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vor seiner Beendigung ohne Genehmigung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft verlassen oder durch eigenes Verschulden die Entfernung auS demselben veranlaßt oder die Prüfung binnen einer gefitzten Frist nicht erstanden wird (Z 4 Abs. 2 der Verfügung deS K. Ministeriums des Innern vom 11. Juni 1885).
Stuttgart, de» 2. März 1899.
v. Ow.
Zagesuruizimtm.
Calw, 10. März. Der schon bejahrte Bauer Schwämmle von Weltenschwann war am Mittwoch auf dem hiesigen Markt. Als er nachts nach Hause ging, wurde er auf der Straße bei Weltenschwann von 2 Männern überfallen, zu Boden geworfen und seines Geldes beraubt. Da der alte Mann keinen Widerstand leistete, konnten die Thäter ungehindert ihre Thal ausüben. In der Dunkelheit wurden die Angreifer, welche nach der Beraubung schnell davoneilten, leider nicht erkannt.
8 Calw. Morgen Samstag abend wird Herr StadtmusikuS Frank im Verein mit seinen Schülern im Dreiß'schen Saale ein Conzert geben. Bei dem reichhaltigen Programm, das unter zahlreichen Einzelpncen, Duos- und Orchester-Vorträge aufzählt, steht jedem Besucher rin genußreicher Abend in Aussicht. Der Eintritt ist frei. (L. d. Inserat in heut. Nr )
Stuttgart, 8. März. Aus den direkten Steuern hoffe der württ. Fiaanzminister in der neuen Ainanzperiode über 650000 »^ mehr zu erziele», aus den indirekten aber gegen 3^/« Millionen mehr. Aus der Gewerbesteuer wird der Ertrag auf gegen 4 Millionen »4§ geschätzt, 285 000 »4t mehr als bisher, aus der Gewerbesteuer auf gegen 2,9 Millionen, 83920 »4t mehr als früher, während mit Rüäsicht auf den stärigen Rückgang des Grund- und G es allstem! kiitastels eine Mindereinnahme bei der Grundsteuer von 11,700 »L vorausgesehen wird. Die Kapital- und Renten-Einkommen- steuer soll 200,000 »4t mehr abwerfen. Die Dienst- und Berufs-Einkommensteuer 120,000 »4t mehr. Was die indirekten Steuern anbelangt, so sind die Ueber- weisungen auS der Rsichskasse als Anteil Württembergs an den Zöllen, der Tabak- und Branntweinsteuer auf 2,953,400 »A höher veranschlagt, der Anteil an dem Ertrag der ReichSstewpelabgaden auf 68,370 »4t niederer. Bei den Wirts chafts- abgaben wird ein Mehrerträgnis der Malzsteucr von 520,000 »4t erwartet, während dir Einnahme aus dem Umgeld (11"/° de« Ausschankerlöses von Wein und Obstmost) zu 100,000 »4t weniger geschätzt ist. Es darf mit Sicherheit ein ungünstiger Einfluß von der schlechten Weinernte des Jahres 1898 in Rechnung genommen werden. Die Vermehrung der Hundezahl hat im Etat durch Erhöhung des Einnohme- titels um 54,000 »4t Ausdruck gefunden. Aus der LiegenschastSvccis« wird der Ertrag auf 300,000 »4t höher geschätzt. Die gesetzlichen Bestimmungen, auf
welchen die Erhebung dieser Accise beruht, bedürfen zwar auf Grund des Bürgerlichen Gesetz-Buchs einer Aenderung; allein es steht zu erwarten, daß diese auf den finanziellen Ertrag von keinem erheblichen Einfluß sein wird. Endlich wird auch der Reinertrag aus den Sporteln und GerichtSgcbühren um 100,000 Mark höher eingeschätzt. Nach Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs kommen die für die Prüfung von Privattnlungen bisher angesitzten Sporteln in Wegfall. Es kann aber angenommen werden, daß dieser Ausfall durch andere Sporteln auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit wieder gedeckt wird.
Stuttgart, 9. März. In die städtische Sportelkaffe flössen letztes Jahr aus dem Liegen- schafrsumsatz etc. gegen 200,000 »4t Sporteln. Nach dem früheren Verteilungsmodus hätte davon jeder Gemcinderat etwa 8000 »4t erhalten. Seit einigen Jahren besteht aber der Beschluß, daß jeder Stadtrat nur 3000 »4t empfängt und daß der Rest in die Stadtkaffe fließt. — Die hohen Liegenschaftspreise und die daraus resultierenden fast unerschwinglichen Wohnunxsmieten bilden seit Jah-en einen wunden Punkt und cs sind dadurch Verhältnisse in Stuttgart entstanden, di« nach mancher Richtung zu beklagen sind Heber die Frage, wie abuchelfcn sei, sind die Meinungen geteilt. Eine Gruppe auf dem hiesigen Rathaus ist dafür, daß durch möglichst geringe Ge» bäudoböhe den Preisen für Grund und Boden ein Dämpfer aufzus.tzen sei, während die andere für die möglichste Ausnützung des teuren Platzes durch das Bauen viclstockiger Häuser schwärmt. Die letztere Richtung hat gesiegt.
