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Amts- und Anzergeötatt für den Aezirk Galw

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ErscheintDienStags, Donnerstags und Samstags. Di« Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und in nächster Umgebung 9 Pfg. di« Zeile, n-eit-r entfernt 12 Pfg.

Donnerstag, den 20. Juli 1899.

Vierteljährlicher AdonnementSxreis in der Stadt Mk. I.lo ins Haus gebracht, Ml. I. IS durch die Post bezogen im Bezirk. Außer Bezirk Mt. I. SS.

Amtliche NeLarrmmachimgerr.

Bekanntmachung.

Heute wurde der zum Ortsoorsteher in Zweren­berg gewählte und brfläiigte Johannes Wolfzr-, Bauer, in sein Amt eingesetzt und beeidigt.

Calw, 18. Juli 1899.

K. Oberamt. Voslter.

Sagrsuemgkcüsn.

Calw. Dis Sommeroakanz für die hiesige Volksschule beginnt mit drm 5. August und dauert bis 27. August. Für die Manöverwoche im September sind einige Vakanztage vorgesehen.

Calw, 19. Juli Oberleutnant Westmark sprach gestern abend vor einer großen Zuhörerzahl, zu welcher namentlich die Handelsschule ein starkes Kontingent gestellt hatte. Im Vordergrund seiner überaus lebhaften Darstellung stellte Westmark Stan­ley als höchst seltsamen Kulturträger dar, indem derselbe als Nebenbeschäftigung auch den Mädchen­handel betrieben haben soll. Grauenhaft hörten sich seine Schilderungen über zum Teil selbst Erlebtes unter den Kanibalen am oberen Kongo an. Wenn wir den Besuch der Vorträge Westmarks hiermit bestens empfehlen, müssen wir doch daran knüpfen, daß diese Schilderungen, wenn sie auch aufnackter Wahrheit" fußen, doch nicht für jedes Ohr paffend sind.

sAmtlicheS aus dem Staatsanzeiger.j Rach bestandener Konkursprüfung ist in das Seminar Maulbronn ausgenommen worden: Jäger, August, Sohn des Schullehrers in Glltlingen.

Hirsau. Als Nachtrag zu der Feier der 400. Wieder!- hr de- Geburtstages vonIohanne 8 Brenz, welche im vorigen Monate stattfand, fei erwähnt, daß ein Sohn des württembergi- schen Reformators, der gleich dem Vater den Vornamen Johannes trug, seit 1558 Magister zu Tübingen, feit 1561 außerordentlicher Professor der Theologie dort, seit 1562 mit der Doktorwürde aus­

gestattet, von 1591 an (der 4te lutherische, im Ganzen der 48ste) Abt zu Hirsau war. lieber dessen Tochter Margarethe findet sich im Geistlichen Lagerbuch" der Pfarrei Hirsau folgen­der Eintrag:Anno 1591 den 9. NovembriuS ist die Ehsoerlobung LI. Daniel Rheinöls von Blochingen und Margaretha, des ehrwürdig und hochgelehrten Johann Brentz, d. h. Schrift Doktor und Abbts zu Hirschau Tochter, vor der christlichen Kürchen bestetigt worden." Soviel auS sonstigen Nachrichten bekannt, ist dieser Tochter des Hirsauer AbteS Johannes Brenz und Enkelin deS württembergischen Reformators Johannes Brenz die seltene Ehre zuteil geworden, daß Herzog Ludwig die Feierlichkeit ihrer Hochzeit durch seine persönliche Anwohnung erhöhte, die Kosten des HochzeitSmahleS aus eigener Kaffe bestritt und ein goldenes Trinkgeschirr zum Hochzeitsgeschenk spen­dete; ein Beweis, wie hoch daS Andenken d.'S Refor­mators und das Ansehen seiner Nachkommen in der Schätzung deS Herzogs stand. Herzog Ludwig, ein Sohn des Herzog Christof, ist derselbe, welcher in den Jahren 15861592 auf dem östlichen Abtei- flügel- jenes Lust- und Jagdschloß errichtete, dessen imposante Trümmer jetzt noch dem Bilde Hirsaus sein charakteristisches Gepräge verleihen. Ueber den Abt Johannes Brenz findet sich imGeistlichen Lagerbuch" noch die weitere Notiz:Uff den 29. Januarii 1596 ist der Ehrwürdig Hochgelehrt Herr Johann Brentz, v. Abbt alhie Apoplexia gestorben."

