Kronik.
Deutschland.
Offiziell. Versailles, 7. Janr. Der König an die Königin. Gestern hat Friedrich Karl, welcher der sich vorbemegenden Armee Chanzy's über Vendome entgegengegangen, die angetroffenen Vortrnppen siegreich zurückgeschlagen und verfolgt sie. — Hier geht die Beschießung günstig fort. Verlust gering. Völliges Thauwetter.
(S. M.)
Offiziell. König an Königin. Versailles, 8. Jan. In Fort Vanvres ist 1 Kaserne in Brand geschossen. — Ner- sailes, 8. Jan. Nachts. Die gegen Chanzy vordringenden diesseitigen Kolonnen erreichten am 7. unter theiliveise sehr heftigen Gefechten Nogent le Rotrou, Sarge, Savigny und la Chartre. Das Feuer vor Paris wurde am 8. lebhaft mit Erfolg fortgesetzt. Die Kasernen des Forts Montrouge ge- riethen dabei in Brand. ES ist konstatirt, daß bereits am 5. unsere Granaten bis in den Garten Luxembourg einschlugen. — Bourogne, 8. Jan. In der Nacht vom
7. zum 8. Jan. wurde Danjoutin südlich Belfort gestürmt. Das Bataillon Schneidemühl unter Hauptmann Manstein hat sich besonders ausgezeichnet. 2 Stabsoffiziere, 16 Offiziere, über 700 unverwundete Gefangene gemacht. Außerdem bedeutender feindl. Verlust. Unsererseits 1 Offizier 13 Mann todt, 65 Verwundete. (S. M.)
Offiziell. Versailles, 9. Jan. Im Laufe der Nacht (8-/9.) wurde die Stadt Paris von diesseitigen Batterieen stärker beschossen. Der Brand der Kasernen in Fort Montrouge währte bis zum Morgen. Am 9. Jan. wurde wegen dichten Nebels das Feuer langsamer unterhalten. Der Feind erwiederte dasselbe nur an vereinzelten Stellen. Diesseitiger Verlust am 8. Jan. etwa 85 Alaun, am 9. Jan. ganz unbedeutend. — Die von Vendome vorgerückten diesseitigen Kolonnen setzten am 8. Jan. den Marsch ohne wesentliche Gefechte bis St. Calais fort. tzS. M.)
Berlin, 7. Jan. General Faidherbe „siegt" noch immer nach der belgischen Grenze zu und unterscheidet sich weder durch seine Erfolge, noch durch seine Bulletins von den übrigen französischen Generalen. Sein Hauptquartier hat er einstweilen nach Boisleux, 1 Meile südlich Arras, verlegt. Wo er die nächsten „besseren" Quartiere für seine Truppen finden wird, dürfte wohl von dem weiteren Verhalten des deutschen
8. Armeekorps abhangcn, welches auf die Entschließungen des stets siegreichen Generals einen so unberechtigten Einfluß übt. Aber selbst französische Berichte schildern die Zustände bei der Nordarmce als sehr traurig, die letzten Kämpfe kosteten ihr 4000 Alaun.
§ Wie die „Franks. Ztg." berichtet, hindert die Kriegozeit nicht, neue Bank- Unternehmungen in Angriff zu nehmen. Mehrere süddeutsche Banken beabsichtigen, in Frankfurt ein selbstständiges Bank-Institut zu gründen, welches sich vorzugsweise dem.Commissions-Geschäfte widmen und gewissermaßen als eine gemeinschaftliche Vertretung der betheiligten Anstalten sigu- rireu soll. Als bethciligt nennt man unter
anderem auch die württembergische Vereinsbank in Stuttgart.
Vor Paris. Die nunmehr im Süden beschossenen Forts sind vier- oder fünfeckige regelmäßig bastionirte, geschlossene Werke, von durchschnittlich 300 Schritt Seitenlänge und einer etwas längeren Grundlinie; dieselben haben jedes eine oder mehrere bombenfeste Kasernen iir ihrem Innern, theils Kasematten in der Courtine und oben in den Flanken, welche mit Ausfallpforten und Schießscharten versehen sind. Die Wälle dieser Forts sind im Durchschnitt 20, die Eskarpemauern 30 Fuß hoch.
Die Scene in dem verlassenen Werke „Mont Avron", wo allenthalben die Tobten noch mit ihren schrecklichen Wunden erfroren umherlagen, war dem Korrespondenten der „Daily News" im südlichen Hauptquartiere zufolge über die Maßen schrecklich. Der Boden war allenthalbeu mit Chassepotge- wehren bestreut und hinter den Batterien, sowie in den Pulvermagazinen fand sich Pulver nebst Geschossen in Menge.
Die deutschen Truppen haben dermalen in Frankreich nicht theiliveise, sondern vollständig 32 Departements mit 15,000 Gemeinden im Besitz. In diesen 32 Departements üben sie die ganze bürgerliche und militärische Verwaltung aus, verfügen über die Posten, Telegraphen und Eisenbahnen und erheben von den Bewohnern dieser 15,000 Gemeinden regelmäßig die Steuern und Abgaben. Mit Einschluß von Paris, das noch Widerstand leistet, stehen der französ. Regierung noch 37,000 Gemeinden für die Nationalvertheidigung zu Gebote.
