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den. Eines davon, bei weitem das ansehnlichste, war Sbirley Villa, das Landhaus des Squire John Parsons, eines sehr beliebten Gentleman von nicht sehr strengen Grundsätzen. Er hatte sich nämlich gewisse Unregelmäßigkeiten zu Schulden kommen lassen, die zwar seiner Bedeutung in der Gesellschaft keinen Eintrag thaten, aber doch, da sie notorisch geworden, den Lord Kanzler Thurlow bewogen, das Gesuch des Lord Lieutenants der County, Parson's Namen auf die Liste der Magistratspersonen zu setzen, abzuweisen.
Der Klatsch hatte sich eine Zeitlang viel mit Mr. Parsons und der schönen Nichte, als welche Miß Bissington galt, zu schaffen gemacht, als auf einmal in einer Mainacht des Jahres 1749 diese Namen mit Aeußerungen des Schreckens und Entsetzens von Mund zu Munde gingen. Man hatte Mr. Parsons in seinem Bett ermordet gefunden; die wirkliche oder angebliche Nichte war verschwunden, und in dem Hause selbst vermißte man eine bedeutende Summe in Gold, nebst vielen Werth- gegenständen in Gold und kostbaren Juwelen.
Konstabler und Magistratspersonen erschienen sogleich auf dem Platz, und nach flüchtiger erster Untersuchung wurde ein Haftbefehl gegen Stephan Drake ausgefer- tigt, der in den nächsten achtundvierzig Stunden weder etwas von sich sehen noch hören ließ. Erst nach Ablauf dieser Zeit kehrte er aus freien Stücken und zwar in einem kläglichen Zustande nach seinem Wirthshauie, dem „Herzog von Dort," zurück. Seiner Aussage nach war er beraubt und so schwer mißhandelt worden, daß er für todt liegen blieb; ein Feldar- beitcr von Bitlerne hatte ihn gefunden, ihm Beistand geleistet und ihn nach seiner Hütte gebracht, wo er blieb, bis er sich hinlänglich erholt hatte, um, wieder nach Hanse gehen zu können.
Vor dem Friedensrichter erklärte Drake, er sei von hinten mit einem Knüttel zu Boden geschlagen worden und habe daher den Mann, der den mörderischen Streich geführt, nicht gesehen.
Als man ihn weiter befragte, wann er Maria Bissington, Mr. Parsons vermeintliche Nichte, zum letzten Mal gesehen habe, antwortete er anfangs, daß dies schon vierzehn Tage her sei; doch diese Behauptung wurde sogleich durch einen in dem Guild- hall anwesenden Zeugen widerlegt, welcher angab, er habe das Paar in der Mordnacht gegen zwölf Uhr beisammen gesehen. Ter Gefangene gerieth hierüber in große Verwirrung und fragte erstaunt, wer denn ermordet worden sei. Als man es ihm sagte, brach er in einem epileptischen Ansall zusammen und mußte fortgetragen werden. Am andern Morgen erschien er wieder vor dem Untersuchungsgericht. Man machte in dem Zeugenverhör fort, und er hörte bestürzt zu, ohne ein Wort darein zu sprechen, bis zuletzt das Verhör abgebrochen und vertagt wurde.
Die Anzeigen reichten zwar nicht ans, Drake der Theilhaberschast an Parson's Ermordung gesetzlich zu überführen, ge
nügten jedoch, einen schweren Verdacht der Schuld zu begründen. Die Mulhmaßung, daß er der eigentliche Mörder sei, wurde von dem Friedensgericht nicht lange festgehalten. Wir wollen dem Leser einen kur zen Ueberblick über die beschworenen Thal- fachen vorlegen.
(Fortsetzung folgt.)
Uebcr den Maulwurf.
