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ob nicht der großen Tobten, nicht Schil- ler's nicht Herder's Geist aus ihnen zu ihm reden wurde. Ihm däuchte, es rausche über ihm die allgewaltige viersaüige Lyra der deutschen Poesie, und versende von diesem heiligen Osten des Lichtaufgangs ihre Harmonie über die Erde.
„Wollen der gnädige Herr die großen Bestien sehen?" Diese Worte, zu heterogen, um sich mit den erhabenen Bildern zu verschmelzen, die ihn so lebhaft beschäftigt, daß er, ganz in sie verloren, fortgeschritten, erweckten auf sehr grelle Weise unfern Almenhorst aus seinen Träumen. — Er stand vor dem offenen Thore eines Gasthauses, und vor ihm ein Kellner, mit rolhwangigem Bollmonds-Gesicht und jener ehrlich znthulichen Freundlichkeit, die man nur noch in den glückseligen Winkeln Nord- dentschlands findet, die so fern den Landstraßen und der „großen Tour" der reise- süchiigen Insulaner liegen, daß ihre Bewohner unerkältet von der scharfen Zugluft der Versteinerung, und unberührt vom Riesenschritte der Kultur und — Gaunerei geblieben sind.
(Fortsetzung folgt.)
Der Lurus.
Cocialdemokrvtische Scene aus einem demnächst aufzusührenden Volksschauspiel.
(Aus den Berliner Wespen.)
(Die Handlung findet in der letzten Hälfte der gegenwärtigen Unzufriedenheit statt. Im Hintergründe sieht man einen Bierkrawall. Links vom Zuschauer eine Erhöhung des Petroleumpreises, rechts eine Thür, welche zur Commune führt. Die Mitte der Bühne ist mit niedergelegter Arbeit angefüllt, mit deren Hilfe zahllose Stecker emsig beschäftigt sind, ihre Lage zu verbessern und einen Bierbrauer durchzuprügeln, weil auch er die Preise in die Höhe schraubt. Dann und wann sieht man einen Lehrer oder Beamten Steinlräger werden und fünf Thaler täglich verdienen. Die Sonne verlangt gekürzte Arbeitszeit und geht um 4 Uhr Nachmittags unter, während die Uhr gleichfalls auf- und zwar halb sechs schlägt.)
Der Agitator (tritt ans, von Gesellen, Lehrlingen, Fabrikarbeitern und Gewerbtreibeuden gefolgt.) Bürger, die Zeit ist reif, aber sie muß noch reifer werden, wenn sich unser Ideal verwirklichen soll. Der Strike hat sich als Mittel gegen die eingekapselte Trichine des Besitzes nicht bewährt. Wir müssen bis zur jedesmaligen Wiederaufnahme der Arbeit für die Zeit, welche wir mit Sinken zugebracht, bezahlt werden, als hätten wir gearbeitet, so daß den infamen Milliarden-Schluckern unsere Rückkehr zur Arbeit noch schrecklicher wird, als der Strike. (Lauter Beifall.) Zwar sagt Schiller:
Von der Stirne heiß Rinnen auch der Schweiß, aber Schiller ist auch einer jener Faullenzer, für welche nicht nur, so lange sie leben, der arme Arbeiter sich abgnälen muß, um ihn mit Kleidern und Stiefeln zu versehen, sondern die auch noch nach dem Tode der hungernde Bildhauer, der
darbende Gießer in Marmor und Bronze zu verewigen hat. Dies Mißverhältniß zwischen Arbeit und Kapital w u ß anshören. Bis dahin wird freilich noch manches Quart Petroleum unnütz als Leuchtgas verschwendet werden. Bürger, die Banditen des Besitzes dürfen sich nicht länger mit den Perlen unserer Stirn schmücken! Den Elenden muß der Wagen unter dem Leibe weggeschossen werden! Sie brauchen nicht pleite zu fahren, anstatt pleite zu gehen und —
Der Wagenbauer. Ich protestire! Die elegante Equipage belebt die sonst öde Stadt und sie ernährt den Bürger Pferdehändler, den Bürger Lakai, den Bürger Groom, den Bürger Maler, den Bürger Polsterarbeitcr. Rüttelt um Gotteswille» nicht daran! Man würde in Berlin nur zu deutlich hören, wie still es ist, wenn wir keine Epuipagen hätten. Dagegen wäre es gut, wenn dem Kleiderlnxus der Bürgerinnen einmal energisch gesteuert würde!
Der Damenschneider. Ich bin gewiß dafür, daß man den Luxus auf allen Gebieten einschränkt, der Kleiderluxus aber belebt die Fabriken r nd den Detailhandel und ernährt den Bürger Posamentier, die Bürgerin Probirmamsell, die blumenmachende, die stickende Bürgerin. Wenn Ihr das Feigenblatt wieder cinsührt, dann fallen Tausende von dem grünen Zweig, auf den sie sich mühselig hiuausgcarbeitet haben. Verbietet lieber die theurcn Diners, mit welchen die Neichen unsere Knochen verschweigen.