Württemberg.
Stuttgart, 5. Jan. Der Eilgutverkehr nach Baden ist wieder eröffnet worden, ebenso der Frachtgntverkehr nach Pforzheim und den Stationen der Enz- thaldahn. Garantie der Lieferfrist bleibt vorläufig aufgehoben.
Heilbronn, 7. Jan. Der letzte direkte Sprosse des „Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand", Freiherr Joseph von Berlichingen, ist vor Paris am 2. Dezbr. v. I. gefallen. Nachdem die päpstliche Armee, in der er als Zuave gedient, ausgelöst war, kehrte er nach Stuttgart heim, marschirte mit den Württembergern aus und fiel einer der Ersten an der Seite der beiden jungen Grafen Taube beim Vorgehen auf das Tors Champiguy.
Calw, 7. Jan. In der Nacht vom vorigen Mittwoch ans Donnerstag hat sich ein italienischer Eisenbahnarbeiter in die Wohnung eines hiesigen Bäckers eingc- schlichen, um denselben zu bestehlen. Auf eine noch nicht näher bekannte Weise gcrieth er mit dein Bäcker und seiner Familie in ein Handgemenge, bei welchem erden: Er- steren und seinen beiden Töchtern eine große Anzahl lebensgefährlicher Stiche bci- brachte, schließlich aber Gelegenheit fand zu entspringen. Bei sämmtlichen Verletzten soll dem Vernehmen nach ans einen günstigen Verlaus der Heilung gehofft werden. Tie Aufregung in der Stadt über einen solchen seit Menschengedenkcn hier nicht vorgekom- menen Fall ist eine sehr große. Der Thätcr wurde noch an: nämlichen Morgen durch
die Polizei ermittelt und auf seinem Arbeitsplatz verhaftet. (S. M.)
Seit der Päckereiverkehr an die aus- marschirten Truppen wieder besteht, war die leidige Erfahrung zu machen, daß die für jenen Verkehr im allgemeinen Interesse getroffenen, durchaus nothwendigen Bestimmungen vielfach gar nicht mehr beachtet werden, und es ist die württ. Postverwaltung, welche gegenwärtig allein den Päckereiverkehr in Privatsachen an aus- marschirte Truppen unterhält, im Interesse der sichern und raschen Beischaffung des für unsere Soldaten Nothwendigen und Nützlichen genöthigt, nachstehende Bestimmungen mit Wirkung vom 7. Jan. an zu treffen: Alle Feldpostpakete müssen fest und haltbar in gutes Wachstuch oder in starke Leinwand oder dergleichen Stoffe verpackt werden; die Anwendung von Papier zur Emballage ist ausnahmslos ausgeschlossen. Die Adresse muß ihrer ganzen Fläche nach aufgeklebt und ausgenäht sein; eine einfache Aufsiegelung ist ungenügend. Es ist zu empfehlen, der Sendung selbst eine mit der äußeren Adresse gleichlautende Adresse einzuverleiben, um bei etwaigem Verluste der ersteren den Gegenstand doch beliefern zu können. Der Inhalt der Pakete muß auf Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Lazarethgegenstände und solche wirkliche Nahrungsmittel beschränkt werden, die den: Verderben nicht unterliegen, ihre Substanz nicht verändern und anoere Postsachen während des Transports nicht beschädigen können. Unbedingt ausgeschlossen sind hienach frisches und gekochtes Fleisch, Käse, frische Würste, Leckereien, Delikatessen, Schmalz, Butter, soferne letztere nicht ii: metallenen rc. Behältern verschlossen sind, die das Auslaufen unmöglich machen, sowie alle Gegenstände, welche keinen wirklichen Nahrungswerth haben, wie Qbst, Rettiche rc. Fleisch und Würste, wenn gut geräuchert oder getrocknet, gebrannte Wasser und Liquere, wenn sie iu Blech rc. Flaschen — in starke Kistchen fest verpackt sind, Chokolade, Zwieback und sonst gut ausgebackene Lebensmittel aus Mehl rc. werden bei der Feldbeförderung nicht beanstandet. Die Postverwaltung nimmt für sich das Recht in Anspruch, in Zweifelssällen seststellen zu dürfen, daß der Inhalt der Feldpostpakete nur wirklich Nothwendiges und Nützliches enthält, und daß gegen vorstehende Anordnungen überhaupt nicht verstoßen ist. Würden von der Aufgabepoststelle Vorschriftswidrigkeiten wahrgenommen oder mit Grund vermuthet, so hat dieselbe dem Aufgeber die Sendung unter Angabe der Gründe zurückzugeben und demselben zu überlassen, das Hinderniß der Abfertigung zu beseitigen. Im Falle Verfehlungen der Aufgeber erst während des Posttransports wahrgenommen werden, sind die Uuterwegspoststellen berechtigt, die betreffenden Feldpostpakete den Ausgebern auf Kosten derselben znrückzusenden. Die übrigen für den Felopostverkehr getroffenen Bestimmungen über Größe, Gewicht, Portopflichligkeit, genaue Adresfiruug rc. bleiben unverändert forlbestehen.
Aus dem Nachtrag zur 1L. Verlustliste vom 8. Dezember.
Gestorben an den erhaltenen Wunden: