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dem Eentrum das Bewußtsein der Verantwortung geweckt, welche es auf sich nehme, wenn es seinerseits die Verständigung ablehne. Redner geht auf die Einzelheiten seines Antrages näher ein und empfiehlt denselben zur Annahme - Es sei dem Centrum nicht leicht geworden, den obigen Weg vorzuschlagen. D--n verbündeten Regierungen könne er den Vorwurf nicht ersparen, daß sie das Entgegenkommen des CentrumS nicht verdienen. (Heiterkeit.) Reichskanzler Fürst Hohenlohe erklärt, die verbündeten Re­gierungen halten an ihrer Usberzrugung fest, daß das von ihnen Geforderte in seinem ganzen Umfange not­wendig sei. Im Hinblick auf die militärische Wichtig­keit der Vorlage und in der Erwägung, daß ihre Durchführung keine Verzögerung erleiden könne, seien die verbündeten Regierungen entschlossen, der Vor­lage auch in der veränderten Form zuzustimmen, aller­dings nur unter der Bedingung, daß dir Resolution des Centrums angenommen werde, wonach die Re­gierungsforderung in vollem Umfange wenn auch nicht jetzt, so doch noch rechtzeitig vor Inkrafttreten des Gesetzes angenommen werde. Abz. v. Levetzow (cons.) giebt namens seiner Freunde die Erklärung ab, daß sie angesichts der Erklärung der Regierung und im Vertrauen auf die in der Resolution ausge­drückte Zusage den Zsntrumsoorschlägen zustimmen würden. Abg. v. Kardorff (Reichsp.) giebt eine ähnliche Erklärung ab. Abg. Bassermann (natl.) begrüßt die jetzige Einigung und erklärt, daß seine Freunde die vom Abgeordneten vr. Lieber geschlagen« Brücke betreten. Abg. Rickert (freist Volksp.) weist die Vorstellung zurück, als ob der Reichstag hier nach der Lehre vom beschränkten Untertanenverstande kein Urteil gegenüber der Heeresverwaltung habe. Auf den Antrag Liebe« eingehend, bemerkt Redner, die durch denselben geschlagene Brücke sei doch nur geschlagen, um die Regierung aus einer unhaltbaren Situation herauszubringen. Was die zweijährige Dienst­zeit anlange, so mache er darauf aufmerksam, daß diese unter allen Umständen für die fünfjährige Periode gesetzlich sei. Es sei unbedingt notwendig, die zwei­jährige Dienstzeit für die Dauer festzulegen. Redner geht dann sehr ausführlich auf die ganze vorgeschlagene Organisation ein, welche nicht in sich fest geschloffen sei, sondern wiederum nur einen Wechsel auf die Zu­kunft, Anweisungen auf spätere Nachbewilligunge» darstells. AuS dm Vorgängen seit dem letzten Donners­tag habe er den Eindruck gewonnen, daß oben nicht Alles in Ordnung sei, daß die einheitliche Führung fehle. Bei solchen impulsiven autokratischen Plötzlichkeiten sei die Gefahr um so schwerer zu vermeiden, daß Krisen ent­stehen. Abg. Bebel (Soz.) führt aus, daß er im In­teresse der Steuerzahler die Vorlage ablehnen müsse. Die Resolution Lieber lege dem Reichstags eine Ver­pflichtung auf für die Zukunft, sie sei ein Wechsel, den der Reichstag später unbedingt würde einlösen müssen. (Rufe rechts: Sehr richtig.) Abz. Preiß (Elf.) lehnt die Commifsionsbsschlüsse, den Antrag Lieber und die Regierungsvorlage ab. Abg. Lied er­mann von Sonnenberg (Antis.) bedauert, daß

daß die Regierungsvorlage nur in der Form Lieber bewilligt werden könne. Die Haltung des CentrumS habe in den weitesten Kreisen Erbitterung erregt. Heute am Gedenktage der Beisetzung Kaiser Wilhelm I. und an dem Tage wo sich über dem ersten Kanzler die Gruft geschloffen, heute werde ein gutes Stück Vertrauen in die Festigkeit unserer Regierung be­graben. Das Programm der neuen deutschen Politik heiße: Es wird fortgewurstelt. (Heiterkeit) Abg. Wangenheim (Bund d. L.) spricht sich im Sinne der Conssroativen aus. Z 1 wird debattrlos ange­nommen. Z 2 wird gemäß dem Lieber'schm Anträge in der Commissionsfaffung angenommen. Auch im klebri­gen gelangen die Bestimmungen des Antrages Lieber zur Annahme. Der Antrag Richter auf dauernde Sicher­stellung der zweijährigen Dienstzeit wird abgelehnt, der Rest des Gesetzes wird debattelos angenommen, sodann die Resolutionen ebenfalls debattelos einschließlich der Resolution Lieber IV. In der Gesamtab­stimmung wird die Militär-Vorlage mit 222 gegen 132 Stimmen angenommen.

