460
Tour Königsberg-Rastenburg angestellt worden sind, um Torf in der Locomotive zu verwenden. Sowohl der gemischte Zug wie auch der Personenzug wurden befördert. Beide Züge hielten die Ankunftszeit genau ein, ja, es stellte sich bei diesem Versuche sogar eine solche Vorzüglichkeit des Torfes heraus, daß der Tender allein nicht nur hinreichendes Heiz-Material für die 14 Meilen lange Strecke faßte, sondern noch ein solches Quantum davon übrig blieb, um eine noch 5 bis 6 Meilen längere Strecke befahren zu können, und daß es durchaus nicht nöthig war, von dem in einem Güterwagen vorsichtshalber mitgenommenen Torf noch Gebrauch zu machen." (In Württemberg ist die Torf-Heizung längst eingeführt; nachdem im Jahre 1855/56 mit 4698 Cubikf. ein erster Versuch gemacht worden, wurde im Jahre 1857/58 zur systematischen Verwendung des Torfes übergegangen und schon in diesem Jahre 400,000 Cubikf. verbraucht; drei Jahre später stieg der Verbrauch auf eine Million Cubikf. Die vordem fast werthlosen ausgedehnten Torflager des Landes sind damit auf einen sehr erheblichen Werth gestiegen. Stände bloß Holz zur Heizung der Locomotiven zu Gebote, so wäre längst der letzte Waldbaum durch den Schlot der Locomotive geflogen. Württemberg besitzt 1,800,000 Morgen Wald; ein Drittel dieser Waldfläche wäre erforderlich gewesen, um im Jahre 1869/70 die Locomotiven zu Heizen, wenn weder Torf noch Steinkohlen zu Gebote gestanden hätten.)
Neuenbürg, 23. Sept. In der von dem Gartenbau-Verein für Baden vom 9. bis 15. Sept. in Carlsruhe veranstaltetenAusstellung, die sich einer ausgebreiteten Theilnahme erfreute, war außer der Stuttgarter auch die hiesige Gegend in würdiger Weise vertreten, nämlich durch die Baumschule und Handelsgärtnerei des Herrn Vincenz Weiß in Ottenhausen. — Wie wir nun eben hören, ist Hr. Weiß dabei mit Preisen und Diplomen bedacht worden, und zwar mit dem II. Preis von 10 fl. für Obstwildlinge, dem III. Preis von 5 fl. für hochstämmige Obstbäumc,. einem Preis von 10 fl. für Schanpflanzen von Coniferen und einem Preis von 10 fl. für ausgestellte Gynerien und Echeverien. — Da in das Preisgericht die bewährten Fachmänner berufen waren, so ist diese Auszeichnung nicht zu unterschätzen und wollen darum auch wir dem noch jungen, aufstrebenden Geschäft mit Freude dazu gratuliren.
Schweiz.
Die Alabamafrage hat endlich ihre endgiltige Lösung gefunden. Nach dem Spruche des eben in Genf geschlossenen Schiedsgerichtes zahlt England dafür, daß es während des nordamerikanischen Krieges es geschehen ließ, daß südstaa.liche Kaperschiffe in seinen Häfen gebaut, ausgerüstet und verproviantirt wurden, au die nord- amerikan. Union die Kleinigkeit von 15'/s Millionen Dollars d. i. etwa 36 Millionen Gulden. Es ist dies eine starke Zumuthung für das übermüthige Albion. Unvervient ist sie aber nicht.
Miszellen.
Jas Testament.
(Schluß.)
„Da find Sie im Jrrthum, Herr v. Severn," erwieverte ver Justizrath, „es thut mir leid, daß ich Sie so bitter enttäuschen muß. Aber ein Testament ist allerdings vorhanden und stellt die Dinge völlig anders hin, als Sie erwarten. Hier ist es!" Bei diesen Worten zog er aus einer Briefmappe, die er mitgebracht, ein zusammengefaltetes Papier hervor, breitete es aus und sprach: „Dieses Testament ist, wie Sie alle sich überzeugen werden, regelrecht ausgefertigt und von dem verstorbenen Herrn Baron unterzeichnet. Ich selbst habe es aufgesetzt; es geschah vor zehn Jahren bei meiner letzten Anwesenheit in Zetheim. Das Documeut ist seither in meinem Bureau zu D. verwahrt gewesen. Es ernennt zur Universalerbin — Ihre Enkelin, Herr Bazek, das Fräulein Therese Sperl! Ich gebe zu, Herr v. Severn, daß der Schritt, den der Selige damit gethan hat, einigermaßen auffailcn mag. Aber wir wissen ja, daß der Verstorbene für die Mutter dieser jungen Dame eine in unseren Tagen seltene, daher wohl romantisch zu nennende Liebe und Verehrung Zeit seines Lebens empfunden und auf deren Tochter übertragen hat. Seine Handlung kann vielleicht ein wenig eigen- thümlich genannt werden, aber unerklärlich oder gar ungesetzlich ist sie nicht. Ich gratulire Ihnen also, Herr Bazek, Ihre Enkelin ist nunmehr eine der reichsten Partieen im ganzen Lande."
