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Miszellen.
Der berühmte Ahnherr des Kaisers von Oesterreich, Karl V. Herzog von Lothringen, der Großvater Kaisers Franz des Ersten, des Gemahls der großen Kaiserin Maria Theresia, hat ein politisches Testament hinterlassen, welches .der Graf Haussonville in seiner „Geschichte der Vereinigung von Lothringen mit Frankreich" (Paris 1858) veröffentlichte, indem er dabei bemerkt, dieses Testament sei dictirt von einer wabrhaft wunderbaren Voraussicht der Zukunft, welche damals der habs- burg-lothringer Dynastie noch bevorstand. Wir können hier nicht das ganze (namentlich auch für die Gegenwart, welche wieder ein gewisses Schwanken, wenn nicht Zurückweichen, in der österreichischen Kirchengesetzgebung zeigt) höchst interessante Aktenstück mittheileu, sondern beschränken uns auf die Miltheilung, daß der große lothringer Herzog, welcher Oesterreich von den Türken errettete, Kaiser Leopold I. ermahnt, er und seine Nachfolger im Reiche möchten doch nur möglichst wenig Priester und gar keine Mönche in ihrem Nathe oder sonstwie in ihrer Umgebung dulden. „Denn", setzt der große Türkenbcsieger, welcher übrigens ein frommer Mann war, hinzu, „denn das sei eine Menschensorte, die noch nie einem Souverain genutzt, Königen und Fürsten stets nur geschadet habe. Namentlich ihr Einfluß auf das schöne Geschlecht sei überaus gefährlich, da es durch diesen ganz unmöglich werde, Geheimnisse vor ihnen zu haben, indem sie Alles, auch das Wichtigste, was ihre Spionenkünste den Männern nichr zu entlocken vermöchten, der weiblichen Schwäche abzudringen wüßten. Je weniger Priester oder Mönche Zutritt in eine Familie fänden, je mehr wahre Religion herrsche, je ungetrübtere Eintracht walte in ihr, je verborgener wären ihre Geheimnisse." Der Herzog fügt noch den praktischen Rath bei, daß wenn man einmal die tägliche Messe in der Hofburg nicht entbehren könne, man sich dazu einen Caplan halten solle, aber man möge ihn uicht in der kaiserlichen Burg, sondern auswärts wohnen, schlafen und essen lassen. (Sugenbeim, Geschichte des Deutschen Volks. Bd. III. Seite XI.)
Franzose und Preuße. Der Graveur N., ein in seinem Fache äußerst geschickter Arbeiter, hatte bis zum Ausbruch des Krieges in einem der bedeutendsten Geschäfte in Paris gearbeitet, bis er durch den Ausbruch des Krieges genöthigt war, Frankreich zu verlassen. Der Abschied von seinem Principal war ein durchaus freundlicher, ja herzlicher. N. kehrte nach seiner Vaterstadt Berlin zurück, und als der Neujahrstag >872 herannahte, fühlte er sich gedrungen, durch eine an seinen früheren Principal gesandte herzliche Gratulation zu beweisen, daß die Zeitereignisse keinen Einfluß auf seine persönlichen Gefühle der Dankbarkeit und Freundschaft aus- geübt hätten. Von dem Franzosen hatte er
dasselbe vorausgesetzt, aber sich dabei gewaltig geirrt, denn die lakonische Antwort, die ihm auf seine Höflichkeit zu Theil wurde lautete: "Äloimiour, vvus av 62 vubliö, gue vous ötes ?ru88ien8!" (Nein Herr, Sie haben vergessen, daß Sie ein Preuße sind!) Sei es nun, daß Hr. Charpentier (so hieß der frühere Principal R.'s) inzwischen versöhnlicher gestimmt worden war sei es, daß er den geschickten Arbeiter zu schwer in seinem Geschäfte vermißte, kurz — dieser Tage lief sein Schreiben von ihm an den erstaunten N. ein, in welchem diesem auf die verbindlichste Weise die Offerte gemacht wird, unter brillanten Bedingungen wieder bei Hrn. CH. einzutreten. R. aber sandte ohne Zaudern auf diese verlockende Offerte die folgendermaßen lautende Antwort: „Noimieur, ja 8uis tzneoro ?ru88i6ii!" (Mein Herr, ich bin noch immer ein Preuße!).
