Deutschland.

B e r l i n, 16. Dez. Der für die Dauer des Jahres 1879 vereinbarte deuttch- ö st reichliche Handelsvertrag ist heute im Auswärtigen Amte unterzeichnet worden.

Berlin, 16. Del. Es bestätigt sich, daß die Rede des Ministers Falk, wie daran vernünsliger Weise von vornherein nicht gezweifen werden konnte, mit den Ab­sichten übereinstimmte, die in maßgebenden Kreisen vorherrschen. Wie glaubwürdig verlautet, wurde kürzlich an hoher Stelle geäußert, ein inoclus vivoncii mit dem Va, tikan, welcher die Rechte des Staates nicht gefährde, sei allerdings wünschenSwerlh, aber eine Abschaffung der Maigesetze, wie sie das Zentrum verlange, könne nicht stall- finden. Tas stimmt also mit der wesent­lichen Richtung der Falk'schen Rede überein.

(S. M.)

Württemberg.

Der St. Anz. veröffentlicht folgende Urkunde: Olga, Königin von Württemberg. Nachdem M'.r Mein vielgeliebter Gemahl, Seine Majestät der König Karl von Württemberg, nach höchst Seinem Regierungsantritt im Jahre 1864 das Protektorat über dasCalharinenstift" zu übertragen geruht hat, und von jener Zeit an bis znm Jahre 1873 die Frequenz dieser Anstalt von 360 ans 910 Schü­lerinnen gestiegen ist, habe Ich Mich unter Zustimmung S. Majestät im März des letztgenannten Jahres bewogen gesunden, zur Verminderung der übergroßen Kinder­zahl jenes Instituts eine neue höhere Mäd» chenschule zu gründen, welche, ohne daß vorerst ein Pensionat damit verbunden worden ist, im Uebrigen nach den Grund­sätzen des Catharinenstists eingerichtet, den Unterrichtsbedürfnissen weiterer Familien aus den höheren und witteren Ständen anderer Stadtiheile zu dienen bestimmt ist. Nachdem ferner auch dieses neue, am 27. Okl. 1873 eröffnete Institut in de» vier Jahren seines Bestehens so günstig sich entwickelt hat, daß nicht nur allmählig sammtliche, zum vollständigen Schulorganis­mus nöthigen, neuen Altersklassen aufge­stellt werden konnten, sondern auch die Zahl der Schülerinnen auf mehr als 360 gewachsen ist, so habe Ich Mich entschlos­sen, für diese neue Anstalt, welche bisher in einem Miethlokale untergebracht war, einen eigenen Bau in dem westlichen Stadt- theil, in der Johannesstraße errichten zu lassen. Und im dankbaren Rückblick auf den Segen, welchen der gütige Gott aus beide genannten Institute gelegt hat, fühle Ich Mich gedrungen, zu den Kosten dieses Werkes eine Summe aus Meiner Privat- kaffe zu geben. Demgemäß bestimme und stifte Ich zu diesem Zweck den Betrag von c/L 200,000 (Zweimalhnnderttauseud Mark). Möchte die junge Anstalt, welche fortan den NamenOlgastift" tragen soll, unter dem Segen Gottes auch ferner ge­deihen. Gegeben kraft Meiner Unterschrift. Friedrichshasen, den 25. Oktober '1877.

Olga.

^ In der Sitzung v. 16. Dezbr. begann und beendete die Kammer der Abgeordneten die Berathung des Ausführungsgesetzes zur Neichs-Strasprozeßordnung. Nur über die Frage, ob öffentlichen Dienern, die nicht unter das Beamtengesetz falle», insbesondere bei Gemeindebeamlen, gegen die von der Vorgesetzten Behörde ausgesprochene Sus­pension ein besonderes Beschwerderecht mit oder ohne ausschiebende Wirkung zustehen solle, fand eine längere Debatte statt, die mit der Entscheidung im letzteren Sinne endet. Das Gesetz wurde schließlich ein­stimmig angenommen.

