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in der Schenke als in der Werkstatt sich umhertnmmelte,wenn wir Bürger nns nicht selber schützten, sähe es schlecht aus um Straßburg, Söldner, die nicht sür eigen Haus und Herb streiten, verspeist der wälschc König zum Frühmahl."

Daß Dich, du elender Pechdraht!" schrie ber Soldat, wüthend nach seinem Degen greisend.

Still, ruhig Freunde!" gebot eine Stimme am andern Tische, wo d-r Streit niit oeni langen Tobias angegangen,der Friede ist schon geschlossen, wer ihn wieder bricht, zahlt einen halben Gulden."

Diese Friedeusstimme gehörte einem kleinen, übermäßig dicken Manne mit einem seuerrothen ausgedunsenen Gesichte an.

Er hieß Nalhmann und war seines Zeichens ein Schreiber, also in den Augen dieser Gesellschaft eine Art gelehrte Auto- rität, der sich die streitenden Parteien stets tilgten, wie auch Name und Stand ihn nach eigenem Ausspuch zur richterlichen Person in diesem streitsüchtigen Kreise ganz besonders quallficirten.

Der Friede war auch in der That augenblicklich hergestellt, und Zacharias Nathmann strich sich schmunzelnd das wohl­gepflegte volle Kinn und blickte wie ein König in seinem Reiche umher.

Ich sage Euch." begann der stark be­rauschte Metzger von Neuem, mit einer Stimme, die immerfort an den Worten zu schlucken schien,der vierzehnte Ludwig ist mein Mann, bei ihm kann sich der Soldat und auch der Bürger fühlen und auf die ganze übrige Welt mit Verachtung herab-- sehen. Nur in Frankreich werden noch respectable Ochsen gemästet."

Wieherndes Gelächter unterbrach bei diesem Passus seine Rede, der Metzger blickte verwundert umher Warum lacht Ihr?" fuhr er stammelnd fort,ich habe Recht, das deutsche Reich ist nur eine Heerde Schafe, Frankreich scheert dis Wolle und nimmt auch noch die Schafe guterletzt. Was ist dabei zu lachen ?"

Nein, mein braver Hans Metzger!" rief Naihmanii,dabei könnt' man eher weinen, wenn mau Lust dazu hätte. Aber die Geschichte ist doch komisch, wenn man an die Schafe denkt; was mich betrifft, so halte ich's immerdar mit dem Stärker», also lieber mit dem Wolf, als mit den dummen Schafen, die sich erst scheeren, dann noch geduldig fressen lassen."

Das liegt an dein Hirten," meinte der Schuhmacher Beit, den Finger an die Nase legend.

Ter schläft alleweile, wenn der wälsche Wolf zuschnappt," lachte der Schreiber spöttisch,wollt Ihr zu den dummen Schafen gehören, Gevatter Beit?"

Ja. freilich will ich das," versetzte dieser, feinen Krug heftig auf den Tisch stoßend,es ist immer doch besser, dumm und ebrlrw sein, als ein räuderischer Wolf, vor dem sich kein Mensch schützen kann und der hinterrücks ni iremoe Hurven eindrichi. Ich für meinen Tr,eil will nichts mit dein watschen Wolf zu schaffen und auch kein Theil an feiner Herrlichkeit haben." I

Könntet es sonst sehr gut gebrauchen," ^ bemerkte der Schreiber, boshaft blinzelnd.

,und ich glaube, wenn der König von Frankreich dem Meister Beit io ein Tau­send Thaler in fein Schurzfell würfe, er würde sich nicht wie ein Schaf dafür bedanken.

Alle lachten laut, der Schuhmacher stützte finster den Kops und schaute nach­denklich in den leeren Krug.

Tausend Stockprügel meint Ihr wohl," brummte er dann,der wälsche König schüttelt das Geld auch nicht aus den Aermeln. Uebriaens ist es ein Hundeleben anjetzo hier in Straßbnrg," setzte er zornig binzu,immerdar nur Wache ziehen und dabei Steuern und immer wieder Steuern zahlen, das halte der Kukuk aus, ich hab's satt. Früher durfte mau noch selber an der Befestigung Mitarbeiten, nun aber muß man schon lange Frobngeld zahlen und hat doch selber keinen Verdienst mehr."

Na, so lange der Gevatter Schwert­feger noch aukreidet, mag's schon geben," lachte der Schreiber,und die Zukunft soll uns nicht kümmern, mir gleich, ob ei» Magistrat mit einem Ammeister oder ein König uns regiert, wenn ich nur lustig leben kann. Kommt, Meister Veit! stoßt mit mir an auf ein lustiges Leben!"

Mit leerem Krug?" brummte der Schuhmacher.

