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führte. Die von Lehner eingelegte Beru­fung wnrde vom Bezirksgerichte Wasser­burg am 6. Dezember verwaisen. Ebenso die von Lehner erhobene Nichtigkeitsbe­schwerde, da es sich im gegebenen Falle nicht um einfach marktschreierische Anprei­sung von Maaren, sondern »m Vorspie- lung falscher Tbatsachen band.lte, durch welche die Betrogen-n an ibrem Vermögen geschädigt wurden. Der spekulative Uhren depoiinhaber erhielt noch euie Frivoiitäls- strafe von 15 Tagen Gesanglich!

Arm. der Red. Nach uns vorliegen­der Miltbeilung komni-n in letzter Zeit auch in unserer Umgebung äbnl che Falle vor; es sollen durch Housirer rc. Uhren und Kette» angeblich von Silber und Talmigolü verkauft worden sein, welche sich aber nach genauer Unt.rsuchung als nur versilbert und vergoldet erwiesen; wahrend das Metall am Gehäuse fast werihlos ist, seien die Uhrwerke so schlecht, daß sie nickt als Zeitmesser betrachtet werden können. Dem kaufenden Publikum durfte immerhin Vorsicht anzucmpfehlen sein.

Württemberg.

Stuttgart, 20. Avril. Das heule ausgegebene Regieruugs-Blalt Nr. 8 ent hält eine Verfügung der Ministerien des Innern und des K reden- und Schulwesens, betreffend die organischen Bestimmungen der Central stille für die Landwiribschast und das Statut des laudwirthschaitlichen Vereins.

Am 21. April wurde von der evang. Oberschulbehörde die Schulstelle in W a l d- rennach dem Lehrer Schramm an der Paulinenpflege in Winnenden über­tragen.

S t u t t g a r t, 2l. April. Wie wir vernehmen, ist der Druck der kirchenregi- mentlrchen Vorlage an die evangel. Kirchen­synode, belr. den Entwurf einer Kirchen gemeinde- und Synodalordnuug nahezu vollendet. Der Entwurf nebst Motiven kann in den nächsten Tagen an die Mit­glieder der Landessynode versendet werden und ist auch bei der Verlagsbuchhandlung von Kart 'Grüninger i» Stuttgart zum Preis von 75 ^5 zu beziehen. (St.-A»z.)

Stuttgart, 24. April. Von hier wird derWes.-Ztg." geschrieben: Die Socialdemokraten und die Volkspartci haben den Bruderbund, den sie bei den letzte» Wahlen geschloffen haben, aufs Neue be­siegelt. Sie seierien am 18. April ein ge- memfMes Bankett zum Anvenke» Jakoby's, von welchem sowohl die Sozial- als die anderen Temokroien sehr erbaut gewesen zu sein scheinen. Als N- dner traten aus die beiden Königsb.rger Dulk und Walesrode, alte Freunde Jaloby's, die aber für ihre politischen Schrullen Mehr Ver- ständniß am Nesenboch zu fiud n scheinen, als in der Stadt des kategorischen Impe­rativs, und dcßlalb längst ihr Zelt in Slnttgart oufgescklagen Halen. Von der schwäbischen Volkspartei sprach Karl Mayer, der die Gelegenheit wieder ergriff, die beiden demokratischen Parteien zu friedlichem und brüderlichen Verhalten", d. h. die Sozialdemokraten zu guter Freund­schaft bei den Wahlen zu ermahnen.

Biberach, 22. April. Bezüglich der Verlegung des Kameral und ForstamleS von Ochsenhausen hierher, falls das neue kaihol. Lehrerseminar dorthin käme, bot gestern der Ltadlrath 10,000 verwilligi

Am 22. d. M. Abends 7 Uhr 37 Min. ist auf der Station Fellbach ein Manu, welcher in den bereits in Gang gesetzten Zug 49 noch einzusteige» versuchte, unter den Wagen geralhen, überfahren und sofort gelobter morden. Untersuchung ist einge- leitet.

Eßlingen, 23. April. Heute Vor mittag stürzte ein 4jäbriges Kind aus dem F nster eines Personenwagens des '/-IO Uhr von Reutlingen tonunenden Bahnzugs oberhalb des Bahnüberganges über die Böschung in den Garten des Hrn. Fabrikant Merkel, ohne irgend eine Ver ietzung davonzutragen. Dem Vater, welcher erst am Bahnhöfe hier aussteigen konnte, kam das Kino, als er aus Sen Platz des Ereignisses eilte, entgegen.

Arber die Nolhlagt.

III.

