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gung, die ihnen nicht allein Kopf- und Herzzereißen verursachte, einiger Stunden der Ruhe. Bismarck war den ganzen Tag hindurch aus Abspannung krank, Thiers ermüdet. Die Conferenz wurde häufig unterbrochen, und es gab verschiedene Mo­mente während des Tages, wo man an dem Zustandekommen dieses t'ait aeeompli zweifelte. Bismarck soll das Größte ge­leistet haben mit seiner Jntelliganz, seiner Feinheit und seinem eisernen Willen. Der Kaiser hat nach der Unterzeichnung seine beiden Hände, die rechte dem Grafen Bis­marck, künftigem Herzog von Lothringen, die linke dem Grafen von Moltke mit tief­bewegten Worten gereicht."

Die nächste Reichstagssession soll nur von kurzer Dauer sein; das vor­liegende Material ist allerdings nicht sehr umfangreich, doch hört man, daß es durch einen Entwurf über ein Bankgesetz und eine Vorlage, welche den Uebergang zur Gold­währung anbahnen soll, erweitert werden dürfte. Unter diesen Umständen möchten doch wohl zwei Monate erforderlich sein, zumal da das Osterfest (9. April) doch eine kurze Vertagung bedingt.

DieN. A. Ztg." ruft dem französi­schen Volke mit wörtlicher Citirung der Stelle III. Mos. 16, 2023 zu, es möge doch lieber einen wirklichen Vierfüßler, ei­nen richtigen Sündenbock in die Wüste senden, als den Kaiser Napoleon, der doch nur für die Fehler des Volkes zu büßen habe.

Einem Privatbriefe aus Versailles ent­nimmt dieWeser-Ztg." folgenden interes­santen Zug: Als es sich am Sountag Nach­mittag um die Unterzeichnung der Friedens­präliminarien handelte, kam es darauf an, die Theilnahme der süddeutschen Minister an diesem Akt so zu motiviren, daß daraus nicht ein schädliches Präjudiz für die Zu­kunft gefolgert werden könne. Graf Bis­marck that es durch die Hinweisung darauf, daß die süddeutschen Länder als selbststän­dige Staaten in den Krieg eingetreten seien. Der unermüdliche Thiers hatte auch daran auszusetzen und wünschte eine partikularisti- schere Formulirung. Da bemerkte ihm der Graf mit jener feinen Bosheit, von der er im Laufe dieser Verhandlungen gegen die unendliche Beredtsamkeit des alten Herrn so oft einen höchst wirksamen Gebrauch ge­macht haben soll: fast scheine ihm, Herr- Thiers wolle ihm seine deutsche Einheit stören. Lll, rief Thiers schmerzlich zusam­men zuckend, uou8l'avoim kuito! (wir haben sie gemacht), welchen Ausruf Bismarck mit einem trockenen psut-ötro (vielleicht) er­widerte.

Württemberg.

Die Friedensfcier.

(Fortsetzung.)

Bei den von allen Seiten zu lesendeu Berichten erinnern wir uns unwillkürlich an die letzten großen deutschen National- feste: die Schillerfeier im Jahr 1859 und die Feier des 18. Okt. 1863. Wie viel anders als damals. Dort die heißen noch unerfüllten Wünsche nach fester staatlicher Eimgung, heute das Glück beschieden, die Neugesialtnng Deutschlands zu feiern.

Fahren wir indeß fort mit dem in letzter Nummer abgebrochenen Art. der Feier in Stuttgart:

Als der Festzug mit der Kapelle des Stadtreitercorps an der Spitze, aus den reich geschmückten, von einer festlich gestimm­ten Menge dicht belebten Straßen auf den Schloßplatz einbog, erschienen auf dem großen Balkon des Nesidenzschlosses, von dessen Kuppel zwischen zwei württember- gischen Fahnen eine ebenso riesige Flagge in den Farben des deutschen Reiches wehte, Ihre Majest. der König und die Königin. In geschloffener Ordnung betrat jede Ab­theilung des Festzuges den innereil Schloß­hof. Die Hüte schwenkend, die Fahnen zum Gruße senkend, hochrufend defilirte eine Abtheilung nach der anderen vor dem Balkone. Dem Oberbürgermeister, der zu Seiner Majestät beschieden wurde, drückte der König den warmen Dank für die reiche Thätigkeit, die Stuttgart in diesem Kriege der Armee gegenüber entfaltet, sowie die lebhafte Freude darüber aus, daß ein ehren­voller Friede Stadt und Land erlaube, so schöne Feste zu feiern. Ein mannigfaltiges farbenprächtiges Bild bot der Marktplatz dar! Hier stellte sich der ganze Zug mit seiner reiche» Ausstattung auf, Front gegen das Nathhaus nehmend, das in reichem und geschmackvollem Schmucke prangte. Hier fand das Fest jenen fromm-heiteren Abschluß, der deutschem W.sen entspringend, einen so schönen Gegensatz zu der Frivo­lität bildet. Einem Volke, das im Siege mäßig und in der Festireude besonnen bleibt, einem Volke, das in dem König den Erhalter der Ordnung und in dem Gotte des Himmels den gütigen Lenker der Ge­schicke verehrt, einem solchen Volke gehört der Sieg und die ganze Herrschaft über die Erde. Das haben wir erreicht rc.

