Kronik.

Deutschland.

Straßburg, 8. Okt. Die Straßb. Ztg. bestätigt, daß die Einführung ves Paßzwanges mit dem deutschen Visum au der französischen Grenze demnächst bevor­stehe. Die Maßregel werde dadurch mo- tivirt, daß Frankreichs Paßmaßregeln nur gegen Deutschland noch mit voller Schärfe ausrechterhalten würde».

Dieden Hofen, 5. Okt. Eine eigen­tümliche Verlegenheit hat die hiesige deutsch­redende Bevölkerung dem Municipalrathe dadurch bereitet, daß sie das Gesuch an ihn stellte, die durch den Ausscheller zu veröffentlichten Bekanntmachungen nicht nur in französischer- sodann auch in deut­scher Sprache ausrufen zu lasten So billig das Verlangen an und für sich ist und bei aller Bereitwilligkeit des Stadtrathes demselben zu entsprechen, hat doch die Sache ihren Haken der geeignete Mann kann nicht gesunden werden, der das Amt übernehmen will. (D. Bote.)

Straßburg, 8. Okt. Originalkorre- spondenz.) (Mißachtung der Elsäßer durch die Franzosen.) Sollte vielleicht folgende buchstäblich währe Geschichte in Ihrer Zei­tung ein Plätzchen finden, die mir vor vielen Jahren der berühmte Architekt Semper er­zählt hat.

Ich fuhr einst Nachts in einem fran­zösischen Postwagen. Halb schlafend höre ich einen Wortwechsel in französischer Sprache, durch Worte wiecmistro ck'atlö- uumtl",tets eurrüo ck'ultoinanä" und dergleichen, die der eine Mitinsasse des Wa­gens wiederholt ausstößt, wurde ich auf­merksam, ermuntere mich und stellte den Schimpfenden zur Rede. Ich sei auch ein Deuticher und könne mir eine solche Be­schimpfung nicht gefallen lasten. Daraus fragt mich der Franzose ganz höflich, wo ich denn her sei. Als ich ihm antwor­tete, ich sei aus Altona bei Hamburg, sagte er: Ah! mein Herr, Sie sind also ein Preuße. (Der Franzose hatte demnach die Annexion Holsteins schon in den 40er Jahren vorausgewußt.) Hier waltet ein Mißversläudniß vor, wenn wir in Frank­reich von-Lllomuiuls" sprechen, da meinen wir bloß diese Lumpe von Elsäßern."

Es wäre interessant zu erforschen, ob der Biedermann, welcher damals diese Aus­einandersetzung hat anhören müssen, am 1. Oktober ansgewandert ist. Möglich wäre es schon, denn solche Insolenzen hat wohl jeder Elsäßer seit den 200 Jahren der Fremdherrschaft schon verschlucken müssen, der überhaupt Ohren hat zu hören, und doch haben sich so viele jetzt zu ihren wäl- schen Landsleuten hingezogen gefühlt. (N. C.)

Württemberg.

Vermöge Höchster Entschließung vom 4. d. M. haben Seine Königliche Maje­stät die erledigte Gerichtsnotarsstelle in Göppingen dem Gerichtsnotar Bauer in Neuenbürg gnädigst zu übertragen geruht.

Z Stuttgart, 0. Okt. Die in Mün­chen erscheinendenNeuesten Nachrichten"

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bringen folgende Mittheilung:Int tteüen mit dem 5. Okt. beginnenden Schuljahre kommt in den Münchener Volksschulen noch ein neuer Lehrplan in Anwendung. Ab­gesehen von vielen anderen Verbesserungen soll nach diesem dem Unterricht in der Na­turkunde, insbesondere in der Naturlehre mehr Sorgfalt und Zeit als früher zuge- wenvet werden, weil derselbe am meisten geeigenschaftet ist, Gespenster-Furcht, Aber­glauben und übertriebenen Wunderglauben zu bannen; dagegen wird der formale re­ligiöse Gedächtnißstoff in die ihm gebüh­renden Schranken verwiesen. Bekanntlich ist der physikalische Unterricht in sämmt- lichen Lehrerbildung s Anstalten der Art, daß die wenigsten Lehrer mit der Befähi­gung zur Ertheilung eines practischen Physik- Unterrichtes das Seininar verlassen. Um nun den hiesigen Lehrern das zu bieten: was die unter geistlicher Leitung stehenden Bildungsanstalten nicht zu leisten im Stande sind, hat der hiesige Stadtmagistrat durch Hr. Prof. Bopp an der Baugewerkeschule zu Stuttgart einen dreiwöchentlichen Phy- sikcursus abhalten lasten, an welchem sich 2530 Volksschullehrer Münchens bethei­ligten. Derselbe hielt nicht nur klare, dem Zwecke der Volksschule entsprechende Vor­träge, sondern was die Hauptsache ist, die Lehrer übten sich in den für die Volks­schule nöthigen Experimenten an Bopp'schen Apparaten und fertigten solche theilweise auch eigenhändig nach gegebenen Modellen. Donnerstag den 2. Oktober war Schluß der Uebungen u. wurde damit eine Probe in phy­sikalischen Experimenten verbunden. Die Resultate waren bei der kurzen Dauer der Uebungspcriode geradezu überraschend. Hr. Bürgermeister vr. Erhardt und Hr. Schul­rath Marschall wohnten den Versuchen mit sichtlicher Spannung und Befriedigung bei. Es gereicht der städtischen Gemeindebehörde zum Ruhme, daß sie die Hebung der Volks­bildung mit richtigem Verständniß unter­stützt, aber auch diejenigen Lehrer verdie­nen vollste Anerkennung, die ihre Vacanz der Fortbildung in ihrem Berufe, nach vorausgcgangener anstrengender Thätigkeit opferten. Hrn. Prof. Bopp aber, welcher der practischen Ertheilung des naturlehr- lehrlichen Unterrichts in den deutschen Volks­schulen Bahn gebrochen hat, möge es ge­genüber den hämischen Angriffen einestheils der Presse zur Genugthuung gereichen, wenn seine Schüler, worunter bemooste Häupter, hier öffentlich constatiren, daß sie ihn mit Gefühlen der Hochachtung, der Liebe, des Dankes und mit dem Wunsche baldigen Wiedersehens aus ihrer Mitte scheiden sehen."

