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ab. Die herrschende Windstille verhindert die Ausbreitung desselben und ist dem Rettungswerke günstig. Die Leiche Deles- cluze's ist in einer Straße gefunden worden; ihre Identität ist festgestellt. Das preußische Gesandschaftshotel scheint unverletzt.
Der Fr. Pr. wird aus Paris den 24. Mai gemeldet: Wie viel arme Menschen haben dem überall ausbrechenden Brande nicht mehr entrinnen können, wie viele der Brandleger sind in den sie umgebenden Flammen umgekommen! Ja die schreckliche Unthat ist nur zu gewiß; in den Tuilerien, das schon lange als Lazareth diente, lagen 500 verwundete Nationalgardisten, Verthei- diger der Kommune — sie sind verbrannt. Entsetzliches wird auch aus der Straße Noyale berichtet. Hier drangen die Truppen hinter den Aufständischen ein und ihre erste Arbeit war, das Feuer zu ersticken. Da rasseln Pompiers mit Sprizen an und beginnen ihre Schläuche zu entladen. Sie richten sie aber nicht auf die Häuser, sondern aus die Soldaten, sie schleudern nicht Wasser, sondern Petroleum und eine große Anzahl der Soldaten, von Petroleum übergossen, fangen Feuer und erleiden für ihre Opferwilligkeit den Tod. Kein Mann der Pompiers kam lebendig davon. Das ist der Bürgerkrieg! (Die Turkos sind noch für brave Männer zu halten gegen diese Wilde, gegen dieses Petroleum-Gesindel. — Und was sagt der „große" Dichter der „großen Nation", des „heiligen" Paris, Viktor Hugo! — Wird er jetzt diese Muster französischer Civilisation in dem sichern Belgien mit Seligkeit zum Bruderkuß umarmen?).
Ueber die unerhörten Frevelthaten, durch welche die Kommune ihr Ende verherrlicht, liegen umfassende Berichte vor in den englischen Blättern, aus einem derselben, der Daily News, entnehmen wir: die Flammen vom Tuilerienpalaste, durch verdamnnmgs- würdiges Petroleum angespornt, werfen ihre schwarz-gelben Strahlen aus die schmu- zigen Wichte, welche die Brandfackel in ihrer Feigheit wegwerfen, um aus der Sicherheit einer Barrikade auf ihre Landsleute zu schießen. — Die Versailler Truppen hatten sich am Ende der Rue St. Honorä versammelt, um sich an einer Hezjagd auf die Kommunisten zu ergözen. Die Pariser Spießbürger sind Lumpen bis aus den letzten Tropfen ihres dünnen sauren Blutes. Erst gestern hatten sie gerufen: „Hoch die Kommune!" und sich willig von dieser Kommune regieren lassen, heute reiben sie sich in fieberhafter Freude die Hände, daß sie es in ihrer Gewalt haben, einen Anhänger der Kommune zu denunziren und sein Versteck zu verrathen. Besonders eifrig hiebei sind die zarten Geschöpfe der Frauen. Sie kennen die Rattenlöcher, in welche die armen Teufel sich verkrochen haben, und machen die Führerinnen. — Ich passire das Thor, und in der Avenue zwischen Viroflay und Versailles komme ich an einer sehr kummervollen und niedergeschlagenen Gesellschaft vorbei. In Reihen zu je sechs marschiren dort die Gefangenen, zusammen über 2000, dicht Arni an Arm gekettet, aber geduldig und, wie es scheint, mit einem gewissen stolzen Bewußtsein.
Darunter sind viele Frauen, thcils wüthende Hexen der Barrikaden, theilS junge Mädchen, zart und furchtsam. Wie sie daher marschiren, fallen die Säbel der tapferen Chasseurs d'Afrique unbarmherzig auf die bloßen Köpfe. Ihre Erfahrung hätte diese Anstand gegen Gefangene lehren sollen. Auf ihrem traurigen Marsche von Sedan nach der deutschen Gefangenschaft waren ihnen keine Säbelklingen über die Köpfe gefahren. Jetzt sind sie keine Gefangenen mehr, wie sie auf ihren arabischen Hengsten Capriolen machen und, voll Stolz auf ihren billigen Sieg, die Unglücklichen von der Kommune ohne Erbarmen bearbeiten. Was wird die nächste Phase der vielgeprüften Stadt und des Landes sein, dessen Hauptstadt sie bildet? Eine militärische Diktatur, Kaiserreich, Königreich oder eine eingebildete Republik; der Name thut nichts zur Sache. Das Heer ist die neue Macht in Frankreich, und wer immer das Heer regiert, wird Frankreich regieren. Und dies ist das 19. Jahrhundert, und Frankreich prahlt mit seiner Kultur, und die Franzosen schlagen sich gegenseitig das Hirn mit Gewehrkolben ein, und Paris steht in Flammen! Wir brauchen nur noch einen Nero, der zum Tanz aufspielt.