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(Fahrpreisermäßigung anläßlich deS vom 22. bis 24. Juli in Cannstatt stattfindenden KreiSturnfestes) Zur Fahrt nach Cannstatt hin und zurück mit 10-tägiger GiltigkritSdauer dient eins gewöhnliche (einfache) Personenzugsfahrkarte für III. Kl. Ausgeschloffen von dieser Einräumung bleiben diejenigen Stationen, die weniger als 20 km von Cannstatt entfernt sind. Voraussetzung ist, baß die Turnoereinsmitglieder sich als solche dem Fahr­personal gegenüber, entweder durch Festkarten oder Turnvereinsabzeichen, legitimieren können. Die Fahr­preisermäßigung gilt auch für den ab württ. Stationen über die Strecke PforzheimMühlacker sich bewegenden Durchganzsverkehr.

Freifahrten auf den württemb. Staatseisenbahnen. Den Eisenbahnbe­amten, die Bediensteten einzeschloflen, ist freie Fahrt auf den Eisenbahnen bisher nur in ganz beschränktem Umfange gewährt worden. Seit Jahren haben die Angestellten um Einräumung weiterer freier Fahrt gebeten und auch in der Kammer der Abg. ist dieses Bestreben unterstützt worden. Nun sind von dem Ministerium der Verkehrsanstalten mit kgl. Genehmigung neue Bestimmungen über dir unentgeltliche Benützung der Staatseisenbahnen »ur Beförderung von Personen und Reisegepäck erlassen worden, nach denen mit alsbaldiger Anwendung sehr weitgehende Einräumungen gemacht werden. Im Wesentlichen gilt Folgendes: Eine Anzahl von höheren Beamten erhält unbeschränkt frei« Fahrt. Dm son­stigen Beamten und Bediensteten, sowie den Eissn- bahnreferendären I. Kl. können Freischeine zu außer­dienstlichen Reisen bewilligt werden, eine Beschränkung besteht nur insofern, als der Gebrauch von dieser Begünstigung mäßig sein soll. Hilfsbeamte und Hilfsbedienstete können für 3 Reisen innerhalb eines Ka­lenderjahres, aus triftigen Gründen auch in weiterem Umfange, Freischeine erhalten. Den imArbeiter- verhältrriS stehmden Personen kann nach minde­stens 3jähr. Dienstzeit zu jährlich 2 Reisen Freifahrt bewilligt werden. Ferner wird den Angestellten Frei­fahrt gewährt: zu ärztlicher Beratung, zur Aufnahme in ein Krankenhaus, zum Besuche von Bade- und Luftkurorten, zum Besuche der Kirche, zur Beschaffung von Lebensbedürfnissen, zur Teilnahme an Beerdi­gungen von Angehörigen und Berufsgenoffen, behufs Ablegung von Prüfungen, zur Erlernung des Dienstes. Zum Hausstande der Angestellten gehörige Per­sonen können Freifahrt erhalten: bei Versetzungen und Entlassungen, zur Begleitung und zum Besuche erkrankter Beamten, zum Kirchenbesuche, zur Be­schaffung von Lebensbedürfnissen; Kinder von An­gestellten und Arbeitern außerdem: zum Besuch der Schule und des Religionsunterrichts, zur Erlernung des Dienstes, eines Handwerks u. s. w. Unter ge­wissen Beschränkungen wird bei Versetzungen rc. auch der HauSrat unentgeltlich befördert. Dir Freischeine gelten in der Regel auch zur Benützung der Schnell-

^ N. Nachdruck verboten.