Z In Nott weil tagte am Montag 7. Okt. die Generalversammlung des württ. Handelsvereins. Es wird der königl. Staats­regierung gegenüber der Dank für die Ein­führung des Schnellzugs Stuttgart-Zürich ausgesprochen und damit die Bitte verbun­den, daß dieser Schnellzug auch in Zukunft erhalten bleibe. Die Frage der Central­bank wurde im Sinne des deutschen Han­delstages in Leipzig entschieden: die preuß. Bank soll in eine deutsche Centralbank um­gewandelt werden. Hr. E. Wagner von Calw vertrat das Prinzip der Baukfreiheit. Ferner kam zur Sprache Vermehrung

dek Umlaufenden Mittel für Bearzahlung, die Klassifikation der zu verfrachtenden Gü­ter u. s. w. Als der Ort der nächsten Versammlung des württ. Handelsvereins wurde Calw bezeichnet.

Schorndorf, 8. Okt. Die Brech­ruhr ist auch in unserer Nähe aufgetreten, doch mehr nur sporadisch, und auf die Kinderwelt beschränkt, von welcher sie zahl­reiche Opfer forderte. Die üble Krank­heit wurde durch ein Weib, das in der Nähe von Ludwigsburg diente, in einem dieser Orte eingeschleppt. Es zeigt dies Beispiel wieder, wie sehr diese Krankheit ansteckend wirkt, und wie man sich vor ihr in Acht zu nehmen hat. Auch die Wahrnehmung war wieder zu machen, daß es eben die Leute gar häufig an der nöthigen Reinlichkeit, sowie an Luft und Licht in ihren Wohnungen fehlen lassen, und da­durch die Verbreitung solcher Epidemien in einer Weise befördern, daß ärztliche Hilfe nur wenig ausrichlet.

Friedrichshasten, 7. Okt. Der Föhn letzter Tage, welcher den Gebirgsschnee ge­schmolzen, und der namentlich in der Nacht vom Samstag auf Sonntag in Strömen niedergegangene Regen bedrohte das Nhein- thal wieder mit Ueberschwemmung.

Heilbronn, S. Okt. Obstmarkt. Die Zufuhren betrugen ca. 1400 Ztr. und stellten sich die Preise bei schnellem Absatz aus 3 fl. 24 kr. bis 4 fl. 40 kr. pr. Ztr. Von ge­brochenem Obst war ziemlich viel auf dem Markt und fand bei guten Preisen raschen Absatz.

Heilbronn, 9. Okt. Kartoffelmarkt. Auf heutigem Markte bestanden die Zu­fuhren in etwa 800 Ztr. in schöner, guter Waare und stellten sich die Preise auf 1 fl. 36 kr. bis 1 fl. 48 kr. pr. Ztr. Der Verkauf ging äußerst lebhaft. (S. M.)

Ravensburg, 5. Oktbr. In Folge der bedeutenden Zufuhren gingen die Obst­preise etwas zurück.

Hall, 8. Okt. Der hiesige städtische sowohl, wie der spital'sche Hopsen wurden um 50 fl. pr. Ctr. verkauft.

Ausland.

Die Stadt Paris geht im Edelmnth gegen dieausgctriebenen" Elsaß-Loth­ringer voran; sie stellt dieselben als Gas­senkehrer, Eishacker u. s. w. an. Das hätten sie im Elsaß auch haben können.

Der alte Garibaldi hat an seinen Freund Mr. Arthur Arnold in England nachstehen­den Brief gerichtet:

Caprera, 22. Sept. Mein lieber Arnold! Niemand kann leugnen, daß das Recht stets Fortschritte macht, aber gleich­zeitig sollten mir nicht unterlassen, zu beo­bachten, daß die Feinde des Rechts und der Gerechtigkeit in einer grimmigen und verzweifelten Reaktion vereinigt sind. Auf­fallende Beispiele dafür finden Sie in Ir­land, in Spanien, in Frankreich, in Italien. Es gibt nur eine Negierung in Europa, die das Lob aller vernünftigen Leute ver­dient, indem sie thatsächlich der Jesuiten- Hydra auf den Kopf trat, und Bismarck