Ausland
lieber das Z i l l e r t h a l und A h r n- thal (Südtyrol bei Bruneck) sind in den letzten Taizen fürchterliche Wolkenbrüche bcrabgegangen. welche durch den Austritt jammtlicher Wildbäche nicht blos Ueber- ichwenimungen herbeigesührl, sondern den Niedergang von „Muren" veranlaßt haben, die nahen» das ganze viele Stunden lange Ahrntbal vernichteten, die dortigen Knpfer- schmelzmerke ruinirten, Kirchen mitte» aus- einanderrissen, und säst alle Holzhütten im ganzen Thale nebst sämmtlichen Vorräthen mit sich forlrissen. Durch die an einzelnen Stellen eingetretenen Felsenstürze, welche leider von der fortschreitenden Entwaldung veranlaßt sind, wurde die Tauferer Ahr Stunden lang verstopft, so daß das Thal oberhalb Sand einen großen See bildete, und der Fluß im „Tauferer Boden" aus- dlieb. Nachdem aoer das gestaute Wasser sich gewaltiain Durchbruch verschafft batte, konnte es nicht fehlen, daß in Sand alles, was nicht von Stein erbaut ist, mitgenssen wurde. Täufers ist auf Jahrzehnte ruinirt. Die unaeheureu Wasser- und Sleinmassen rissen Alles mit fort. Holzhütten stehen nur noch wenige, im Dorf liegen überall Steine und Sand viele Fuß, ja stellenweise über mannshoch. Ueberall in den Erdgeschossen Meter hoher Sand angehäust. Korn- und Heuvorräthe rc. aber weg, Noth und Elend fürchterlich.
Die Basler Polizei hat ein scharfes Auge auf den Obsthandel. Vor acht Tagen warf sie einem Obsthändler aus Hagenbeim zum Ergötzen der Schuljugend einen ganzen Wagen voll unreifer Aepfel von der Ryein- brücke aus in den Rhein.
Miszellen.
Die Tochter des Gstfriesen.
Novelle von Emilie Heinrichs.
(Fortsetzung.)
„Ein Flüchtling also," sprach der Pfarrer leise und nachdenkend, „gehetzt von den Fremden, die unser schönes Vaterland zer- fleischen und uns alles nehmen wolle», felbst die Muttersprache. Seien Sie mir jetzt noch eüunal willkommen, Herr Baron! — hier meine Hand darauf, daß ich Ihnen beistehen werde, soviel in meinen schwachen Kräften liegt; — ich bin ei» deutscher Mann und hoffe auf eine bessere Zukunft. Unser rechtmäßiger König war uns stets ein guter Herr wie Ostfriesland überhaupt unter seinem Scepier erst recht aufgebläht ist mit all' seinen reichen Hälfsmitteln. Ach! Herr Baron, das war ein schmerzlicher Wechsel, als wir nun plötzlich zu Holland sollten, dessen drückende Schuldenlast auch auf uns zurückwirken mußte. Gerecht und human war unsere frühere Regierung, tastete sie doch niemals die Rechte und Freiheiten dieses Landes an, das ihr durch Erbschaft zugefallen und begnügte sich sogar in den Kriegen, weiche sie führte, nur mit einer Lieferung von überdies bezahlten Pferden, anstatt eine Stellung von Mannschaft zu verlangen, während das französische Con- seriplionsgesetz unsere Kinder nimmt und sie gegen das eigene Vaterland kämpfen
läßt. Und nun tastet man auch sogar unsere Muttersprache an, wie sie ebenfalls wissen werden, Herr Baron! Der König von Holland befahl im vorigen Jahre, daß der Unterricht in den Schulen nur holländisch erlheilt werden, der Prediger sich auf der Kanzel nur der holländischen Sprache bedienen solle. Ach! wie hat man uns gequält und gepeinigt, und es ging doch nicht. Da legte urplötzlich vor einem Monat der König von Holland die Krone nieder, weil er nicht nach der kaiserlichen Pfeife seines Bruders tanzen mochte und, siehe da, nun sind wir im Handumdrehen Fran zosen geworden und die armen Fischer sollen wiederum gewaltsam zur Erlernung dieser Sprache gezwungen werden. Da ist es nun ganz natürlich, daß der Ostfriese, besonders der Strandbewohner, von allen Seiten gepeinigt und unterdrückt, jedes Mittel der Gewalt gegen diese» F ind für erlaubt hält und besonders sich dem verbotenen Seehandel mehr als der Fiicherei hingibt, wozu ihm die draußen kreuzenden englischen Kaperschiffe genug Anlaß geben, zumal jetzt auf Befehl des Kaisers alle im Lande Vorgefundenen Erzeugnisse englischen Gewerbfleißes öffentlich vernichtet worden sind. Wo ich irgend Gelegenheit dazu finde, suche ich meine Psarrkinder von diesem gefährlichen Wege abzubringen, da ein solches gesetzloses Gewerbe jene sch lichte, derbe Treue, welche als der Grundcharakler des ostfrie fischen Volkes bezeichnet werden darf, noth- wendig untergraben muß."
