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bei Errichtung öffentlicher Backöfen in höchstem Grade zu empfehlen ist. Straub und S. haben die Eisentheile dazu gegossen, daher die Placirung der Bilder an diesem Platze. Wer sich für diese Ofenconstrnktion (der Erfinder war nicht Techniker, aber praktischer Bäcker interessirt, dem bietet die Verwaltung der Militärbäckerei zuvorkom­mendst die Gelegenheit zur Einsichtnahme.

Verlassen wir den Vorplatz und treten in die Markthalle, welche die Ausstellung von 177 Producenten umfaßt. Sie ist die größte unter den vielen großen Räumen und mit einer Eleganz und Zweckmäßigkeit arrangirt, daß man kaum zu ahnen ver­mag, welch eine Fülle von den verschieden­sten Artikeln aus allen Bereichen mensch­licher Thätigkeit hier angehäuft ist. ,Rechts vom Eingang wird die ganze Breite der Wand von einem Salonplafond des Hof­vergolders Br ass art ausgefüllt, (Stucca- turarbeit mit Golvverzierung elegant und ohne alle Ueberladnng,) die rechter Hand sich anschließende Wand ist in eine Anzahl von Kabinetten eingetheilt, welche zunächst artistische Gegenstände enthalten. Ein pensionirter Festungswallmeister Hahn (Söstingen bei Ulm) hat FestungSmodrlle, Festungen als Kinderspielzeug rc. ansge­stellt, Goldleisten haben Wölb ach (Ulm), Vetter und Slang in Stuttgart, grö­ßeres Tableau, besonders aber Waide- lich (Ulm), der eine sehr große und nach allen Beziehungen anerkennenswerthe Sam- lung von Leisten, Barokrahmen und Spie­geln bringt. Güldenstein, Bildhauer in Stuttgart, hat eine Votivtafel für ge­fallene Krieger ausgestellt. Eine Kapelle, aus natürlichen! Tropfstein, von Schweizer und Gosbach ausgeführt, und ein Mar­morkapital, die Arbeit eines Bildhauerlehr­lings Gackle (Stuttgart) erfreuen sich verdienter Aufmerksamkeit. Von Händle und Bozenhard (Tübingen) finden wir Drechslerarbeiten, Billardkugeln, Stöcke, Cigarrenspitzen, Bundesköpfe. In Elfen- beinwaaren liefert Kauz mann (Geis­lingen) eine große Sammlung der schönsten Arbeiten, von Eßlingen hat Bauer Scha­tullen geliefert, mehrere reich verziert, an­dere aus edlen Holzgattungen, auch aus Elfenbein, Schildkrot oder Perlmutter, eine ist aus Nußbaum geschnitzt. Jedes dieser dieser Stücke, sowie die von Bauer stam­menden ZeichnungenEngel bei den Hirten" undPanorama von Konstantinopel" sind mit ebenso viel Geschmack als außerordent­lichem Fleiß gearbeitet. Neusilberwaaren, durch die Anwendung der Chemie auf die Industrie so vollendet hergestellt, daß zwi­schen ächt und unächt nicht leicht mehr unterschieden werden kann, liefern Ritter u. Cie. in Stuttgart und garantiren für die Dauerhaftigkeit der Waare. Ge­schäftsbücher in ebenso großer Auswahl, als durchweg schöner Ausstattung haben ausgestellt. Christin anu u. Mauser, Eisenblätter, Rommel in Stuttgart, Togniarelli (daselbst Gypsmodelle für den Unterricht im Freihandzeichnen und Modelliren, (besonders interessant ist sein Preiscourant, dessen Illustrationen sich zu vorzüglichen Vorlagen eignen), außerdem Naturabdrücke von Händen und Füßen,

Ornamenten, Köpfen und Thierstücken. Photographische Ansichten sind ausgestellt von Berger (Ulm), ganz vortrefflich; Hart mann in Heilbronn (Ansichten von Ulm, Heilbronn, Wimpfen a. N. und Kloster Maulbronn), endlich von Hornung in Tübingen, von dessen größerer Ausstellung das ebenso trefflich gelungene als durch den Mann selbst interessante Bild des Bischofs I)r. He f ele genannt werden muß.

Ausland.

Die innere Politik Frankreichs harrte vergeblich des Signals, daß ihr die zur Berathung des Antrages Rivet niederge­setzte Kommission gehen sollte, ob und unter welchen Modalitäten die Präsidentschaft des Herrn Thiers verlängert werden soll. Wenn die Kommission so weit gekommen zu sein glaubte, um der Nationalversamm­lung ein Votum zu empfehlen, so ward ihr ein neues Amendement zugebracht, um den Abschluß wieder zu verschleppen. Die Parteien, noch nicht fertig, um den Kampf zu beginnen, ziehen wohl das jetzige Pro­visorium jedem stabileren Zustande vor. Jetzt endlich ist in der Kommission nun­mehr mit 10 gegen 5 Stimmen ein Aus­gleich auf folgender Grundlage erzielt: Die Vollmachten Thiers werden für die Zeit des Bestehens der gegenwärtigen Natio­nalversammlung verlängert. Seine Voll­machten erlöschen, sobald die National­versammlung aufhört, und diese selbst hat über den Zeitpunkt ihrer Auflösung zu entscheiden sowie das Recht, vor ihrer Auflösung eine Behörde für die Leitung der Neuwahlen zu ernennen. Die Frage der Vize-Präsidenlschast wurde nicht in Er­örterung gezogen. Thiers soll nur bei wich­tigen Anlässen den Sitzungen der Natio­nalversammlung beiwohnen.

