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Wer ist die Hexe ? Ein erwachsener zweiter Sohn des Hexenbanners. Er mußte als Frauenzimmer verkleidet um's Haus berum- springen, er hat die übernatürlichen Töne von sich gegeben.
K i r ch h e i m, S. Jan. Die Anstifter der Explosion im Hause des Stadtschultheiß Heim sollen jetzt ermittelt sein und eingestauden haben. Dieselben sind ein 24 Jahre alter lediger Gärtner uno ein 34 Jahre alter verheiratheter Steinhauer, der erste der eigentliche Thäter, furchtbar verbrannt, so daß er in Gefahr ist, der andere der Gehilfe der That, der Wache hielt, auch nicht unerheblich verletzt. Daß Dynamit gebraucht wurde, ist erhoben. Eine Patrone wurde in den Keller gebracht, eine andere platzte vorher in der Nähe des Hauses und verwundete den Thäter. Die Erhaltung der Familie Heim ist ein wah- r^ Wunder,vda unmittelbar zwischen den Schlafzimmern, Wohnzimmer und Küche in den Keller stürzte. Wie man behauptet, wurde im elterlichen Hause des Thäters, dessen Vater und Bruder auch Anfangs verhaltet, dann aber entlassen worden waren, größere Vorräthe von Dynamit und Pulver gefunden. Letztere wurden wahrscheinlich einem hiesigen Fuhrmann entwandt, der in der Nähe der Kirche während der Schreckensnacht mehrere Füßchen Pulver auf offenem Wagen stehen hatte. Das Motiv der That ist ohne Zweifel Rache für Amtshandlungen des Stadtschultheißen, durch welche aber dem ruchlosen Verbrecher nicht einmal erheblich nahe getreten war.
Calw, 5. Januar. Von gutunterrichteter Seite wird uns mitgetheilt, daß im nächsten Frühjahr unsere Stadt durch ein weiteres Institut bereichert werden wird, das um so mehr mit Freude begrüßt zu werden verdient, els es einem wirklichen Dedürfniß entgegenkommt, nämlich durch eine weibliche Fortbildungsschule. Fräulein Klingler von Stuttgart, schon seit einer Reihe von Jahren mit ausgezeichnetem Erfolge im Lehrfache thätig und von den besten Referenzen begleitet, beabsichtigt eine solche Schule zu errichten. Die durch langjährige Uebung gewonnene Erfahrung im Lehrfache, sowie der ausgezeichnete, liebenswürdige Charakter der Unternehmerin garantiren dem Institute, dem hier bereits gewichtige Unterstützung zur Seite steht, einen sichern Erfolg, und soll mit diesen Zeilen nur vorläufig die Aufmerksamkeit der Familien demselben zugewendet werden. (C. W.)
Ravensburg, 1. Jan. Ein hiesiger Bürger, Familienvater und leidenschaftlicher Jagdliebhaber wollte sich und seiner Ehehälfte das Vergnügen machen, das Neujahr „anzuschießen." Ein Schuß ging dem Schützen durch die Hand und der Verlust von ein paar Fingern wird wohl das Mindeste sein, waS dieses Vergnügen nach sich ziehen wird.
Reutlingen, 4. Jan. Es ist gewiß der Aufzeichnung in den Annalen des Jahres 1877 werth, daß die ersten Vorboten der neu erwachten Vegetation sich Heuer im Januar überall zeigen. Im Freien, sogar auf dem Plateau der Achalm in einer relativen Höhe von 2300 würtl.
Fuß, findet man Märzbliimchen, Gänseblümchen, an Wassergräben Schmalzblümchen, an Hecken Veilchen, in Gärten im Freien Primele und Violas. Weiden und Haselnüsse blühen und die Bienen tragen emsig in den Mittagsstunden Blumenstand ein und sind mit ihren Höschen reich beladen, was ein Beweis davon ist, daß das Brutgeschäft in den Bieneiiwohnungen bereits begonnen hat. Möge es nicht zu früh sein! Die Knospen an den Syringas und den Kastanien schwellen sichtbar an, und da und dort regen sich auch schon Frühbirne». Mil Sorge sehen wir dieser Frühentivicklniig entgegen.
MisMen.
Aus dem podolischcn Ghetto.
(Schluß.)
er fürchtete die zufällige Entdeckung seines Frevels.
Des Grafen Richter sprachen das Ur- tkieil über Lea. Sie sollte auf dem Marktplatze gerädert, dann „enlherzt" werden. Jener Holzblock, der noch heute stebl, war dazu aufgerichtet worden.
Aber Lea starb nicht auf der Nicht- stütte, sie starb, eine hochbetagte Greisin, umgeben von Kindern und Enkeln, vierzig Jahre später friedlich in ihrem Hause. Das kaiserliche Militär war im Sommer eiligerückt, ein Soldateurichter übernahm das Gericht. Lea gestand ihm die Wahrheit, und er entließ sie.
