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Frankfurt, 17. Juni. Seit einigen Tage» stellt sich auch hier in den der Promenade nächstgelegsnen Sladttheilen die Plage der Muskitos, welche mir anderen Schnaken in Gemeinschaft ihr Unwesen treiben, ein. Das beste Mittel gegen diese unliebsamen Gäste sind Einreibungen von Salmiak auf den schwellenden Körper-Theil.
Karlsruhe, 10. Juni. Die Gelahr, die Militärvercine unseres Landes in die politischen Kämpfe verwickelt und dadurch ihrem eigentlichen Zwecke, der Pflege des Geistes, der Kameradschaft unter den Mit gliedern, entfremdet zu sehen, hat de» Vorstand des Militürvereins Karlsruhe, Hauptmann a. D. Schneider veranlaßt, an die Vorstände oder Abordnungen der Vereine in der Umgegend Karlsruhes die Einladung zu einer Besprechung dieses Gegenstandes, der eine Lebensfrage für die Militärvereine ist, ergehen zu lassen. Dieselbe wird am nächsten Sonntag hier statttfinden und sich voraussichtlich auch mit der Frage einer badischen Militärversicherungsanstalt beschäftigen.
Die Großherzogl. Badische, die Herzogl. Sachsen-Altenburgische und die Fürstlich Schwarzburg - Nudolstüdtische Regierung haben die Einziehung ihres Papiergelds je auf den 31. Dez. d. I., 30. Juni 1876 und 31. Dez. d. I. beschlossen.
Das 19. Stück des Reichsgesetzblatts, am 1. Juni ausgegeben, enthält den Vertrag zwischen Deutschland, Oesterreich'Ungarn, Belgien, Dänemark, Egypten, Spanien, den Ver. St. von Amerika, Frankreich, Großbritannien, Griechenland, Italien, Luxemburg, Norwegen, Niederlanv, Portugal, Rumänien, Rußland, Serbien, Schweden, der Schweiz und der Türkei, betr. die Gründung eines allgemeinen Postvereins. Vom 9. Oktober 1874; und den Vertrag wegen Ausführung von archäologischen Ausgrabungen auf dem Boden des alten Olympia. Vom 13/25 April 1874.
Bremen den 29. Mai. Heute tagt hier der Ausschuß der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. In der gestrigen Vorversammlung im Naths- keller wurde mit besonderer Freude der Vertreter des südlichsten deutschen Vereins, der die Theilnahme für die Sache sogar bis in die Schweiz hinein verbreitet hatte, Inspektor Möller aus Lindau, begrüßt. Vertheilt ward dort bereits eine lehrreiche Beschreibung des Seerettungswesens in den Vereinigten Staaten von Generalkonsul vr. Schuhmacher in New-Aork, dem ehemaligen Generalsekretär der Gesellschaft. Der gleichfalls vertheilte Jahresbericht konstatirt eine Erhöhung der Mitgliederzahl auf 26,319 und ihrer Jahresbeiträge auf 94,963 M. Neue Mitglieder sind im Jahre beigetreten in dem Vezirksverein Bremen 741, Oldenburg etwa 300, in Wilster 200, Heide 120, Karlsruhe, Stuttgart und Darmstadt je 100. In St. Gallen hat sich ein Bezirksverein von 100, in Zürich von 146 Mitgliedern gebildet. Die Ausschußversammlung wurde heute Morgen 10 Uhr im Konventionssaal der neuen Börse durch den Präsidenten, Konsul H. H. Meier, eröffnet. Ein An
trag Oldenburgs: die deutschen Rheder öffentlich zur allgemeinen Einführung von Reltungsgürleln auf ihren Schiffen aufzu- sordern, wurde bei dem noch nicht hinlänglich feststehenden Nutzen dieses Ret- tuugsmittel abgelehnt; angenommen dagegen ein Antrag Emdens: die Bezirks- Verwaltungen vorschußweise zum Unterhalt geretteter Schiffbrüchiger zu ermächtigen. Da die Handhabung der aus dem Naketen- Mörser geschossenen Rettungsleine noch immer nicht genügend bekannt ist, und dadurch mögliche Rettungen nicht selten verhindert werden, fordert man den Vorstand auf: in seinen Bemühungen, sie allen Seeleuten bekannt zu machen, auch ferner fortzufahren: Ferner soll der Vorstand geeignete Schritte thun zur obligatorischen Einführung des Schwimmunterrichts in der kaiserlichen Marine, damit auf diese Art jeder deutsche Seemann schwimmen lerne, was jetzt in Folge eines thörichten Vorurtheils nur wenige können. In der daun folgenden Budget-Berathung für 1875/76 wurde die Vervollständigung von 7 bestehenden und die Errichtung von 4 neuen Stationen beschlossen. Zum Vorort ward Bremen wiedergewählt. Die nächstjährige Versammlung soll in Hamburg gehalten werden.
Württemberg.
