Das Portal der Jnfanteriekaserne war prachtvoll. Das Kaulla'sche Haus zieht eine schaulustige Menge an; zwei riesengroße Transparente zeigen die trefflichen Portraits des deutschen Kaisers, unseres Königs; unter letzterem die Inschrift: „Hie gut Württemberg allweg". In einem kleinen Gäßchcn strahlt uns aus einem Transparent da-Z Portrait eines großen Mannes entgegen! Bismarck ist eS! Unter seinem Portrait ist zu lesen:
„Nur mit Blut und Eisen
Könnt' ich die Einheit Euch zusammenschweißen."
Endlich gelangen wir auf den Marktplatz. Der Obelisk mit unzähligen Lichtern besät, ist wunderbar! Noch brillanter das RathhauS. Wir wandeln durch die hellerleuchte Markthalle an den Ministerien des Innern und der Justiz vorüber und erblicken bereits das eiserne Kreuz, welches hoch oben über dem Kriegsministerium strahlt. DaS Haus verdient gleich nach dem Bahnhof genannt zu werden, so herrlich war es anzuschauen.
(Schluß folgt.)
S almb a ch. Die von dem Herrn Landtagsabgeordneten Beutter auf gestern hiehcr bestellte Versammlung war von einer großen Anzahl Männer der Waldgangsorte besucht. Der Herr Abgeordnete gab einen ausführlichen Vortrag über die letzten ständischen Verhandlungen auf Grund der Protokolle, wodurch die in den öffentlichen Blättern seiner Zeit erschienenen Berichte wesentlich ergänzt wurden, und die Versammlung bezeugte dem Abgeordneten in lauter Anerkennung ihren Dank und Ueber- einstimmung mit seinem Verhalten und seiner Thätigkeit in der Kammer. Hieran schloßen sich Reden und Toaste auf das deutsche Vaterland, die deutschen Krieger u. s. w. und jeder Anwesende nahm die Ueberzeugung mit sich, wie es von sehr großein Werthe ist, wenn der Abgeordnete durch persönlichen Verkehr mit seinen Wählen! dieselben sowohl über die Tagesfragen aufzuklären als auch dadurch die Bedürfnisse und Ansichten des Volks kennen zu lernen sucht. W.
ff Nachdem dem Wilhelm Hummel von Dobel, Feuerwerker bei der 9. Württ. Feldbatterie, für sein tapferes und niuth- volles Verhalten vor Paris die silberne Militärverdienstmedaille verliehen wurde, ist derselbe, wie wir hören, nun auch mit dem eisernen Kreuz II. El. dekorirt worden. Wir gönnen ihm diese Ausreichung um so mehr als er des Zeugnisses eines wackeren Soldaten nun auch im Felde sich würdig erzeigt hat.
Ausland.
Das „Journal des Dedats" äußert über den Frieden: „Jedermann kennt heute die Friedensbedingungen, die uns vom Sieger auferlegt worden sind. Eine Geldbuße von fünf Milliarden und zwei unserer schönsten Provinzen, die ganz gewiß in ihrem Herzen französisch sind, das ist's, was uns der Sieger entreißt. Ach! das Opfer ist hart, und dennoch ist das nicht alles. Man muß, um nur von unseren materiellen
Verlusten zu sprechen, das stromweise vergossene französische Blut mit in Berechnung ziehen, unsere heimgesuchten und verwüsteten Provinzen, und alles Geld, welches in den Abgrund versunken ist, den uns dieser für ewige Zeiten verfluchte Krieg geöffnet hat. Es sind das Schicksalsschläge, die jeder genauen Schätzung entgehen, und wir werden niemals genau wissen, was alles Frankreich in 6 Monaten verloren hat. Frankreich verdiente eine Lektion, aber diese ist wahrlich zu hart. Möge sie wenigstens denjenigen zu Nutzen kommen, welche aus Furcht vor der Freiheit dem Despotismus Alles überliefert haben."
Der Einzug der Deutschen in Paris.
(Fortsetzung.)