Miszellen.
Folgen der Strohwittwerlchaft.
Humoreske von Thekla Grabcnvska.
(Fortsetzung.)
„Ha, Du Heuchler", rief sie mit wuth- erstickter Stimme, „endlich komm ich hinter Deine Schliche! Du Scheusal von einem Menschen, Du — Du -—"
Der Zorn raubte ihr den Athem.
„Ich weiß nicht", stammelte der höchst erschrockene Professor. *
„Still, Du hartgesottener Sünder, willst wohl auch noch läugnen, wo ich es auf diesem schändlichen Brief in Deinem Ueberzieher schwarz auf weiß gesehen habe? D'rin liegt das saubere Papier im Zimmer. Nein, es überstiege meine Kräfte, wenn ich noch länger mit so einem heuchlerischen, hinterlistigen, falschen Mann Zusammenleben müßte."
Im Kopfe des Professors begann es zu tagen: seine Gattin hatte Karls Brief gefunden und das Geheimniß mit der Rotationsmaschine war verrathen!
„Aber Beste", stotterte der Professor, eine Pause benutzend, in der seine erschöpfte Gattin neue Kräfte sammelte, "das Unglück ist ja nicht so groß, Du hättest es doch so noch erfahren müssen."
„Wie, Du gestehst es also ein und suchst es auch noch zu beschönigen? Du gibst zu, daß sie heute Abend kommt? Und du willst Dir hinter meinem Rücken ein rechtes Vergnügen machen?"
Der Professor bejahte kleinlaut.
„Aber nicht zum Vergnügen habe ich sie bestellt", verlheidigte er sich, „sondern nur zum Studium."
„Zum Studium! rief, entsetzt die Hände zusammenschlagend, die Professorin. „Mann, bist Du toll, und das wagst Du mir frech zu sagen? Zum Studium!"
Sie hatte die Arme eingestemmt und sah eine Minute mit tiefster Verachtung auf den verdutzten, mit der kläglichsten Miene von Welt im Bette sitzenden Gatten. Ihr Zorn hatte den Suverlativ erreicht und machte sie sprach-, wenn auch nicht kraftlos, denn mit einem heftigen Schlag warf sie jetzt die Thür in's Schloß und suchte, Rachepläne entwerfend, ihr Zimmer auf.
Der Herr Professor saß noch lange unbeweglich und starrte nach der Stelle, die seine Gattin verlassen hatte. . . .
Während dieser Scene trug sich eine ähnliche im Nachbarhause zu. Der Rath Müller saß mit seiner Ehehälfte am Kaffeetisch.
„Ich muß doch sehen", sagte die junge Frau, mit einem Lächeln aufstehend, „ob Du mir gestern etwas witgebracht hast", und ging nach dem an der Thür hängenden Ueberzieher, in dessen Taschen sich zuweilen für sie Confect, Kuchen oder andere Süßigkeiten befanden, die der galante Ehemann seiner Gattin mitbrachte. Schnell zog sie ihre Hand mit Karl's Brief zurück.
„Ei, sieh da, Geheimnisse", sagte sie schelmisch, als sie dis bestürzte Miene ihres Gatten gewahrte, welcher rasch aufstand, um ihr das Papier zu entreißen. Frau Müller war eine Frau, daher neugierig. „Laß mich erst lesen", sagte sie und versteckte das Papier, es fest in der Hand haltend, hinter den Rücken.
„Es ist wirklich nichts für Dich, Louisep ich bitte Dich, Schatz, gib mir den Brief zurück."
„Erst wenn ich ihn gelesen habe", war deren Antwort.
Bei der sichtlichen Verlegenheit ihres Mannes war ihre weibliche Neugierde nur noch mehr erhöht worden.
(Fortsetzung folgt.)
Da die beabsichtigte Einführung des Sommcrfahrtenplans der württ. Staatseisenbahn auf den 1. Juni d. I. auf Hindernisse gestoßen ist, so werden vom 1. Juni an bis zum Beginn des Sommerfahrplans neben den gegenwärtig bestehenden Zügen folgende weitere fahrplanmäßige Personenzüge ausgeführt:
Auf der Enzbahn. a) Pforzheim—Wildbad.
Pforzheim
Abg.
6 Uhr 30 M. Abds,
Brötzingen
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Birkenfeld
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Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.