Friedrichsruh, 15. März. Bei der An­kunft des Kaisers zur Beisetzung des Für­sten und der Fürstin Bismarck in dem neu errichteten Mausoleum wird eine Ehrenwache des 76. Infanterieregiments aus Altona zur Stelle sein. Der Aufenthalt des Kaisers dürfte ein bis zwei Stunden dauern. Es sind bisher 6 Sonderzüge an­gemeldet. Der Sarg des Fürsten wird heute von Mitgliedern eines Hamburger Instituts nach dem Sterbezimmer des Fürsten gebracht. Eine Abordnung der Halberstädter Kürassiere wird heute vormittag hier eintttffen.

Friedrichsruh, 16. März. Heute Vor­mittag waren zwei Personen- und zwei Extrazüge hier eingetroffen, mit denen mehrere tausend Personen zu der B e i s e tz u n g s f e i e r des Fürsten und der Fürstin Bismarck hier anlangten. Die ebenfalls hier eingetroffenen Mitglieder des WahloereinS sam­melten sich zu Gruppen von je 100 Personen. Ferner traf eine aus 10 Offizieren und Unteroffizieren be­stehende Deputation der Kürassiere von Seydlitz unter Führung des Regiments-CommandeurS, als Vertreter des Hamburgischen Senats Bürgermeister vr. Mönke­berg hier ein. Die Ehren-Compagnie des 2. hansea­tischen Infanterie-Regiments Nr. 76 nahm mit Fahne und Regimentsmusik am Bahnübergänge vor dem Schlöffe Aufstellung. Tausende von Zuschauem ver­sammelten sich auf der Schloßsrite nach der Bahn und dem Hohlwege nach dem Mausoleum entlang. Um 11 Uhr 25 Min. traf der kaiserliche Zug ein. Der Salonwagen hielt vor dem Portal des Schlaffes. Fürst Herbert Bismarck, Gras W ilhclm Bismarck und Graf Rantzau, sowie die an­wesenden Generale begrüßten den Monarchen am Bahnhofe und geleiteten ihn zum Schloß Der Kaff - hatte die Uniform der Gardekürassirre angelegt E begab sich z« dem Zimmer, wo die Särge stau und verrichtete dort ein stilles Gebet. Alsdann orl > sich der Zug. Dis Kapelle des Jnfanterie-Regi ae> is

Nr. 76 schritt voran, dann folgte in weitem Abstande die Leichen-Parade. Tausende von Fackeln, von den Spalier bildenden Mitgliedern des Wahl-Vereins ge­halten, flammten längs des Weges zum Mausoleum auf, durch die sich der Trauer-Kondukt langsam hin­durch bewegte. Alle entblößten die Häupter. Zuerst kam der Sarg der Fürstin, dann folgte in weitem Abstande der des Fürsten. Hinter diesem schritt der Kaiser an der Seite des Fürsten Herbert. Dann folgten die Familien Wilhelm Bismarck und Rantzau, Schwenninger, der Generaladjutant Kaiser Wilhelm I, Admiral Tirpitz, Graf Pofadowrky, Graf Waldersee und viele Militärs. Punkt 12 Uhr langte der Kondukt im Mausoleum an. Der Kaiser betrat die Kapelle, indeß die Särge vor dem kleinen Altar niedergesetzt wurden. Dann begann dir Feier, der der Kaiser stehend beiwohnte. Pastor Westfahl hielt die Gedenk­rede. Die kirchliche Feier hatte nur 20 Minuten gedauert. Der Kaiser bebab sich dann mit dem Fürsten Herbert ins Schloß zurück, wo das Frühstück einge­nommen wurde. Der Kaiser sprach angelegentlich mit dem Fürsten. Nach einer halben Stunde Auf­enthalt im Schloß verabschiedete sich der Monarch und begab sich von den männlichen Mitgliedern der Familie begleitet zur Bahn. Vom Coups aus unter­hielt er sich noch mit dem Fürsten Herbert Bismarck. Um 1'/« Uhr fuhr der Zug ab.

Standesamt ßakrv.

Geborene:

13. März. Friedrich, Sohn des Rudolf Beck, Fabrik­arbeiters hier.

Gestorbene:

10. Margarethe geb. Rentfchler, Witwe d. Michael

Bauer, Bauers auf dem Windhof 60 I. a.

15. Johann Georg Weber, Goldarbeiter von

Unterhaugstett, 38 Jahre alt.

16. Johann Friedrich Dürr, Jpsermeistcr hier,

60 Jahre alt.

«»tteSdierrft«

am Sonntag Andica, 19. März.