Der Koch. Oho! Es geht Keine» etwas an, wenn sich Jemand den Magen au Trüffeln und Schnepfen verderben will. Ohnedies ist der Raum der Volksküchen nur knapp, und wer, vom Kellner mit Brühe begossen, wenigstens Fettflecken davon- trageu will, muß schon etwas mehr als 2'/e Sgr. bezahlen. Bürger, nicht das nute Essen verweichlicht, sondern die Bequemlichkeit, die Betten, gestopft mit den sauer erworbenen Federn der armen gerupften Vögel, die Matratzen, die Polster, angefüllt mit den den unglücklichen, betrogenen Pferden hinterrücks gestohlenen Schwanzhaarcn. Da sitzt das Uebel!
Der Tapezier. Der geehrte Bürger Vorredner ist ein Esel. Ich spreche gewiß nicht im eigenen Interesse, sondern für das allgemeine Wohl, wenn ich behaupte, daß !das Schlafen unter freiem Himmel die Gesundheit nicht fördert. Nein, Bürger, rührt nicht au die Kiffen und Matratzen, an die Polster und Pfühle, aber den Filz- und seidenen Hüten geht zu Leibe, diesen —
Der Hutmache r. Und was, Bürger, wollt Ihr dann antreiben? (LautcrBei- sali.) Die Handschuhe schafft ab!
Der Hansisch u h m ache r. Und was, Bürger, wollt Ihr dann dem besitzenden Halluukeu hinwerfen? (Wiederholter Jubel.) Ich bin also in Eurem Namen nicht dafür, daß die Handschuhe abgeschasft werden, aber die Prachtbauten sind der Hnmmer- schadcu unserer Zeit, die ersten Etagen, die Stallungen, die —
Der Zimmermann. Aber wenn Ihr den Zimmcrmann aus dem Handwerk exmiltirt, wer soll die Galgen bauen.
(Enthusiastischer Beifall.) besonders den für den Agitator? Denn der Agitators st der größte Luxus d e r m e n s ch l i ch e n Gesellschaft! (Stürmische Unterbrechung. Wuthgeschrei: Der Schuft hat Recht! Alle fallen über den Zimmermann her und — tragen ihn im Triumph davon.)
Der Vorhang fällt.
Technische Rundschau.
In der Weberei ist Law's Fang- Vorrichtung für die Schützen der mechan. Webstühle nicht ohne Bedeutung. Diese in Amerika patentirte Fangvorrichtung verhütet das Hcrausfliegen des Schützen aus dem Kasten, oder eine Drehung desselben, sowie einen Bruch der Spulen auf der Schützeuspindel; sie macht ferner die üblichen Federn an den Fanghobeln überflüssig und ist sehr billig herzustellen. Zeichnung und Beschreibung in Nr. 5 des „Deutschen Wollen-Gewerbe". — In Paris hat der Handel mit Cigarren- stummeln, die auf der Straße aufgc, lesen werden, eine solche Ausdehnung gewonnen, daß man den Umsatz auf 250,000 Fr. schätzt. Kaffeehäuser, Straßen, Mist- und Kehrichthaufen sind die Fundorte. Ist der Fund ergiebig, so geht es au die Tabaks- sabrikation. Der Industrielle geht an einen Ort, wo er ungestört ist, z. B. unter eine Brücke, legt die Stummel auf ein Holzbrett und zerkleinert sie mittelst eines scharfen Messers zu Tabak, füllt das Fabrikat in Päckchen und verkauft dasselbe für 40 Sous per Kilogramm an Arbeiter, Straßenkehrer, Wagenschlagöffner u. s. w. Bedenkt man die Eingangs angeführte Summe des Umsatzes, so mag man auf die Größe der Kundschaft schließen. — Die im Sommer in Gartenwirthschaften re. beliebten Buntfeuer kann man sich leicht selbst darstellen und zwar Rothseuer aus 9 Th. salpeters. Strontian, 3 Schellack, l'/s chlors. Kali, Grünfeuer aus 9 Th. salpeters. Baryt, 3 - Schellack, l'/s chlors. Kali, Blauseuer aus 8 Th. Kupferammoniaksulphal, 6 chlors. Kalif, t Schellack. Das Schellack wird nur gröblich, wie das sog. Pferde- pulver den Apotheken gepulvert. — Petro leum reinigt man durch mehrtägiges Stehenlassen mit starker Kalkmilch. Das Petroleum verbindet sich mit dem Kalk zu einer gallertartigen Masse, welche sich von den Faßwandungen leicht abreiben läßt. — 6 —
Student: Es ist merkwürdig, wie viele Menschen jetzt an der Wassersucht sterben.
Bürger: Daran ist nichts schuld, als das Bier.
Frankfurter Course vom 12. Mai. Geldsorten.
. 9 fl. 56V-—S7'/,kr. . 9 sl. 39 -41 tr. . 9 fi. 89Z —41 kr. . 9 ,1. 52 —54 kr. . 5 fl. 31 —33 kr. . S fl. 32 -34 kr. . 9 fl. t kck/r-LOV-kr.
11 ft. 48 -48 kr.
. 9 fl. 40 —42 kr. . 2 fl. 2SVr-20'/,kr.
Friedrichs'dor Pistolen - > - > dto. doppelte . Holland. 10 fl.-Stück Dukaten .... gl ingrlro
2V-Frankenstücke . . Englische Souvereigns Ruß. Imperiales Dollars i n Gold Redaction, Druck und Perkag von Jak. Viech in Neuenbürg.