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Charakteristisch für die französische Natio- nalversammsung ist die Zahl der Adeligen, welche in ihr vertreten sind. In der Affemb- lae sitzen 8 Herzoge, 27 Marquis, 41 Grafen, II Vicomtes, 17 Barone und 204 einfache Adelige mit 1.6, Im, 1.68, Du, Da, 1)63 — in Summa 308 Adelige.
Miszellen.
Berechtigtes und Unberechtigtes in den Forderungen der Socialdcmokraten.
Ob die Socialdemokraten bei ihrer Anzahl und Unverschämtheit gefährlich, oder ihrer Unwissenheit in politischen und volks- wirthschaftlichen Dingen und ihrer Uneinigkeit wegen ungefährlich sind, mögen andere entscheiden. Uns ist es vielmehr um das Körnchen Wahrheit zu thun welches Fürst Bismarck der Pariser Commune zugestand, und das wir den Forderungen unserer „Radikalsten" nicht absprechen wollen. Allein recht schwer machen es die Herren Führer und „Präsidenten" der verschiedenen Arbeiterverbindungen dem unbefangenen Beobachter, sich durch die Fülle von Anmaßung, Entstellung und Schiefheit, die sie in Programmen, Manifesten und Ansprachen niederlegen, hindurch zu finden und jenes Pünktchen Vernuust aufzuweisen und zu vcrtheidigcn.
An Selbstlob läßt es die Partei nicht fehlen, welche mit Haß und Zornesausbrüchen weiter zu kommen gedenkt als mit ruhig verständiger Vorstellung. Unausgesetzt wird die Lage der Arbeiter, die der Verbesserung bedarf, aber im Ganzen den Gewohnheiten der Leute entspricht, als „unerträglich" bezeichnet, jedoch nur in Bezug aus die Lohnvcrhältnisse und die Annehmlichkeiten des Daseins. Nirgends wird darauf aufmerksam gemacht daß die Unmäßigkeit in Getränken verderblich wirkt, nirgends daß die Gedankenlosigkeit welche im ehelichen wie außerehelichen Geschlechtsleben herrscht, der Hauptgrund ist warum die Arbeiterbevölkerung auf keinen grünen Zweig kommt. Wo wird eingeschärft, daß bei geordneter Häuslichkeit und unter umsichtiger genossenschaftlicher Einrichtung mit den vorhandenen Mitteln weit mehr auszurichten sein würde als bisher der Fall war, zumal die wohlwollende Nachhilfe des Capitals keineswegs in dem Maße fehlt wie die Parteileidenschaft behauptet? Wie für Fürst Windisch-Grätz die Menschheit erst mit dem Baron begann, so gibt es für die Gewaltigen der Socialdernokratie nur hochwohlberechtigte Arbeiter und völlig rechtlosen vornehmen Pöbel. Alles was ihres „socialdcmokratischen Grußes" nicht gewürdigt wird, heißt in ihren Blättern verachtungsvoll und international, Bourgeois und Mob. In einer Rede woniil Hr. Hasenclever die von I)r. v. Schweitzer niedergclcgte Präsidentschaft des zu Berlin residirendcn „Allgemeinen deutschen Arbeitervereins" antrat, kam das überraschende Wort vor: „So viel ist sicher, daß die Arbeiter mehr Poesie und innere Erkcnnt- uiß besitzen als alle andern Classen der Gesellschaft," und ein Beifallssturm, wie ihn andere Versammlungen freilich nicht leisten, bewies daß das „arbeitende Volk"
der Schmeichelei allerdings so wenig unzugänglich ist wie andere Kreise. „Wir sind eben so klug wie der Reichstag," hieß es bei anderer Gelegenheit, und abermals war die Zustimmung fürchterlich. Vorwiegend besteht die Fabrikbevölkerung aus wenig begabten Menschen, die ihre einförmige Verrichtung willig versehen, und über die Nächstliegenden bescheidenen Ansprüche nicht hinausgehen würden wenn man ihnen nicht den Kopf verdrehte. Die Arbeiter der „höhern" Fabriken welche, wie die Maschinenbauer, im „Socialdemokrat" schon von den „gewöhnlichen" unterschieden werden, die Arbeiter der fabrikmäßig betriebenen Handwerke, die eigentlichen Handwerker, beziehen höhere und zum Theil so ansehnliche Löhne, daß es eine Schande für sie ist, sich — um ihre Forderungen zu steigern — als das „hungernde Volk" bezeichnen zu lassen. Ist das ein darbendes Volk welches seine „Präsidenten" besoldet und 2. Klasse reisen läßt, Strikecassen bildet, äußerst zahlreich, wie es heißt, auf „Volksstaat" und „Neuen Socialdemokrat abonnirt, und überall, wie wir hier lesen, Stiftungs - und Verbrüderungsfeste feiert? Als ein meist schlecht berechnetes, aber ernstes Mittel zum Zweck mögen die Strikes gelten; Strike- seste jedoch zu veranstalten, wie in Berlin kürzlich beabsichtigt wurde, ist nicht mehr der Ausbruch von Fröhlichkeit, sondern von Uebermuth, um die widerstrebenden Arbeitgeber zu verhöhnen. Die Polizei erwartete noch schlimmeres, und verbot den Aufzug, der die rothe Fahne entfalten sollte.