Arbeitsbücher und Arbeits­karten. Vom I. Januar 1879 ab muffen »ach dem Neichsgesetz vom 17. Juli 1878 über die Abänderung der Gewerbeoronung sämmtliche aus der Volksschule entlassenen gewerblichen Arbeiter unter 21 Jahren ohne Unterschieb des Geschlechts im Besitz eines Arbeitsbuches sein, und zwar auch diejenigen, welche vorher schon in Ar beit gestanden haben. Ob die Arbeiter ausdrücklich als Gesellen, Gehilfen, Lehr­linge oder Fabrikarbeiter angenommen sind oder nur thatsächlich a!s solche beschäftigt werden, ob sie von Handwerkern oder von größeren Gewerbe-Unternehmern angenom- men, ob sie in deren Behausung, in Werk­stätten, Fabriken, im Freien rc. arbeiten, ist unerheblich. Eines Arbeitsbuches be­dürfen nicht: I) Arbeiter unter 14 Jahren, 2) Gehilfen und Lehrlinge in Apotheken und Handelsgeschäften, 3) Kinder, welche für ihre Eltern arbeiten und zwar nicht aus Grund eines Arbeitsoertrags, 4) Dienst­boten, 5) gewöhnliche Taglöhner und Hand­arbeiter für Arbeiten, die auch außerhalb des Gewerbes Vorkommen; 6) Angestellte in gewerblichen Betrieben, also Geschäfts­führer, Buchhalter, Werkmeister u. dgl. Das Arbeitsbuch wird von der Ortspolizei­behörde des letzten dauernden Aufenthalts­orts kostenfrei ausgestellt aus Antrag oder mit Zustimmung des Vaters oder Vormunds. Ist die Erklärung des Vaters nicht beizu­schaffen, so kann die Gemeindebehörde des­jenigen Orts, wo der Arbeiter seinen letzten dauernden Aufenthalt gehabt hat, die Zu­stimmung desselben ergänzen. Ebenso ist die Erfüllung der Lolksschulpflicht nachzu­weisen. In das Arbeitsbuch wird die Zeit des Eintritts, Art der Beschäftigung, Zeit des Austritts durch den Arbeitgeber ein­getragen. Unzulässig ist die Anbringung von Merkmalen, welche eine günstige oder nachtheilige Prädizirung des Inhabers be- zwecken, oder die Eintragung eines Unheils über die Führung oder die Leistungen des Arbeiters; dagegen muß dem Arbeiter auf Verlangen ein Zeugniß über seine Führung ausgestellt werden. Ferner muffen vom I. Jan. 1879 ab Kinder im Aller von 1214 Jahren, welche in Fabriken, Werk­stätten, in deren Betrieb eine regelmäßige Benützung von Dampskraft statifindet, mit Arbeitskarten versehen sein. Eines Arbeitsbuches daneben bedarf cS nicht. Die Karten werden in ähnlicher Wesse wie die Arbeitsbücher von der Ortspolizeibehörde ausgestellt. Endlich verdienen aus dem neuen Gesetz noch besonders hervorgehoben zu werden die Bestimmungen, daß Arbeitgeber, welche

einen Gesellen oder Gehilfen verleiten, vor rechtmäßiger Beendigung des Arbeitsver» hältnisses die Arbeit zu verlassen, oder welche solche Gesellen oder Gehilfen annehmen, dem früheren Arbeitgeber für den dadurch entstehenden Schaden als Selbstschuldner mitverhasten, daß bei Lehrlingen, welche gesetzwidrig die Lehre verlassen haben, ein polizeiliches Zwangsrecht auf Rückkehr nur dann geltend gemacht werden kann, wenn der Lehrvegtrag schriftlich geschlossen ist.

Zuffenhausen, 17. Dez. Heule Nacht gegen 2 Uhr ist von dem hiesigen Nachtwächter ein mit zwei Pferden bespann­ter Wagen aufgehalteß worden, weil kein Fuhrmann bei demselben war. Der Wagen ist mit Leder beladen und repräsenlirt einen ansehnlichen Werth.

Schorndorf den 16. Dez. Welche Vorsicht bei dem Umgang mit Spirituosen erforderlich ist, hat sich kürzlich bei einem mit der Herstellung von Kinderspielwaaren beschäftigten Dreher der hiesigen Stadt ge­zeigt, welcher einen mit etwa 2 Liter Lack gefüllten Krug zu lange der Wärme auf dem Ofen seiner Werkstatt ausgesetzt halte. Die Gase schlugen den Propf des Gefäßes heraus, zertrümmerten ein Fenster der Werk­statt und brachten dem wackeren Handwerks­mann verschiedene nicht unerhebliche Brand­wunden bei.

Nagold, 16. Dez. Gestern Abend nach 6 Uhr entstand in unserer Stadt Feuerlärm und fast zu gleicher Zeit schlug die Lohe zum Himmel empor als weithin sichtbares Feuerzeichen. In einer mit aller­lei Vorrätben gefüllten Scheune des Bäcker­meisters R., unweit des Rathhauses, im enggebauten alten Stadttheil, wie man Hört zuerst im Holzstall, war Feuer ausgebrochen, das sich mit rasender Schnelligkeit auf einige unmittelbar angebaute Scheunen verbreitete, so daß die herbeieilende Feuerwehr ein schweres Stück Arbeit hatte. Auf der einen Seite gelang eS zwar, das Feuer zu be­schränken und namentlich eine hart anstoßende weitere Scheune zu erhalten, aber dafür dehnten sich die Flammen, eine Zeit lang auch von einer leichten Luftströmung be­günstigt, nach der anderen Seite aus und erfaßten eine Reihe von großen ebenfalls zusammengebauten Wohnhäusern. Eine Zeit lang war erhebliche Gefahr für die Apotheke, eines der größten Gebäude der Stadt. Nur mit Hilfe der vereinten Kräfte von '7 Feuerwehren und 8 Löschmannschaften (die Calwer Feuerwehr war mit Extrazug hie- hergeeili) und der unermüdlichen Thätig- keit der weiblichen Dienstboten durch Her­beischaffung von Wasser gelang es. gegen Mitternacht des Feuers so weit Herr zu werden, daß eine Weiterverbreitung nicht mehr zu befürchten war. aber 6 stattliche Häuser und 5 Scheunen sind heute nur noch ein rauchender Schutthaufen, einige angrenzende Wohnungen durch Wasser arg beschädigt. Warme Anerkennung verdient die angestrengte Thätigkeit der hiesigen und auswärtigen Löschmannschaften, die die ganze Nacht fast unausgesetzt alle Kräfte zur Be­siegung des Feuers anspannen mußten. Die Stadtgemeinde Nagold dürste sich durch solche Vorkommnisse wohl hewogen fühlen, der bei uns nicht schwierig zu lösenden