «inrückungsgebilhr betrügt im Bezirk und in nächster Umgebung S Psg. die Zeile, weiter entfernt IL Pfg.

Samstag, den 30. September 1899.

Vierteljährlicher Abonnementipieis in der Stadt Mk. l.1<» in» Haus gebracht, Mk. I. IS durch die Post bezogen im Bezirk, Außer Bezirk Mk. 1. SS.

Lagesmuigkeite«.

** Calw, 29. Sept. Unter dem Vorsitze deS Beznksschulinspektors, Herrn Stadtpfarrer Schmid, fand gestern im Vereinshause die Bezirksschul­versammlung statt. Dem Rechenschaftsbericht ist zu entnehmen, daß im Schulbezirk Calw 70 Volks­schulklaffen sind, die von 58 ständigen und 12 un­ständigen Lehrern versehen werden. Die Schülerzahl beträgt im ganzen 4137, gegen daS Vorjahr eine Zunahme von 23 Schülern, gegen 1889 immer noch ein Weniger von 611 Schülern. Auf einen Lehrer kommen 69 Schüler; in der stärksten Schulklaffe (Altburg) sind über 100 Schüler, in der schwächsten (Gaugenwald) 18. In 5 Klaffen sind 91100, in 8 Klaffen 81-90, in 7 Klaffen 71-80 Schüler. Ja 33 Klaffen wird Abteilungsunterricht erteilt. Der Visitationsbefund war bezüglich der Kenntnisse und Zucht ein guter. Die Schuleinrichtungen lassen man­cherorts noch viel zu wünschen übrig. Der Hand­fertigkeitsunterricht liegt auf dem Lande oft noch im Argen; es fehlt meist an ordentlicher Bezahlung und darum auch an geeigneten Lehrerinnen. Im Laufe des nächsten Jahres soll in Calw ein Kurs für Heranbildung von Arbeitslehrerinnen stattfinden. Eine längere Erörterung gab eS betreffs der Schulreinigung. Ein Erlaß vom Kgl. Obsramt schaffte zwar in den meisten Gemeinden des Bezirks «ine Besserung in dieser Sache; Loch läßt die Reinigung der Schullokale noch an manchen Orten zu wünschen übrig. In ein­zelnen Gemeinden kam der Erlaß des Oberamts der OrtSschulbehörde gar nicht zu Gesicht. Ein Referat über »Landwirtschaftliche Winterabende" zeigte, in welcher Weise der Lehrer auf dem Lande auch auf Erwachsene belehrend einwirken könne. Wenn der Lehrer nicht selbst praktischer Landwirt sei, so möge

er aber mit theoretischen Belehrungen recht vorsichtig sein, sonst schade er sich selbst. Der als Gast an­wesende Herr Oberamtmann Voelter empfahl den Lehrern aufs wärmste,Landwirtschaftliche Winter­abende" abzuhalten und erbot sich, die Lehrer in jeder Hinsicht, namentlich aber zur Anschaffung geeigneter Ortslesebibliolhekm zu unterstützen. Bei gutem Willen zeige trotz vieler Hindernisse die Sache gewiß einen schönen Erfolg, wie daS die Orte Zwerenberg und LiebelSberg deutlich zeigen, welch letztere Orte auch durch L-Hrer sehr gehoben worden seien. Das obligate Essen fand im Waldhorn statt.

Calw, 29. Sept. Wir waren in de? Lage in Nr. 114 d. Bl. daS vom Ausschuß des Landesverbandes der württ. Gewerbe - vereine für den am 30. Sept., 1. und 2. Okt. d. IS. dahier stattfindenden 41. Verbandstag entworfene Programm milzuteilen. Wie wir hören laufen die Anmeldungen auswärtiger Teilnehmer recht zahlreich ein und dürfen immerhin einige Hundert Gäste für den Haupttag Sonntag hier zu erwarten sein. Außer den Vertretern der K. Staatsregierung werden wohl sämtliche Gewerbe­vereine des Landes durch Abgesandte vertreten sein und wird ein größerer T eil derselben schon Samstags hier eintrrffen. Um diesen Gästen Unterhaltung zu verschaffen und gleichzeitig auch das 50jährige Jubiläum des hiesigen Gewerbever­eins, daS dem Landesausschuß überhaupt Ver­anlassung gab, den heurigen Verbandstag hier abzu­halten, würdig zu feiern, findet am SamStag abend von 8 Uhr an für die Gäste, die Mit­glieder des hiesigen Gewerbevereins und ihre Frauen sowie die zum Feste noch besonders Geladenen in der Dreiß 'schen Brauerei einBankett statt. Außer den offiziellen Begrüßungsreden und den Vorträgen

der Stadtkapelle und des Liederkranzcs, der seine Beteiligung in dankenswerter Weise zugesagt hat, besteht das Programm für diesen Abend noch in dem Willkommgruß zweier Schwarzwälder-Kinder, 1 hübschen Theaterstück und 3 lebenden Bildern, so daß auch »ach dieser Seite ein gelungener Verlauf des Festes zu erhoffen ist. ES ist zu wünschen, daß dis hiesigen Einwohner durch allgemeine Beflaggung der Häuser ihrer Teilnahme an den edlen und nütz­lichen Bestrebungen der Gewerbevereine auch äußer­lichen Ausdruck geben.

sAmtlicheS aus dem Staatsanzeiger.s Se. König!. Majestät haben vermöge aller­höchster Entschließung vom 27. September den Ober­amtmännern Regierungsrat Münst in LudwigSburg, Krauß in Leonberg, Voelter in Calw und Grieb in Vaihingen die erbetene Erlaubnis zur Annahme und Anlegung des ihnen von Seiner Maje­stät dem Deutschen Kaiser und König von Preußen verliehenen Roten AdlerordenS vierter Klaffe in Gnaden erteilt.