Die Eröffnung der Mont-Cenis-Bahn wird definitiv am 17. September stallsinden.

MiüMcn.

Eine Gouvernante.

(Fortsetzung.)

Habe ich Ihnen dielen Brief zu danken ?" fragte Wolfram, die Sprecherin aufmerksam betrachtend.

Da ich immer um Ihre Frau Mutter bin, antwortete sie leicht erröthend, habe ich hier auch wohl hin und wieder als Schreiberin dienen müssen."Und darf ich fragen, durch welche glückliche Fügung meiner armen Mutter die Wohlthat der liebenswürdigen Pflege und Gesellschaft zu Theil geworden ist?Der Wunsch unserer Vorsteherin Hut mich in die Nähe der Kranken gewiesen, so lange dieselbe meiner Dienste zu bedürfen glaubt." Welcher Vorsteherin?" fragte Wolfram in eigenthümlicher Weise befangen.Der Vorsteherin dieser Waisenanstalt, deren Stiftungsfest wir heute begangen haben, der besten, herrlichsten Frau, die auch Ihrer Kranken schnell eine Freundin geworden ist; nur daß zu Vieles auf ihr ruht, um sich ausschließlich einer einzigen Liebespflicht hinzugeben.

Wolfram unterbrach die Sprecherin durch eine rasche Bewegung; die Frage nach dein

Namen der Vorsteherin schwebte auf seine,. Lippen, aber, seltsam, er vermochte nicht, sie auszusprechen und so ließ er, nicht allzu geschickt, eine andere an ihre Stelle treten, nur um seine Verlegenheit nicht bemcrklich zu machen.

Und Sie selber, fragte er stockend. Sie sind Lehrerin der Anstalt?"Nicht doch, antwortete sie lächelnd, kaum daß ich hoffen darf, es eines Tages zu werden. Ein we­nig singen und nähen, das ist alles waä ich mit den Kindern treibe, und wenn ich so sehe, wie unsere Mutter bis iu's kleinste jeden einzelnen kennt und versorgt und doch dabei immer das Große und Ganze im Auge behält, da fühle ich recht deutlich, daß ich für einen so weiten Kreis nicht geboren bin und schwerlich jemals über den Dienst des Einzelnen hinaus kommen werde."

Sie hielt inne mit einem gar lieblich wehmülhigen Ausdruck vor sich niederblickend, nach einer Weile aber schien sie sich zu be­sinnen, daß sie noch eine Antwort schuldig sei und fuhr fort:Ich bin die Tochter des früheren Besitzers, Martina von Hoch­dorf ein Waise, wie die kleinen dort unten, deren Mutter einst meine Erzieherin war, und nach deni Tode meines Vaters auch mir, ja mir vor Allen, eine Mutter ge­worden ist."

Wieder war Wolfram im Begriff nach dem Namen dieser mütterlichen Versorgerin zu fragen, als daS junge Mädchen sich ihm rasch empfahl, um die Kranke auf seine Ankunft vorzubereiten, und begleitet von "den Kindern, die sich nicht von ihrer Seite verdrängen ließen, den nächsten Weg nach dem Schlosse eiuschlug. Er folgte ihr lang­samer durch die dichten, fast nächtigen Alleen des Gartens. Eine untrügliche Ahnung sagte ihni, daß die lange Gesuchte jetzt ge­sunden sei. Warum war ihm aber auf ein­mal so beklommen? warum hemmte er den Schritt, den er wenige Minuten zuvor in heimlicher Sehnsucht beschleunigt hatte?

Er langte vor dem Schlosse an; der statt­liche Bau lag im tiefen Dunkel, nur in den wirthschaftlichen Nebenhäusern brannte Licht und ein maller Lampenschimmer, aus einem untern Garteuzimmer bringend, zeigte ihm den Weg zu denen, welche er suchte.

Die Thüre der Terrasse stand geöffnet, denn der Abend war mild und die letzten Sommerdüfte der Reseden und Levkojen durch würzten die Luft. Wolfram stand eine Weile regungslos vor dem rührendsten Bilve. Sein Knabe kniete vor dem Ruhe­bette der matten, bleichen Frau, an deren Brust Berthas Heller Kops sich schmiegte. Aus den Zügen der Großmutter wie der Enkelin trat ihm das Bild der vielgeliebten, vielbeweinten Frau und der Tage seines Glücks und seiner Jugend entgegen, und neben dieser Gruppe, stützend, lindernd, lächelnd unter Thränen, bewegte sich die sanfte Gestalt der Waise wie ein Engel der Tröstung und der dienenden Liebe.

(Fortsetzung folgt.)

Lpikg.

Sie giengen zusammen Hand in Hand) Bismarck und Beust, wie Brüder,

Tie Zeit ist um, nun scheiden sie

Und gehen auseinander wieder.

(B. W.)

Redaktion, Druck und Verlag von Jat. Meeh in Neuenbürg.