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regiments, Oberstlientenant Freiherr v. ^ Aagner-Frommenhausen mit dem Regimentsstade, so namentlich Major Graf zur Lippe, Rittmeister Freiherr von Reischach, Chef der 3. Eskadron, nebst weiteren Offizieren und Beamten, find in Schwieberdingen einquartiert, wo von jeher der geräumigen Lokale, der guten Küche und Keller wegen das Militär gerne verweilte; Herzog Eugen, Major und Chef der 5. Eskadron des I. Ulanenregiments auf dem Schlosse des Freifräulein von Sturmfeder in Dizingen. Vom 22. August an wird auch der Stab der 26. Cavalleriebrigade. insbesondere General von Salviati mit seinem Adjutanten Rittmeister Freiherr v. Gärlringen im Gasthaus zum Lamm in Schwieberdingen sich einquartiren.
Tas „Wochenblatt für Land- und Forstwirthfckaft", herausgegeben von der K. Württ. Centralstelle für die Landwirth- ichait, enthält in seiner Nr. 32 folgende Artikel: Der landwirthschastliche Unterricht in den ländlichen Winterabendschulen. Von Landwirthschaftslehrer W. Marlin in Buchen. (Erwiederung auf den Artikel gleichen Themas von Pfarrer Dietrich von Asch in Nr. 26 des Wochenblatts ; Land- wirthschaftliche Konsumvereine; Kontrolela- ger von Futtermitteln; Aus dem Jahresbericht der Landesproduktenbörse in Stuttgart pro 1874; Bericht über die am 21. Juli in Münsingen abgehaltene Bienenzüchterversammlung von Schullehrer Koch in Aningen.
Ausland.
Paris, 17. Aug. Nach einem Telegramm der „K. Z." hat sich hier dis Cholera gezeigt.
Miszellen.
Der Ummeister von Ltrastburg.
Historische Novelle von Emilie Heinrichs.
(Fortsetzung).
„Gewiß thäten sie's, weil sie noch immer viel zu verlieren haben," nickte der Schreiber triumphirend, „fragt aber nur die Armen, welche nichts verdienen und den letzten Groschen für Steuern hingeben müssen, fragt diese, Meister Veit! sie werden Euch die rechte Antwort geben. Was sperren wir uns länger gegen die Gewalt! Pah, had's gleich gesagt, als der König uns einen Residenten, der ihm nun über Alles berichten kann, hierhersetzte, — was sagte ich damals? — Nun ist's gut, Kinder, sagie ich, der Bock ist zum Gärtner bestellt, was bauen wir noch Kohl? — Ader mir müssen nach wie vor auf Wache zieben und in Furcht und Sorge leben, während wir doch eigentlich schon lange französisch sind."
„Wir haben aber auch einen Straßburger Residenten an des Königs Hofe," bedeutete ihm der Schuhmacher.
„Das ist's ja gerade, — da liegt ja eben der Hase im Pfeffer," eiferte der Schreiber, „über uns ist kein deutscher Kaiser mehr, der sonst ein solches Recht allein besitzen durfte, der listige Franzose
hat Straßburg zu einer großen Macht erhoben und Straßburg immer geschmeichelt. Schon vor ISO Jahren hatte er ein Auge aus uns geworfen und den wohlfeilen Rath bei einem Kriege mit Deutschland um Neutralität gebeten, ja. demselben sogar ein Schiedsrichteramt angetragen, damit wollte der listige Wälsche uns von Deutschland abwenden und unter einander uneins machen, und Ihr kennt doch das Wort der Schrift, daß nicht einmal die Hölle bestehen kann, wenn sie uneins ist."
„Wie der Schreiber doch gelehrt zu reden versteht," meinte der lange Tobias staunend, woher Ihr das nur Alles habt?"
„Das erfordert mein Amt," warf sich Jener stolz in die Brust, da kommt mir so manche alte Schrift unter die Hände, welche ich mir sein säuberlich hinter's Ohr schreibe. Also, um wieder zur Sache zu kommen, die Geschichte mit dem Residenten bedeutet hinwiederum nur einzig, daß wir französisch sind und dem König nur in Gottes Namen die Stadt übergeben könnten, auf daß wir einmal wieder zu Athem kommen und Geld sehen werden."
„Papperlapapp!" rief der lange Tobias, „so redet kein deutscher Bürger, wir Soldaten haben in erster Reihe mit dem Franzmann zu sprechen und fürchten uns nicht vor dem Prahlhans. Nun aber ein Ende damit, wie's kommt, so kommt's auch ohne unser Zuthun, laßt uns weiter spielen."
Die Soldaten würfelten von Neuem. Der Schreiber zog sich mit dem Schuhmacher an einen andern Tisch zurück, wo auch sieben bis acht Bürger saßen.
