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in welch wahrhaft hochherziger Weise er vom Auslande her aus eigenen Mitteln während des deutsch französischen Krieges für die Zwecke unserer verwundeten und tranken Krieger beigesteuert hat. (N. T.)
F ri e d ri ch s h a f e n, l.3.Jn>i. Heute Abend kam Se. Majestät der deutsche Kaiser, der Großherzog und die Großherzogin von Baden, sowie höchst deren Sohn, der Erb- uroßverzog von Baden, zum Besuch der Königl. Familie von der Mainau hierher. Seine Majestät der König empfing seine bobc» Gäste an dem Dampsboot und war die Begrüßung derselben eins recht herzliche. In der Begleitung des Kaisers war ein zahlreiches Gefolge. Die Abreise nach der Mainau erfolgte nach I ständigem Aus- eathalte Abends '/» 8 Uhr.
Neuenbürg. Wie aus dem Anz.- Tbeil des Blattes ersichtlich, werden wir am Montag einen bier seltenen musikalischen Genuß haben. Herr und Frau Meyer waren unter der letzten Winter hier gewesenen Gesellschaft und ist es ganz besonders der erstere, welcher durch sein vorzügliches Clarinettspiel die allgemeine Bewunderung hervorgerufen hat. Die Namen der Herren Bertram u. Lang sind so gut bekannt, daß wir uns wirklich freuen dürfen, daß die sich auf ihrer Heimreise befindlichen Künstler wieder an unsere Stadt gedacht haben. '
Wildbad, 13. Juli. Bis jetzt lputet die Frequenz auf 4191 Personen.
Dobel, 13. Juli. Nachdem die " Schätzungskommission soeben ihre traurige Arbeit beendigt hat, ist erst die Größe des Unglücks zu übersetzen, das uns durch das Gewitter am 8. d. M. so unerwartet betroffen. Hienach ist nicht weniger als der ganze Ertrag der heurigen Ernte im Werth von 20,000 sl. vernichtet. Bon den Kartoffeln, die, wie die übrigen Früchte, Heuer einen ausnahmsweise reichen Ertrag ver sprachen und eben in üppigster Blüthe standen, ist kaum noch etwas Schweinfutter zu hoffen. Und doch bilden diese die Hauptnahrung der fast durchgängig aus Holzhauern bestehenden Bevölkerung. Gott wolle drein sehen und Trost den Armen spenden. (S. M.)
(S. M.)
Die immer praktischen Amerikaner wißen sich auch gegen die Heuschreckenplage zu helfen. Sie verspeisen dieselben ganz einfach als Delikatesse. In Missouri wurde ein Tiner gegeben, bei dem die Heuschrecken in der versch ebensten Zubereuungsweise aus dem Speisezettel sigurirten.
Par is, 2. Juli. (Uebersckwemmung im Südeit.) In der Vorstadt St. Cyprien von Toulouse findet man, den letzten Berichten zuftdlge, noch fortwährend Leichen. Dieselben jfind schon halb verwest. Es ist selten, daß «man eine einzelne Leiche findet, es sind gewöhnlich Gruppen von Leichen, dis sich eina nder umschlungen halten. Es ist die Mutte r, die ihre Kinder, der Mann, der leine Fra.u zum letzten Male umarm, n wollte. Der Correspondeiil des Paris- Journal meld et aus Aaen: „In Agen
bedeckten die Wasser 36 Stunden laug die . ganze Stadt; sie erreichten die Höhe des zweiten Stockes. Während 36 Stunden waren die Bewohner von Agen auf den Dächern ihrer Häuser; jeden Augenblick hörte man schreckliches Krachen, dem dumpfer fernen Donnerschlägen ähnlicher Lärm folgte; es waren die Häuser, die einstürz- ten. Das Schrecklichste war, daß im Augenblicke, wo die Garonne ausbrach, sich nur drei bis vier kleine Kahne in Agen befanden und mit diesen alle Rettungsversuche gemacht werden mußten. An Nahrungsmitteln fehlte es gänzlich.
— Der Schaden, den die Ueberschwem- mnng im Süden Frankreichs anrichteie, wird von Buffet, der die Gegend bereist hat, auf 65—70 Will, geschätzt. Freilich sind darin nicht die Summen mit einbegriffen für den Unterhalt der vielen Tausende von Menschen, die sich ohne alle Hilfsquellen befinden und für welche noch lange Zeit gesorgt werden muß. Die Za bl der Hauier, welche in Toulouse und seinem Weichbilde zerstört wurden, beträgt nach offiziellen Angaben 1085. Den Verlust, den Castetsarrazi» erlitten, schätzt man aus 2 Millionen. 2000 Hektaren, ein Drittel des Bodens der Gemeinde, wurden überschwemmt, 33l Häuser sind vollständig vernichlet, alle Möbel sind zu Grunde gegangen und der größte Theil des Viehes umgekommen. Die Gesammtzahl der Men- schen, welche den Tod gesunde», wurde von Mac Mahon in einer Audienz, die er de» Deputaten der betroffenen Gegenden gewährte, auf etwa 700 angegeben.