Bekanntmachung
betreffend die Kryeönng des Preises der
Z-ahrbiffete »am erste» In» d. I. an.
In Folge Einführung der Reichsmarkrechnung werden vom 1. k. M. an die Preise für Eisenbahufahrkarten bei sammtlichen Billetkassen der württ. Bahnen durchaus nach Mark und Pfennigen erhoben, auch wenn daneben auf den Billeten die Taxe noch in süddeutscher Währung angegeben ist. Indem wir dies zur allgemeinen Kennntniß bringen, ersuchen wir das Publikum unter Hinweisung auf §. 9 Abs. 2 des Betriebsreglements für die Eisenbahnen Deutschlands, wonach das zu entrichtende Fahrgeld abgezählt bereit zu halten ist, vom genannten Tage ab die Zahlungen für Fahrbillete thunlichst in Reichsmünzen oder den solchen gleich zu achtenden Münzen des Thalerfußes zu leisten, damit Aufenthalt durch Geldwechseln uud durch das Herausgeben von Pfennigstücken vermieden werde.
Stuttgart, 16. Juni 1875.
K. Eisenbahndirektion.
I. V.:
Ober-Finanzrath Böhm.
Seit einigen Wochen beginnt der Typhus sich in einigen Straßen Stuttgarts in bedenklicher Weise auszubreiten. Es ist dieß besonders die Calwer- und die obere Kronenstraße. Woher diese Typhusepidemie kommt, läßt sich vorerst nicht bestimmen.
Stuttgart, 17. Juni. Bei Hrn. Valzachi sind gestern die ersten reisen Trauben, Melonen und Pflaumen aus Italien angekommen; Sendungen von Bohnen, neuen Zwiebeln u. s. w. treffen immer noch täglich ein, doch dürften nach dem jetzt im ganzen Lande verbreiteten fruchtbaren Regen in Bälde die hier
gepflanzten Früchte und Gemüse die Einfuhr auswärtiger Landesprodukle verdrängen.
Ulm, 15. Juni. Der Raubmörder Sänger, welcher die Haushälterin eines Handelsmanns in Laupheim mit dem Ra- sirmesser ermordet und sodann das Hans ausgeraubt hat ist heute von dem Schwurgericht zum Tode verurtheilt worden. Der Angeklagte vernahm das Todesurtheil mit großer Gleichgiltigkeit.
Rottweil, 16. Juni. In Sulz nahm eine Taglöhnerin, welche in der Stadt beschäftigt war, ihre beiden Kinder, 4 und 2'/r Jahr alt, mit sich. Diese sprangen herum und spielten. In der Nähe der Apotheke fanden sie ein Fläschchen, öffneten es und tranken vom Inhalt desselben, worauf beide sofort über Schmerzen klagend zur Mutter kamen. Der herbeigerufene Arzt erkannte, daß eine Vergiftung mit Salzsäure vorliege, wendete entsprechende Gegenmittel an, konnte jedoch nur das 4jährige Kind reiten, während das 2'/rjährige kurze Zeit darauf verschied.
Niesern, 16. Juni. Die hiesige Gemeinde gedenkt zum Andenken an dis glorreichen Tage der Jahre 1870 und 1871 ihren Kriegern einen Gedenkstein zu errichten.
Miszellen.
Eine Episode aus dem Leben Handels.
(Fortsetzung.)
Nach diesem Bericht meiner ersten mühevollen Laufbahn werden Sie mir zugestehen , daß ich jetzt einen bessern Erfolg zu hoffen berechtigt bin, und die Indifferenz, die man meinen Anstrengungen entgegengesetzt, mich tief schmerzen muß.
„Folgen Sie meinem Rath," antwortete Hogarth, „wenden Sie sich an den Fürsten Bedford, es kann, einem Kunstwerk niemals schaden, wenn es auch von einem dummen großen Manne protegirt wird. Sie wissen so gut als ich, Händel, daß Talent, Sinn für die Kunst und ein großes Vermögen, beides zu unterstützen, selten zusammen gesunden werden. Freuen wir uns daher, wenn die Reichen gutmüthig genug sind, uns unsere höhere Begabung nicht zu mißgönnen und uns die Brosamen genießen lassen, die von ihren Tischen fallen."
Hier wurde Hogarth durch den Eintritt neuer Gäste unlerbrochm: Master Tyers, der damalige Pächter Vanxhall's, Abbst Dubois und Dr. Benjamin Hualdy; ihnen folgte Joseph Wach, ein junger Schüler Handels.
„Wissen Sie auch, Händel," begann der Abbo, „daß ich in vergangener Nacht nicht schlafen konnte, ein Chor aus Ihrem Messias summte mir zu stark in den Ohren: Freund, Ihr Ruhm ist gemacht, wenn das Werk gut zur Aufführung kommt, allein wie es scheint ist der Erzbischof stark dagegen."
Eine belle Röthe des Zornes überflog Handels Gesicht: „In der Thal ein wahrer Christ der Erzbischof," rief er, er fragte mich,