Die von den Preußen getroffenen Vorsichtsmaßregeln waren umfaßend, auf jeder Straße sah man die Patrouillen entlang ziehen. Dem Könige muß es etwas schwer gefallen sein, den Platz wiederzuerkennen, welcher eine so glänzende Scene darbot, als er in 1867 mit dem gefallenen Kaiser und dem Czaaren zur Seite die kaiserliche Garde von Frankreich inspicirte. Es war jetzt !(?/? Uhr. Vor der großen Tribüne war die Rennbahn in ihrer halben Breite geräumt, so daß nichts den Anblick der Truppen störte. Diese waren in vollständiger Ordnung in zwei Linien aufgestellt; die erste Infanterie in Bataillonscolonne, die zweite Cavallerie in Schwadrouscolonne mit Artillerie in den Flanken. Eine dritte Linie gewisser Maßen bildeten die Bagagewagen und Ambulanzen hinter der Cavallerie. Auf der äußersten Linie, gegen Boulogne zu, waren die Feldfeuer am Flackern und die Truppen kochten ihre Provisionen, deren sie für drei Tage bei sich hatten. Die Cavallerie war meist aus dem Sattel und stand neben den Pferden. Obwohl bloß 30,000 Mann im Felde standen, reichte doch das Terrain nicht aus, um die Linien alle in gleicher Tiefe zu formiren, und auf dem linken Flügel schien beinahe ein doppelte Tiefe zu herrschen, Jedem, der an die Aufregung eines Feldtages gewohnt ist, fiel die äußerste Stille dieser Parade auf. Kein Galopiren von Ordonnanzen oder Offizieren des Stabes, kein Geschrei, kein Lärm von Stimmen. Gegen l(?/s Uhr traten die Truppen an, u.von Bataillon zu Bataillon wälzt sich ein tiefes Hur- rah die Linie von links nach rechts entlang, als ein Trnpp Offiziere, der Kronprinz voran, vorbeiritt. Um 10 Minuten vor 11 Uhr erhob sich dann der Ruf „der König!" — preußische Lippen haben sich uoch nicht an den „Kaiser" gewöhnt — und von Vorreitern begleitet, kam die Equipage des Kaisers, von vier Rappen gezogen. Er fuhr in die Einfriedigung hinter der großen Tribüne und es folgten die Wagen von Königen, Prinzen und Herzogen, doch vergebens sah ich mich nach dem Grafen Bismarck um. Der Kaiser, in preußischer Generalsunisorm, mit Pickelhaube, Waffeurock und Schärpe, ließ seinen Blick forschend über das Gebäude gleiten, als ob er es nicht wiedererkennen könne. Um 11 Uhr, der für die Heerschau angesetzten Stunde, stieg er zu Pferde und
ritt in scharfen! Trabe, von seinen Generalen und Heerführern begleitet, die Allee hinauf nach der Windmühle, wo ihn der Kronprinz mit seinem Stabe empfing. Fast im nämlichen Augenblicke stimmen die Musikcorps längs der ganzen Linie das „Heil Dir im Siegerkranz" an, und der Kaiser — seinen Sohn dicht an der Seite und etwa 5- bis 600 Offiziere hinter ihm — galopkte von rechts nach links der Front entlang. Der Enthusiasmus war ungeheuer. Es war nicht das „Vive I'ein- pereui!" der französischen Truppen mit dem Schwenken von Säbeln und dem unordentlichen Marschiren. Das Hurrah der Deutschen war trotzdem dem Donner ähnlich, aber nicht ein Bayonnet zitterte in den Reihen. Die Aufzählung der Namen derer, welche dem Kaiser folgten würde wie ein paar Seiten aus dem Gothaischen Kalender aussehen. Die Scene war großartig und würdevoll, und selbst der weniger betheiligle Zuschauer wurde von dem allgemeinen Enthusiasmus angesteckt. Augen blitzten ans und füllten sich mit Thränen, die Lippen zitterten, als sie von dem „historischen Tage" und von dem „kollossalen Werke" sprachen, aber es war keine ausgelassene Freude oder äußerliches Frohlocken. Zwischen den beiden Linien ritt der Kaiser vom linken nach dem rechten Flügel zurück und galopirte auf einem Punkt etwas rechts von der großen Tribüne zu, während der Vorbeimarsch der Truppen sofort begann. Angeführt wurde derselbe von Sr. Kaiserlichen Hoheit dem Kronprinzen von Preußen und dem deutschen Reiche, königlich preußischen Feldmarschall und Befehlshaber der dritten Armee, die Paris eingeschlossen und der die Stadt sich ergeben hatte. Um 11 Uhr 20 Minuten machte er Honneur und nahm links und etwas hinter dem Kaiser Stellung. In der Reihe, wie sie vor Paris gestanden hatten — 11,000 Mann vom 6. Corps (von Tümpling); 11,000 Mann vom 11. Corps (von Schachtmeyer) und 8000 vom 2. bayerischen Corps (von Hartmann) —, marschirten die Truppen vorbei, die Regimenter in Bataillons- Colonne mit Ausnahme der Pioniere, welche enge Compagnie-Colonnen bildeten.
Der König wandte sein Auge nicht von den Truppen ab, ausgenommen, wenn er zu dem Kronprinzen oder den Offizieren sprach, die sich seinem Stabe anschloffen, wie die Regimenter vorbei defilirten. Graf Bismarck, welcher jetzt seinen Stahlhelm, nicht aber den Cniraß, trug, stand etwa 100 Ellen zurück in einer Gruppe von Offizieren und näherte sich dem Kaiser während des Vorbeimarsches nicht. Am schärfsten wurden die Bayern kritisirt, aber sie konnten jede Kritik wohl vertragen. Inzwischen war der Kronprinz auf einmal verschwunden, und jetzt kam er an der Spitze seiner eigenen Schwadron vorbei, der 8. Dragoner; ihr folgten 15 Drago- uerdetachements und dann kam das Ende. Die letzten von den 30,000 Mann waren einige Minuten vor Eins vorbeimarschirt und auf dem Wege nach Paris.
(Schluß folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.