noch Sicherheit beim deutschen Reiche zu finden und ohne solche kann eine einzelne Stadt, besäße sie auch Mauern wie weiland Jerusalem, nicht fürder bestehen, sie muß sich anlehnen können an eine mächtige Nation. Das ist Frankreich, das große, herrliche, unüberwindliche Frankreich, und aus diesem Grunde, den Niemand umzustoßen vermag, wird unsere Thal eine gesegnete sein für Straßburg, zumal der König alle Privilegien der Stadt schützen und aufrechte rhalten wird."
Günzer hatte aufmerksam zugehört; jetzt nickte er beifällig und sprach mit einem zufriedenen Lächeln: „Ihr versteht's, den Mohren weiß zu waschen und den Gottseibeiuns in einen Erzengel umzuwan- deln, Obrecht! Zu meiner eigenen Beruhigung lasse ich Eure Gründe gelten, doch rückt nun endlich mit Eurem Plane heraus."
„Wir haben nur noch wenige Wochen zur Frankfurter Messe," begann Obrecht nach einer Weile scheu und so leise, als fürchte er sich vor der eigenen Stimme, „dieser Zeitpunkt ist unserem Plane inso- sern außerordentlich günstig, als sodann die Mehrzahl der vornehmen Kaufleute sich dorchin begibt. Wenn wir nun mit Hilfe des Geldes eine Anzahl Männer natürlich Bürger der Stadt, anwerben, welche die Franzosen auf heimliche» Wege» herbeiführen, und ihnen die schwächsten Seiten zeigen, während Andere das Weißenthurmthor, unfern „Lug in's Land", zu welchem Ihr leicht die Schlüssel anschaffeu könnt, zu öffnen suchen, muß es dem übermächtigen König schier ein Leichtes sein, die Stadt in aller Stille, wie er es wünscht, zur Uebergabe zu zwingen und wenn sich zehn Ammeister dagegen stemmen."
„Nicht übel!" nickte Günzer, „doch wird» schwer halten, den Schlüssel herzuschaffen."
„Ihr wolltet den Lohn doch nicht umsonst haben ?" lächelte Odrecht, sich erhebend, „ich gehe jetzt nach der Schenke „Zum deutschen Hause", wo ich meine tauglichen Sub'jecte schon finden werde. Es muß den Anschein gewinnen, als sollten diese Bürger die Umgegend nach dem Feind auskundschaften, während die Uebrigen, deren Anwerbung ich Euch überlassen werde, an jenem Tage die Wache am Weißenthurmthor haben müssen."
„Ter Stadtschreiber von Straßburg, des regierenden Ammeisters rechte Hand, wird solches leicht bewerkstelligen können. Meister Gottlieb !" wendete er sich jetzt mit lauter, befehlender Stimme zu dem Wirth, „meine Zeche!"
Der Wirth kam eilfertig berbei und rechnete geschäftig die Zehrung des Herrn Toctors aus, der sich dann mit kurzem Gruß rasch entfernte.
„Ein lieber, freundlicher Herr!" meinte der pfiffige Wirth, sich um den schweigsamen Stadtschreiber zu schaffen machend, „gar nicht stolz!"
„Würde ihm auch prächtig anstehen," fubr Günzer ihn barsch an, „was bin ich schuldig
„Wollen der Herr Stadtschreiber schon j fort, nicht das gewohnte Spiel machen?"
„Nein, vorlauter Gottlieb! — Hüte deine Zunge, sie könnte dir leicht einen schlimmen Streich spielen."
Er schritt hinaus. Der Wirth schüttelte den Kopf und gelobte sich im Stillen, kein Wort von der geheimnißvollen Zwiesprache der beiden Gäste laut werden zu lassen, sintemalen, wie er calculirte, der Stadtschreiber eine gewichtige Person und der Doctor, als der Sohn eines Hingerichteten, vollends ein gefährlicher Mann war.
(Fortsetzung folgt.)