„O ich Thor!" rief Herr v. Severn ingrimmig.
„Sie hätten sich freilich mit dem Seligen besser stellen sollen," meinte darauf der Justizrath, der diesen Ausruf gehört, aber natürlich nicht richtig verstanden hatte.
„Auch ich gratulire von Herzen!" ertönte dazwischen eine fremde Stimme. Bazek hatte bisher wie betäubt dagescssen, jetzt schrak er zusammen; denn Jberg stand vor ihm.
„Fürchten Sie nicht, daß ich etwa mit einem neuen Testament komme!" sagte der Advokat boshaft lächelnd. „Aber allerdings habe ich eine Eröffnung zu machen, die einem weniger hochherzigen Manne, als Sie sind, Herr v. Bazek, vielleicht
verdrießlich sein möchte. Mit einem Wort, ich komme, um eine nicht unerhebliche Schnldforderung anznmeldeu. Bei seinem letzten Besuche in W. erwies mir der Herr Baron, dessen Tod wir alle beklagen, die Ehre, meine Dienste in einer Sache zu gebrauchen, die ihm sehr am Herzen lag, die ich aber verpflichtet bin, als Geheinrniß zu behandeln Diese Dienste waren für mich nicht ohne Gefahr, aber sie wurden reich genug belohnt, oder vielmehr sie sollen es jetzt werden. Denn der Schuldschein, den mir der gnädige Herr dafür ausstellte, lautet, wie sie sehen, „zahlbar in drei Monaten vom heutigen Tage ab. Er ist also jetzt gerade fällig."
Damit zog er ein Papier hervor und überreichte es Herrn Bazek.
„Achtzigtausend Gulden", las dieser voll Entrüstung. Dann gab er den Schein dem Justizrath.
„Siegel und Unterschrift sind echt," sprach der Justizrath kopfschüttelnd.
„Ganz echt!" bekräftigte Herr v. Severn nicht ohne Befriedigung im Tone.
„O ich Thor!" murmelte Bazek. Aber er hielt es für das Beste, die Forderung anzuerkennen.
Die achtzigtausend Gulden wurden gezahlt. — Dieser Erfolg reizte indeß nur zu neuen Versuchen; Jberg wollte aus der Erinnerung an den Fehltritt des Alten eine Goldgrube für sich machen. Er erschien bald wieder, um zu schrecken, zu drohen; der Greis hatte keine ruhige Stunde mehr. Die Aufregung tödtete ihn zuletzt.
Jberg fand das Urkundenfälschen lucra- tiver als das Winkelconsultiren. Er machte von seiner Geschicklichkeit im Nachahmen fremder Hände auch ferner Gebrauch. Aber dies Talent brachte ihn schließlich ins Zuchthaus. (B. Tr.)
Der Nedacteur der „St. Gall. Z.", der selbst zum Manöver eingezogen war, schreibt an seine Zeitung unter Anderem, daß die Zürcher im Commando durch ihren „Dialäct" sich auszeichnen und auffallender Weise sehr höflich sind; so heiße es bei ihnen nicht: Offiziere und Unteroffiziere vor! sondern: Die Herre Offizier und Unteroffizier möchted jetzt au so guet si und geschwind echli (ein wenig) vor d'Front füre cho! (Vorkommen).
Calw. Frucht-Preise am 14. September 1872.
Getreide-
Gattun
gen.
Vo
riger
Rest
Ctr.
Neue
Zu
fuhr
Ctr.
Ge-
sammt
Betrag
Ctr.
Heu
tiger
Ver
kauf
Ctr.
Im
Rest
gebt.
Ctr.
Höchster
Preis
fl- > kr.
Wahrer
Mittel-
Preis
fl- > kr.
Niederster
Preis
fl. jkr.
Verkaufs
Summe
fl. i kr.
Gegen
Du
schnitll
mehr
kr.
d. vor.
cch-
preis
we
niger
kr.
Waizen
Kernen
_ .
gemischt.
10
100
170
160
10
9
30
7
57
7
30
274
32
_
6
Dinkel.alt.
15
68
8t
51
30
5
45
5
31
5
12
1282
3
—
2
neuer
—
81
81
81
—
5
—
4
44
4
36
384
36
16
Haber alt.
20
58
78
63
15
4
—
3
50
3
48
242
—
11
—
neuer
—
12
12
12'
—
3
18
3
15
3
12
291
15
Bohnen
—
10
10
10
—
—
—
5
—
—
—
50
—
—
Summe
45
387
432
377
55
2514
11
Redaction, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.