„Besaßt sich Enno Harms auch damit?" fragte Adalbert, der den lebendigen Worten des Pfarrers mit großem Interesse zuge hört.
„Nein, Enno Harms ist einer jener ächten stolze» Ostfriesen, die sich um alle Schätze >n der Welt nicht von dem Pfad der Ehre würden ableiten lassen. 'Er haßt die Fra» zosen und macht leider aus dieser Gesin- uung nur allzu wenig Hehl, ein Umstand, der ihn über kurz oder lang sicherlich in's Verderben stürzen wird. Ich habe es nicht an Mahnungen fehlen lassen, doch geht dieser Mann, den man nicht mit Unrecht den Fischerkönig nennt, da er seine direkte Abstammung von dem alten Geschlechts der Cirkiena's nachziiweise» vermag, nun einmal seinen eigenen Weg, weshalb er eben so sehr von seinen Ostsriesen vergöttert, als von den Franzosen gehaßt und gefürchtet wird. — Doch warum, da Sie ihn zu kennen scheinen, Herr Baron, haben Sie sich nicht an Enno Harms gewandt? — Er ist der Einzige, der Ihnen wirksamen Beistand leisten könnte."
„Er ist nicht daheim, seine Tochter verwies mich an Sie, Herr Pfarrer!"
„Wußte Theda Harms, worum es sich handelte?"
„Nein, ich bat nur um ein Obdach für die Nacht, das sie mir unter diesen Umständen nicht gewähren konnte."
„Freilich, freilich", nickte der Pfarrer, „es ging nicht an, wären Sie so alt wie ich, da hätte sie Ihnen die Gastfreundschaft nicht abschlagen dürfen. Daß auch der Enno nun just draußen sein muß — hm, hm — junaer Herr, es wäre bester gewesen,
wenn Sie geradenwegs nach der Pfarrei gekommen wären. Man wird Sie im Dorfe ! bemerkt haben, jeder Fremde erregt hier Verdacht, ich fürchte, daß mein Haus Ihnen kein sicheres Asyl gewähren wird. Mich ^ wundert überhaupt, wie Sie der Aufmerksamkeit der Küstenwache haben entgehen können?"
„Ich besaß in Kassel mächtige Freunde," lächelte Adalbert, „sehen Sie sich diesen Paß an"
Er nahm aus seiner Brieftasche ein Papier und reichte es dem Pfarrer, der es ausmerksam prüfte.
„Von dem allmächtigen Polizeiminister Bongars eigenhändig unterschrieben, sprach der Pfarrer erstaunt, „nun dann haben Sie ja gar nichts zu befürchten."
Adalbert zuckte die Achteln. .
(Fortsetzung folgt.) sPi) ^
Ein Geschenk für den Kaiser. Der Kronprinz hat im Namen des Kaisers und Königs vor Kurzem ein Schreiben an eine den besseren Standen angehörige, in günstigen ! Vermögensverhüllnisse» lebende Dame in. Potsdam gelangen lassen; in demselben wurde der Dank ausgedruckl für ein rührendes Geschenk, durch welches die Adressatin den Kaiser überrascht hat. Die Mutter der Absenderin war nämlich die Amme des jetzigen Kaisers gewesen, und im Besitze der Tochter befinden sich noch die ersten Kinderschuhe, die der jetzige Kaiser dereinst getragen halte. Die Tochter hat sich veranlaßt gesehen, dieses Familien - Andenken ! dem Monarchen als Geschenk zu übersenden, welches sich denn auch einer huldvollen Ausnahme zu erfreuen Halle.
Eine niedliche Wahl-Anekdote wird der „N. St. Zt." aus Greifswald milgetheilt: Ein biederer, zum Wahlact fahrender Pächter fragt unterwegs seinen „Jehanii", ob er auch einen Wahlzettel in « Händen habe; und als dieser ihm einen solchen mit dein Namen des Justizraths v. Vahl vorzeigt, übergibt er ihm mit den Worten „Jehann, dei is nich kauscher" den richtigen mit dem Namen des Grafen von Behr, welcher auch vorschriftsmäßig > abgegeben ward. Zufällig fragt bei der Heimkehr der Herr den gehorsamen Stimm« abgeber, was er mit dem anderen Wabl- zettel gemacht habe, worauf sein „Jehann" mit schlauem Lächeln erwiedert: „doamit hew ick den Preisterkutscher anschmeert, un dei dumme Deuvel häl em miß und wahrhaftig afgeven." !
In einem Gasthofe in Stuttgart rief ein Franzose der Magd, ^die ihm vor der i Thüre zu viel Geräusch mit Putzen und f Kehren machte, auf deutsch zu: „Alt Sie der Maul mit Ihr Besen!"
Für den Monat September nehmen sämmtliche Poststellen, im Bezirk auch durch die Postboten, Bestellungen auf
dcn Enz 1 häler !
zu des Quartalpreises an. j
Redaktion, Druck Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.