Oehringen, 8. März. Heute früh gelang es dem Landjäger Walter von hier, dm ledigen Dienstknecht Gustav Hrldsnbrand von Sindlingen, der wegen einer großen Menge Haftgelde-schwindlungen schon längst gesucht wird, in Hohmsall festzunchmen. Hildenbrand verübte schon seit geraumer Zeit in hi-srgcr Umgegend dadurch Schwindeleien, daß er sich bei Bauern als Knecht einstrllen und ein Hafig-ld von je 5 »4t geben ließ. Es ist sogar vorgekommen, daß er Dienstherren nach Oehringrn bestellt-, um ihn dort abzuholen, allein nie traf er ein. So viel be» könnt ist, soll es sich um mindestens 50 Fälle handeln. Hildenbrand sieht nun seiner Aburteilung entgegen.
Pforzheim, 8. März. Bei einem Neubau passierte gestern ein schweres Unglück. Arbeiter waren mit dim Aufziehen eines 35 Zentner schweren Steins beschäftigt, als plötzlich rin Siche-hcitsstilt an der Maschine brach und der Stein von der Stock- werkhöhe heruvtersauste und einem Maurer den Arm vom Leibe wegschlug. Der Zustand desselben ist sehr besorgniserregend. Nur mit knopp-r Nor konnten die anderen dabei Beschäftigten ihr Leben in Sicherheit dringen.
— In München wird ein Protest gegen die Rede des ZentruwSführerS Lieber im Reichstag vorbereitet, in welcher er einen Stuck'schen Fries für
das Reichstagshaus eine Schmiererei genannt und sich über den Hildebrand'schen Entwurf für die Wahlurnen deS Reichstags in spöttischer Weise geäußert hat. Schon in einer Reihe von Preßäußerungen hat man Herrn Lieber zu verstehen gegeben, daß er von Kunst augenscheinlich nicht viel verstehe. In München hat jetzt unter dem Vorsitz des Prof. v. Thiersch eine Versammlung angesehener Künstler stattgefunden, welche beschlossen hat, den beiden Angegriffenen, sowie dem Baurat Wallot, der für die Aufträge verantwortlich gemacht wird, eine Ehrenerklärung zu geben und gegen den Ton der Lieber'schen Rede zu protestieren. — Die verspottete Hilbebrand'sche U»ne ist für die nächstjährige Weltausstellung in Paris bestimmt, wo sie als ein Hauptstück Las deutsche Kunstgewerbe repräsentieren soll.
Berlin, 8 März. Die Centrumsfraktion deS Reichstages hat gestern Abend ihre Stellung zur zweiten Lesung der Militarvorlage eingehend beraten und beschlossen, der Regierung unter teilweiser Aufhebung der Beschlüsse erster Lesung entgegen zu kommen. Noch dem in erster Lesung angenommenen Anträge Gröber ist eine Durchschnittsstärke von 584 Köpfen bei Jnfanteriebatmllonen beschlossen worden. Außerdem hatte man die in Preußen für die Kavallerie geforderten 1630 Mann abgesetzt. Das Centrum will nun den DurchschnittsetotS der Jnfanteriebataillone m>t 585 Köpfen und bei der Kavallerie dem Mehr von 10 Schwadronen zustimmen und hat in diesem Sinne bereits seine Anträge eingebrachl.
B er lin, 8. März. Die Verabschiedung des Admirals von Knorr hängt, wie die Berliner Neuesten Nachrichten weisen, mit einer Neuorganisation der obersten Marinebehörde zusammen, dt« in kurzer Zeit in Wirksamkeit treten dürfte und bei welcher das j tzige Ober Commando der Marine in Wegfall kommt. Ali seine Stelle tritt der direkt dem Kaiser zu unter- stell nde Admiralstab. Die bisherige Commando« Abteilung des Ober- Commandos geht an das Marine- Cubinet über und damit auch die oberste Commando- Führung wie beim Landheere auf den Kaffer selbst.
Berlin, 9. März. Am heutigen Sterbetage Kaffer Wilhelm I. ist daS Innere des Mausol-umS in Cha> lottenburg mit Blumen dekorirt. Um 9 Uhr fuhr das Kaiser paar vor und l-gte am Sarkophage einen wunderbaren Kranz nieder. Das Kaiserpaar verweilte eine Viertelstunde in der Gruft und verrichtete ein stillts Gebet. Von den Regimentern, d,ff» Chef der verstorbene Kaiser war, erschienen D putationen mit Kränzen am Sarg«. Im Laufe des Vormittags wurden auch im Aufträge der Kaiserin Friedrich und des badischen Großherzogpaares Kränze am Sarge niedergelegt.
