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Deutschland.

Berlin, 26. April. Abgeordneten- Haus. Bei der heutigen ersten Berathung der Vorlage, bctr. das Eisenbahnwesen er­greift Fürst Bismarck nochmals das Wort: er könne als Ministerpräsident und als Reichskanzler nur die Annahme der Vorlage empfehlen und sich sachlich auf das von Laster gesagte beziehen. Das Reichseisen­bahnamt lhue sein möglichstes, treffe An­ordnungen genug, aber Niemand respektire dieselben. Wenn man indeß von partiku- laristischem Widerstande rede, solle man nicht allein von Sachsen sprechen, auch andere Regierungen seien dabei betheiligt, die preußische nicht ausgenommen. Die Zerrissenheit Deutschlands auf dem Eisen­bahngebiete, wo man 63 Eisenbahnterritorien habe, wovon über 40 auf Prenßen sielen, werde auf die Dauer unerträglich. Er theile nicht die Befürchtung, daß Aussicht und Konkurrenz mit einanander unverträg­lich seien. Die nichtpreußischen Bahnen würden bald genug sämmtlich von den betreffenden Staaten erworben werden; wider den Willen dieser Staaten werde das Reich ja doch überhaupt deren Bahnen nicht übernehmen können. Die Ncichsverf. tonne bezüglich des Eisenbahnwesens nur zur Wahrheit werden, wenn die Eisenbahnen an das Reich übergehen. Wenn das Reich dem Erwerbe der preuß. Bahnen zustimme, würden mindestens 3 Jahre vergehen, ehe man in anderes Fahrwasser gelange; er würde es bedauern, wenn Preußen diese Zeit ungenützt vorübergehen ließe und nicht änderte und besserte, was zu bessern ist. Wir wollen nichts übereilen, nichts über­stürzen, sondern schrittweise vergehen. Er­schwert wird die Lösung der Frage durch die Stellung der Parteien dazu. Es ist wünschenswerlh, die politischen Hinterge- gedauken zu verdrängen und nur die wirth- schastliche Seite im Auge zu behalten.

Man schreibt derNordd. Allg. Ztg." aus Petersburg:In der Begleitung des Kaisers wird sich auch diesmal für die Reise nach Ems Fürst Gortschakoff befinden, welcher dann voraussichtlich wieder einen längeren Aufenthalt in Wildbad nehmen und daher nicht mit dem Kaiser nach Ruß­land zurückkehren wird.

Kiel, 28. April. Die Korvette Ga­zelle, Kapitän v. Schleinitz, ist nach zwei­

jähriger Abwesenheit in der Südsee.heute glücklich hier eingelanfen. An Bord ist Alles wohl.

Der Rheinische Curier in Wiesbaden hat aus sicherster Quelle erfahren, daß das Gedichtder Oberrhein", welches durch die Zeitungspresse läuft, nicht vom Kaiser her­rühre, und fügt ausdrücklich hinzu,es werde gewünscht, daß hierüber auch nicht der leiseste Zweifel bestehen bleibe."

(Ablösung von Streurechteu in Bayern.) Nach amtlichen Angaben aus. den Jahren 18681873 wurden in Bayern 1080 Slreurechte abgelöst. Diese bezogen sich auf 32,734 zweEpännige Fuder Streu ( 5 Ster) im Geldanschlag von 363,003 fl. Hiernach wurde das Fuder Streu mit 11,s fl. im Durchschnitt bezahlt, dagegen in Schwaben mit 15,s fl. in der Pfalz mit 16 fl. und in Mittelfranken mit 23,s fl.

(Thätigkeit cher Marktpolizei.) In der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März d. I. haben auf den Berliner Wvchen- märkten 115 Beschlagnahmen animalischer Nahrungsmittel stattgehabt und es sind bei denselben 6817 Pfund Fleisch konfiszirt worden. In dem ersten Quartal des Vor­jahrs fanden statt 54 Beschlagnahmen mit 1621 Pfund Fleisch, mithin ist die Zahl der Beschlagnahme um 61, das Quantum des konfiszirten Fleisches um 5196 Pfund gestiegen. In Folge dieser gesteigerten Thä­tigkeit der Veterinär-Polizei ist seit dem 1. d. M. eine Abnahme der Beschlagnah­men konstatirt worden, wozu auch die gegen die Schlächter und Fleischhändler gerichts­seitig erkannten sehr hohen Strafen beige­tragen haben mögen.

Württemberg.

Reutlingen, 27. April. Diesen Morgen wurde hier ein Schneider verbaftet, der seine Frau zu vergiften gesucht und ihr zu diesem Zweck Phosphor von Zünd­hölzchen in die Milch gethan hatte. Der Verhaftete hatte erst vor 1 Jahr als Witt- wer seine Frau geheirathet und scheinbar glücklich mit ihr gelebt. (N. T.)

Reutlingen, 28. April. In un­serer Stadt lebt ein Greis, dem Arbeiter­stande angehörig, welcher an dem gleichen Tage'wie unser Deutsäier Kaiser geboren ist, und welcher auch in seiner Jugend die Befreiungskriege z. Theil mitgemacht hat. Im letzten Jahre nun erlaubte er sich, seinem hohen Altersgenossen zum Geburts­tags zu gratulircn und erhielt als Antwort aus der Kaiserlichen Privatkasse zur freu­digen Ileberraschung der Familie, die Summe von 50 eine Gabe die sich Heuer wiederholte. (N. T.)