(Eingesandt von einem Landwirih.) Man hört gegenwärtig so viel von dem Noth st a n d"namentlich der arbeitenden Klassen, daß man sich oft kragen dark, wo ist dieser Nothstand und wie ist demselben am kräftigsten e»!gegenzittrelen. Bekannt- lich sind gegenwärtig liniere,gewerblichen wie überhaupt mirihschattltchen Verhallnisse in einem ganz trostlosen Zustande und wird auch für die nächste Zukunst nicht viel Besserung zu baffen sein; die Industrie wie der gewöhnliche Handwerksmann haben bieruitter Uhr zu leiden und ist die Folge davon, daß gegenwärtig Hunderte von sonst sehr gut bezahlten Arbeitern beschäf­tigungslos sind, wen» dieselben nicht vor gezogen haben, gegen niedrigeren Lohn irgend eine andere Arbeit zu verrichten. Allein winn hieraus von Manchen der Schluß gezogen wird, es sei ein förmlicher Nothstand vorhanden, io dürste dieser Schluß wohl Jedem, der unbefangen die gegen wärtigen Verhältnisse beurtheilt, als u n- richtig erscheinen. Sowohl in der Stadt als auf rem Land ist stets noch Arbeit und Verdienst, freilich nicht in dem Maße wie die Arbeiter in den letzten Jahren der allgemeinen Schwindelperiode gewohnt waren, jedoch immerhin noch so viel, daß ein Arbeiter bei bescheidenen Anspruch, n sich und seine Familie ernähren kann. Allerdings batte man annehme» dürfen, daß die arbeitende Klasse sich bei dem giotz n Verdienst der l.tzien Jabre leichi einen Noth oder Sparpfennig zurnckgelegi hätte; jedoch ist dieses nicht oder nur aus nahmsweise der Fall gewesen, der große Verdien st wurde in den meisten Fällen sogleich wieder rnransgabt und zwar in ganz nnwirihscha'ilicher Weise. Für diese Klasse von Annftern ist es nun allerdings sehr schwer und mißlich in dieser harten Zeit duick-ukomme» ; allein für diese das allgemeine M tleiden anzuregen, erscheint mir im höchsten Grade unnöthig und nn gerecht. Das einzige, was man für diese arbeitslosen und oft auch arbeitsscheuen M.nichen thnn kann und lhun soll, ist,

denselben Arbeit zu verschaffen; diese aber ist stets zu haben, wen» man arbeiten will , und bescheidene Ansprüche macht. In lobensweithester Art ist in Siuttgart ein Verein entstanden, welcher den Arbeitsuchen­den auch Arbeit zuweist; dann aber ist er­wiesener Maßen ja in der Landwirt h- schafl stets noch überall starker Ar­beit e r m a n g e l. Tie vielen Tausenden von Arbeiter, welche in den letzten Jahren sich den Städten, den Fabriken, der Jndustiie und den Gewerben zugewandt Habe», sind z»m größten Theile vom Lande und der Landwirihschafi entzogen; hier auf diesem Felve gibt es noch genug Ar­beit; aN.rdingS müssen diese Arbeiter mit bescheidene» Ansprüchen kommen, mit weni­ger Lohn vorlieb nehmen, und sich einer geregelten, geordneten, aber auch Herz und Gemnib stärkenden Arbeit uiilerziehen; denn nur dann könnten die Landwiuhe die meist vcrwöhnlen und an keine Zucht und Arbeit gewöhnt.» Stadtarbeiter wieder aufnehmen, wenn dieselben mit dem Vorjatze wieder auf's Land gehen, dauernd ihrem alten Berufe der Landivirthichafi sich zu widmen, ein fleißges und solides Leben zu fuhren und ein sparsames, nüchternes Auftreten ein- zuhalien. Die Landwirihschafl kan» dann wieder mit gewohnten Kräften und deßhaib auch intensiver, sorgfältiger und zu rich­tiger Zeit ihre Arbeiten aussühre» lassen und wird hierdurch auch höheren Erlrag erzielen. (Schluß folgt.)

Ausland.

Das Wetter ist in Italien seit einigen Tagen abscheulich. Es regnet alle Augenblicke. In Oberilalien hat ein hef­tiger Nordwind eine furchtbare Kälte ge­bracht. Man schreibt aus dem F r i a u l, daß dort am 17. Morgens der Schnee einen Zoll hoch lag. Das kann für die Seidenwürmer fatal sein.

St. Petersburg, 17. April. Im Laute der fortgesetzte» Beralhung desMi- >i i st e r k o m i t e s wurde beschlossen, schon setzt die g e s a »i m t e russische Armee zu mobrlrsiren und sowohl im Nor- d>n, als auch im Süden der Grenzen Re­servearmee» aniznstellen, um j.der Even­tualität gewachsen zu sein. Die für die Mächte Europas bestimmte Zirkular­depesche des Fürsten Gortschakofs ist vorbereitet und harrt nur ihrer Ab- lendung.

Brüssel, 24. April. Der Jnds- vendance wird aus Paris den 23. ds. aemeldet: Fürst Orloff erhielt das rus- i i i ch e R u n d s ck r e i b e n und begab sich iofori zu Decazes um daffel e mllzutheilen. Die russische Kriegserklärung er- >olge morgen.

K o n st a n t i n o p e l, 23. April. 5'/- Abends. Der russische Ge'chäststräger Nelidoff ist mit dem gesammten Per­sonal soeben abgereist.

Goldkurs der Staotekassenvcrwaltung

vom 23. April 1877.

20 Frankenslücke . . . 16 24

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me e h in Neuenbürg.