Brüssel, 8. März. Das gestern über das Befinden der Königin ausgegebene Bulletin lautet: Da? Allgemeinlnfinden hat sich gestern günstiger gestaltet. Man kann Hoffnung haben, daS Leben der Königin zu erhalten. Di« Kronprinzelsin Stefanie wird heute früh hier erwartet. Wie eS heißt, lerdet
„Warum nicht? Antworte/ rief Williams Vater mit scharfer Stimme, und man konnte sehen, wie er gewaltsam seinen auffteigenden Zorn unterdrückte. „Ich liebe ein anderes Mädchen, Vater, es hat mein Ehrenwort, daß ich
sie heirate. Nur dieses Mädchen wird mein Weib, sonst-"
„Schweig, Junge/ fiel Lord Klayriston seinem Sohne schroff ins Wort, „ohne Deinen Vater zu fragen, durstest Du als Edelmann in einer solchen wichtigen Angelegenheit nicht Dein Wort verpfänden. — Aber unser letztes Zusammensein vor Deiner Abreise soll nicht in Groll enden. Wenn Du ein ebenbürtiges Mädchen nennst — gut — so sollst Du Deinen Willen haben, ich werde die Sache mit Breadfield zu arangiren wissen. Jetzt wünsche ich jedoch genaue Auskunft. Wer ist das Mädchen?"
„Es ist die Tochter des hiesigen Kaufmanns Lister/ kam cs fest von Williams Lippen.
Der Admiral zuckte zusammen, als wenn er vom Schlage getroffen wäre, sein Gesicht wurde erdfahl und aus den Augen leuchtete ein furchtbares Feuer.
„Die Tochter — des — Kaufmanns Lister — wahnsinniger Mensch/ donnerte der alte Lord dann plötzlich los, „die Tochter eines Bürgerlichen, die Tochter eines Krämers, eines jener Bande, welche ihre Hand an das heilige Haupt eine« Königs gelegt haben, die Deine Großeltern erschlagen, die uns, den königstreuen Adel Englands, fast ganz ruinirt haben?! — Du willst eS wagen. Deinem Vater, einem Lord Klayriston eine Schacherstochter als Dein Weib zuzuführen — eine Kreatur — eine —"
„Vater/ schrie William, «inen Schritt zurückttetmd, indem er nach seinem Degen griff, „Vater, vergiß Dich nicht, Du beleidigst mein« Braut/
„Du — Du willst gegen Deinen Vater den Degm ziehen — Du?" knirschte der Lord. — Und einen schweren Hiebdegen von der Wand reißend,
drang er in sesselloser Wut auf seinen Sohn ein. —
In diesem furchtbaren Augenblick gewann William seine ganze ruhige Ueberlegung wieder. — Den zur Verteidigung schon halbgezozcnen Degen in die Scheide zurückstoßend, stand er ruhig da, und blickte dem Vater fest inS Auge. Doch der war in seinem Jähzorn unhaltbar und wer weiß, was geschehen, wenn nicht plötzlich John, der alte Kammerdiener eingetreten wäre und sich, die Gefahr erkennend, dazwitchen geworfen hätte. —
„Mylord — Myloid — es ist ihr Sohn, — wollen Sie ihn tödten?" „Du willst Deinem Herrn Vorschriften machen?" wandte sich der Admiral jetzt zornfunkelnden Auges an John. „Hinaus! Hinaus! Du auch, ungeratener Mensch hinwep, oder bei Gott — ihr sollt mich kennen lernen!"
Der Diener, welcher den Jähzorn seines Herrn kannte, verließ sofort daS Zimmer, auch William schult zur Thür. Im Thürrahmen kehrte er sich jedoch um und sagte mit tiefbewegter Stimme:
„Vater, Dein Zorn macht es mir unmöglich, Dir diese Verhältnisse heute auSeinaudsrzusetzen — ich muß daher auf spätere Zeiten hoffen. Adieu, Vater, leb' wohl!"
Als die Thür in'S Schloß gefallen war, ließ der Lord den Degen fallen und starrte wie geistesabwesend vor sich hin. „Die Tochter eines Krämers," flüsterten seine Lippen, — „hahahaha — ein Lord Klayriston verwandt mit — einer Krämerfamilie I — Niemals, niemals, so lange ich lebe!" Auf einmal schien ihm ein wichtiger Gedanke gekommen zu sein, denn er setzte sich an den Schreibtisch und begann hastig einen langen Brief zu schreiben. Als er damit fertig war, schellte er und gab dem eintretenden Dimer da« Schreiben mit der Anweisung, dasselbe sofort an Bord de« „Nestor" zu Kapitän Horbartson zu bringen. (Fortsetz. folgt.)