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74. Jahrgang.
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Donnerstag, Len 27. April 1899.
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Sagesnenigkeiten.
** Calw, 25. April. Gestern fand in der evang. Volks- und Mittelschule die Neuaufnahme von Schülern und der Klassenwechsel statt. Neu eingetreten sind beinahe 100 Schüler, so daß an der Elementarklafse künftig Abteilungsunterricht erteilt werden muß. Auch die Unterklassen sind überfüllt und zählen je mehr als 80 Schüler. Von den 500 Schülern des Vorjahrs ist im Laufe des Jahres nur einer gestorben; gewiß ein Zeichen von guten sanitären Verhältnissen unter der hiesigen Kinderwelt!
Calw. (Eingesandt). Da nach dem Gesetz vom 26. Juli 1897 Handwerkerkammern errichtet werden sollen, durch welche der Gewerbestand richtig vertreten und dessen Interessen gewahrt werden, so ist der Zweck dieses darauf hinzuweisen, daß nur diejenigen Gewerbetreibenden wahlberechtigt sind, welche einem Gewerbe-Verein oder einer gewerblichen Innung angehören. Aus diesem Grunde hat der Ausschuß des hiesigen Gewebe-Vereins schon voriges Jahr den Beschluß gefaßt, den Verein in einen Bezirks- Gewerbeverein auszudehnen, um auch den im Bezirke wohnenden Gewerbetreibenden Gelegenheit zu geben, demselben beizutreten, wovon aber bis heute noch wenig Gebrauch gemacht wurde. Der Ausschuß des hiesigen Gewerbe-Vereins wird nun in den größeren gewerblichen Orten des Bezirks Versammlungen abhalten, um sich mit den Gewerbetreibenden zu besprechen und ihnen Gelegenheit zu geben in den Bezirks-Gewerbeverein einzutrsten. Da die Gewerbe-Vereine dazu berufen sind den Verkehr mit den Handwerkerkammern zu vermitteln und letztere die Interessen des Handwerks bei der Kgl Regierung zu vertreten haben, so ist es im Interesse eines jeden Gewerbetreibenden Mitglied des Vereins zu werden.
fAmtlichesauS dem Staatsanzeiger.^s Infolge der in den Seminaren zu Eßlingen, Nagold und Nürtingen vorgenommenen Dienflprüfung sind u. a. nachstehende Kandidaten für befähigt zur Ver- fehunz von unständigen Lehrstellen erklärt worden: Baus er, Adolf, von Merklingen, OA. Leonberg, Breitling, Christian, von Deufringen, Ginader, Friedrich von Gechingen, Q uinzler, Gottfried, von Gechingen, Reiff, Wilhelm, von Althengstett, Wid- mayer, Wilhelm, von Renningen.
Stuttgart, 24. April. Bei dem Konkurs deS Pfarrers Faulhaber in Hall, dcS Inhabers der Firma Haller Industrie, bestehend aus einer Eisenwarenfabrik und der Buchhandlung für innere Mission, sind 800 000 Passiva gegenüber 200 000 Aktiva angemeldet.
Tübingen, 24. April. Unsere gute Stadt trägt nun wieder ihr Universitätsgewand; die Musensöhne sind zurückgekehrt, und überall offenbart sich das studentische Leben und Treiben. Allem Anschein nach wird die Frequenz der Universität nicht hinter der des vorigen Sommersemesters zurückftehen; auch in diesem Sommersemester macht sich ein Mangel an paffenden Zimmern bemerkbar.
Mühlacker, 24. April. Vergangene Nacht wurden bei der Station Illingen mehrere eiserne Schwellen auf das Bahngeleise gelegt, vermutlich um den um 12 Uhr von Mühlacker abgehrnden Güterzug zum Entgleisen zu bringen. Die Maschine wurde indessen nur unerheblich beschädigt und durchschnitt die Schwellen, so daß keine Betriebsstörung verursacht wurde.
Dom unteren Neckar, 23. April. Die Wintersaat zeigt einen schönen Stand; die Sommerfrucht hat gut angesetzt und auch die Wissen stehen
in saftigem Grün. Kirschen und Pflaumen, die schon am Anfang d. MtS. unter den Obstbäumen den Blütcnreigen eröffneten, haben infolge der rauhen Aprilwitterung Schaden gelitten. Zwetschgen und Birnen haben nun vollen Blütcnschmuck entfaltet, doch hat der heutige Nachtfrost zarten Birnensorten geschadet. Daß die Apfelblüte noch zurück ist, betrachtetet der Landmann als ein gutes Zeichen. Wie anderwärts, so sind auch hier die Bauern oberamtlicher Anordnung gemäß zur Mäusevertilgung geschritten.
Hall, 23. April. Der erste Gewinn der Stuttgarter Pferdemarktlotterie (2 Rappen) fiel in die Kollekte des A. Seyboth hier. Die glücklichen Gewinner sind zehn Steinbrucharbeiter von Rieden und Sanzenbach, hies. Oberamts, die um ei» Freilos zu erhalten 10 Lose mit einander spielten. Auffallenderweise hat gerade das zuletzt gezogene, also das Freilos gewonnen.