Vom Turm: 125. Predigtlied: 373. 9ffr Uhr Vornu-Predigt: Herr Stadpfarrer Schmid. Nach derselben Ordination der Predigtamtskandidaten Albert Leube und Karl Sappcr durch Dekan Roos. 1 Uhr: Christenlehre mit den Töchtern. 5 Uhr: Bibelstunde imVeremshaus, Herr Dekan Roos.

Aeiertag Mariä Ankündigung, 25. März.

9'/« Uhr: Predigt im Vereinshaus mit nach­folgender Beichte, Herr Stadtpfarrer Schmid.

Urtlamrtetl.

M 8kiSe brmdt

Uollynstein-Hrusttllnl, 8a.

Grösste k'adrik von Keiäevstoffeu m Laellsen. üömxliclm, tiroÄmroxliclM Mil llsrrozlikder IIMKrrnt.

8peeialität: LrS.RLllLtvtÄVll'.

LlustsrlsAsr bei W» S«n<lsr, Osluv.

Heiße Dankesthränen rollten aus Williams Augen, als die französische Trikolore niedergeholt wurde und an ihrer Stelle das englische Banner majestätisch emporrauschte.

Schwere Arbeit gewesen dieses Mal, Sir," redete ihn Brown an,noch eben von der Ewigkeit freigesegelt, kalkulire, Sir, unser alter Gott lebt noch !"

Ja, Du braver Kerl, der alte Gott lebt noch ihm laßt uns danken!"

Dazu sage ich Amen, Sir,"

Nun erklärt mir aber, Maat Brown, wie war es möglich, daß ihr im letzten Augenblick die Kartätschenschiiffe abzeben konntet?"

Well, Sir l Sehr einfach das. Als ich sah, daß die Sache nun bald ein Ende hätte, hielt ich beim Fechten Ausguck um mich her, ob denn wirklich diese Franzosen englische Seeleute schlagen sollten. Da fielen meine Augen auf die beiden Heckgeschütze. Wie ein Blitz schoß mir der Gedanke durch den Kopf, ob es nicht möglich wäre, die Mündungen zu kehren. Ich verließ Euch und machte mich mit zwei anderen wackeren Jungen an die Dinger; es gelang na, und das Uebrige wißt Ihr ja selbst, Sir!"

Es war unsere einzige Rettung. Vorläufig meinen Dank. Ich werde dafür sorgen, daß Euere That an höherer Stelle bekannt wird."

Danke, Sir, danke!"

Die Oberdecke der beiden Schiffe wurden jetzt gereinigt, die Toten in seemännischer Weise über Bord gesetzt und die Verwundeten verbunden. Dann ber ging es mit vollen Segeln nach Kap Octegal, dem verabredeten Rendezvous der englischen Flotte.

AIS Klariston sich davon überzeugt hatte, daß seine gegebenen Befehle auS- geführt worden waren, eilte er nach der Kajüte um zu sehen, wie es mit Kapitän Shmitt stände.

Nun, wie ist es geworden?" fragte der Kommandant, welcher mit zer­schmettertem Arm auf dem Kanapee ruhte,es ist wohl hart hergegangen dort oben, was?"

Sehr ha t, Kap'e^n," antwortete William ernst und berichtete dann über den Verlauf des G-se, Als er geendet harte, meinte Shmitt wohlwollend: Werdet ein schönes Prisma- 'd bekommen. Gönne es Euch von ganzem Herzen."

Ich werde es nicht annehmen, sondern den Hinterbliebenen der Gefallenen zukommen lassen, de- gebii et es in erster Linie. Doch wie geht es Euch Kapitain?"

Geht schon, Klariston, geht schon! Hätte überhaupt von vorne herein darauf wetten könne,, daß mir so Aehnlich"s passiren würde, war ja in diesem vermaledeiten spanischen Waschkeffel, wo ich bisher jedes Mal Pech gehabt habe!"

4. Kapitel.

Das Haus des reichen Kaufmanns Fred Lister, ein großes, aus Backsteinen errichtet-.s Gebäude mi- vorsp ingenden Etagen und kolossalen Erkern, lag mit seiner Vorderfront an einer der verkehrsreichsten Straßen von Plymouth. Im Parterre befanden sich- die Geschäftszimmer, eine Reihe einfach ausgestatteter Räume, von denen ein« am Ende der Front, für Lister als Privatkomptoir ein­gerichtet war.

Der Kaufmann saß ir seinem Sessel, einige Geschäftspapiere durchsehend. Wenn man die breitschultrige Figur des Mannes, welche in einen schwarzen Sammetanzug ein-.ehüllt war, näher betrachtete, so mußte man gestehen, daß in jeder Bewegung, in jeder Miene ein starkes Selbstbewußtsein ausgeprägt lag. Sonst ein sehr ehrenwerter, liebenswürdiger Herr, besaß er nur den einen Fehler, daß ihn jeder, auch der geringste und gerechtfertigste Widerspruch in einen furcht­baren Jähzorn bringen kom (Fortsetzung folgt.)