Miszellen.
Ver Kmmeister von SLraßburg.
Historische Novelle von Emilie Heinrichs.*)
„Ja, ja, mein lieber Stadlschreiber! es iit so, wie ich Euch sage, herzlich willkommen solltet Ihr mir als Eidam sein, wenn meine Tochter Katharina Euch in herzlicher Neigung zugelhan wäre, — aber tragt sie selber, sie hat mir erst vorhin ruudweg erklärt, daß sie ledig bleiben wolle bis an ihr seliges Ende."
So sprach der erste Bürgermeister oder Ammeister, wie es Anno 1681 hieß, von Straßburg, Herr Dominicus Dietrich zu einem blaffen Manne zwischen 30 und 40 Jahren, der finster zur Erde blickte, indem er ihm bedauernd die Hand reichte.
Der Stadlschreiber Ganzer legte seine Rechte in die so treuherzig dargebotene Hand des Bürgermeisters und wandte sich schweigend der Thüre zu.
„Ihr zürnet mir, Günzer!" fuhr Herr Dominicus bekümmert fort, „so mißtrauet Ihr meinem Worte —"
„O nein, Herr Ammeister," entgegnete der Stadtschreiber, sich hastig zu ihm wendend, „mich betrübt ebensosehr Eure Kurzsichtigkeit, wie die Abweisung Meiner Werbung."
„Ich versiebe Euch nicht," sprach der Bürgermeister stirnrunzelnd.
„Nun, so erlaubt, daß ich Euch klaren Wein einschenke —"
„Nur zu, ich sehe in Allem gern klar."
Günzer kehrte zu ihm zurück.
Eure Tochter Katharina würde nicht ledig bleiben, wenn sie die Erlaubniß zu einer andern Heirath von Euch erlangen könnte, Herr Ammeister," sagte er langsam und lauernd.
„Redet deutlicher, wen meint ihr damit ?"
„Den jungen Ulrich Odreckt."
Der Bürgermeister fuhr heftig zusammen, er wurde leichenblaß.
„Das ist nicht wahr," rief er fast athem- los, „kann und darf nicht wahr sein, Herr Stadtichreiber."
Dieser zuckte mitleidig lächelnd die Achsel».
„Es ist aber dennoch wahr," versetzte er ruhig, „fragt sie selber, Herr Am- meister."
„Das werde ich tbun und den Verleumder zu straft» wissen," sprach Herr Dominicus stolz, „geht, Herr Stadtschreiber, und sagt meinem Feinve, daß ich gegen solche Dinge gepanzert sei, nachdem die Verleumdung sich machtlos an mir erwiesen."
„So glaubt Ihr —"
„Nichts glaube ich. lieber Günzer," fiel der Bürgermeister rasch ein, „ich weiß nur, daß man Euch, den ich stets wie einen Sohn geliebt, zum Werkzeug einer niedrigen Rache hat gebrauchen wollen, das betrübt mich, weiter nichts!"
Ueber des StadtschreiberS blasses Gesicht flog eine dunkle Nölhe, — er wollte noch etwas erwidern, doch der Bürgermeister winkte wehmüthig lächelnd mit der Hand und langsam verließ Jener das Zimmer.
Unruhig durchmaß Herr Dominicus einige Mal das Zimmer, als die Tbür sich leise öffnete und ein freundliches Ma- troneiigestcht hereivschaute.
„Darf ich Dich stören, mein theurer Dominicus?" fragte die Frau.
„Ach, du bist's, meine Liebe?" rief der Bürgermeister lebhaft, „Dich sendet ver Herrgott, den» soeben wollte ich Dich aussuchen, ich habe Wichtiges mit Dir zu reden."
(Fortsetzung folgt.)
In Karlsbad macht folgender Scherz viel von sich reden. Auf der Promenade während der Brunnenzeit begegnen zwei Herren einem ihnen bekannten polnischen Juden, der schon mehrere Saisons, mit ihnen gemeinschaftl. die Brunnenkur in Karlsbad durchgemacht hat. Man kommt auf Politik zu sprechen und ergeht sich in kritischen Bemerkungen über die von Bismarck und Falk inaugurirte kirchliche Gcsetzaebung. Während sich dir beiden Herren darüber sehr echauffiren nnd halb in Streit ge- rathen, folgt der polnische Jude als stummer Zuhörer ruhig der Conversation. Der Eine der Herren richtete nun an den polnischen Juden die Frage, wie er denn eigentlich gesinnt sei. Unter dem unauslöschlichen Gelächter der Freunde erwidert derselbe: „Wenn ick gesünd wäre, brauchte ich nicht nach Karlsbad zu geben.
*) Der Wiederabdruck ist nur mit Genehmi- gung der Verfasserin gestattet.
Reduktiv», Druck und Perlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.