Es dürfte unsere Leser inleressiren, zu erfahren, wie hoch sich das Dienstein- lommen des Präsidenten der Republik beläuft. Mac Mahon bezieht gegenwärtig neben seinem Marschallsgehalt die Summe von 100,000 Frcs. Der Kriegsminister bestreitet die Kosten seiner militärischen Umgebung. Das Palais Eli- söe und das Präfekturgebäude in Versailles werden vom Staate, der auch die Möbel, die Wäsche u. s. w. liefert, unterhalten, beleuchtet und geheizt. Im vorigen Jahr wurde dem Marschall eine einmalige Zulage von 300,000 Fr. für Ballkosten bewilligt. Man sieht, daß es auch materiell gar nicht so übel ist, Präsident zu sein.
„Und Roß und Reiter sah man niemals wieder!" - Sonnabend trat ein Mann in Fuhrmannskostüm und mit einer Peitsche in der Hand in ein Schanklokal der Posener Straße in Berlin, ließ sich zu essen und zu trinken geben und mar eben im Begriff, seine Zeche zu berichtigen, als ein Junge athemlos herein- stürtzte und rief: „Das Pferd geht durch!" „Wo ist es hin?" schrie der angebliche Fuhrmann, zur Thür eilend. Dort nach dem Holzhof", war die Antwort des Jungen, woraus beide nach der bezeichnten Richtung hin fortjagten. Der Schankwirth aber wartet noch heute auf die Rückkehr des Fuhrmanns, der unglücklicher Weise vor Zahlung seiner Zeche abgerufen worden war, und Niemand hatte, wie sich herausstellte , ein Gefährt in der Nähe gesehen, während sich der Pseudo-Fuhrmann re- staurirte
Solidität des Glases. Eine schlechte Neuigkeit für die Glaser ist folgende: Die „Times" hat erfahren, daß ein französischer Bauer kürzlich etwas Sonderbares erfunden hat. Wenn man nämlich das Glas erhitzt und dann wieder im Oel abkühlt , soll es seine Zerbrechlichkeit fast ganz verlieren.
Uni einen Ducaten. Der Con- diior Trepp in Dresden annoncirt wie alle Jahre, gewöhnlich acht Tage ror Fastnacht, seine ruhmlichst bekannten Pfannenkuchen und bemerkt dabei, daß er in einen derselben einen Dukaten backe, was auch in Wirklichkeit geschieht. Durch dieses Manöver angelockc, reißt sich das Publikum um diese gewiß seltene Waare, um für die sechs Pfennige, tue dort für einen Pfannenkuchen bezahlt werden, im günstigsten Falle einen Ducaleu einzustreichen. Dadurch erzielt der Producent einen sehr bedeutenden Umsatz.
Eine Telegraphistin an Stephan.
O Freude! O Wonne!
Nun bist du dabei!
Nun kommt gleich ein Zug in Die F e r n s ch r e i b e r e i.
Zu End' ist's nun mit der Elektricität,
Vom Körper-Anziehen Wird nur noch gered't.
Das heißt von den Männern; Die keuschere Frau Sagt Bern sie in kraft, dieses Ist gleichfalls genau.
Nichts mehr wird von posi- Von negativ gesagt,
Nach Ja- oder Neinpol'sch Wird sürder gefragt.
Beiseit ferner wird der Galvanismus gesetzt.
Das Fr o s ch k e u l e n z i t t ern Bekommen wir jetzt.
Und Hab ich gedrathet Zehn Jahr immerzu,
Dann werd'ich Frau Dräthin Und setz' mich zur Ruh'.
Bis dahin will kabeln Am Triebwerke ich Zufrieden, wenn Stephan Nennt Blitzmädel mich!
(B. W.)
Charade.
Von Gestalt dem Aepfel ähnlich. Dien' zum Spiel für Kinder ich.
Auch im Zirkel wie gewöhnlich Drehen Große lustig sich.
Da im zweiten großen Raume Paart die Menge sich charmant.
Und im süß'sten Wonnetraume Wälzt sich alles sehr galant.
Werden beide wir verbunden,
Dient mein Zweites gern dem Eins,
Und da gibt es Freudenstunden-
Nebst Genuß Coufekt's und Wein's
v —r.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.