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Kronilr.

Deutschland.

In einem

die Handclskrisis in Deutschland"

überschriebenen Art. gibt die Wes.Ztg. höchst beachtenswert he Winke über das, was nns Natb lhnt, nm uns bessere wirlh- schaftliche Bahnen zu gelangen. Wir las­sen Einiaes hier folgen: Wohlfeilere Pro­duktion ist der einzige Weg zur Besserung; wie aber ist sie zu erreichen? Abgesehen von glücklichen Zufällen, wie ungewöhnlich reiche Ernten, gibt es kein anderes Mittel als bessere Bermerthnng der bei der Ar­beit verwendeten Natur- und Menschen­kräfte. Die Maschinen und das technische Verfahren müssen vervollkommnet werden, so weit eS irgend möglich ist; je kostspie­liger aber Werkzeuge sind, um so weniger dürfen sie todteS Kapital sein, nm jo'tüch­tiger muß die Menschenarbeit sein, welche sie auSnutzen soll. Unter letzterer ist nicht allein die Thätigkeit der Lohnarbeit zu verstehen, sondern auch die oer Arbeitgeber, der Fabrikanten und Handwerksmeister, sowohl in Bezug auf die Erzeugung als auf den Ankauf der rohen und den Ver­trieb der fertigen Maaren. Aus diesem ganzen Gebiete gibt es in Deutschland un­endlich viel zu bessern. Die Klage über die Mangelhaftigkeit unserer Handarbeiter, ihr Ungeschick, ihre Langsamkeit ist so all­gemein, daß hier nicht weiter daraus ein- gegangcn zu werden braucht. Aber die­ser Mangel an Betriebsamkeit und an Verständniß für die richtige zweckmäßige Art zu arbeiten herrscht auch in einem großen Theile der höheren Schichten un­serer gewerbetreibenden Bevölkerung. In vielen Gegenden und bei vielen Berufs- stünden nimmt das Wirthshausleben und das Amüsement eine» so großen Theil Zeit in Anspruch, daß dabei die Arbeit fast als Nebensache erscheint. Die Folge ist, daß die Arbeit, sei es nun die des Handwerkers, des Ladenhalters, des Beam­ten, oder wessen sonst, außerordentlich ver- thenert wird, denn anstatt, wie in weiter vorgeschrittenen Ländern den Gewinn ent­weder in der Qualität der Leistungen zu suchen, sucht man ihn bei uns in der Höhe der Preise für wenige und geringe Leistungen. Wer bemerkt, von welchen er­bärmlich geringfügigen Umsätzen, bei wie wenig wirklichem ernsthaftem Arbeiten Ge- werbtreibende, Detailisten rc. in vielen, wenn auch bei Weitem nicht allen Theilen Deutschlands, mehr oder minder flott leben, der begreift, wie cs kommt, daß im Ver­gleich zu den eir-Aros-Preisen die Detail­preise fast aller Lebensbedürfnisse stets so nnverhältnrßmäßig hoch bleiben und trotz­dem in den betreffenden Klaffen eine so viel geringere Wohlhabenheit herrscht, als in anderen Ländern. Wenn in den höhe­ren Kreisen der Industrie und des Han­dels eben so viel gearbeitet wird, wie in den uns überlegenen Ländern, so fehlt Uoch viel daran, daß es in ebenso zweck­mäßiger Weise geschähe. jKleinlichkeit, Haschen nach augenblicklichen geringfügigen,

häufig unredlichen Vortheilen aus Kosten, großar und dauernder Erfolge einerseits, andererseits ein überaus weit verbreiteter,! krankhaft zu nennender Hang zum Börsen-! spiel nehmen bei einem großen Theile der! betreffenden Kreise die Stelle der vorsich­tigen, unermüdlichen und geschickten Betrieb­samkeit der Franzosen der großartigen stets sich aus eine Sache mit voller Kraft wer­fenden Energie der Engländer, und der rastlosen vordringennden kühnen Thätigkeit der Amerikaner ein. Im Auslande lebend, eignet sich der Deutsche alle diese Eigen­schaften mit Leichtigkeit an und bringt noch einige andere gute hinzu; zu Hause, aus sich selber, hat erste erst an wenigen Orten entfaltet. Ferner ist eine so weit gehende, und zum Erfolge nolhwendige Theiluug der industriellen Arbeit,, wie sie bei andern Völkern dnrchgeführt ist, bei unS noch unbekannt. Nicht nur daß der deutsche Industrielle seine Herstellnngsthä- ligkeit über zu viele Zweige ausdehnt, anstatt in Einem nach der Vorzüglichkeit zu streben: sondern anstatt, wie es in England und Frankreich geschieht, den Verkauf steiner Fabrikate großen Kommis- sionshänsern zu geben, zersplittert er seine Aufmerksamkeit und seine Kraft, indem er den Vertrieb, bis zu den kleinsten Quan­titäten herab, selbst besorgt. Ein anderer Theil unserer Industrie leidet darunter, daß er, obwohl gar nicht dazu geeignet, als eine Art Hausindustrie, von ganz klei­nen mittellosen Unternehmern betrieben wird. Daß vas Kreditgeben bei nns bis zum nnjolidesten und dem allgemeinen Wohle nachtheiligen Borgsystem und die Konkurrenz bis zur Nachgiebigkeit gegen arge Chikanen selbst kleiner Kunden aus­gedehnt wird, ist schon häufig beklagt, ohne abgestellt zu sein. Ebenso alt und häufig ist im Auslände die Klage, daß deutsche Fabrikanten durch unreelle Aus­führung übernommener Bestellungen, Ver­schlechterung der nsancemäßigeu Qualität der Maaren ihren Ruf schädigen.