„Ihr habt da ein wahres Wort geredet, Herr Schreiber !" bemerkte der Eine, seines Zeichens ein Weber, mit leiser Stimme, „die Zeit ist so schlecht, so traurig, daß man lieber heut' als morgen ein Ende davon machen möchte. Ringsumher ist Alles französisch gemacht, was fällt dem Rath ein, sich allein dagegen zu stemmen?"
Der Schreiber zuckte die Achseln und blickte nach der Thür, durch welche in diesem Augenblicke die hohe Gestalt des Doctors Ulrich Obrecht trat.
Wie elektrisirt sprang der kleine Nath- mann auf und schritt mit kriechender Un- terwürfi keit aus ihn zu.
Die Soldaten schienen sich wenig um den Einiretenden zu kümmern, sie spielten unv zechten ruhig fort, während der Wirth eine Thüre öffnete, um dem vornehmen Herrn ein Stübchen allein mit dem Schreiber anzubieten.
„Laßt nur, Meister Schwerlteger!" wehrte Obreckt freundlich ab, indem er dem Schreiber einen Wink gebend, auf jenen Tisch zuschritt, wo Letzterer mit dem Schuhmacher Platz genommen.
„Wenns die Herren erlauben, setze ich mich zu ihnen," sprach der Doktor, „es schwatzt sich angenehmer in Gesellschaft."
Die „Herren" fühlten sich natürlich über die Maßen geehrt durch seine vornehme Gegenwart und rückten dichter zusammen, um ihm Platz zu machen.
„Wein her," rief Obrecht mit lauter Stimme, „für Alle hier am Tisch, Meister Schwertfeger! Die wackeren Bürger sind!
meine Gäste, sie werden einen Becher Wein nicht verschmähen."
Der Wirth füllte die Krüge und die wackeren Bürger ließen den freigebigen Freund hochleden.
„Ei, Herr Doktor!" begann jetzt der Schreiber mit einem schlauen Lächeln, „verzeiht , wenn ich es verwunderlich finde, Euch hier in dieser schlechten Schenke und unter uns armen Schluckern in letzterer Zeit so däufig zu sehen, Ihr, ein so vornehmer Herr, dem die feinste Gesellschaft zu Gebote stände?"
„Ach was, geht mir mit der feinen Gesellschaft, mein lieber Schreiber!" riet Obrecht mit einer verächtlichen Handbewegung , „mich ärgert das Prahlen und Großthun, das Schlemmen und Prassen jener Herren, die sich vom Marke des Volkes nähren und es schließlich doch ver- rathen und verkaufen. Ich kann's nicht mit anseben, wie der arme Bürger, der bald nichts mehr hat, um den Hunger der Seinen zu stillen, für diese hohen Herren sich plagen. Tag und Nacht Wachen halten muß für die Sicherheit Derer, die nur ihre Macht und ihre Privilegien an Frankreich zu verliere» fürchten."
»Ja, ja, es ist eine Schande, wir wollen es nicht mehr, mögen sie selber jetzt Wache halten!"
So riefen sie mit finsterer, drohender Miene.
„Was wollt Ihr dagegen machen, meine Freunde?" fuhr Obreckt fort, „nichts, sage ich Euch, gar nichts!"
„Wir werden die Herren zwingen, dem Unglück ein Ende zu machen, daß man wieder einmal ruhig schlafen kann," bemerkte der Schreiber.
„Zwingen? — womit?" spottete Obrecht, „geht hin, versucht es, man wird Euch bald stumm und zahm machen. — Nein, mit offener Gewalt ist nichts zu machen, mit Empörern und sogenannten Verräthern weiß der hohe Rath kurzen Prozeß zu machen. Seht, meine Freunde!" fuhr er leise fort, einen raschen Blick umherwerfend und sich dann vertraulich über den Tisch beugend, „seitdem mein armer Vater der Rache seiner Feinde zum Opfer fiel, habe ich mich abgewandt von jenen stolzen Menschen, die kein Herz für ihre ärmeren Mitbrüder haben und nur nach Ehre und Reichlhum trachten. Das sind die Kamele, von denen Christus sprach, die eben so wenig durch ein Nadelöhr gehen, als sie in's Himmelreich kommen. Als Christ habe ich mich deßhalb zu den Armen gewandt und es endlich eingesehen, daß unsere Selbstständigkeit nur den regierenden Herren zu Gute kommt und den reichen Bürgern — Euch aber nicht meine Freunde!"
„Nein, nein, uns nicht !" scholl es wie aus einem Munde.
(Fortsetzung folgt.)
Wegen Umzugs erscheint nächsten Dienstag keine Nummer des Enzthälcr. Die Leser w.erden später durch Beilage entschädigt.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.