(Schluß folgt.)
Episode aus der Zeit des Uebertritts der Bourbaki'schenArmee auf dem Schweizergebiet. Ein sehr glaubwürdiger Herr erzählte folgende ergötzliche Episode: Ich commandirte ein Bataillon Schweizermrlizen an der französischen Grenze, unmittelbar am Eingang in die Schweiz. Als schon bedeutende Massen des französischen Heeres, meist in erbarmungswürdigem Zustande — der sehr an den Rückzug von der Berezina erinnerte — eingerückt und von mir entwaffnet waren, kam noch zu guter Letzt ein in ziemlich ordentlichem Zustande befindliches Regiment französischer Mobilgarden — meist reiche Lyoner Söhne — heran, der Oberst zu Pferde an der Spitze. Dieser fragte mich in entschiedenem Tone, unter welchen Bedingungen er einrücken könne und als ich ihm erwiederte: zuvörderst Entwaffnung und dann Jnternirung, entgegnete er barsch: dann übergebe ich mich den Preußen, die gestatten mir bessere Bedingungen, worauf ich ihm sagte: Das ist Ihre Sache, wir haben Sie nicht gerufen, ich habe gemessenen Befehl, Niemanden bewaffnet über die Grenze zu lassen und dabei wird es bleiben; haben Sie Lust, den Eingang zu erzwingen, so werde ich dies zu verhindern wissen!" Daraus ritt der Oberst zu seinem Regiment zurück und dieses lagerte sich Angesichts meines Bataillons. Nach vier Stunden kam der Oberst angeritten und sagte kleinlaut : Wir geben die Waffen ab, die Preußen wollen uns nicht!" — Später kam
ein preußischer Offizier bis dicht an die Grenze geritten, grüßte mich und sagte: „Wir wollen nicht über die Grenze, ich habe bloß den Befehl, nachzusehen, ob alle Franzosen über die Schweizergrenze passirt sind, und da dies der Fall, so leben Sie wohl", grüßte und verschwand.-
Schon vielfaches Unglück ist dadurch geschehen, daß beim Anzünden von Streich- hölchen der abgesprungene Phosphor in eine Wunde an der Hand gekommen ist und den Verlust eines Gliedes oder wohl gar des Lebens zur Folge gehabt hat. Allen, die solches Unglück haben, gibt die „Weim. Ztg." folgenden Rath: Man mache sich sofort starkes Sodawasser und r a hinein halte man das Glied. Der Phosphor geht nämlich mit Soda sehr leicht eine chemische Verbindung ein und bildet ein phosphorsaures Natron, einen ganz unschädlichen Stoff. Alle, die diesem Rathe folgen, werden sich überzeugen, daß das Unglück ohne alle üblen Folgen vorübergehen wird."
(Ein merkwürdiger Todesfall) ist in Charles Street, Drury Laue, vorgekommen. Ein ältlicher Maun nahm am Mittwoch ein Nachtlogis, ward aber des Morgens im Hofe im Sterben liegend gefunden. Der hei beigeholte Arzt fand, daß ein Gebiß falscher Zähne sich im Munde verschoben und Erstickung verursacht hatte.
(Aussprüche Napoleons I.) Gegenüberdem Trotz und den sogar in öffentlichen Blättern ausgesprochenen Rachegedanken, welche viele Bewohner der zurückeroberten Länder Elsaß und Lothringen immer noch an den Tag legen, darf man sich wohl an die Ansicht Napoleons I. über die. Behandlung eroberter Länder erinnern, wovon Scheer in seinem Werke: Blücher Bd. II., S. 155 sagt: Am 15. Februar 1806 zog Joseph Bonaparte in Neapel ein. Am 27. Febr. schrieb der Kaiser: Entwaffnet die Stadt Neapel und legt ihr eine Kriegssteuer von 10 Mill. auf. Am 8. März: „Man gewinnt die Völker nicht durch Liebkosungen (en tmjolunt)." Am 12. März: „Legt dem Königreich eine Kriegssteuer von 30 Millionen auf. Ihr seid viel zu mild und nachsichtig." Am 23. März: „In einem eroberten Lande ist Güte inhuman", (vaim un paz's eonquiL, la bontö n'est pas äs l'Iiunmnitä.)
Paris, 4. September 1870.
Auf dem Stadthaus wurde heute die Republik proklamirt. Auch sie hat augenscheinlich die Parole: Im republiquo 6 68t In paix! acceptirt, denn der Krieg wird
fortgesetzt. (B. W.)
Frankfurter Courfe vom 31. Aug.
Geldsorten.
Friedrichs'dor . . . . 9 fl. 57",— 58V, kr.
Pistolen.9 fl. 38 — 40 kr.
Dukaten.5 fl. 33 — 35 kr.
20-Frankcnstücke ... 9 fl. 17 — 18 kr.
Englische Souvereigns 11 fl. 47 — 49 kr.
Ruß. Imperiales . . 9 fl. 38 - - 40 kr.
Dollars in Gold ... 2 fl. 24'/-— 25'/, kr.
Redaktion, Truck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.