Da bekanntlich die Ansichten über Nutzen oder Schaden, den der Maulwurf stiftet, noch sehr getheikt sind, *) so wäre es vielleicht auch für die Landwirthe unseres Bezirks von Interesse, hierüber das auf gründliche Beobachtung gestützte Urtheil des tüchtigen Thierkenners G. Jäger in Stuttgart zu hören, wie er es in seinem neuen Werke „Deutschlands Thicrkeben" ausspricht. Nach eingehender Beschreibung der Lebensweise des Maulwurfs fährt er folgendermaßen fort:
Nun einiges über die Frage, ob der Maulwurf als nützliches Thier zu schonen oder als schädliches Thier zu verfolgen ist, welch letzteres bekanntlich fast aller Orten der Brauch ist. Der Schaden des Maulwurfs ist in die Augen springend: In den Gärten zerstört er die Beete, wirft die Setzlinge um; auf den Wiesen schadet er in folgender Weise: das Aufwerfcn der Haufen, die man nur so lange immer wieder ansbreiten kann, als das Gras nicht zu hoch ist, hindert das Mähen oft sosehr, daß ein bedeutenderer Ausfall an Gras — man muß den Schnitt höher führen — oder Kosten an Arbeitslohn auswachsen. Ferner, wenn die Wiese, wie so häufig, einen kiesigen oder sandigen Untergrund hat, so kann sie dauernd nothleiden, ja zur Oedung werden, weil der Maulwurf den unfruchtbaren Untergrund aus die Oberfläche bringt. Die Thierkenner sagen, dich ersetze der Maulwurf dadurch, daß er die so verderblichen Bodeninsekten fresse, namentlich den gefürchteten Engerling, der, wenn man ihn allein wirlhschaften lasse, die Wiese ganz zerstöre. Dennoch, scheint nur, hat der Landmann recht, wenn er den Maulwurf tödtet, und eine offenbar richtige Darstellung der Sache gibt der Wiesenbaumeister Bernatz in seinem interessanten Schrislchen „Maulwurf und Engerling." Dieser erfahrene Mann fand im Magen der vielen Maulwürfe aus engerlinghaltigem Wiesbaden, die er öffnete, zumeist nur Regenwürmer und das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Die Erklärung, welche er gibt, ist folgende: Der Maulwurf zieht seine Jagdröhren in ähnlicher Absicht durch den Boden, in welcher eine Spinne ihr Netz ausspannt, nämlich damit die im Boden auf- und absteigenden Thiere in die Röhren hineinkommen. Der Maulwurf gräbt nicht direkt nach seinen
*) Wir zählen bisher zu Denen, welche belehrt durch Autoritäten der Wissenschaft die Schonung des Maulwurfs empfahlen, weil wir seinen Nutzen nicht unterschätzen wollten: entsprechen aber um der Weiterforschung in dieser fiü: die Landwirt!,schaft so wichtigen Sache willen, gerne dem Wunsche eines Freundes unseres Blattes, der uns diese ebenfalls auf wissenschaftliche Beobachtungen gegründete Ansichten mittheilt, durch ihre Aufnahme. D. Red.
Feinden im Boden, sondern wandert nur täglich durch seine Röhren, um alles ans- zuklauben, was sich da hinein verirrt hat. Erst, wenn ihm das zu wenig, erweitert er sein Röhrennetz. Unser Wiesenbaumeister belehrt uns, daß das Röhrennetz 15—20 Ccntm. unter der Oberfläche des Bodens sich befinde, während die Engerlinge zu der Zeit, wenn sie am meisten schaden, ganz oben unter der Grasnarbe, im Winter dagegen weit tiefer als der Maulwurf (I Meter und noch mehr) sitzen. Nun ist die Sache so: der Engerling passirt das Netzwerk der Maulwurfsgänge nur zweimal im Jahr, nn Frühjahr, wenn er heraufsteigt und im Herbst, wenn er sich vor der Kälte in die Tiefe des Bodens zieht. Dagegen passirt der Regenwurm dieses Netzwerk zweimal in jedem Tage, mit Einbruch der Nacht, wenn er anfstößt und Morgens, wenn er wieder abwärts geht. So wird der Regenwurm die tägliche Speise des Maulwurfs, der Engerling nur zweimal im Jahre in größerer Menge von ihm gefressen. Demnach wäre der Nutzen des Maulwurfs nicht erheblich genug, um seine Schonung zu rechtfertigen und es wird dem Menschen nichts anderes übrig bleiben, als sich selbst der Engerlinge zu erwehren.
Dies die Ansicht Jägers. Daß es aber von ungeheurer Wichtigkeit ist, den Engerlingen zu Leibe zu geben, zeigt er uns bei der Beschreibung dieses überaus schädlichen Thicres, indem er sagt: In der Mitte der Sechsziger Jahre verankaßten Mißernten die französische Regierung, amtliche Erhebungen anzustellen und diese wiesen nach, daß der Schaden des Engerlings in Frankreich pro Jahr zwei Milliarden Frankem betrage, und ich selbst habe im Jahr 1872 auf Grund der seit 18 Jahren geführten Erntetabellen den Engerlingsschaden für das Königreich Württemberg pro Jahr ans rund 13 Millionen Gulden berechnet, fast doppelt so viel als das jährliche Militärbudget.
Eine gelungene Wette. AnS Durlach wird geschrieben: Dieser Tage gewann ein hiesiger junger Offizier eine Wette von lOO THalern, indem er den Weg von hier bis nach Carlsruhe an das Durlacher Thor in 40 Minuten einmal zu Fuß, einmal zu Wagen und einmal zu Pferd zurücklegle. Er brauchte 25 Minuten zu Fuß, 6 Minuten zu Pferd und die übrige Zeit der 40 Minuten weniger 1ö Sekunden zum Fahren.
Anzeigen für den ßnzthälcr vermitteln: in Pforzheim: Hr. Htto Aieckcr; in Wrkdöad: Hr. Hnstav Lnppold.
8^» Inserate für die nächste Dosncr- stagsnummcr wollen längstens Dienstag- Abend 6 Uhr übergeben werden.
Hiezu eine Beilage,
Der General-Anzeiger für Württemberg Nr. 26.
Nedaction, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.