Schluß folgt.)

Württemberg.

Zum neuen Gcwcrbcsteuergcsetz.

Neuenbürg, 20. Febr. In Nr. 20 ds. Bl. werden die Gewerbetreibenden des Bezirks anigesordert, spätestens bis 3. März d. I. über die Art ihres Gewerbe­betriebs, über die Zahl und Gattung der in ihrem Gewerbe verwendeten Gehüsten, sowie über den Antrag des in demselben eingelegten Betriebscapitals Faffionen an den Orisvorsteher abzngeben. Von denje­nigen Gewerbetreibenden, welche innerhalb dieser Frist eine Fassion nicht übergeben, wird angenommen, daß sie mündlich vor­der-Steuerkommission tatircn wollen. Im Interesse der Erleichterung des Fassions- geschäits wollen wir getreu unserem Ver­sprechen in Nr. 20 ds. Bl. nicht länger zögern aus dem Vortrag des Herrn Ab­geordneten Beutter in der Versammlung! des Neuenbnrger Gewerbevereins v. 14.! das Wesentliche mitzutheilen. j

Herr Beuttcr suchte durch Beantwor-! tung der 4 Hauptfragen: 1.) auf iv e i-'

che n Principien beruht das neue G e w e r b e st e u e r g e s e tz 2.) Was ist zu v e r st e u e r u? 3.) W i e wird das S t e u e r c a p i t a i ge­sunden? 4.) W i e viel beträgt die Steuer? das ganze Gesetz zu er­läutern.

Die erste Frage

Auf welchen Principien beruht das Gesetz?

wurde dahin beantwortet, daß es sich in diesem Gesetz um keine Vermögenssteuer, auch um keine eigentliche Einkommenssteuer sondern conform mit dem Grund- und Gebäudestenergesetz nm eine Reiner­trag s st e u e r handelt, welche gefunden wird durch eine Auskunftserlheilung der Gewerbetreibenden, über die Art ihres Gewerbebetriebs, oder Zahl und Gat­tung der G e h ü i f e n und das B e - triebscapitai sowie durch unpartei­ische Einschätzun g. Ob und in wie weit dieses Steuersystem den Vorzug aus anderen Systemen verdiene, will Redner angesichts eines fertigen Gesetzes nicht näher erörtern. Doch kann er nicht umhin, den Anhängern der allgemeinen Einkom­menssteuer zu bedenken zu geben, daß dieses System mit seinen Schwankungen nicht blos die Erfüllung der Aufgabe des Staats erschwert, sondern auch seine Spitze gegen die Gewerbetreibenden selbst kehrte, sich insbesondere mit der von denselben zu nehmenden Conknrrcn zrncksichlen und Credi trücksichten kann, verträgt. Kstnen- salls babe bei den Gewerben das System der Selbsteinschätzung angenommen wer­den tonnen, nachdem der den übrigen Steucrquelieu dem Grnndeigenthnm und den Gebäuden objective ErtragS- einschätzung durch Schätzung s- k ommissione n gesetzlich festgestcitt ge­wesen. Man könne in Steuersachen nicht mit zweierlei Maß messen.

Was die zweite Frage:

Was ist zu versteuern? betrifft, so lasse führt Redner weiter ans das Gesetz an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig, indem cs als steuer­pflichtig ausdrücklich bezeichneGewerbe jeder Art", hiezu gehören namentlich auch Bergwerke, Mineralbrnnnen, ding­liche Gewerbeberechtigungen, gewerbliche Einrichtungen (Wasserkräfte, Maschinen, Dampfkessel, Suüwerke, Triebwerke rc. rc.) nicht aber Grundflächen und Gebäude, ebensowenig Arbeite- und Niederlagepiätze, welche der Grund-, resp. Gebäudestener un­terworfen sind. Dagegen unterliegen noch der Gewerbesteuer Commissionäre, Agenten, Makler (Sensale) und die Herausgeber (Verleger) von Zeitungen nnd Zeitschrif­ten, endlich die Barbiere mit ihrem Aaj- sicrverdicnst.

Bankiers, Wechsler nnd Handlnnas- Häuser, welche sich mit dem Ankauf und Verkauf von Staats- und anderen Werrh- papieren befassen, sind mit dem Ertrage ans diesem Handel zur Gewerbesteuer bei­zuziehen, während sie mit dem Zinsener­trage ans ihren gesammlen Fonds an ver­zinslichen Capiialien, an Zielern, Lolterie- anlchensloosen, Renten und Aktien der Capital- und Einkommenssteuer unterliegen.