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heilen wenigstens einen festen Punkt hervortreten zu lassen, nämlich die absolute Un- annehinbarkeit des türkischen Standpunktes. Tie diplomatischen Agenten der Pforte im Auslande sind ermächtigt morden, zu erklären, daß der Divan seine Vorschläge als das äußerste Maß von Zugeständnissen erachte. In einzelnen Punkten sei die Regierung zu Modifikationen wohl geneigt, im Princip aber wünsche sie die Bedingungen anjrechtcrhalten zu wissen. Wie man schreibt, ist es allein Oesterreich, weiches die Geneigt- beit zu erkennen gegeben habe, über einzelne Punkte der Vorschläge zu verhandeln, unter der Voraussetzung, daß die Reformgaran- lieen in die Friedensverhaudlungen mit inbegriffen wurden. Im übrigen bestellen die Mächte als Vorbedingung sür den Eintritt in Unterhandlungen aus Herbeiführung eines Waffenstillstandes. Derselbe scheint vorläufig in Form einer „Waffenruhe" auf dem Kriegsschauplatz thatjächlich eingetreten zu sein, nachdem die türkische Regierung, ihre Truppen-Commandanten angewiesen hat, sich fortan auf die Defensive zu beschranken.
Das ,N. W. Tagbl." fignalisirt eine Aufforderung Rußlands zu einer gemeinsamen bewaffneten Intervention und die Erklärung, eventuell allein Bulgarien militärisch besetzen zu wollen. — Die „Deutsche Zig." meldet, daß Verhandlungen Rußlands mit Rumänien behufs des Truppendurchzugs im Gange seien. — Die Parole Oesterreichs bezüglich der Friedensbedingungen der Pforte lautet: unanhnnehmbar, aber diskutirbar, und lein Friedensschluß ohne gesicherte Reformen.
MisMen.
Abenteuer eines Berliner Bürgers.
(Fortsetzung.)
Diese bestand in jenem Fleischer-Scharren, einem Baarvermögen von 500 Thlr. (eine zu jener Zeit anständige Summe für einen Handwerker) und einer honett eingerichteten Vürgcrwirlhschaft in einem Hause der Mulucksgasse. Dem Junggesellen führte ,cine alte Nachbarin die Wirlhschafl, erhielt das Hauswesen, während nunmehr Herr August Runge in dem Scharren seil hielt. Wer den hübsch gewachsenen jungen Mann sah, freute sich seiner, und die ganze Fleisch einkausende Frauenwelt wollte nur von ihm bedient sein; seine Beliebtheit war so groß, daß sogar die neben ihm feilhaltenden Con- currenten jeden Brodneid vergaßen und von August Runge mit Stolz als von Einem der Ihren sprachen. Aber er verdiente auch alle diese Auszeichnungen; bescheiden und dienstfertig, war August auch in seinem Acußern eine Ausnahme unter seinesgleichen. Mit der riesigen Kraft einer markvollcn ungeschwächten Jugend verband er einen fast zierlichen Wuchs, sein Teint war blühend weiß, rosig angehaucht; Hände und Füße von einer Kleinheit, um die ein Stutzer ihn beneidet hätte; die Taille stand' in fast gar keinem Verhältuiß zu den breiten Schultern und Husten. Nach wie vor war des jungen Mannes Lieblingsbeschäftigung die Roman Lectüre und nach wie vor verhehlte- er den Nach-j
barn wie den Kunden nicht, daß ihm das Gewerbe der Fleischerei verhaßt sei und daß er nur aus Pietät den vom Vater ererbten Schrägen (Scharren) offen hieht.
