Metz, 9. Jan. In Longeville bei Metz lebt ein Ziegeleibesitzer, dessen Schicksal bezüglich seiner Nationalität auch in wei­teren Kreisen bekannt zu werden verdient. Derselbe wurde in Mainz, zur Zeit, als diese Stadt zeitweilig französisch war, ge­boren, und war somit französischer Bürger. Durch den Pariser Frieden im Jahre 1814 wurde er Deutscher, nach Beendigung seiner Lehre durchwanderte er Frankreich, kam nach Longeville, heirathete dorten ein wohlhabendes Mädchen und wurde franzö­sischer Bürger, endlich, und er hofft, dag dies das letzte Mal sein wird, mußte er seine Nationalität nochmals wechseln, wurde er durch die Einverleibung von Elsaß-Lothringen wieder Deutscher. (B.L.)

Württemberg.

Die württembergische Abgeordneten­kammer nahm am letzten Samstag nach zweitägiger Debatte mit 51 gegen 33 Stimmen bei dem Einführungsgesetz zum Neichsgesetze über den Unterstützungswohn- sitz den Commissionsantrag, wonach der Ortsgeistliche an der ortsbehördlichen Ar­menpflege stimmberechtigt mitwirkt, an.

Das Amtsblatt des Ministeriums des Innern veröffentlicht einen Erlaß an die Oberämter, wonach mit Rücksicht darauf, daß nach einer Mittheilung des Reichs­kanzleramts in Ausführung des Z II des Reichsgesetzes vom 4. Dezember 1871, betr. die Ausprägung von Reichsgold­münzen, nunmehr allmählig mit dem Ein­zug der groben Silbermünzen des Gulden­systems vorgegangen werden soll, die Körperschaftskassen angewiesen werden sollen, die bei ihnen vorhandenen oder eingehenden Zweiguldenstücke nicht wieder auszugeben, sondern bei ihren Steuer­ablieferungen die Ortssteuereinbringer an die Amtspflegen, letztere an die Staats­hauptkasse einzusenden.

Stuttgart, 8. Januar. In Voll­ziehung des Art. 75 der mit dem 1. Jan. d. I. in Wirksamkeit getretenen neuen allgemeinen Bauordnung ist durch Kgl. Verordnung vom 16. Dez. v. I. die Zu­ständigkeit der Regierungsbehörden in Bau­polizeisachen geregelt worden. Es sind hierdurch in der Organisation und Zu­ständigkeit der Behörden gegenüber den bisher in Geltung gewesenen Normen nicht unerhebliche Aenderungen eingetreten; insbesondere ist bemerkenswertst, daß die Zuständigkeit der Kreisregierungen in Bau­polizeisachen mit Ausnahme der denselben noch vorbehaltenen Kognition über die Er­richtung sogenannter lästiger gewerblicher Anlagen (Reichsgewerbeordnung § 16 und Bauordnung Art. 82) und über die An­legung oder Veränderung von Wasser­werken ohne Stauanlage (Minist.-Ver­fügung vom 14. Dez. 1871) in Folge der neuen Verordnung aufgehört hat, welche die Ausübung der baupolizeilichen Funktionen, soweit hierzu nach dem Ge­setz nicht die Gemeindebehörden berufen sind, zwischen den Oberämtern und dem Ministerium des Innern vertheilt.

Den Oberämtern ist, neben der allge­meinen Aufsicht über die Handhabung der

Baupolizei in den Gemeinden und der Verhandlung und Entscheidung von Strei­tigkeiten und Beschwerden in baupolizei­lichen Angelegenheiten, zugewiesen: Die Genehmigung der Ortsbauplane oder ein­zelner Baulinien an öffentlichen oder Prioatstraßen in Orten bis zu 2500 Ein­wohnern, sofern nicht für einzelne Orte dieser Kategorie wegen besonderer Ver­hältnisse die Genehmigung-dem Ministerium Vorbehalten wird; ferner in derselben Be­schränkung das Erkenntniß über das Be­stehen eines vorherrschend landmirthschaft- lichen Betriebs in einzelnen Orten oder Ortstheilen (Art. 25, 26 und 33 der Bau­ordnung); sodann das Erkenneniß über alle Bauten, zu denen polizeiliche Eclaub- niß erforderlich ist, so weit nicht nach Art. 81 der Bauordnung die Gemeinde­behörden zuständig sind, sowie mit Aus­nahme der mit lästigen gewerblichen An­lagen oder der Errichtung oder Verände­rung von Wasserwerken zusammenhängen­den und der dem Ministerium des Innern speziell zum Erkenntniß vorbehaltenen Bauten, zu welchen insbesondere die Bau­ten im Stadtdirektionsbezirk Stuttgart ge­hören. Von den dem Ministerium des Innern durch die neue Verordnung weiter zugewiesenen Gegenständen sind noch anzu­führen : die Genehmigung sämmtlicher Ortsbaustatuten, die Erledigung von Dis- pensatiousgesuchen, die Genehmigung von Ortsbauplänen und Baulinien an öffent­lichen und Privatstraßen, soweit sie nicht den Oberämlern zur Erledigung zuge­wiesen sind (also namentlich in allen Or­ten mit mehr als 2500 Einwohnern) und das Erkenntniß über die Herstellung oder Abänderung eigenthümlicher Bauwerke, für welche die allgemeinen Vorschriften nicht ausreichen (Art. 81 Abs. 2 der Bauord­nung).