Ravensburg, 23. April. In Aßmanns- hardt, O.A. Biberach, erschien der 65 I. alte Taglöhner H. von dort gestern Morgen 3 Uhr bei dem Leichcnschauer und ersuchte diesen, gleich in seine Wohnung zu kommen, woselbst seine Frau vor einer halben Stunde die Stege heruntergefallen und sofort tot gewesen sei. Der Leichenschauer fand die Frau unten an der Treppe auf dem Rücken liegend, tot an. Bei der vom Gericht angeordneten Leichenschau wurden jedoch verschiedene Merkmale roher Mißhandlung «»deckt, und es liegt dringender Verdacht vor, daß H. seine Frau erwürgt und hernach die Treppe hin- untergeworfen hat. H. lebte mit seiner Ehefrau in stetem Unfrieden und hat sie trotz ihres hohen Alters von 73 Jahren häufig mißhandelt. H. wurde in Untersuchungshaft genommen.
3^ O u 1 ^ I 6 1 9 Nachdruck verböte».
Die beiden Admirale.
Orginal-Roman
von Larl Ludwig panknin, Alarms-Schriftsteller.
(Fortsetzung.)
Klayriston hatte bei den letzten Worten dem jungen Mann den verliehenen Orden auf die Brust befestigt und Lifier dann die Hand reichend, fügte er herzlich hinzu; „Und nun laßt mich der Erste sein, der Euch im Kreise der Offiziere willkommen heißt. Mögt Ihr in Eurer neuen Stellung nur Freude erleben und Euch die Pflichterfüllung als schönstes Lebensziel gelten."
„O Excellenz — Excellenz," stotterte Lister, während sein Gesicht vor Freude sich blutrot übergoß, „ich bin beschämt, die Gnade Sr. Majestät erdrückt mich fast! — Was that ich denn? Doch nur meine Pflicht und dafür diesen —"
„Still, still," unterbrach der Gouverneur den Offizier, wohlgefällig das edle Gesicht des Sprechenden betrachtend; „ich weiß, was Ihr gethan habt. Mit Eurem Schiff, dessen Offiziere todt oder verwundet waren, und dessen Rumpf die feindlichen Kugeln einem Siebe gleich gemacht hatten, habt Ihr drei volle Stunden den feindlichen Angriffen widerstanden, das ist vollkommen hinreichend. Nochmals meine beste Gratulation! Jetzt aber," wandte sich Klayriston an die Gäste, „lassen Sie uns mit dem Feste beginnen. Euch, Lieutenant Lister, hoffe ich jedoch nach einer Stunde in der neuen Uniform zu begrüßen."
Während die Anwesenden dem Wunsche des Gouverneurs Folge leisteten und sich nach dem Palais begaben, blieb William Lister mit seinen Gedanken
und übcrströmenden Gefühlen allein zurück. Es kam ihm alles wie ein schöner, herrlicher Traum vor und erst als der Blick zufällig auf den Orden fiel, wußte er, daß die eben durchlebten Augenblicke reine Wirklichkeit gewesen waren. Tief aufatmend fuhr er sich mit der Hand einige Male über dis Augen.
„Offizier — Lieutenant in der ersten Flotte der Welt," flüsterte er, „vom Könige dekoriert — wie glücklich — o wie glücklich fühle ich mich. — Was wird mein liebes, gutes Mütterchen sagen, wenn ich ihr alles schreibe. — Vielleicht bin ich dann schon nicht mehr — vielleicht liege ich mit all diesem Glanz
schon begraben auf dem Grunde des Meeres.-Ah bah — es trifft ja
nicht jede Kugel, vorwärts, frisch drauf los, nach echter SeemannsartI" — Und sich energisch emporreckend, rief er fast übermütig: „Wartet, Ihr Herren Franzosen, ich werde Euch bei der nächsten Gelegenheit meinen Dank dafür abstatten, daß ihr mich gewissermaßen zum Offizier gemacht habt. — Doch jetzt schnell in die Lieutenantsuniform geschlüpft."
Kaum hatte William elastischen Schrittes den Park verlassen, als der Admiral Tartar tief in Gedanken versunken den Weg entlang kam.
„Das Gerede der Leute, Lister nähere sich auffallend Lady Whiltown wird immer bestimmter," sprach er halblaut vor sich hin, „ich muß daher noch heute Gelegenheit suchen, mich zu erklären, wer weiß, ob es morgen nicht schon zu spät sein könnte. Ah sieh, da kommt Anny gerade aus dem Palais, wohlan denn, jetzt mag eS sich entscheiden."
Langsam ging der Admiral der jungen Dame entgegen, welche ihn erst bemerkte, als er nur noch wenige Schritte vor ihr stand.
„Lady Whiltown."
„Sie hier, Herr Admiral?" fragte Anny leicht erschreckt, „gefällt eS Ihnen nicht im Saale bei der frohen Gesellschaft, daß Sie die Einsamkett aufsuchen?"