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Amts- und Anzeigevlatt für den Bezirk Gatw.
74. Jahrgang.
ErscheintDi-nitaaS, Donnerstag» und Samstag». Die Etnrückungigebuhr betrügt im Bezirk und in nächster Umgebung » Pfg. die Zeile, weiter entfernt ir Pfg.
Amtliche Aekanntmachungeu.
Verfügung des K. Ministeriums des Innern, betreffend die Einberufung der Rekruten im Friede« ohne vorherige Sammlung bei de» BezirkSkommand o 8.
Vom 1. September 1899. Nr. 13 050.
Im Anschluß an den Vorgang in Preußen werden auch im Bereich des XIII. (K Württ.) Armeekorps diejenigen Rekruten, welche im Bezirk dieses KorpS ausgehoben und in Tiuppenteile des letzteren einzustellrn sind, im Frieden versuchsweise, ohne vorherige Sammlung bei den BezirkSkom- mandoS unmittelbar zu ihren Truppenteilen einberufen werden.
I Au» den Hiewegen militärischerseit» getroffenen näheren Bestimmungen ist nachsteh indes hrrvorzuheben.
1) Der Versuch kommt im ganzen Bezirk de» XIII. (K. Württ) Armeekorps zur Durchführung. Derselbe findet jedoch keine Anwendung, eS bleidt vielmehr diesfalls bei dem bisherigen Verfahren, bezüglich der Rekruten und Freiwilligen des 8. Württ. Infanterieregiments Nr. 126 in Straßburg und des Württ Telegraphendrtachement« in Berlin, sowie bezüglich der bei württembergi- schen B-zirkskommandos in Zwischenkontrolle befindlichen Rekruten.
S) Bezüglich der ärztlichen Untersuchung der einbe- rufenen Rekruten ist lediglich nach den auf der Rückseite de» Gestellungsbefehls angegebenen Erläuterungen Ziffer 1 *) zu verfahren. Eine ärzt-
*) Diese Erläuterungen besagen:
Kann der Gestellungsbefehl wegen Marsch Unfähigkeit infolge von Krankheit nicht befolgt werden, so ist ein von der Ortsbehörde beglaubigtes ärztliches Zeugnis durch Vermittlung der letzteren dem Bezirkskommando rechtzeitig vorzulegen.
Ferner find alle nach der Aushebung etwa ein-
Dienstag, den 19. September 1899.
liche Untersuchung im BezirkSstabSquartier oder der nächstgelegenen Garnison findet also nicht statt.
3) Die Gestellungsbefehle sind von den Bezirks- kommandoS gegen Quittung an die Gemeinde zur weiteren Aushändigung an die Einzuberufenden zu übergeben und zwar für die zum 3. bezw. 4. Okwb-r Einzuberufenden so zeitig, daß sie bis zum 15. September, für die zum 12. Oktober Einzuberufenden so zeitig, daß sie bi» zum 25. September in Händen der Einzube- rufenden sind. Die Gemeinden werden dann in der Lage sein, etwaig« Zweifel wegen der Marsch- gebührnifss rechtzeitig durch Anfrage bei den Bezirkskommandos zu beheben. Die Auszahlung der Marschgebührniffe hat möglichst kurz vo: Abgang der Mannschaften zu erfolgen.
4) Die Abfindung der Rekruten für den Marsch vom Aufenthaltsort zum Gestellungsort erfolgt gemäß der MarschgebührniSvorschrift **) entweder 3.) durch die Gemeindepflege und zwar, wofern
der GestellungSort in der Marschgeldertabelle verzeichnet ist, auf Grund der letzteren, andernfalls nach den von den BezirkSkommandoS auf
getretenen Gebrechen wie z.B. „Verlust eines Gliedes, schwerer Knochenbruch rc." in gleicher Weise dem Bezirkskommando zu melden.
**) Die auf die Verpflichtungen der Gemeinden sich beziehenden Bestimmungen der MarschgebührniS- vorschrist sind durch die Ministerialverfügung vom 13. März 1887 (Reg.-Bl. Nr. 8 S- 68). bekannt gegeben worden. Ein Exemplar der bezeichneten Nummer des Regierungsblatts wurde seinerzeit jeder Gemeindepflege überwiesen und muß gemäß den ergangenen Weisungen die durch die Ministerialverfügungen vom 12. August 1887 (Reg.-Bl. S. 323), 21. Februar und 20. Mai 1889 (Reg.-Bl. S. 37 und 188), 14. Mai 1890 (Reg.-Bl. S. 89) und 4. Juli 1895 (Reg.-Bl. S. 221) veröffentlichten Aenderungen enthalten. Desgleichen wurde seinerzeit jeder Gemeindepflege eine Marschgeldertabclle zugefertigt.
Bierteljührticher AbonnementSprei» in der Stobt Mk. 1.10 in» Hau» gebracht, MI. I. IS durch die Post bezogen im Bezirk. Außer Bezirk Mk. 1. SS.
den Gestellungsbefehlen vermerkten Beträgen, oder
d) durch das Bezirkskommando, wofern der Aufenthaltsort dds Einberufenen und der Sitz deS BezirkSkommandoS zusammenfallen, o) Wegen der militärischen Ueberwachung der einzuberufenden Mannschaften auf den Bahnhöfen bi» zur Abfahrt der betreffenden Züge ist nach 8 31, 7 *) letzter Absatz der Militär- TranSportordnung zu verfahren. Soweit Garnisonorte nicht in Frage kommen, ist mit der Zivilbehörde die Gestellung von Polizeibeamten beziehungsweise Gendarmen behuf» Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung zu vereinbaren.