Die dem Ministerium zukommenden bau­polizeilichen Funktionen werden theils durch den Minister selbst, theils unter seiner Oberleitung durch eine bei dem Ministerium zu bildende Abtheilung Ministerialab- theilung für das Hochbauwesen, welcher die Oberämter unmittelbar untergeordnet sind, ausgeübt. Die Abtheilnng, als deren Mitglieder zunächst in provisorischer Weise bis zur praktischen Feststellung des Ge­schäftsumgangs und Bewilligung der er­forderlichen Mittel durch den neuen Etat Beamte des Ministeriums des Innern be­rufen sind, besteht aus administrativen und technischen Mitgliedern mit einem beson­deren Vorstand. Dieselbe hat außer ihren baupolizeilichen Funktionen bei der Ord­nung des Feuerlöschwesens und anderer feuerpolizeilicher Angelegenheiten unbe­schadet der diessälligen Zuständigkeit der Kreisregierungen insoweit mitzuwirken, als sie von dem Ministerium des Innern hier­mit beauftragt- wird. Wie aus einer Be­kanntmachung des Ministeriums im Amts­blatt des Ministeriums des Innern zu er­sehen ist, hat die neugebildete Ministerial- abtheilung, deren Kanzlei in Nro. 4 der Lindenstraße sich befindet, ihre Thätigkeit mit dem 1. Jan. d. I. begonnen und sind Vorlagen der Behörden über Gegenstände, welche nach der neuen Verordnung in die

Zuständigkeit des Ministeriums gehören, an diese Abtheilung zu richten. (St.-Anz.)

In Rothen so hl ist am 8. Januar Nachmittags eine Schmiedewerkstätte zum größer,: Theil abgebrannt.

Miszellen.

Mülhausen, 8. Jan. Man spricht hier von einer ärztlichen Operation, welche allgemeines Interesse erregt. Eine junge Glätterin hatte vor einigen Tagen das Unglück, eine Nähnadel sammt einem kur­zen Stück daran hängenden Faden zu ver­schlucken. Sie war so unvorsichtig, bei Vornahme einer kleinen Reparatur, die verwendete Nadel in den Mund zu nehmen, eine kleine Unachtsamkeit reichte hin, daß die Nadel in den Schlund glitt, und die Anstrengung, derselben wieder habhaft zu werden, förderte sie in die Speiseröhre. Während zwei Tagen litt das Frauen­zimmer schrecklich, nicht sowohl an körper­lichen Schmerzen als weil sie an einer möglichen Rettung verzweifelte. Die Nadel halte bereits den Magen passlrt und war in die Gedärme notgedrungen, als ein junger Arzt eine ganz eigenthümliche Ope­ration in Anwendung brachte, durch welche er die verschluckte Nadel veranlaßt«, den Weg, den sie im Körper vorwärts gemacht, auch wieder rückwärts zu machen. Das Mittel bestand in der bekannten Anziehungs­kraft des Magnetes. Mit Hilfe eines starken Magnetes, den er in der Magen­gegend auflegte, brachte er die Nadel in den Magen zurück und immer mehr auf­wärts bis in die Speiseröhre. In letztere führte er eine Sonde ebenfalls mit Mag­net, an welchen sich die Nadel anhängtc. Nach Verlauf von zwei Stunden kam die Nadel sammt dem Faden zum Vorschein und die Operation war gelungen. Die Patientin, obwohl noch sehr schwach, scheint doch außer Gefahr zu sein, sie soll bereits das Versprechen gegeben haben, keine Nadel mehr in den Mund zu nehmen, Der Arzt, welcher die Operatian vornahm, heißt Dr. Ehrmann. (Sir. B.)

Das neuesteMilitär-Wochenblatt" ent­hält einen interessanten Aufsatz, welcher die drei großen Schlachten Königggrätz, Gravelotte, Sedan, welche Kaiser Wilhelm mit Marschall Moltke zur Seite leitete, nebeneinander stellt. Da ergibt sich u. A. Folgendes über die Stärke der auflreten- den Heeresmassen: Bei Königgrätz 215,000 Preußen gegen 220,000 Oesterreicher- Sachsen; bei Gravelolte 120,000 Fran­zosen gegen 200,000 Deutsche; bei Sedan 130,000 Franzosen gegen 200.000 Deutsche. Königgrätz ist also nach der Combattanten- zahl die größte Schlacht des Jahrhunderts, denn es waren dort 30,000 Mann mehr als bei Leipzig zur Stelle.

Die Verluste an Tobten und Verwun­deten in den drei Schlachten gestalten sich wie folgt: Bei Königgrätz 30,000 Oester- reicher-Sachsen und 10,000 Preußen, zu­sammen 40,000 Mann; bei Gravelotte 14,000 Franzosen und 20,000 Deutsche, zusammen 34,000 Mann; bei Sedan end­lich 14,000 Franzosen und 10,000 Deutsche, zusammen 24,000 Mann.

Redactivn, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.