pforte hindurch der Stadt zn sich bewegte. Es wird kurze Rast gemacht, um sich zu einem zweiten Angriff zu stärken.

Vor demBären" empfindet Niemand Grauen, ist er ja angebunden und grinst uns ganz freundlich an. Mancher denktim Stillen, ich laß mir keinen aufbinden. Nur Geduld, es ist nicht aller Tage Abend. Für die Krieger war ein Jmbis servirt an dem auch die Frauen der verheirathe- ten Soldaten Theil nehmen. Der obligate Reis, Speck, Commisbrod und Erbswurst fehlen zwar, aber es fühlte sich an Tisch und Stuhl behaglicher, als da wo Bis­marcks deutsche Noten mit Stahl und rother Dinte geschrieben wurden und die Granaten den Streusand warfen.

Ein Freiwilliger, von Franktireurs ver­wundet, würzt das Mahl mit einigen Ge­danken über den freundlichen Empfang, der den Heimkehrenden überall, so auch hier geworden. Dies könne nicht verfeh­len, das Band zwischen Bürger und Sol­dat enger zu knüpfen, wo schon durch die allgemeine Wehrpflicht das Verhältnis; ein ganz anderes geworden sei. Die Soldaten repräsentiren jetzt das Mark des ganzen Volkes, und das Bewußtsein geliebt und geachtet zu sein, habe ihnen die Stärke gegeben zu unserer Ueberlegeuheit einem Söldnerheer gegenüber. Redner ist auf die meuchlerischen Banden gar nicht gut zu spre­chen, desto wärmer aber auf die nun nationale schwäbische Heimath, von der er hofft, daß sie eine spartanische Jugend erziehen werde, durchdrungen von dem Grundsatz ihr Alles freudig zu sezen an des Vater­landes Ehre. Seine Kampsgenossen fordert er auf zu einem kräftigen Hurrah auf das liebe schwäbische Vaterland. Ein wei­terer Toast eines Soldaten galt der Stadt und ihrem Vorstand, den dieser zurückwies auf die allgemeine Opferwilligkeit und auf den Führer der dritten deutschen Armee.

Nun Dra da da und Hop sa sa, heitere Weisen laden zu einem Tänzchen ein; aber wer dies will, der muß gut exercirt sein und darf keine Hühneraugen haben. Das war die andereverwegene Jagd", eine in den Saal fallende Bombe hätte keinen Raum zum Plazen gefunden, und so er­götzte sich die Mehrzahl als Zuschauer, unter denen der Graurock meinte, das wäre eigentlich einBärentanz". Dochimmer fröhlich und zufrieden re." kein Friedens­bruch trübte den Tag und der nächtliche Schleier senkte sich ruhig auf das heitere Bild.

Wenn die Saiten stärker gegriffen werden, klingen sie länger nach, und so folgte am Montag noch eine kurze gesellige Unter­haltung auf dem Münster in frischer Luft, womit dann die Verabschiedung der beur­laubten wieder einrückenden Soldaten ver­bunden wurde. Auch die Reaktion gewann Terrain, es mag manchen Häring abge­setzt haben.

Möge das Fest, Denen es gegolten, in freundlicher Erinnerung bleiben und mögen uns zum Schluß noch einige Worte an sie gestattet sein:

Der äußere Feind ist bezwungen, der böse Nachbar für lange zur Ruhe ver­wiesen, das Höchste aber was wir in diesem gewaltigen Kampfe errungen, das ist die

Einheit, die staatliche Geschlossenheit unseres Vaterlandes, erreicht in Einem Jahre, wor- nach seit einem Jahrhundert die glühend­sten Patrioten gerungen haben. Aber noch gilt es die Feinde dieser Einheit und der Freiheit im Innern zu besiegen, es sind hauptsächlich zwei, welche weil ihnen der Zweck jedes Mittel heiligt, Zusammenwir­ken, die Ultramontanen und die In­ternationalen, die kein Vaterland und nicht die wahre Freiheit kennen. Gegen diese müssen wir jetzt den gemeinsamen Kampf fortsetzen. Der Sieg dieser Feinde wäre Gewissenszwang, Volksverdummung, Un­tergang der reinen Lehre Christi und der ächten Humanität; er wäre eine wüste Lösung aller heiligen Ordnungen, ein sinn­loses Zerreißen aller gesetzlichen, socialen und sittlichen Bande, endigend mit der wildesten Tyrannei. Stehen mir treu gegen diese Feinde zusammen, der Sieg muß unser bleiben, wir wollen uns dazu stärken an den einzigen Worten, welche Schiller in seinem Wilhelm Tell den alten Altinghausen zu seinem Neffen sprechen läßt:

Die angeborenen Bande knüpfe fest.

Ans Vaterland, ans theure, schließ' dich an,

Das halte fest mit deinem ganzen Herzen!

Hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft.

* Gräfenhausen, 24. Aug. Ander Camerz des hiesigen Schulhauses wurden Montag d. 21. d. Nits, reife Trauben geschnitten und nach Stuttgart gesendet.