II. Die Staats- und Gemeindebehörden deS Departements des Innern werden angewiesen, bei Ausführung des vorbrzeichneten Versuchs in ihrem GsschäftSkreiS mitzuwirken. Insbesondere haben die Ortsbehörden die von ihnen beglaubigten ärztlichen
*) 8 81 Ziffer 7 der Militär-Transport-Ordnung (Reichs-Gesetzblatt von 1899 Seite 16) lautet:
7. Steht bei umfangreicheren Einberufungen, Entlastungen oder Beurlaubungen die gleichzeitige Beförderung einer großen Zahl einzelner Mannschaften mit der Eisenbahn in Aussicht, so ist von der zuständigen Militärbehörde, der Tag und thunlichst auch die Tageszeit dieser Beförderungen mit Angabe der annähernden Zahl der Mannschaften und der Fahrrichtung dem Bahnbevollmächtigten (8 15, 2), in dessen Bezirke die Vcrsamm- lungSstation (bei Einberufungen) oder die Abfahrtsstation (bei Entlastungen — s. bes. Best. z. Militrf. zu I Ziff. (2) — oder bei Beurlaubungen) liegt, möglichst frühzeitig. in der Regel 5 Tage vorher mitzuteilcn. Bei Beurlaubungen dieser Art empfiehlt sich gleichzeitig die Angabe der Gegend, wohin die Mannschaften beurlaubt werden, sowie der durchschnittlichen Dauer des Urlaubs.
In solchen Fällen muß eine militärische Ueber- wachung der Mannschaften auf den Bahnhöfen bis zur Abfahrt der betreffenden Züge stattfinden.
^ ^ 1 ^ ^ nl 9 ^1. Nachdruck verboten.
Kaiderösche«.
Erzählung von Karl Zastrow.
(Fortsetzung.)
Er lud die Schwester ein, auf dem kleinen Schemel Platz zu nehmen, welcher sich in dem Gemache befand, dann begann er folgendermaßen:
„Du warst noch ein kleine» Kind, al« ich daS Vaterhaus verließ, um meine Studien im höheren Forstfache bei der Forstakademie in L. zu machen. Die dort studierenden jungen Leute gehörten den verschiedensten Klaffen der Gesellschaft an. Dennoch wäre ich, der ich von Natur zurückhaltend bin, und an lärmenden Zerstreuungen wenig Geschmack finde, vielleicht ohne jeden Umgang geblieben, wenn sich nicht einer meiner College», der mehrere Jahre älter wie ich und Sohn einer Witwe war, in einigermaßen freundschaftlicher Beziehung mir angeschloffen hätte. Wir waren un» nur in Bezug auf eine gewiss« Zurückhaltung und Einseitigkeit de» Charakter» ähnlich, in unseren sonstigen Gesinnungen und Grundsätzen aber himmelweit verschieden von einander. Doch zogen mich seine Kenntnisse und Erfahrungen in dem Fache, welchem ich mich gewidmet hatte, immer wieder zu ihm hin. Eine gewiss« Rauhheit und Schroffheit, di« seinem Wesen eigen war, sowie di« Lust, Händel anzustiften, hielt die College» von ihm fern, und die» war wohl der hauptsächlichste Umstand, der ihn bewog, meinen Umgang zu suchen. Die» hatte zur Folge, daß man mich bald ebenso mied, wie ihn. Doch beachtete ich die Zurückhaltung meiner College« weniger, da ich meine Zeit mit ernsten Studien ausfüllte und nur darauf bedacht war, mein Examen so glänzend wie möglich zu bestehen. Eine» Abend», al» ich, in die Lektüre von
Cotta's vortrefflicher Anweisung zum Waldbau vertieft, in meinem Stübchen sitze, klopft eS fast ungestüm an die Thüre und auf mein Herein trat Willibald in das Zimmer. In seinen Zügen gab sich eine eigentümliche Erregtheit zu erkennen, und mit fast atemloser Stimme fragte er mich: „Rose, willst Du mich begleiten, ich gehe nach dem Fichtenschloß."
Das Fichtenschloß war nämlich ein Bierhau», in welchem unsere College» nach des TageS Mühen in geselliger Weise zusammenkamen, um einen Schoppen zu trinken. Ich war nun an jenem Abend durchaus nicht in der Stimmung, auszugehen und gab daher eine ablehnende Antwort. Willibald aber sagte: „Schlage e» mir nicht ab, Rose! eS ist heute mein Geburtstag. Ich habe sonst keinen Freund auf der Welt, mit dem ich den heutigen Abend zubringen könnte."
„So bleibe hier!" sagte ich gleichmütig. „Ich habe ein« Flasche vom besten Rum im Hause, und an Zucker und Citronen fehlt e» auch nicht. Wir können uns einen famosen Punsch bereiten."
Willibald schüttelte den Kopf. „Hier ist mir'» zu eng, Rose, zu unheimlich," erwiderte er, „ich muß mich zerstreuen, muß Menschen sehm. Ueberhaupt will ich mich befleißigen, von jetzt ab ein wenig mehr gesellig zu sein, will da» Rauhe und Scharfe in meinem Wesen abschleifen dadurch, daß ich mich mehr in der Welt bewege. Diese ewige Abgeschlossenheit, diese» beständige Vorgehen nach einem Ziele macht einseitig und stumpft da» Gemüt ab. Gehe deshalb mit mir, Rose!"
Er fuhr in dieser Weise fort, mich mit Bitten zu bestürmen, und ich gab zuletzt nach. Wir gingen nach dem Fichtenschlößchen. Al» wir in den Saal traten, fanden wir eine beträchtliche Anzahl unserer Kameraden vor, die sich mit Billard- und Kartenspielen unterhielten, Bier und Wein tranken und dabei ihr«