Herzog Ulrichs IaHnentriiger.

Von G. Maisch.

I. Die Nntertiirkheinltt Kirchweih am 28 Mai 1514.

(Fortsetzung.)

Im Bauernlager.

An der Spitze seiner Schar, deren unfreiwilliger Führer uiser Waiblinger geworden war, zog er am Morgen in Beulelsbach ein, einem Dorf der dichtbe­völkerten RemSthals. Die Beutelsbachrr haben sich vor 100 Jahren einen Namen gemacht durch das eigentümliche Mittel, das sie einmal, wi: man sagt, zur Be­kämpfung einer Viehseuche angewendet. Damit haben sie sih in die Reihe jener zahlreichen deutschen Schildbürger gestellt, deren Konto der unerbittliche Volkswitz mit allen möglichen und unmöglichenSchwabenstreichen" belastet. Darüber hat man aber nach und nach ganz außer Acht geliffen, welche Bedeutung diesem alt­ehrwürdigen Ort für die Geschichte der Burg und des Landes Württemberg zu­kommt. Erno blickte zu dem das Dorf überragenden Kapellenberg empor, dessen Gipfel noch stattliche Burztrümmer krönten.

Also hier", sprach er, zu einem seiner Landsleute gewendet,stand dir Burg jener Ritter, die auf unserem Rothenberg daS Stammschloß unserer Herren aufgerichtet haben?"

Und siehst du," sprach Jener, Nikodemus Hättich hieß er, indem er auf die Kirche hindeutete, an der sie eben vorüberkamen,welch großartiger Bau I Und siehe die seltsamen Zeichen an der Außenwand!"

DaS war die Stiftskirche mit dem Erbbegräbnis unsrer Grafen. Die

vom Stifte mußten für das Seelenheil der toten Herren beten," antwortete sein Begleiter.

Und welch ein stattlicher Hof, der Stiftshof mit seinen Gebäuden!" ent- gegnete Hättich.

Sie traten in diesen Hof ein. Derselbe wimmelte von Bauern. Die einen kochten, aßen, tranken, die andern schärften ihre Waffen, andere wieder ruhten oder schliefen auf Strohlagern, die man längs der Kirchenmauer aufgeschüttet halt». Nahe am Thore stand eine Gruppe von Bauern, die aufmerksam einem in ihrer Mitte befindlichen Redner lauschten. Letzterer war der in Beutelsbach geborene und ansässige Bauernführer Hans Voll mar. Er bewies seinen Hörern, daß es ihnen bei gehörigem Zusammenhalten unfehlbar gelingen müffe, denn der Herzog habe keine Streiter, kein Geld und sei im ganzen Lande verhaßt. Er verlange von den Bauern, daß die Remsthäler ihm auf den neuen Vertrag, der ebm zu Tübingen zwischen ihm und der Landschaft abgeschlossen worden sei, jetzt huldigen sollten.

Thun wir das, Meister Brenner von Stuckart?"

Wrr thäten's, ohne Zweifel," versetzte dieser lächelnd,wenn wir den Pferdefuß an dem Vertrage nicht gesehen hätten."

Was meinst du," fragte einer auS der Gruppe,mit dem Pferdefuß?"

Den Aufruhrartikel, den die Landschaft hinten angeschloffen hat," versetzte der Gefragte und fügte bei:besagter Punkt gibt uns der Rache des Herzog» und seiner Räte wehrlos preis, uns und nur Uns, denn sich selber hat die Ehr­barkeit, di« dort regiert, wohl zu salviren gewußt. ES ist gegangen nach den Sprüchlein: ich gebe, damit du gibst; wie du mir, so ich dir; schenkst du mir die Wurst, lösch ich dir den Durst."

Also hat uns die Ehrbarkeit an den Herzog verraten!" rief wild der Sängerhan», und seine Lelbler blickten gar verdutzt drein.

Was thut's?" rief, vom Ernst de« Augenblicks erfaßt, der Waiblinger