Heda, Meister Schwertfeger! Wein her! Füllt mir des Meister Veit's Krug bis zum Rande, schreibl's auf mein Schulveuregister. Pah, nur nicht den Kopf hängen lassen, auf Ziegen folgt Sonnen­schein, bester französisch erwerben, als deutsch verderben! Die großmächtigen Herren vom Rath haben gut kommandiren, sitzen noch immer im Vollen und lassen Andere arbeiten ; möcht' auch wohl Raths­herr oder gar Ammeistcr sein, glaub's wohl, daß es den Herren nicht mundet, ihre Macht dahinzugeben aber wenn man die Bürger fragen wollte?"

O, die würden es noch immer in der großen Mehrzahl mit dem Rathe halten und ibre Freiheit nicht um ein Linsengericht hingeden," fiel Meister Veit hartnäckig ein. Denkt nur an damals es war, glaub' ich, Anno 73 oder 74, als der Fran­zose die anderen Städte im Elsaß ver­brannte, und die angesehensten Bürger der Stadt an der Befestigung der Bollwerke selber mitarbeiteten, das thäteu sie noch heute, glaubt cs nur."

(Fortsetzung folgt.)

Das Tunnel zwischen Frankreich und England soll wieder in Frage gestellt wor­ben siiu, da man nicht mit Bestimmtheit angeben kann, wie tief man dabei in die Kreide kommt.

Die deutsche Abtheilung in der Aus­stellung der geoaravbii'chen Wissenschaften zu Paris soll der Marichall Mac Mabon sehr rasch mit den Worten durchschritten

haben:Ich liebe diese Leute nicht.

Wir können es dem Marschall verargen, wenn er im Bewußtsein seines Wort Hs verdrießlich darüber ist, daß wir Deutschen einige ehemalige Theile Frank­reichs ausführlicher behandelt baden als, dies den Frau,ofen mit einigen unserer Provinzen gelungen ist. (B. W.)

Ein beherzter Kutscher. Ein verwegenes Beispiel von Mulh und Ent­schlossenheit hat am verflossenen Samstag der Pariser Kutscher Jean Poinset, ein früherer Traimoldat, gegeben. Derselbe fuhr in seinem Wagen die Schriftsteller Alfred Wolfs und Viktor Koning spazieren, als i» der Rühe des Palais de l'Jndustrie das Pferd plötzlich scheute, durchging und in gestrecktem Lause die Richtung nach dem Arc de l'Etoite einschlug, während die Räder hart das Trottoir streiften und der Wagen in furchtbare Schwingungen gerieth. Da reißt plötzlich dem Kutscher der Zügel in den Händen entzwei. Nun denke man sich die Situation! In diesem Augenblicke richtet Poinset sich auf seinem Sitze in die Höhe der erschreckten Menge entreißt sich ein Schrei des Entsetzens ein kühner Sprung über das Trittbrett und der be­herzte Mann liegt der Länge nach ausge­streckt auf dem Rücken des ungeberdigen Thieres. Hier entspinnt sich ein furcht­barer Kampf. Poinset gewinnt endlich festen Schluß, er setzt die Schenkel ein und greift mit der herkulischen Kraft seiner beiden Hände in die Nasenlöcher des ra­senden Pferdes, das nach einigen Augen­blicken tollen Widerstandes aus diese Weise zum Stehen gebracht, wird. Den Jubel des Publikums zu beschreiben, ist unmöglich. Alles drängte sich um den beherzten Kutscher, um ihn zu beglückwünschen und ihm die Ueberzeugung auszudrücken, daß ihm für seinen Heldenmutb die Auszeichnung der Rettungsmedaille gewiß sei.

Ei» englischer Kritiker, neben­bei ein großer Trunkenbold vor dem Herrn, begab sich eines Tages, nachdem er wiederum viel getrunken hatte, in das Britische Mu­seum, um dort den Stoff zu einem Artikel über neue Gemälde zu holen. Als er im Vorzimmer aniaugte, blieb er vor einem Spiegel stehen, in der festen Ueberzeugung. daß er vor einem Gemälde stände. Er beobachtete einen Augenblick das seltsame Antlitz, welches sich darin abspiegelte und schrieb dann in sein Notizbuch:Erster Saal. Kopf eines Trunkenboldes; nicht bezeichnet. Viel Charakter. Eine rothe Nase, welche an die Wirklichkeit streift. Stumpfsinniges, thierisches Aussehen. Habe diesen Typus schon irgendwo gesehen, Muß ein Porirait nach der Natur sein." Am andern Morgen las man eins balbe Spatle, welche demKopfe eines Trunkenboldes" gewidmet war.

geben werden

Die auf nächsten Dienstag fallende Nummer des Euzthäier kann wegen Geschäfts-Umzugs nicht ausge-

Anzeigen für das Samstag blatt wollen wo möglich bis Donners­

tag Abend ans. nborooben morden.

Redaktion, Druck und Verlag Svn Zak. Meeh in Neuenbürg.