Der Holzblock steht noch heute. Er mahnt an dunkle Zeiten, an eine gräßliche Begebenheit. Aber ermahntauch an eine edle, lichte That. Und darum Hab' ich >Euch die Geschichte erzählt.
Die Thüre ward ausgerissen, der Graf trat mit den beiden Vorstehern ein, dinier ihm seine Trabanten. Mit gellendem Lachen ^ stürzte ihnen Lea entgegen, wies ihnen den ^ Leichnam und schleuderte ibn dann ge ^ wattigen Wurfs durch das Fenster, daß^ er drunten auf den Steinen des Hofes zerschellte; . .
„Ich bin eine Mörderin," ries sie dem Grafen entgegen, ja, ich bin's, ja! ja! Nehmt mich, bindet mich, tödtet mich ! Ich Hab' heute Nacht mein eigen Kind getödtet, !ich leugne es nicht. Ihr kommt, mich zu holen. Hier bin rch!
Die Männer standen starr. Dann wildes Rufen, Schreien u. Fragen. Samuel, der starke, kluge Mann verlor die Besinnung. Die andern Juden durchschauten gleich den Sachverhalt und unterstützten Lea in ihrer Nothlüge; so allein ersahen sie sich Rettung aus sicherem Untergänge. Lea blieb fest bei ihrer Aussage. Der Graf sah sie durchdringend au, sie hielt seinen Blick ruhig aus. „Höre, Weib," sagte er, „ist es wahr, was Du sagst, so sollst Du den furchtbarsten Martertod erleiden, den je ein Mensch gestorben. Haben aber Andere das Kind geschlachtet, um das Blut beim Feste zu trinken, so sollst Du und Dein Mann straflos ausgehen, nur die Andern sollen's büßen. Das schwöre ich mit heiligem Eide! Und nun — entscheide Dich!" Lea schwankte keinen Augenblick. „Es war mein Kind!" er- wiederte sie.
Der Graf lieb das Weib allein in den Kerker führen. Er sah wohl ein, wie unwahrscheinlich die Angabe sei. Ader er glaubte'an keine Seelengröße bei dem Volke. „Wenn es nicht wahr wäre," dachte er, „wie käme das Weib dazu, sich zu opfern?"
Die Untersuchung brachte nicht die Wahrheit an den Tag. Alle jüdischen Zeugen belasteten Lea. Die einzige christliche Zeugin war jenes alte Weib — die Haushälterin des „schwarzen Herrn." Sie habe in jener Nacht das Kind röcheln gehört. — Das allein brachte sie vor und das paßte zu Lea's Erzählung. Der „schwarze Herr" selbst schien sich um die Untersuchung gar nicht zu kümmern. Er dachte wohl, das eine Opfer sei vorläufig genügend, oder
NudeImüIler: Was die Setzer alleweil manchmal für Sätze machen, det geht doch über die Hutschnur. Da steht gleich obenan in die neue türkische Verfassung: „Das oltomanische Reich ist unheil« b a r."
Tübbeke: Na, wat is denn da falsch dran?
Nudel müller: Der Setzer ist wahrscheinlich noch von Weihnachten her im Thee gewesen, und da hat er ein t vors h zu setzen vergessen. Unt heil bar Hst der Sultan gemeent.
T ü b b e k e: Der Setzer sollte Groß« vezier werden, der beurlheilt det oltomanische Reich richtiger als Midhat—in—der— Palschi. (B. Fl. B.)
Auflösung des Rälhsels in Nr. 155:
Peter-war-dein;
Pe terwordein in Slooonien,(Oesterreich) starke Festung an der Donau.
Von Neuenbürg, Grunbach und Obern- hausen sind zus. 7 richtige Lösungen ein- gekommen.
Frankfurter Coursc vom 5. Jan. 187"7.
Geldsorten. ^4
20-Frankenstücke.16 20—24
Englische Souvereigns . . . . 20 33 -38
Ruß. Imperiales.18 70—7i
Holland. 10 fl.-Stück. 16 65
Dukaten.S 60—65
Dollars in Gold.4 itz- is
Anzeigen für den Hnzthäker vermitteln in Sforztzeim: Hr. Gtta Itteckier; in Wikdvad: Hr. ß. Schoöerl.
Reklamationen wegen nicht erhaltener Nummern des Enzthälers wollen zunächst an den Austräger gerichtet werden der für die Lieferung verantwortlich, mit Abonnentenliste und der dieser entsprechenden Zahl von Blättern versehen ist.
Redaktion des Euzthäler.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me e h in Neuenbürg.
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