Stuttgart, 28. Sept. Der Lebens­mitt elmarkt war gut besucht. Die Preise für Trauben sind gewichen; ein Postkistchen Trauben, weißes Gewächs mit schwarzem vermischt, kostete seit Wochen 2 50 A heute noch 2 40 iZ. Die

Ware ist sehr schön. Nicht minder schön sind die Pfirsiche; eS stellt sich aber ein Uebelstand beim Trans­port derselben heraus, wie bei den Orangen. Diese Früchte vertragen den Transport nicht, sobald sie vollreif find, selbst wenn sie noch so sorgfältig in Seidepapier und in Papierspähne verpackt sind. Der Preis der Pfälzer und anderer Trauben bewegt sich zwischen 3040 -H, Pfirsiche 6080 Riesig groß find die ital. Quitten; sie fallen schwer inS

^ L 5 ^ 6 E O LL. Nachdruck »erboten.

Kaiderösche».

Erzählung von Karl Zastrow.

(Fortsetzung.)

UnterdeS war auch der Förster Rose herbeigekommen und sah mit Er­staunen, wie Alles um den Backofen beschäftigt war.Dem Dinge habe ich nie getraut," sagte er bedächtig,Auffälliges aber daran nicht bemerkt. Nun, wir werden ja sehen."

Dir Signale hatten die Träger der Werkzeuge herbeigerufen, und eifrig war Alles bemüht, das Bauwerk niederzureißen. Plötzlich fiel von einer Spitz­hacke h »abgerissen, ein mächtiges Rasenstück zu Boden. Gleichzeitig aber fuhr ein Schuß donnernd aus der Oeffaung, und schwer an der Schulter verwundet, stürzte der kühne Soldat, welcher den Versuch gewagt hatte in daS Innere des Backofens hinabzusteigen, und fiel bewußtlos seinen Kameraden in die Arme.

Aber jetzt entstand ein furchtbares Getümmel. Mit einer wahren Wut riffen die auf das Aeußerste empörten Soldaten die Oeffnung so weit»auf, daß die ganz« Gestalt sichtbar wurde. Der Wilddieb hatte das Doppelgewehr ange­legt, und wollt« eben zu einem zweiten Schuß abdrücken, als einer der Soldaten ihm mit seinem Spaten die Mordwaffe aus der Hand schlug. Zehn andere waren bereit, ihn herauszuziehen. Die ergrimmten Krieger packten ihn am Kragen, würgten ihn und konnte« nur mit Mühe durch die Vorgesetzten von Tätlich­keiten zurückgehalten werde». Der wutschäumende Wilddieb bot einen grauener­regenden Anblick dar. Kreideweiß im Gesicht und mit dm Zähnen knirschend, glich er mit den unheimlich glühenden Augen einem verwundeten wilden Tiere.

Er schlug mit den Händen und Füßen so heftig um sich, daß die Soldaten Mühe hatten, ihn zu bewältigen. Bald jedoch war er gefeffelt. Ein Bauernwagen war inzwischen auS dem nächsten Dorfe herbeigeholt worden. Darauf setzte man den Gefangenen. Zehn Mann wurde als Wache auf daS Fuhrwerk postirt, und dann ging eS im vollen Galopp der Stadt entgegen, während der Führer das Signal zum Sammeln blasen und den Trupp zur Heimkehr antreten ließ.

Mit einem Gefühl herzinniger Freude, wie er eS lange nicht gekannt, be­gab sich Förster Rose nach Hause.Mutter I" rief er, als er in das Zimmer trat,danke dem lieben Gott, wir werden unfern Fritz wieder erhalten! ES ist uns endlich gelungen, den Wilddieb abzufaffen, der allem Anschein nach den Blaffer erschossen hat. In diesem Augenblick sitzt er vielleicht schon hinter Schloß und Riegel, und unser armer Fritz ist frei."

Gott sei gelobt!" rief die Mutter mit einer Thräne im Auge,und Haideröschen?"

Kehrt auch zu uns zurück," sagte der Vater freudig,die Vorkehrungen hierzu sind bereits getroffen."

Ungefähr eine Woche nach diesen Vorfällen trat der Gefangenen-Aufseher in die kleine Zelle, welche dem jungen Rose zum Aufenthalt diente.Herr Rose I" sagte er mit einem gewissen achtungsvollen Benehmen,Sie sollen nun zu Ihrem Verhör kommen. Der Wagen wartet bereits auf Sie."

Ich bin bereit," sagte der junge Mann mit einem wehmütigen Lächeln, eS wird nicht lange dauern, denn viel zu sagen habe ich nicht." Er fuhr nach diesen Worten mit der Hand ordnend durch sein Haar, ergriff seinen Hut und schickte sich nach einem prüfenden Blick in den kleinen Spiegel an, dem Auf­seher zu folgen. Zwei Polizeibeamte nahmen an der Seite des jungen Manne« in dem Wagen Platz, der nun m raschem Trabe «ach dem Polizeigebäude fuhr.