Eines Tages — ungeiähr ein halbes Jahr nach der Uebernahme des Scharren — kam eine feingeklcidete Dame, der ein Dienstmädchen mit einem schweren Markt- korbe folgte, an de» Schräge» ; nach einem kurzen Zwiegespräch mit Nr Dame forderte das Mädch-n eine Hammelkeule, und als sie diese erhalten, empsievg sie Geld von der Herrin, bei welcher Gelegenheit diese den Schleier-hob. August stand wie in der Erde wurzelnd ; eine solche Schönheit halte er noch nie gesehen, kaum war er im Stande, das Geld in Emp'ang zu nehmen und darauf herauszngcbe». Auch die Dame schien ein besonderes Interesse an dem junge» Manne genommen zu haben, den» mehr, als es sich zu jener Zeit sür ein junges Frauenzimmer schickte, betrachtete sie ihn, ehe sie den verhüllenden Schleier wieder fallen ließ. Als sie mit dem Mädchen ging, verfolgte August sie mit den Auge», so weit er konnte, und als er sich wieder setzte und sein Buch in die Hand nahm, sah er statt hinein darüber hinweg. Diese Scene wiederholte sich an acht hinter einander folgenden Tagen, an einem Montag litt cs ihn nicht so lange wie gewöhnlich in dem Scharren — er schloß die Bude und ging.
Am nächsten Montag erstaunten die Nachbarn nicht wenig, als der Scharren geschlossen blieb und Meister Bobe, Einer derselben, sagte zu dem Sohn : „Christoph! lauf was Du kannst nach der Mvlacksgasse zu Meister Runge, Du kennst ja seine Wohnung, bist oft bei ihm gewesen, und frage nach, ob er vielleicht krank ist; wenn dem so wäre, solle er uns den Scharrenschlüssel schicken, wir werden den Bestand mit verkaufen, ehe er verdirbt aber lauf!" Christoph rannte mehr, als er ging, die Rosenthalerstraße hinunter, doch schon nach einer halben Stunde kehrte er mit betrübtem Gesichte zurück und erzählte, auch die
alte Wirthschafterin sei außer sich und weine und heule, denn der Herr August wäre gestern Nachmittag fortgegangen und bis heute noch nicht wieder heimgekehrt. — Wenn sich so Etwas heute ereignen würde, so früge keine Wirthschafterin und kein Nachbar darnach, denn in der Stadt des Orpheums und diverser anderer Nachtlokale gehört dies nicht zu den Seltenheiten; aber man denke sich Berlin zu jener Zeit, Punkt IO Uhr Bürgerglocke — Alles still wie ein englischer Sonntag. —
Als auch der folgende Tag kam und mit ihm kein August, schickte man zuerst nach Onkel Schlossermeistcr Runge und dann zum Revier-Polizei-Commissarius, die Sache machte von sich sprechen ; bald setzte sich die ganze Criminal-Polizei in Bewegung, alle Necherchenschleusen wurden geöffnet, die Spree beaufsichtigt, in den Zeitungen (Voss. u. Speuer) Bekanntmachungen erlassen, die Gendarmerie in Bewegung gesetzt, genug nichts versäumt, was zu irgend einer Aufklärung Veranlassung geben konnte, doch Alles vergebens:
„Sie ritten auf's Land, sie kamen wieder. Den August bracht' kein Genda>m mehr
wieder".
(Fortsetzung folgt.)
Ein besseres Mittel.
Entrüstungsmeelings überall!
Das ist ein mächtiges Wirken,
Es werden mit der Rede Schall Verdonnert drohend die Türken.
Allein was nützt das schöne Wort?
Die That nur Hilst, wir müßten,
Anstatt uns selber immerfort.
Die Türken jetzt entrüsten.
__ (B. W.)
Rechenaufgabe.
Von W. Wolfs.
Ein Pfennig steht seit Christi Gehurt (also volle 1876 Jahre) zu 5 Procent Zinseszins und werden djeZinsen jeden An gen blick zum Capital geschlagen. (Also stetige Zinsen);
Welches große Capital wird bis jetzt daraus (1876 Jabre lang auf Zinsen re.)
LjMömrg zrM mrf öm LrrMikl
für das vierte Quartal 1876.
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