.-. Obern Hausen. Am Mittwoch Nach­mittag, als man das Gewitter schon glück­lich vorüber wähnte, traf hier in un­mittelbarer Nähe zweier Wohnhäuser der Blitz in einen Birnbaum, unter dem ein etwa äjähriges Mädchen stand. Nachdem der Strahl eine mehrere Zoll breite Furche am ganzen Baum herunter gerissen und die Splitter weit umher geworfen hatte, sprang er auf das Mädchen über, fuhr an dessen rechter Seite hinunter, seinen Weg durch Brandmale bezeichnend, zerfetzte beide Schuhe und schleuderte sie dem Kinde von den Füßen, ohne diese zu verletzen. Der schnell herbeigeeilte Arzt konnte den tief erschütterten Eltern die tröstliche Versicherung geben, daß trotz der Brandmale und einer starken Nerven-Erschütterung für das Kind vorerst nichts zu besorgen sei. An dem Kind und in der Nähe des Baumes war starker Schwefelgeruch bemerkbar.

MlsMcil.

Eine Glmvcrnante.

(Fortsetzung.)

In der Laube, welche dem Beobachtvngs- platze der Reisenden am nächsten gelegen war, hatte eine Gruppe der kleinsten Mäd­chen Posto gefaßt und wurde durch die Hand eines Frauenzimmers bedient, von dessen geschickten, man möchte sagen lieb­reichen Bewegungen Wolfram kaum ein Auge verwenden mochte. Ihr weißes Kleid schimmerte zwischen den dunkelblauen An­zügen; die schlanke, biegsame Gestalt ragte über den kleinen gedrungenen der Kinder auf das Anmuthigste hervor. Kaum aber, daß alle Becher aus den Krügen gefüllt, alle Früchte und Brods vertheilt waren, so wendete sich die junge Lehrerin der Kin­der-denndaßsiejungwar, daran zwei­

felte Wolfram nicht, obgleich er ihre Zug nicht im Entferntesten zu unterscheiden ver­mochte mit rasch wiederholtem Kopf­nicken, wie zum Abschiede gegen die Kleinen, die sie von allen Seiten umringten, ihr in den Weg traten, die Hände darreichten und sie gar nicht von sich lassen zu wollen schienen, so daß sie sich endlich mit Gewalt losreißen mußte und in raschem Laufe, wie eine weiße Taube, gefolgt von der kleinen flatternden, kreischenden Schaar, dem Mittlern, für die größern Mädchen bestimmten Laubenplatze zueilte. Obschon diese Partie schon tiefer im Abendduntel lag, konnte Wolfram doch deutlich eine überragende Frauengestalt aus dem bunten Knäuel hervortreten sehen, vor welcher die Dahereilende sich mit kindlichem Handkuß verbeugte, und von der sie darauf umarmt und entlasten wurde.

Es war eine Thorheit, ein Phantom, aber angeregt durch die gesammte Anordnung der Scene vor seinen Augen, mahnte es Wolf­ram wie eine unbestimmte, unfaßbare Er­innerung. Er heftete seine Blicke gespannt auf die ernste, ruhige Gestalt, ohne jedoch mehr als einen schattenartigen Umriß von ihr zn gewinnen, und er hatte einige Minu­ten die weiße flatternde Taube ganz außer Acht gelassen, als er dieselbe, nachdem sie schon die Brücke des Flüßchens überschritten, den schmalen gewundenen Pfad der Uferhöhe hinan und just dem Platze zuschreiten sah, auf welchem er stand. Jetzt aber, wo er die angenehme jugendliche Gestalt ganz in der Nähe betrachten konnte, mußte er sich sagen, daß er durch keine einladendere Er­scheinung zuerst auf dem Grund und Boden der Seinigen hätte begrüßt werden können.

Auf dem Vorsprunge angekommen, stand sie still, einem eben beginnenden, vom Thals heraufdringenden Chorgesange lauschend, die Kinder, im Halbkreise der Höhe zuge­wendet, aus welcher die weiße Gestalt ihrer Freundin, von den letzten Strahlen der Abendsonne beglänzt, ihnen gegenüberstand, sangen ein kurzes Abendlicd, dessen Schluß- strophe sie von oben herab mit einer glo­ckenhellen, seelenbewegten Stimme wieder­holte,Himmelsruh, Himmelsruh!" ver­hallte es leise zitternd im Thal und in Edmund Wolframs Herzen.

Auch die Waisen unten hatten regungs­los zugehört, jetzt aber, nachdem die Sän­gerin geendet, erschallten ihre jubelnden Stim­men herauf, schwenkten sie ihre Tücher und Schürzen, warfen Kränze und Sträuße in die Luft und waren nur mit Mühe in die Ordnung des Heimzuges zu fügen. Das junge Mädchen dagegen wendete sich eilend dem Schloßgarten zu, als sie sich von der kleinen Bertha zutraulich bei der Hand ge­faßt und von dem hinter den Bäumen her­vortretenden Vater ehrerbietig begrüßt sah. Sie stutzte einen Augenblick, sagte aber dann mit freundlichem Lächeln:Herr Wolfram, nicht wahr?" und als er sich bejahend ver­beugte, fügte sie hinzu:O, nun Sie so schnell gekommen sind, wird Ihre Kranke auch genesen. Gewiß nur die Sehnsucht nach Ihnen und den Kindern hat sie so elend gemacht. Seit Abgang des Briefes hatte sie alle Ruhe verloren."

(Fortsetzung folgt.)

Redaktion, Truck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.