Nun danket Alle Gott!"

Zwischen der begeisternden Festrede des Oberbürgermeister Sick stimmten die vor dem Rathhause aufgestellten Sänger das Lied an:

Frieden bescheere den trauernden Herzen, die heute Weinend sich kehren vom rauschenden Jubel der

Freude,

Sei Du ihr Lahn,

Denen der Gatte, der Sohn Wurde dem Tode zur Beute!

Frieden laß auch der Gefallenen Hügel umschweben Die fich zum Opfer fürs Vaterland muthig gegeben Treu ihrer Pflicht;

Laß ihnen leuchten Dein Licht Wecke sie wieder zum Leben!

Die Rede selbst aber schloß wie folgt: Was draußen in der Feldschlacht die deut­schen Stämme einigte, das that zu gleicher Zeit seine Arbeit in der beschützten Heimalh. Zur Mithilfe konnte unser Wetteifer im Vergleich mit den Thaten der Armee nur Weniges leisten; aber Eines haben wir für sie errungen: die Wiederherstellung des deutschen Reiches zu neuem Glanz, in der deutschen Einheit die sichere Wehr, mit welcher die Güter des Friedens, die uns das Heer erkämpfte, vor jedem Feind geborgen sind. Der ehrwürdige, weise und heldenmüthige Oberfeldherr des deut­schen Reiches ist als Kaiser der mächtige Schirmherr Deutschlands. Den Frieden nach wunderbarem Sieg über die Feinde, Friede und Eintracht im deutschen Reiche, sie feiern wir und rufen: Heil dem

deutschen Vaterlande, Heil seinem rühm gekrönten Kaiser und den ihm verbündeten Fürsten, Heil dem tapferen Heere, Heil dem glor­reichen, mit Gottes Gnaden segens­vollen Frieden! Heil!

Brausende Begeisterung folgte diesen Worten, es war ein Augenblick der Ent­zückung des Vollgefühls einer unfaßbaren Freude.

Es war Abend geworden schließt der Bericht. Ueberall füllten noch freudig bewegte Men­schengruppen die Straßen. Das nachbar­liche Berg, zur Siegesfeier illuminirt, gab den Vorgeschmack der Beleuchtung der Hauptstadt. Von der so reizend gelegenen Kirche herab konnte der Blick in die Tausende von Lichtern weithin über das im Glanz des Mondes schimmernde Thal streifen. Es war ein herrlicher, Allen und gewiß am meisten unserer Jugend unvergeßlicher Festtag!

Ein weiterer Bericht, aus dem wir hier einiges, denen die selbst dabei waren zur Erinnerung anreihcn sagt:

Die Illumination der Residenzstadt Stuttgart konnte nicht brillanter, großartiger und allgemeiner sein. Vom Königsschloß bis zu dem unscheinbarsten Häuschen im entlegensten Winkel herab halte jeder Ein­zelne nach seinen Kräften dazu beigetragen, dem Gefühle der Freude über den errunge­nen Sieg und Frieden würdigen Ausdruck zu geben. Von der Illumination am 8. März 1871 wird man in Stuttgart noch in den spätesten Zeiten reden.

Der Schloßplatz war geradezu feenhaft; die Fontainen waren beleuchtet, das ganze Nesidenzschloß, ihm gegenüber der Königs­bau boten einen prachtvollen Anblick, auf der einen Seite gläntzt das Hotel und das Cafv Marqurdt, auf der andern das alte, burgartige Schloß. Auf dem Schloßplatze selbst spielte ein Musikkorps es war eine Scene wie aus Tausend und Eine Nacht!

Drängen wir uns hinauf zum Bahn­hof, welcher in feenhaftem Glanze strahlt und, um es gleich zu sagen, die Palme unter den illuminirten Gebäuden davonträgt. Die ganze Halle, in welche vorzudringen übrigens kaum möglich ist, strahlt im präch­tigsten Glanze. Das gegenüberliegende Post­gebäude zeigt die flammende Siegesgöttin, wie sie cinhersturmt auf dem Siegesivagcu! An den Fenstern prangen in farbiger In­schrift die Namen der Orte, welche in der Geschichte der Jahre 187071 hervor- glänzcn von Saarbrücken bis Belfort. Durch die Konigsbaupassage gelangen wir zurück und biegen ein in die Königsstraße. Da rufen wir unwillkürlich sofort ein er­freutesAh" beim Anblick des Palais der Königin-Mutter. Das Portal schimmert in allen Farben; bis hinauf zur höchsten Spitze glänzen die Lampions.

Von der LegionSmserne herunter zau­bert ein elcctrischeS Licht den glockenhellen Tag über die ganze Kvnigsstraße. lieber die Rothebühlstraße hinauf dringen wir vor bis zum alten Postplatz. DaS Cultusmini- sterium ist prachtvoll illuminirt und ein Transparent zeigt die Worte:

Dos Werk der Waffen wüdig zu bekrönen

Erblüh' o Reih des Wahren und des Schönen!