— Ein interessanter Prozeß schwebt gegenwärtig an einem hessischen Landgericht. Ein Handelsmann machte einem Bauer die Offerte, ihm 20 Malter Frucht abzukaufen. Für das erste Malter brauche er ihm blos 1 Heller zu bezahlen, für das zweite 4 Heller, für das dritte 8 Heller, für das vierte 16 Heller, und so für jedes folgende Malter die doppelte Anzahl Heller wie für das vorhergehende. Der Bauer rechnete sich den Betrag rasch bis zum zehnten Malter aus und glaubte Wunder wie ein gutes Geschäft zu machen, wenn er rasch den Handel vor Zeugen abschloß. Wie erstaunte aber der Mann, als man die Kreide herbeiholte, um den Preis auszurechnen, als sich beim Verdoppeln immer größere Ziffern repräsentirten. Schon beim 16. Malter, das er mit 36,768 Heller bezahlen sollte, wurde dem Manne sehr schwül, die Haare sträubten sich ihm aber bei den nun folgenden Ziffern zu Berge, denn für das 20. Malter sollte er 580,288 Heller zahlen. Sämmtliche Zahlen addirt, ergeben die Summe von 1,160,575 Heller — 4368Vs Gulden. Natürlich weigerte sich der Landmann nun, diese horrende Summe zu zahlen, der Handelsmann besteht aber auf seinem Schein und schwebt die Sache wie gesagt, jetzt am Gericht.
Tod durch Natternbiß. Aus Mainz, 5. August» schreibt man dem Franks. Journ.: „Hei dem am Montag früh von Metz aus unternommenen Ausflug der Krieger Vereine auf die Schlachtfelder von Mars la Tour, Gravelotte rc. ereignete sich ein eigenthümlicher Unglücksfall. Ein von dem beschwerlichen Marsch ermüdetes Mitglied des Wormser Krieger- Vereins scheint sich auf eine im Grase liegende und durch den Druck gereizte Natter, welche als zu der einzig giftigen Species der Nattern, den Kupferschlangen gehörig, erkannt wurde, gelegt zu haben. Er fühlte bald einen empfindlichen Stich an der äußeren Handfläche, den er aber nicht weiter beachtete. Hand und Arm schwollen jedoch zusehends an, und die in Metz noch am Abend herbeigerufcnen Aerzte erklärten die Amputation für nothwendig. Aber auch dieses Mittel scheint zu spät gekommen zu sein, der junge Mann, Vater von drei Kindern, war am Morgen bereits eine Leiche.
Ammins.
Zum 16. August 1875.
Die Augen leuchtend und das Schwert erhoben,
So steht er da, ein Merkmal für die Seinen,
Bestimmt, zu führen in des Kampfes
Toben,
Geschickt, im Nach Zwiespältiges zu einen.
Mit kühnem Fuß tritt er auf die Trophäen, Die er im Streit erworben mit dem Schwerte;
Nicht ziemt es ihm, der Beute nachzuspähen. Der Eines nur, ein Einz'ges nur begehrte.
Auf Eins allein hält er den Blick gerichtet; Nichts Andres dünkt ihm werth danach zu schauen,
Eh' nicht des Vaterlandes Feind vernichtet. Zerstreut, vertrieben aus den deutschen
Gauen.
So stand er da, ein Fels in den Gefahren, Ein Hort im Rath, wo sich die Stimmen scheiden;
So überwand er des Augustus Schaaren. Sein Land erlösend aus der Knechtschaft
Leiden.
Als Weib und Kind in Feindeshand gefallen —
Und nimmer sah er wieder sie im Leben--- Stand er noch fest, ein leuchtend Beispiel
Allen,
Und nur dem Einen galt sein ganzes Streben.
Es rühmt von ihm der Römer, der ihn
haßte:
„Er war des Volkes Liebling, weil Gemeines
Ihm ferne war; sein stolzes Herz erfaßte Allein der Freiheit Gluth — ihm galt nur Eines."
Ein Schrecken war den Feinden er. Mit Grauen
Erzählten alte Krieger noch nach Jahren, Was in der Teutoburger Schlacht zu schauen. Wie viel der Leichen unbegraben waren.
Und von dem Deutschen, der einst Rom
gesehen
Und, von der Weltstadt Reizen unbezwungen Mit kühnem Fuße trat auf die Trophäen, Erzählten lang' die Alten noch den Jungen,
Die Augen leuchtend und das Schwert erhoben.
Steht heut er da, ein Meikmal für die Seinen,
Bestimmt, zu führen in des Kampfes Toben, Geschickt, im Rath Zwiespältiges zu einen.
Sind wir die Seinen? — Ach, daß nie zerrisse
Zwiespalt und Schmach die heul vereinten Gauen!
Daß nie beschämt er oder trauernd müsse Von seinem Berg auf Deutschland nieder- schauen!
(B. W.)
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. M e e h in Neuenbürg.